Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

ten, sagt mehr 66): und jener, der über alle diese Vor-
fälle, unwillig zu verweilen, hineilt, mag verschwiegen
haben was die alten Annalen vielleicht einstimmig erzähl-
ten. Nicht von nur drohender Gährung redet Ovidius:
er erzählt, das Volk habe die Waffen ergriffen, und sich
zusammengezogen. Ohne Zweifel auf dem Aventinus.
Aber selbst Camillus war des verderblichen Kampfs müde,
und sehnte sich in Frieden zu entschlafen. Vier und sechs-
zig Jahre waren nun seit der Schlacht des Dictators A.
Postumius vergangen, in der er den ersten Ruhm und die
ersten Wunden empfangen hatte. Er versuchte nicht mehr
die Schrecken der Dictatur, er vermittelte den Frieden
unter beyden Ständen; und gelobte der Concordia einen
Tempel für den glücklichen Erfolg. Die Curien sanctio-
nirten die Wahl, und wahrscheinlich sind alle licinische
Gesetze als Grundgesetz von beyden Ständen beschworen
worden, wie dies vom Ackergesetz bestimmt gemeldet wird.
Dagegen willigten die Plebejer in die Verminderung der
jetzt mit ihnen getheilten consularischen Machtfülle.

Die neuen curulischen Würden des
Jahrs 389
.

Schon vor der Decemviralzeit hatte die Nation eine
Beschränkung der Macht des Consulats gefordert, welche
nur durch Zertheilung seiner Attribute möglich war: in
diesem Sinn ward das decemviralische Collegium errich-
tet, dann das Militartribunat mit consularischer Macht
bekleidet, die Censur, und die Criminaljurisdiction über

66) Ovidius fast. I. v. 643.

ten, ſagt mehr 66): und jener, der uͤber alle dieſe Vor-
faͤlle, unwillig zu verweilen, hineilt, mag verſchwiegen
haben was die alten Annalen vielleicht einſtimmig erzaͤhl-
ten. Nicht von nur drohender Gaͤhrung redet Ovidius:
er erzaͤhlt, das Volk habe die Waffen ergriffen, und ſich
zuſammengezogen. Ohne Zweifel auf dem Aventinus.
Aber ſelbſt Camillus war des verderblichen Kampfs muͤde,
und ſehnte ſich in Frieden zu entſchlafen. Vier und ſechs-
zig Jahre waren nun ſeit der Schlacht des Dictators A.
Poſtumius vergangen, in der er den erſten Ruhm und die
erſten Wunden empfangen hatte. Er verſuchte nicht mehr
die Schrecken der Dictatur, er vermittelte den Frieden
unter beyden Staͤnden; und gelobte der Concordia einen
Tempel fuͤr den gluͤcklichen Erfolg. Die Curien ſanctio-
nirten die Wahl, und wahrſcheinlich ſind alle liciniſche
Geſetze als Grundgeſetz von beyden Staͤnden beſchworen
worden, wie dies vom Ackergeſetz beſtimmt gemeldet wird.
Dagegen willigten die Plebejer in die Verminderung der
jetzt mit ihnen getheilten conſulariſchen Machtfuͤlle.

Die neuen curuliſchen Wuͤrden des
Jahrs 389
.

Schon vor der Decemviralzeit hatte die Nation eine
Beſchraͤnkung der Macht des Conſulats gefordert, welche
nur durch Zertheilung ſeiner Attribute moͤglich war: in
dieſem Sinn ward das decemviraliſche Collegium errich-
tet, dann das Militartribunat mit conſulariſcher Macht
bekleidet, die Cenſur, und die Criminaljurisdiction uͤber

