Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Volsker wichen, unvorsichtig drangen sie in die ge-
brochenen Reihen, fanden sich von dem römischen Heer
getrennt, und gezwungen sich auf einen Hügel im Rük-
ken der feindlichen Reihen zu ziehen, dorthin wurden sie
verfolgt und umringt. Die Nacht hatte die Schlacht
getrennt; beyde Heere glaubten sich überwunden, und
verließen ihre Läger, verzweifelnd sie vertheidigen zu kön-
nen. Die Kunde vom Rückzug der Ihrigen bewog die
Volsker welche die Ritter auf der Höhe eingeschlossen
hielten sich um Mitternacht zu entfernen. Sex. Tem-
panius fand den Weg zum römischen Lager offen, hier
aber nur verlassene Verwundete, ohne zu vernehmen wo-
hin sich der Consul mit dem Heer gezogen hätte. Er
schickte sich an die welche fortgebracht werden konnten
unter dem Schutz der Ritter nach Rom zu führen, ehe
die Feinde zurückkehrten. In der Stadt glaubte man
das ganze Heer vertilgt; an der Ritter Untergang zwei-
felte keiner. Der Freude über ihre Rettung war die Er-
bitterung gegen den Consul, den Urheber des Unglücks,
gleich: und nicht unbillig, denn kaum zählen die römi-
schen Annalen eine einzige Niederlage deren Schuld nicht
den Feldherrn trifft. Auf einer andern Straße führte
auch der Consul die Ueberreste seiner Armee in die Stadt
zurück. Sex. Tempanius, als Plebejer, ward durch

fen der Fußvölker setzt immer dichterisch die persönliche Ue-
berlegenheit einer adlichen Schaar voraus. Erwogen scheint
es unbegreiflich wie sie mit ihren Waffen den Linientrup-
pen auch nur gleich seyn konnten, geschweige daß sie hätten
die Entscheidung geben können.

Die Volsker wichen, unvorſichtig drangen ſie in die ge-
brochenen Reihen, fanden ſich von dem roͤmiſchen Heer
getrennt, und gezwungen ſich auf einen Huͤgel im Ruͤk-
ken der feindlichen Reihen zu ziehen, dorthin wurden ſie
verfolgt und umringt. Die Nacht hatte die Schlacht
getrennt; beyde Heere glaubten ſich uͤberwunden, und
verließen ihre Laͤger, verzweifelnd ſie vertheidigen zu koͤn-
nen. Die Kunde vom Ruͤckzug der Ihrigen bewog die
Volsker welche die Ritter auf der Hoͤhe eingeſchloſſen
hielten ſich um Mitternacht zu entfernen. Sex. Tem-
panius fand den Weg zum roͤmiſchen Lager offen, hier
aber nur verlaſſene Verwundete, ohne zu vernehmen wo-
hin ſich der Conſul mit dem Heer gezogen haͤtte. Er
ſchickte ſich an die welche fortgebracht werden konnten
unter dem Schutz der Ritter nach Rom zu fuͤhren, ehe
die Feinde zuruͤckkehrten. In der Stadt glaubte man
das ganze Heer vertilgt; an der Ritter Untergang zwei-
felte keiner. Der Freude uͤber ihre Rettung war die Er-
bitterung gegen den Conſul, den Urheber des Ungluͤcks,
gleich: und nicht unbillig, denn kaum zaͤhlen die roͤmi-
ſchen Annalen eine einzige Niederlage deren Schuld nicht
den Feldherrn trifft. Auf einer andern Straße fuͤhrte
auch der Conſul die Ueberreſte ſeiner Armee in die Stadt
zuruͤck. Sex. Tempanius, als Plebejer, ward durch

