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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.

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zur Bekanntmachung unter nachdenkenden Chri-
sten, das Jhrige beytragen.

Man ist freylich bey weitem noch kein rech-
ter Christ, wenn man unter andern Andachts-
übungen, auch oft in Schriften dieser Art liest,
oder es sich an solchen Tagen, die unsre Kirche
feyert, wohl gar zum Gesetz macht, einen Ab-
schnitt in ihnen zu vollenden. Jch fürchte viel-
mehr, daß bey manchen meiner Mitchristen da-
bey ein gefährlicher Selbstbetrug zum Grunde
liegt, indem sie sich in dieser so leicht und mei-
stentheils so schnell und gedankenlos gethanen
Handlung, an der häufig ihr äußerer Mensch
weit mehr Theil als der innere nimmt, so sehr
gefallen, daß sie sich vielleicht nun um so eher,
jede Thorheit, jeden Zeitverlust in den übrigen
Stunden des Tages, um einer einzigen (wie
sie meynen) fromm zugebrachten Viertel- oder
Halbenstunde willen, in der sie Gott wähnen
gedient zu haben, verzeihlich halten. Ein Jrr-
thum, der gewiß seltner seyn würde, wenn man
von Jugend auf unsern Christen die ewige
Wahrheit öfter wiederholte: daß Gott keine
äußere Verehrung gefallen könne, dabey
man nur Jhm einen Dienst leisten wolle,
ohne zu fühlen, daß man, genau zu re-
den, ihn bloß Sich selbst leiste.

Fast möchte dieser häufige Mißbrauch der
Erbauungsschriften, jeden, der nicht schreibt um
zu schreiben, sondern überdenkt was er thut,
und zu welchem Zweck, abschrecken, ihre An-

zahl

zur Bekanntmachung unter nachdenkenden Chri-
ſten, das Jhrige beytragen.

Man iſt freylich bey weitem noch kein rech-
ter Chriſt, wenn man unter andern Andachts-
übungen, auch oft in Schriften dieſer Art lieſt,
oder es ſich an ſolchen Tagen, die unſre Kirche
feyert, wohl gar zum Geſetz macht, einen Ab-
ſchnitt in ihnen zu vollenden. Jch fürchte viel-
mehr, daß bey manchen meiner Mitchriſten da-
bey ein gefährlicher Selbſtbetrug zum Grunde
liegt, indem ſie ſich in dieſer ſo leicht und mei-
ſtentheils ſo ſchnell und gedankenlos gethanen
Handlung, an der häufig ihr äußerer Menſch
weit mehr Theil als der innere nimmt, ſo ſehr
gefallen, daß ſie ſich vielleicht nun um ſo eher,
jede Thorheit, jeden Zeitverluſt in den übrigen
Stunden des Tages, um einer einzigen (wie
ſie meynen) fromm zugebrachten Viertel- oder
Halbenſtunde willen, in der ſie Gott wähnen
gedient zu haben, verzeihlich halten. Ein Jrr-
thum, der gewiß ſeltner ſeyn würde, wenn man
von Jugend auf unſern Chriſten die ewige
Wahrheit öfter wiederholte: daß Gott keine
äußere Verehrung gefallen könne, dabey
man nur Jhm einen Dienſt leiſten wolle,
ohne zu fühlen, daß man, genau zu re-
den, ihn bloß Sich ſelbſt leiſte.

Faſt möchte dieſer häufige Mißbrauch der
Erbauungsſchriften, jeden, der nicht ſchreibt um
zu ſchreiben, ſondern überdenkt was er thut,
und zu welchem Zweck, abſchrecken, ihre An-

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[10/0014] zur Bekanntmachung unter nachdenkenden Chri- ſten, das Jhrige beytragen. Man iſt freylich bey weitem noch kein rech- ter Chriſt, wenn man unter andern Andachts- übungen, auch oft in Schriften dieſer Art lieſt, oder es ſich an ſolchen Tagen, die unſre Kirche feyert, wohl gar zum Geſetz macht, einen Ab- ſchnitt in ihnen zu vollenden. Jch fürchte viel- mehr, daß bey manchen meiner Mitchriſten da- bey ein gefährlicher Selbſtbetrug zum Grunde liegt, indem ſie ſich in dieſer ſo leicht und mei- ſtentheils ſo ſchnell und gedankenlos gethanen Handlung, an der häufig ihr äußerer Menſch weit mehr Theil als der innere nimmt, ſo ſehr gefallen, daß ſie ſich vielleicht nun um ſo eher, jede Thorheit, jeden Zeitverluſt in den übrigen Stunden des Tages, um einer einzigen (wie ſie meynen) fromm zugebrachten Viertel- oder Halbenſtunde willen, in der ſie Gott wähnen gedient zu haben, verzeihlich halten. Ein Jrr- thum, der gewiß ſeltner ſeyn würde, wenn man von Jugend auf unſern Chriſten die ewige Wahrheit öfter wiederholte: daß Gott keine äußere Verehrung gefallen könne, dabey man nur Jhm einen Dienſt leiſten wolle, ohne zu fühlen, daß man, genau zu re- den, ihn bloß Sich ſelbſt leiſte. Faſt möchte dieſer häufige Mißbrauch der Erbauungsſchriften, jeden, der nicht ſchreibt um zu ſchreiben, ſondern überdenkt was er thut, und zu welchem Zweck, abſchrecken, ihre An- zahl

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Zitationshilfe: Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/14>, abgerufen am 03.12.2024.