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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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chen Credit: und als bey allgemeiner hülfloser Armuth
der Verschuldete unvermeidlich unter die Härte des Ge-
setzes fiel, bemerkt der Geschichtschreiber selbst; was den
Credit habe erhalten sollen sey zur Criminalstrafe gewor-
den 10). Diese Kraft des Trotzes einen leidlichen Ver-
gleich zu erzwingen, durch den Trost die Seinigen nicht
ganz bettelarm zu hinterlassen, muß in jenen eisernen Ge-
müthern weit größer gewesen seyn als wir uns nach unserm
Charakter, unsern Sitten und Gefühlen vorstellen können.
Ich weiß, sagte ein Janitschar in der Levante an einen
europäischen Consul der ihn wegen einer Schuld heftig
drängte, daß du ein Todesurtheil gegen mich auswürken
kannst. Aber ich sage dir daß ich nicht mehr bezahlen will
als ich geboten habe, und wenn ich hingerichtet werde,
was empfängt der Kaufmann dann 11)?

Für den als Schuldknecht Zugesprochenen gab es kei-
nen rechtmäßigen tribunicischen Beystand, weil das Ur-
theil nach einem unzweydeutigen Gesetz erkannt war. Er-
laubten sich die Tribunen ihn zu gewähren, wie das im
Jahr 375 geschah 12), so übten sie eine Gesetzwidrigkeit,
welche nur durch den empörenden Mißbrauch des positi-
ven Rechts zu entschuldigen ist. Hingegen konnten sie,
wie in andern Fällen die freye Bewegung der Administra-
tion, auch das Gerichtsverfahren bey Schuldklagen im
Allgemeinen hemmen, und dies ist in diesem Zeitraum

10) Poena in vicem fidei cesserat. Livius VI. c. 34.
11) Felix Beaujour Tableau du Commerce de la Grece. T. II.
p.
176.: ein ganz vortreffliches Werk.
12) Livius VI. c. 27.

chen Credit: und als bey allgemeiner huͤlfloſer Armuth
der Verſchuldete unvermeidlich unter die Haͤrte des Ge-
ſetzes fiel, bemerkt der Geſchichtſchreiber ſelbſt; was den
Credit habe erhalten ſollen ſey zur Criminalſtrafe gewor-
den 10). Dieſe Kraft des Trotzes einen leidlichen Ver-
gleich zu erzwingen, durch den Troſt die Seinigen nicht
ganz bettelarm zu hinterlaſſen, muß in jenen eiſernen Ge-
muͤthern weit groͤßer geweſen ſeyn als wir uns nach unſerm
Charakter, unſern Sitten und Gefuͤhlen vorſtellen koͤnnen.
Ich weiß, ſagte ein Janitſchar in der Levante an einen
europaͤiſchen Conſul der ihn wegen einer Schuld heftig
draͤngte, daß du ein Todesurtheil gegen mich auswuͤrken
kannſt. Aber ich ſage dir daß ich nicht mehr bezahlen will
als ich geboten habe, und wenn ich hingerichtet werde,
was empfaͤngt der Kaufmann dann 11)?

Fuͤr den als Schuldknecht Zugeſprochenen gab es kei-
nen rechtmaͤßigen tribuniciſchen Beyſtand, weil das Ur-
theil nach einem unzweydeutigen Geſetz erkannt war. Er-
laubten ſich die Tribunen ihn zu gewaͤhren, wie das im
Jahr 375 geſchah 12), ſo uͤbten ſie eine Geſetzwidrigkeit,
welche nur durch den empoͤrenden Mißbrauch des poſiti-
ven Rechts zu entſchuldigen iſt. Hingegen konnten ſie,
wie in andern Faͤllen die freye Bewegung der Adminiſtra-
tion, auch das Gerichtsverfahren bey Schuldklagen im
Allgemeinen hemmen, und dies iſt in dieſem Zeitraum

10) Pœna in vicem fidei cesserat. Livius VI. c. 34.
11) Felix Beaujour Tableau du Commerce de la Grèce. T. II.
p.
176.: ein ganz vortreffliches Werk.
12) Livius VI. c. 27.
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[315/0331] chen Credit: und als bey allgemeiner huͤlfloſer Armuth der Verſchuldete unvermeidlich unter die Haͤrte des Ge- ſetzes fiel, bemerkt der Geſchichtſchreiber ſelbſt; was den Credit habe erhalten ſollen ſey zur Criminalſtrafe gewor- den 10). Dieſe Kraft des Trotzes einen leidlichen Ver- gleich zu erzwingen, durch den Troſt die Seinigen nicht ganz bettelarm zu hinterlaſſen, muß in jenen eiſernen Ge- muͤthern weit groͤßer geweſen ſeyn als wir uns nach unſerm Charakter, unſern Sitten und Gefuͤhlen vorſtellen koͤnnen. Ich weiß, ſagte ein Janitſchar in der Levante an einen europaͤiſchen Conſul der ihn wegen einer Schuld heftig draͤngte, daß du ein Todesurtheil gegen mich auswuͤrken kannſt. Aber ich ſage dir daß ich nicht mehr bezahlen will als ich geboten habe, und wenn ich hingerichtet werde, was empfaͤngt der Kaufmann dann 11)? Fuͤr den als Schuldknecht Zugeſprochenen gab es kei- nen rechtmaͤßigen tribuniciſchen Beyſtand, weil das Ur- theil nach einem unzweydeutigen Geſetz erkannt war. Er- laubten ſich die Tribunen ihn zu gewaͤhren, wie das im Jahr 375 geſchah 12), ſo uͤbten ſie eine Geſetzwidrigkeit, welche nur durch den empoͤrenden Mißbrauch des poſiti- ven Rechts zu entſchuldigen iſt. Hingegen konnten ſie, wie in andern Faͤllen die freye Bewegung der Adminiſtra- tion, auch das Gerichtsverfahren bey Schuldklagen im Allgemeinen hemmen, und dies iſt in dieſem Zeitraum 10) Pœna in vicem fidei cesserat. Livius VI. c. 34. 11) Felix Beaujour Tableau du Commerce de la Grèce. T. II. p. 176.: ein ganz vortreffliches Werk. 12) Livius VI. c. 27.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/331>, abgerufen am 22.11.2024.