lung und Fortgang fassenden Begriffe liegt, und be- schränkt sich, von Stufe auf Stufe im Umfang der Ge- schichte zurückzugehen, so wird man Völker eines Stam- mes, das heißt, durch eigenthümliche Art und Sprache identisch, eben an sich entgegenliegenden sonst gleichar- tigen Küstenländern vielfach antreffen, ohne daß es der Vermuthung bedürfte, eine von diesen getrennten Landschaften sey ihr ursprünglicher Sitz gewesen, von wo ein Theil nach der andern gewandert wäre. So finden wir unter den Völkern Italiens auf der westlichen Küste des adriatischen Meers dieselben Illyrischen, welche das gegenüberliegende Ufer bewohnen; so auf den In- seln des Mittelmeers Iberer, so in Gallien und Bri- tannien Celten. Dies ist die Analogie der Geographie der Geschlechter der Thiere und der Vegetation, deren große Bezirke durch Gebürge geschieden werden, und beschränkte Meere einschließen.
Außer den Völkern welche in ihrer Sprache und Art bis auf stärkere oder geringere Abschattungen eins sind, giebt es andre die, bey einer unläugbaren Verwandtschaft, doch so von einander abweichen, daß man um diese zu er- klären nach der gewöhnlichen Meinung entweder eine Ver- mischung, oder, wenn ihre Sprachen das Gepräge un- verfälschter Entwickelung tragen, eine unerklärliche selbst- thätige Ausartung annehmen müßte, obgleich die Erfah- rung regelmäßige Erhaltung der Analogie unter allem Einfluß der Zeit darthut. So ist die Verwandtschaft der Persischen mit der Slavonischen Sprache im Bau und in der Etymologie auffallend, wie in einigen Punkten mit
lung und Fortgang faſſenden Begriffe liegt, und be- ſchraͤnkt ſich, von Stufe auf Stufe im Umfang der Ge- ſchichte zuruͤckzugehen, ſo wird man Voͤlker eines Stam- mes, das heißt, durch eigenthuͤmliche Art und Sprache identiſch, eben an ſich entgegenliegenden ſonſt gleichar- tigen Kuͤſtenlaͤndern vielfach antreffen, ohne daß es der Vermuthung beduͤrfte, eine von dieſen getrennten Landſchaften ſey ihr urſpruͤnglicher Sitz geweſen, von wo ein Theil nach der andern gewandert waͤre. So finden wir unter den Voͤlkern Italiens auf der weſtlichen Kuͤſte des adriatiſchen Meers dieſelben Illyriſchen, welche das gegenuͤberliegende Ufer bewohnen; ſo auf den In- ſeln des Mittelmeers Iberer, ſo in Gallien und Bri- tannien Celten. Dies iſt die Analogie der Geographie der Geſchlechter der Thiere und der Vegetation, deren große Bezirke durch Gebuͤrge geſchieden werden, und beſchraͤnkte Meere einſchließen.
Außer den Voͤlkern welche in ihrer Sprache und Art bis auf ſtaͤrkere oder geringere Abſchattungen eins ſind, giebt es andre die, bey einer unlaͤugbaren Verwandtſchaft, doch ſo von einander abweichen, daß man um dieſe zu er- klaͤren nach der gewoͤhnlichen Meinung entweder eine Ver- miſchung, oder, wenn ihre Sprachen das Gepraͤge un- verfaͤlſchter Entwickelung tragen, eine unerklaͤrliche ſelbſt- thaͤtige Ausartung annehmen muͤßte, obgleich die Erfah- rung regelmaͤßige Erhaltung der Analogie unter allem Einfluß der Zeit darthut. So iſt die Verwandtſchaft der Perſiſchen mit der Slavoniſchen Sprache im Bau und in der Etymologie auffallend, wie in einigen Punkten mit
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lung und Fortgang faſſenden Begriffe liegt, und be-
ſchraͤnkt ſich, von Stufe auf Stufe im Umfang der Ge-
ſchichte zuruͤckzugehen, ſo wird man Voͤlker eines Stam-
mes, das heißt, durch eigenthuͤmliche Art und Sprache
identiſch, eben an ſich entgegenliegenden ſonſt gleichar-
tigen Kuͤſtenlaͤndern vielfach antreffen, ohne daß es
der Vermuthung beduͤrfte, eine von dieſen getrennten
Landſchaften ſey ihr urſpruͤnglicher Sitz geweſen, von
wo ein Theil nach der andern gewandert waͤre. So finden
wir unter den Voͤlkern Italiens auf der weſtlichen Kuͤſte
des adriatiſchen Meers dieſelben Illyriſchen, welche
das gegenuͤberliegende Ufer bewohnen; ſo auf den In-
ſeln des Mittelmeers Iberer, ſo in Gallien und Bri-
tannien Celten. Dies iſt die Analogie der Geographie der
Geſchlechter der Thiere und der Vegetation, deren große
Bezirke durch Gebuͤrge geſchieden werden, und beſchraͤnkte
Meere einſchließen.
Außer den Voͤlkern welche in ihrer Sprache und Art
bis auf ſtaͤrkere oder geringere Abſchattungen eins ſind,
giebt es andre die, bey einer unlaͤugbaren Verwandtſchaft,
doch ſo von einander abweichen, daß man um dieſe zu er-
klaͤren nach der gewoͤhnlichen Meinung entweder eine Ver-
miſchung, oder, wenn ihre Sprachen das Gepraͤge un-
verfaͤlſchter Entwickelung tragen, eine unerklaͤrliche ſelbſt-
thaͤtige Ausartung annehmen muͤßte, obgleich die Erfah-
rung regelmaͤßige Erhaltung der Analogie unter allem
Einfluß der Zeit darthut. So iſt die Verwandtſchaft der
Perſiſchen mit der Slavoniſchen Sprache im Bau und in
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/60>, abgerufen am 21.11.2024.
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