Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

weniger als zweckmäßig, sobald Gefahr da war daß die
Früchte theuer erkaufter Siege für Andere gewonnen
würden, und die Republik sich also im zwiefachen Ver-
hältniß schwäche und in Gefahr bringe. Nach den Sie-
gen der ersten Feldzüge konnte die völlige Demüthigung
Samniums nahe scheinen; und dann war die Verbin-
dung Latiums und Kampaniens eine furchtbare Macht
welche Rom gegen sich selbst gestärkt, sich selbst des Ge-
gengewichts beraubt hatte welches die samnitische Na-
tion gewährt haben würde. Es war also dringend noth-
wendig diesen Krieg zu endigen, die Macht eines ent-
fernten Volks zu schonen, und seine Freundschaft wie-
derzugewinnen. Der Friede ward leicht geschlossen:
für Roms Ehre genügte es daß die Samniter den
Betrag eines jährlichen Solds zahlten, und eine drey-
monatliche Getreideverpflegung für die Armee abliefer-
ten; aber sie verlohren keinen Zollbreit Landes, und
die Römer versprachen sie nicht zu hindern sich die
Sidiciner zu unterwerfen, über welche der Krieg ent-
standen war, und deren Land, mit Samninm vereinigt,
Latium und Kampanien trennte. Dem Frieden folgte,
oder war in ihm enthalten, ein förmliches Vertheidi-
gungsbündniß beyder Staaten 7). Dieses konnte nur
gegen diejenigen gerichtet seyn, an deren Seite noch

7) Dies ist klar aus dem Anfang des latinischen Kriegs: die
Consuln ziehen durch das Land der Marser und Peligner,
durch die Samnitische Gränze, und vereinigen sich bey Ka-
pua mit den Samnitern, ohne daß ein neues Bündniß ge-
schlossen wäre. Livius VIII. c. 6.

weniger als zweckmaͤßig, ſobald Gefahr da war daß die
Fruͤchte theuer erkaufter Siege fuͤr Andere gewonnen
wuͤrden, und die Republik ſich alſo im zwiefachen Ver-
haͤltniß ſchwaͤche und in Gefahr bringe. Nach den Sie-
gen der erſten Feldzuͤge konnte die voͤllige Demuͤthigung
Samniums nahe ſcheinen; und dann war die Verbin-
dung Latiums und Kampaniens eine furchtbare Macht
welche Rom gegen ſich ſelbſt geſtaͤrkt, ſich ſelbſt des Ge-
gengewichts beraubt hatte welches die ſamnitiſche Na-
tion gewaͤhrt haben wuͤrde. Es war alſo dringend noth-
wendig dieſen Krieg zu endigen, die Macht eines ent-
fernten Volks zu ſchonen, und ſeine Freundſchaft wie-
derzugewinnen. Der Friede ward leicht geſchloſſen:
fuͤr Roms Ehre genuͤgte es daß die Samniter den
Betrag eines jaͤhrlichen Solds zahlten, und eine drey-
monatliche Getreideverpflegung fuͤr die Armee abliefer-
ten; aber ſie verlohren keinen Zollbreit Landes, und
die Roͤmer verſprachen ſie nicht zu hindern ſich die
Sidiciner zu unterwerfen, uͤber welche der Krieg ent-
ſtanden war, und deren Land, mit Samninm vereinigt,
Latium und Kampanien trennte. Dem Frieden folgte,
oder war in ihm enthalten, ein foͤrmliches Vertheidi-
gungsbuͤndniß beyder Staaten 7). Dieſes konnte nur
gegen diejenigen gerichtet ſeyn, an deren Seite noch