66) Ovidius fast. I. v. 643.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0430" n="414"/>
ten, &#x017F;agt mehr <note place="foot" n="66)">Ovidius <hi rendition="#aq">fast. I. v.</hi> 643.</note>: und jener, der u&#x0364;ber alle die&#x017F;e Vor-<lb/>
fa&#x0364;lle, unwillig zu verweilen, hineilt, mag ver&#x017F;chwiegen<lb/>
haben was die alten Annalen vielleicht ein&#x017F;timmig erza&#x0364;hl-<lb/>
ten. Nicht von nur drohender Ga&#x0364;hrung redet Ovidius:<lb/>
er erza&#x0364;hlt, das Volk habe die Waffen ergriffen, und &#x017F;ich<lb/>
zu&#x017F;ammengezogen. Ohne Zweifel auf dem Aventinus.<lb/>
Aber &#x017F;elb&#x017F;t Camillus war des verderblichen Kampfs mu&#x0364;de,<lb/>
und &#x017F;ehnte &#x017F;ich in Frieden zu ent&#x017F;chlafen. Vier und &#x017F;echs-<lb/>
zig Jahre waren nun &#x017F;eit der Schlacht des Dictators A.<lb/>
Po&#x017F;tumius vergangen, in der er den er&#x017F;ten Ruhm und die<lb/>
er&#x017F;ten Wunden empfangen hatte. Er ver&#x017F;uchte nicht mehr<lb/>
die Schrecken der Dictatur, er vermittelte den Frieden<lb/>
unter beyden Sta&#x0364;nden; und gelobte der Concordia einen<lb/>
Tempel fu&#x0364;r den glu&#x0364;cklichen Erfolg. Die Curien &#x017F;anctio-<lb/>
nirten die Wahl, und wahr&#x017F;cheinlich &#x017F;ind alle licini&#x017F;che<lb/>
Ge&#x017F;etze als Grundge&#x017F;etz von beyden Sta&#x0364;nden be&#x017F;chworen<lb/>
worden, wie dies vom Ackerge&#x017F;etz be&#x017F;timmt gemeldet wird.<lb/>
Dagegen willigten die Plebejer in die Verminderung der<lb/>
jetzt mit ihnen getheilten con&#x017F;ulari&#x017F;chen Machtfu&#x0364;lle.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Die neuen curuli&#x017F;chen Wu&#x0364;rden des<lb/>
Jahrs 389</hi>.</head><lb/>
        <p>Schon vor der Decemviralzeit hatte die Nation eine<lb/>
Be&#x017F;chra&#x0364;nkung der Macht des Con&#x017F;ulats gefordert, welche<lb/>
nur durch Zertheilung &#x017F;einer Attribute mo&#x0364;glich war: in<lb/>
die&#x017F;em Sinn ward das decemvirali&#x017F;che Collegium errich-<lb/>
tet, dann das Militartribunat mit con&#x017F;ulari&#x017F;cher Macht<lb/>
bekleidet, die Cen&#x017F;ur, und die Criminaljurisdiction u&#x0364;ber<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[414/0430] ten, ſagt mehr 66): und jener, der uͤber alle dieſe Vor- faͤlle, unwillig zu verweilen, hineilt, mag verſchwiegen haben was die alten Annalen vielleicht einſtimmig erzaͤhl- ten. Nicht von nur drohender Gaͤhrung redet Ovidius: er erzaͤhlt, das Volk habe die Waffen ergriffen, und ſich zuſammengezogen. Ohne Zweifel auf dem Aventinus. Aber ſelbſt Camillus war des verderblichen Kampfs muͤde, und ſehnte ſich in Frieden zu entſchlafen. Vier und ſechs- zig Jahre waren nun ſeit der Schlacht des Dictators A. Poſtumius vergangen, in der er den erſten Ruhm und die erſten Wunden empfangen hatte. Er verſuchte nicht mehr die Schrecken der Dictatur, er vermittelte den Frieden unter beyden Staͤnden; und gelobte der Concordia einen Tempel fuͤr den gluͤcklichen Erfolg. Die Curien ſanctio- nirten die Wahl, und wahrſcheinlich ſind alle liciniſche Geſetze als Grundgeſetz von beyden Staͤnden beſchworen worden, wie dies vom Ackergeſetz beſtimmt gemeldet wird. Dagegen willigten die Plebejer in die Verminderung der jetzt mit ihnen getheilten conſulariſchen Machtfuͤlle. Die neuen curuliſchen Wuͤrden des Jahrs 389. Schon vor der Decemviralzeit hatte die Nation eine Beſchraͤnkung der Macht des Conſulats gefordert, welche nur durch Zertheilung ſeiner Attribute moͤglich war: in dieſem Sinn ward das decemviraliſche Collegium errich- tet, dann das Militartribunat mit conſulariſcher Macht bekleidet, die Cenſur, und die Criminaljurisdiction uͤber 66) Ovidius fast. I. v. 643.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/430
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/430>, abgerufen am 22.11.2024.