Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.sul in ruhmloser Unthätigkeit bleibe 89). Auch herrschte 89) Livius VII. c. 1. 90) Eine Pest kann man sie wohl nennen, da sie einen Cen-
sor, einen Aedilis curulis, drey Volkstribunen, wegraffte, und im Verhältniß mörderisch unter der Nation gewesen seyn soll. In dieser Seuche starb M. Camillus im höchsten Alter. Auch die römische Geschichte zeigt daß Feldherrn- größe zu den höchsten Jahren führt, welches jedem sehr be- greiflich seyn muß der aus eigener Erfahrung weiß wie nichts so lebensnährend ist als die planmäßige und genau ausgeführte Verwirklichung fruchtbarer Gedanken. Es ist etwas wahrhaft schöpferisches, und gerade dem Feldherrn im höchsten Grad gegeben: dabey wecken Rastlosigkeit und ge- spannte Leidenschaften sein Innerstes: Einförmigkeit lähmt ihn nicht. Auch der Dichter lebt so, tief und jung. Der Staatsmann des Alterthums lebte so: ganz im Gegentheil der Geschäftsmann unserer Zeit: auch wir Schriftsteller ge- lehrter Bücher werden von unserer Arbeit erschöpft, sel- ten belebt. ſul in ruhmloſer Unthaͤtigkeit bleibe 89). Auch herrſchte 89) Livius VII. c. 1. 90) Eine Peſt kann man ſie wohl nennen, da ſie einen Cen-
ſor, einen Aedilis curulis, drey Volkstribunen, wegraffte, und im Verhaͤltniß moͤrderiſch unter der Nation geweſen ſeyn ſoll. In dieſer Seuche ſtarb M. Camillus im hoͤchſten Alter. Auch die roͤmiſche Geſchichte zeigt daß Feldherrn- groͤße zu den hoͤchſten Jahren fuͤhrt, welches jedem ſehr be- greiflich ſeyn muß der aus eigener Erfahrung weiß wie nichts ſo lebensnaͤhrend iſt als die planmaͤßige und genau ausgefuͤhrte Verwirklichung fruchtbarer Gedanken. Es iſt etwas wahrhaft ſchoͤpferiſches, und gerade dem Feldherrn im hoͤchſten Grad gegeben: dabey wecken Raſtloſigkeit und ge- ſpannte Leidenſchaften ſein Innerſtes: Einfoͤrmigkeit laͤhmt ihn nicht. Auch der Dichter lebt ſo, tief und jung. Der Staatsmann des Alterthums lebte ſo: ganz im Gegentheil der Geſchaͤftsmann unſerer Zeit: auch wir Schriftſteller ge- lehrter Buͤcher werden von unſerer Arbeit erſchoͤpft, ſel- ten belebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0439" n="423"/> ſul in ruhmloſer Unthaͤtigkeit bleibe <note place="foot" n="89)">Livius <hi rendition="#aq">VII. c.</hi> 1.</note>. Auch herrſchte<lb/> eine Peſt <note place="foot" n="90)">Eine Peſt kann man ſie wohl nennen, da ſie einen Cen-<lb/> ſor, einen Aedilis curulis, drey Volkstribunen, wegraffte,<lb/> und im Verhaͤltniß moͤrderiſch unter der Nation geweſen<lb/> ſeyn ſoll. In dieſer Seuche ſtarb M. Camillus im hoͤchſten<lb/> Alter. Auch die roͤmiſche Geſchichte zeigt daß Feldherrn-<lb/> groͤße zu den hoͤchſten Jahren fuͤhrt, welches jedem ſehr be-<lb/> greiflich ſeyn muß der aus eigener Erfahrung weiß wie<lb/> nichts ſo lebensnaͤhrend iſt als die planmaͤßige und genau<lb/> ausgefuͤhrte Verwirklichung fruchtbarer Gedanken. Es