fen der Fußvoͤlker ſetzt immer dichteriſch die perſoͤnliche Ue-
berlegenheit einer adlichen Schaar voraus. Erwogen ſcheint
es unbegreiflich wie ſie mit ihren Waffen den Linientrup-
pen auch nur gleich ſeyn konnten, geſchweige daß ſie haͤtten
die Entſcheidung geben koͤnnen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0221" n="205"/>
Die Volsker wichen, unvor&#x017F;ichtig drangen &#x017F;ie in die ge-<lb/>
brochenen Reihen, fanden &#x017F;ich von dem ro&#x0364;mi&#x017F;chen Heer<lb/>
getrennt, und gezwungen &#x017F;ich auf einen Hu&#x0364;gel im Ru&#x0364;k-<lb/>
ken der feindlichen Reihen zu ziehen, dorthin wurden &#x017F;ie<lb/>
verfolgt und umringt. Die Nacht hatte die Schlacht<lb/>
getrennt; beyde Heere glaubten &#x017F;ich u&#x0364;berwunden, und<lb/>
verließen ihre La&#x0364;ger, verzweifelnd &#x017F;ie vertheidigen zu ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Die Kunde vom Ru&#x0364;ckzug der Ihrigen bewog die<lb/>
Volsker welche die Ritter auf der Ho&#x0364;he einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
hielten &#x017F;ich um Mitternacht zu entfernen. Sex. Tem-<lb/>
panius fand den Weg zum ro&#x0364;mi&#x017F;chen Lager offen, hier<lb/>
aber nur verla&#x017F;&#x017F;ene Verwundete, ohne zu vernehmen wo-<lb/>
hin &#x017F;ich der Con&#x017F;ul mit dem Heer gezogen ha&#x0364;tte. Er<lb/>
&#x017F;chickte &#x017F;ich an die welche fortgebracht werden konnten<lb/>
unter dem Schutz der Ritter nach Rom zu fu&#x0364;hren, ehe<lb/>
die Feinde zuru&#x0364;ckkehrten. In der Stadt glaubte man<lb/>
das ganze Heer vertilgt; an der Ritter Untergang zwei-<lb/>
felte keiner. Der Freude u&#x0364;ber ihre Rettung war die Er-<lb/>
bitterung gegen den Con&#x017F;ul, den Urheber des Unglu&#x0364;cks,<lb/>
gleich: und nicht unbillig, denn kaum za&#x0364;hlen die ro&#x0364;mi-<lb/>
&#x017F;chen Annalen eine einzige Niederlage deren Schuld nicht<lb/>
den Feldherrn trifft. Auf einer andern Straße fu&#x0364;hrte<lb/>
auch der Con&#x017F;ul die Ueberre&#x017F;te &#x017F;einer Armee in die Stadt<lb/>
zuru&#x0364;ck. Sex. Tempanius, als Plebejer, ward durch<lb/><note xml:id="note-0221" prev="#note-0220" place="foot" n="39)">fen der Fußvo&#x0364;lker &#x017F;etzt immer dichteri&#x017F;ch die per&#x017F;o&#x0364;nliche Ue-<lb/>
berlegenheit einer adlichen Schaar voraus. Erwogen &#x017F;cheint<lb/>
es unbegreiflich wie &#x017F;ie mit ihren Waffen den Linientrup-<lb/>
pen auch nur gleich &#x017F;eyn konnten, ge&#x017F;chweige daß &#x017F;ie ha&#x0364;tten<lb/>
die Ent&#x017F;cheidung geben ko&#x0364;nnen.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0221] Die Volsker wichen, unvorſichtig drangen ſie in die ge- brochenen Reihen, fanden ſich von dem roͤmiſchen Heer getrennt, und gezwungen ſich auf einen Huͤgel im Ruͤk- ken der feindlichen Reihen zu ziehen, dorthin wurden ſie verfolgt und umringt. Die Nacht hatte die Schlacht getrennt; beyde Heere glaubten ſich uͤberwunden, und verließen ihre Laͤger, verzweifelnd ſie vertheidigen zu koͤn- nen. Die Kunde vom Ruͤckzug der Ihrigen bewog die Volsker welche die Ritter auf der Hoͤhe eingeſchloſſen hielten ſich um Mitternacht zu entfernen. Sex. Tem- panius fand den Weg zum roͤmiſchen Lager offen, hier aber nur verlaſſene Verwundete, ohne zu vernehmen wo- hin ſich der Conſul mit dem Heer gezogen haͤtte. Er ſchickte ſich an die welche fortgebracht werden konnten unter dem Schutz der Ritter nach Rom zu fuͤhren, ehe die Feinde zuruͤckkehrten. In der Stadt glaubte man das ganze Heer vertilgt; an der Ritter Untergang zwei- felte keiner. Der Freude uͤber ihre Rettung war die Er- bitterung gegen den Conſul, den Urheber des Ungluͤcks, gleich: und nicht unbillig, denn kaum zaͤhlen die roͤmi- ſchen Annalen eine einzige Niederlage deren Schuld nicht den Feldherrn trifft. Auf einer andern Straße fuͤhrte auch der Conſul die Ueberreſte ſeiner Armee in die Stadt zuruͤck. Sex. Tempanius, als Plebejer, ward durch 39) 39) fen der Fußvoͤlker ſetzt immer dichteriſch die perſoͤnliche Ue- berlegenheit einer adlichen Schaar voraus. Erwogen ſcheint es unbegreiflich wie ſie mit ihren Waffen den Linientrup- pen auch nur gleich ſeyn konnten, geſchweige daß ſie haͤtten die Entſcheidung geben koͤnnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/221
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/221>, abgerufen am 23.11.2024.