Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.berührt; und vom Feinde keine Spur. Die Entdeckung Die Annalisten haben L. Siccius den römischen Es scheint daß die Decemvirn sich nie sichrer wähn- 41) Polybius VI. c. 8. J 2
beruͤhrt; und vom Feinde keine Spur. Die Entdeckung Die Annaliſten haben L. Siccius den roͤmiſchen Es ſcheint daß die Decemvirn ſich nie ſichrer waͤhn- 41) Polybius VI. c. 8. J 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0147" n="131"/> beruͤhrt; und vom Feinde keine Spur. Die Entdeckung<lb/> vollendete den Abſcheu der Armee; aber ſo maͤchtig iſt<lb/> die Gewohnheit des Gehorſams, und ſo ſtark betaͤubt<lb/> einfaͤltige Gemuͤther eine dreiſte Ablaͤugnung, auch ge-<lb/> gen allen Augenſchein, daß ein feyerliches Leichenbegaͤng-<lb/> niß womit die Decemvirn das Andenken des Todten<lb/> zu feyern vorgaben, die Gaͤhrung fuͤr jetzt noch be-<lb/> ſaͤnftigte.</p><lb/> <p>Die Annaliſten haben L. Siccius den roͤmiſchen<lb/> Achilles genannt; wir koͤnnen ihn fuͤglicher den roͤmi-<lb/> ſchen Roland nennen, auch deswegen weil er wie die-<lb/> ſer Held der waͤlſchen Dichtung durch Verrath fiel.<lb/> Den Heroen der griechiſchen Poeſie darf kein Krieger<lb/> eines hiſtoriſchen Zeitalters: kein roͤmiſcher Hauptmann<lb/> dem Peliden verglichen werden.</p><lb/> <p>Es ſcheint daß die Decemvirn ſich nie ſichrer waͤhn-<lb/> ten als damals, da alle Bande zwiſchen der Nation<lb/> und ihnen durch dieſes Verbrechen zerriſſen waren. Fre-<lb/> velhafte Mißhandlungen der Weiber und Toͤchter der<lb/> Unterthanen waren haͤufig in den Oligarchieen des Al-<lb/> terthums <note place="foot" n="41)">Polybius <hi rendition="#aq">VI. c.</hi> 8.</note>, und gewoͤhnlich die Veranlaſſung der<lb/> Revolutionen worin ſie untergingen: wie in entlegnen<lb/> Laͤndern wo die Leibeigenſchaft in der ſchrecklichſten Ge-<lb/> ſtalt beſteht, noch jetzt gleiche Verbrechen gegen die<lb/> Wehrloſen nicht ſelten ſind, manchmal aber zur Ermor-<lb/> dung des Gutsherrn gefuͤhrt haben. Appius Claudius<lb/> hatte luͤſterne Blicke auf ein ſchoͤnes Maͤdchen gewor-<lb/> fen, die Tochter eines wuͤrdigen Hauptmanns L. Vir-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 2</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [131/0147]
beruͤhrt; und vom Feinde keine Spur. Die Entdeckung
vollendete den Abſcheu der Armee; aber ſo maͤchtig iſt
die Gewohnheit des Gehorſams, und ſo ſtark betaͤubt
einfaͤltige Gemuͤther eine dreiſte Ablaͤugnung, auch ge-
gen allen Augenſchein, daß ein feyerliches Leichenbegaͤng-
niß womit die Decemvirn das Andenken des Todten
zu feyern vorgaben, die Gaͤhrung fuͤr jetzt noch be-
ſaͤnftigte.
Die Annaliſten haben L. Siccius den roͤmiſchen
Achilles genannt; wir koͤnnen ihn fuͤglicher den roͤmi-
ſchen Roland nennen, auch deswegen weil er wie die-
ſer Held der waͤlſchen Dichtung durch Verrath fiel.
Den Heroen der griechiſchen Poeſie darf kein Krieger
eines hiſtoriſchen Zeitalters: kein roͤmiſcher Hauptmann
dem Peliden verglichen werden.
Es ſcheint daß die Decemvirn ſich nie ſichrer waͤhn-
ten als damals, da alle Bande zwiſchen der Nation
und ihnen durch dieſes Verbrechen zerriſſen waren. Fre-
velhafte Mißhandlungen der Weiber und Toͤchter der
Unterthanen waren haͤufig in den Oligarchieen des Al-
terthums 41), und gewoͤhnlich die Veranlaſſung der
Revolutionen worin ſie untergingen: wie in entlegnen
Laͤndern wo die Leibeigenſchaft in der ſchrecklichſten Ge-
ſtalt beſteht, noch jetzt gleiche Verbrechen gegen die
Wehrloſen nicht ſelten ſind, manchmal aber zur Ermor-
dung des Gutsherrn gefuͤhrt haben. Appius Claudius
hatte luͤſterne Blicke auf ein ſchoͤnes Maͤdchen gewor-
fen, die Tochter eines wuͤrdigen Hauptmanns L. Vir-
41) Polybius VI. c. 8.
J 2
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