iſt<lb/> etwas wahrhaft ſchoͤpferiſches, und gerade dem Feldherrn<lb/> im hoͤchſten Grad gegeben: dabey wecken Raſtloſigkeit und ge-<lb/> ſpannte Leidenſchaften ſein Innerſtes: Einfoͤrmigkeit laͤhmt<lb/> ihn nicht. Auch der Dichter lebt ſo, tief und jung. Der<lb/> Staatsmann des Alterthums lebte ſo: ganz im Gegentheil<lb/> der Geſchaͤftsmann unſerer Zeit: auch wir Schriftſteller ge-<lb/> lehrter Buͤcher werden von unſerer Arbeit erſchoͤpft, ſel-<lb/> ten belebt.</note>: und der Strohm uͤberſchwemmte die<lb/> Stadt. Doch ſo veraͤndert war die Stimmung der<lb/> Nation in wenig mehr als einem Menſchenalter, daß<lb/> dieſesmal das Volk nicht durch den vorgegebenen Un-<lb/> willen der Goͤtter, wegen der Wahl aus unwuͤrdigen<lb/> Geſchlechtern, bey den Comitien irre gemacht werden<lb/> konnte. Vier Jahre verfloſſen ſo ohne Kriege: da reifte<lb/> in den Patriciern das Vorhaben, das liciniſche Geſetz<lb/> durch die alten Schrecken der Dictatur und einer ge-<lb/> waltſamen Aushebung waͤhrend der Wahlen wieder außer<lb/> Kraft zu ſetzen. Der Senat beſchloß unter religioͤſem<lb/> Vorwand die Ernennung des hochmuͤthigen und ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [423/0439]
ſul in ruhmloſer Unthaͤtigkeit bleibe 89). Auch herrſchte
eine Peſt 90): und der Strohm uͤberſchwemmte die
Stadt. Doch ſo veraͤndert war die Stimmung der
Nation in wenig mehr als einem Menſchenalter, daß
dieſesmal das Volk nicht durch den vorgegebenen Un-
willen der Goͤtter, wegen der Wahl aus unwuͤrdigen
Geſchlechtern, bey den Comitien irre gemacht werden
konnte. Vier Jahre verfloſſen ſo ohne Kriege: da reifte
in den Patriciern das Vorhaben, das liciniſche Geſetz
durch die alten Schrecken der Dictatur und einer ge-
waltſamen Aushebung waͤhrend der Wahlen wieder außer
Kraft zu ſetzen. Der Senat beſchloß unter religioͤſem
Vorwand die Ernennung des hochmuͤthigen und ge-
89) Livius VII. c. 1.
90) Eine Peſt kann man ſie wohl nennen, da ſie einen Cen-
ſor, einen Aedilis curulis, drey Volkstribunen, wegraffte,
und im Verhaͤltniß moͤrderiſch unter der Nation geweſen
ſeyn ſoll. In dieſer Seuche ſtarb M. Camillus im hoͤchſten
Alter. Auch die roͤmiſche Geſchichte zeigt daß Feldherrn-
groͤße zu den hoͤchſten Jahren fuͤhrt, welches jedem ſehr be-
greiflich ſeyn muß der aus eigener Erfahrung weiß wie
nichts ſo lebensnaͤhrend iſt als die planmaͤßige und genau
ausgefuͤhrte Verwirklichung fruchtbarer Gedanken. Es iſt
etwas wahrhaft ſchoͤpferiſches, und gerade dem Feldherrn
im hoͤchſten Grad gegeben: dabey wecken Raſtloſigkeit und ge-
ſpannte Leidenſchaften ſein Innerſtes: Einfoͤrmigkeit laͤhmt
ihn nicht. Auch der Dichter lebt ſo, tief und jung. Der
Staatsmann des Alterthums lebte ſo: ganz im Gegentheil
der Geſchaͤftsmann unſerer Zeit: auch wir Schriftſteller ge-
lehrter Buͤcher werden von unſerer Arbeit erſchoͤpft, ſel-
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