Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.Wir haben uns in der vorigen Nacht durch die So leichtsinnig sollte über das Leben des ent- nicht
Wir haben uns in der vorigen Nacht durch die So leichtſinnig ſollte über das Leben des ent- nicht
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Wir haben uns in der vorigen Nacht durch die
Ruhe erquickt. Ihm war in dieſer fürchterlichſten
aller Nächte keine Ruhe geworden; Er hatte mit
dem Tode gerungen; war von ſeinem Jünger
verrathen, von ſeinen Freunden verlaſſen; wie
ein Mörder in Banden gefangen; von einem
Richtſtuhl zum andern von wüthenden Menſchen
fortgeriſſen; verhöhnt, gemißhandelt, geläſtert und
von ſeinem gewarnten Freunde verläugnet! Und
dieſe Nacht war nur Vorbereitung zu den ſchreck-
lichen Leiden, unter denen er endlich ſein theures
Leben endigen ſollte. Der Morgen weckte — nicht
gerechtere Richter, die Muth genug gehabt hätten,
die Unſchuld, die ſie fühlten, zu retten; nicht ein
dankbareres Volk, das ihnen die Rettung erleichtert,
nicht Fürſprecher, die die unerhörteſte Schnelligkeit
des Blutgerichts aufgehalten, und einem Ver-
theidiger Gehör verſchafft hätten. Er ſchien nur
anzubrechen — dieſer Morgen des großen Todes-
tages, um das halbe Jeruſalem herbeyzuführen,
und das Geſchrey, das ihn zum Kreuz verdammte,
zu verſtärken.
So leichtſinnig ſollte über das Leben des ent-
ſchiedenſten Verbrechers nicht geurtheilt werden, als
über das ſeine geurtheilt ward; nicht nach Gründen,
nicht
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