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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Herrschaft nicht minder fruchtbar und angebaut: eine
Tradition redete von drey und dreyßig Städten in ih-
rem Umfang 45), wie Campanien waren sie die Korn-
kammer wo Rom im Mißwachs kaufte 46). Fleiß und
große Werke hatten sie aus Sumpf zu dieser Blüthe um-
gebildet: nach der Eroberung scheinen sie öde gelegen
zu haben, und verwilderten so in kurzer Zeit zu der
Wüsteney woraus Rom sie nie ganz und dauernd wie-
derzugewinnen vermochte. Wir dürfen es nicht ver-
schweigen daß dieses das Bild der Blüthe Italiens vor
den Römern, und seiner Einöde nach ihren Eroberun-
gen ist: der lockenden Preise des Siegs, und ihrer Zer-
störung ehe sie gewonnen wurden.

Der vejentische Waffenstillstand des Jahrs 280 von
vierzig cyclischen Jahren 47) war im fastischen Jahr
314 abgelaufen; entweder also herrschte schon offenbarer
Krieg zwischen Rom und Veji, oder die Ruhe ward
stillschweigend oder durch Verträge hingehalten, als Fi-
denä im Jahr 317 zu den Vejentern abfiel. Diese Stadt,
welche Livius etruskisch nennt 48), wieder aber auch,
mit Dionysius, eine römische Colonie 49), deren Grün-
dung auf Romulus, das heißt auf die vorlatinische Zeit
Roms, bezogen wird, war so wenig wie Ostia eine la-
tinische Colonie gleich denen des Königs Tarquinius und
der Republik: diese sind unter den dreyßig latinischen
Städten aufgeführt, jene nicht: also ist der zwiefache

45) Plinius H. N. III. c. 9.
46) Livius II. c. 34. IV. c. 25.
47) Siehe Th. I. S. 202.
48) Livius I. c. 15.
49) Derselbe IV. c. 17.

Herrſchaft nicht minder fruchtbar und angebaut: eine
Tradition redete von drey und dreyßig Staͤdten in ih-
rem Umfang 45), wie Campanien waren ſie die Korn-
kammer wo Rom im Mißwachs kaufte 46). Fleiß und
große Werke hatten ſie aus Sumpf zu dieſer Bluͤthe um-
gebildet: nach der Eroberung ſcheinen ſie oͤde gelegen
zu haben, und verwilderten ſo in kurzer Zeit zu der
Wuͤſteney woraus Rom ſie nie ganz und dauernd wie-
derzugewinnen vermochte. Wir duͤrfen es nicht ver-
ſchweigen daß dieſes das Bild der Bluͤthe Italiens vor
den Roͤmern, und ſeiner Einoͤde nach ihren Eroberun-
gen iſt: der lockenden Preiſe des Siegs, und ihrer Zer-
ſtoͤrung ehe ſie gewonnen wurden.

Der vejentiſche Waffenſtillſtand des Jahrs 280 von
vierzig cycliſchen Jahren 47) war im faſtiſchen Jahr
314 abgelaufen; entweder alſo herrſchte ſchon offenbarer
Krieg zwiſchen Rom und Veji, oder die Ruhe ward
ſtillſchweigend oder durch Vertraͤge hingehalten, als Fi-
denaͤ im Jahr 317 zu den Vejentern abfiel. Dieſe Stadt,
welche Livius etruskiſch nennt 48), wieder aber auch,
mit Dionyſius, eine roͤmiſche Colonie 49), deren Gruͤn-
dung auf Romulus, das heißt auf die vorlatiniſche Zeit
Roms, bezogen wird, war ſo wenig wie Oſtia eine la-
tiniſche Colonie gleich denen des Koͤnigs Tarquinius und
der Republik: dieſe ſind unter den dreyßig latiniſchen
Staͤdten aufgefuͤhrt, jene nicht: alſo iſt der zwiefache

45) Plinius H. N. III. c. 9.
46) Livius II. c. 34. IV. c. 25.
47) Siehe Th. I. S. 202.
48) Livius I. c. 15.
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[210/0226] Herrſchaft nicht minder fruchtbar und angebaut: eine Tradition redete von drey und dreyßig Staͤdten in ih- rem Umfang 45), wie Campanien waren ſie die Korn- kammer wo Rom im Mißwachs kaufte 46). Fleiß und große Werke hatten ſie aus Sumpf zu dieſer Bluͤthe um- gebildet: nach der Eroberung ſcheinen ſie oͤde gelegen zu haben, und verwilderten ſo in kurzer Zeit zu der Wuͤſteney woraus Rom ſie nie ganz und dauernd wie- derzugewinnen vermochte. Wir duͤrfen es nicht ver- ſchweigen daß dieſes das Bild der Bluͤthe Italiens vor den Roͤmern, und ſeiner Einoͤde nach ihren Eroberun- gen iſt: der lockenden Preiſe des Siegs, und ihrer Zer- ſtoͤrung ehe ſie gewonnen wurden. Der vejentiſche Waffenſtillſtand des Jahrs 280 von vierzig cycliſchen Jahren 47) war im faſtiſchen Jahr 314 abgelaufen; entweder alſo herrſchte ſchon offenbarer Krieg zwiſchen Rom und Veji, oder die Ruhe ward ſtillſchweigend oder durch Vertraͤge hingehalten, als Fi- denaͤ im Jahr 317 zu den Vejentern abfiel. Dieſe Stadt, welche Livius etruskiſch nennt 48), wieder aber auch, mit Dionyſius, eine roͤmiſche Colonie 49), deren Gruͤn- dung auf Romulus, das heißt auf die vorlatiniſche Zeit Roms, bezogen wird, war ſo wenig wie Oſtia eine la- tiniſche Colonie gleich denen des Koͤnigs Tarquinius und der Republik: dieſe ſind unter den dreyßig latiniſchen Staͤdten aufgefuͤhrt, jene nicht: alſo iſt der zwiefache 45) Plinius H. N. III. c. 9. 46) Livius II. c. 34. IV. c. 25. 47) Siehe Th. I. S. 202. 48) Livius I. c. 15. 49) Derſelbe IV. c. 17.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/226>, abgerufen am 23.11.2024.