7) Dies iſt klar aus dem Anfang des latiniſchen Kriegs: die
Conſuln ziehen durch das Land der Marſer und Peligner,
durch die Samnitiſche Graͤnze, und vereinigen ſich bey Ka-
pua mit den Samnitern, ohne daß ein neues Buͤndniß ge-
ſchloſſen waͤre. Livius VIII. c. 6.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0522" n="506"/>
weniger als zweckma&#x0364;ßig, &#x017F;obald Gefahr da war daß die<lb/>
Fru&#x0364;chte theuer erkaufter Siege fu&#x0364;r Andere gewonnen<lb/>
wu&#x0364;rden, und die Republik &#x017F;ich al&#x017F;o im zwiefachen Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltniß &#x017F;chwa&#x0364;che und in Gefahr bringe. Nach den Sie-<lb/>
gen der er&#x017F;ten Feldzu&#x0364;ge konnte die vo&#x0364;llige Demu&#x0364;thigung<lb/>
Samniums nahe &#x017F;cheinen; und dann war die Verbin-<lb/>
dung Latiums und Kampaniens eine furchtbare Macht<lb/>
welche Rom gegen &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ta&#x0364;rkt, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t des Ge-<lb/>
gengewichts beraubt hatte welches die &#x017F;amniti&#x017F;che Na-<lb/>
tion gewa&#x0364;hrt haben wu&#x0364;rde. Es war al&#x017F;o dringend noth-<lb/>
wendig die&#x017F;en Krieg zu endigen, die Macht eines ent-<lb/>
fernten Volks zu &#x017F;chonen, und &#x017F;eine Freund&#x017F;chaft wie-<lb/>
derzugewinnen. Der Friede ward leicht ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
fu&#x0364;r Roms Ehre genu&#x0364;gte es daß die Samniter den<lb/>
Betrag eines ja&#x0364;hrlichen Solds zahlten, und eine drey-<lb/>
monatliche Getreideverpflegung fu&#x0364;r die Armee abliefer-<lb/>
ten; aber &#x017F;ie verlohren keinen Zollbreit Landes, und<lb/>
die Ro&#x0364;mer ver&#x017F;prachen &#x017F;ie nicht zu hindern &#x017F;ich die<lb/>
Sidiciner zu unterwerfen, u&#x0364;ber welche der Krieg ent-<lb/>
&#x017F;tanden war, und deren Land, mit Samninm vereinigt,<lb/>
Latium und Kampanien trennte. Dem Frieden folgte,<lb/>
oder war in ihm enthalten, ein fo&#x0364;rmliches Vertheidi-<lb/>
gungsbu&#x0364;ndniß beyder Staaten <note place="foot" n="7)">Dies i&#x017F;t klar aus dem Anfang des latini&#x017F;chen Kriegs: die<lb/>
Con&#x017F;uln ziehen durch das Land der Mar&#x017F;er und Peligner,<lb/>
durch die Samniti&#x017F;che Gra&#x0364;nze, und vereinigen &#x017F;ich bey Ka-<lb/>
pua mit den Samnitern, ohne daß ein neues Bu&#x0364;ndniß ge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en wa&#x0364;re. Livius <hi rendition="#aq">VIII. c.</hi> 6.</note>. Die&#x017F;es konnte nur<lb/>
gegen diejenigen gerichtet &#x017F;eyn, an deren Seite noch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[506/0522] weniger als zweckmaͤßig, ſobald Gefahr da war daß die Fruͤchte theuer erkaufter Siege fuͤr Andere gewonnen wuͤrden, und die Republik ſich alſo im zwiefachen Ver- haͤltniß ſchwaͤche und in Gefahr bringe. Nach den Sie- gen der erſten Feldzuͤge konnte die voͤllige Demuͤthigung Samniums nahe ſcheinen; und dann war die Verbin- dung Latiums und Kampaniens eine furchtbare Macht welche Rom gegen ſich ſelbſt geſtaͤrkt, ſich ſelbſt des Ge- gengewichts beraubt hatte welches die ſamnitiſche Na- tion gewaͤhrt haben wuͤrde. Es war alſo dringend noth- wendig dieſen Krieg zu endigen, die Macht eines ent- fernten Volks zu ſchonen, und ſeine Freundſchaft wie- derzugewinnen. Der Friede ward leicht geſchloſſen: fuͤr Roms Ehre genuͤgte es daß die Samniter den Betrag eines jaͤhrlichen Solds zahlten, und eine drey- monatliche Getreideverpflegung fuͤr die Armee abliefer- ten; aber ſie verlohren keinen Zollbreit Landes, und die Roͤmer verſprachen ſie nicht zu hindern ſich die Sidiciner zu unterwerfen, uͤber welche der Krieg ent- ſtanden war, und deren Land, mit Samninm vereinigt, Latium und Kampanien trennte. Dem Frieden folgte, oder war in ihm enthalten, ein foͤrmliches Vertheidi- gungsbuͤndniß beyder Staaten 7). Dieſes konnte nur gegen diejenigen gerichtet ſeyn, an deren Seite noch 7) Dies iſt klar aus dem Anfang des latiniſchen Kriegs: die Conſuln ziehen durch das Land der Marſer und Peligner, durch die Samnitiſche Graͤnze, und vereinigen ſich bey Ka- pua mit den Samnitern, ohne daß ein neues Buͤndniß ge- ſchloſſen waͤre. Livius VIII. c. 6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/522
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/522>, abgerufen am 22.11.2024.