Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.Von d. Grunds. d. Erziehungsunterr. im Allgem. in einem Meer von Sachen zu verschwemmen, ihrenGeist mehr zu zerstreuen als zu sammeln, ihnen gleich von Jugend an die falsche Richtung auf das unbe- stimmte Allgemeine zu geben, anstatt sie zu ruhigem energischem individuellem Seyn und Wirken vorzu- bereiten. Aber die Frage von der Zahl der Gegenstände, Hat der Erziehungsunterricht die Vorbereitung des Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem. in einem Meer von Sachen zu verſchwemmen, ihrenGeiſt mehr zu zerſtreuen als zu ſammeln, ihnen gleich von Jugend an die falſche Richtung auf das unbe- ſtimmte Allgemeine zu geben, anſtatt ſie zu ruhigem energiſchem individuellem Seyn und Wirken vorzu- bereiten. Aber die Frage von der Zahl der Gegenſtaͤnde, Hat der Erziehungsunterricht die Vorbereitung des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0169" n="157"/><fw place="top" type="header">Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.</fw><lb/> in einem Meer von Sachen zu verſchwemmen, ihren<lb/> Geiſt mehr zu zerſtreuen als zu ſammeln, ihnen gleich<lb/> von Jugend an die falſche Richtung auf das unbe-<lb/> ſtimmte Allgemeine zu geben, anſtatt ſie zu ruhigem<lb/> energiſchem individuellem Seyn und Wirken vorzu-<lb/> bereiten.</p><lb/> <p>Aber die Frage von der Zahl der Gegenſtaͤnde,<lb/> welche der Erziehungsunterricht beduͤrfe, laͤßt ſich von<lb/> jener allgemeinen Anſicht aus allein nicht entſcheiden;<lb/> denn, theile man nach dem Obigen dem Erziehungs-<lb/> unterricht <hi rendition="#g">Viel</hi> oder <hi rendition="#g">Wenig</hi> zu lehren zu, ſo bleibt<lb/> doch immer die naͤhere Frage: <hi rendition="#g">Wie viel</hi> oder <hi rendition="#g">wie<lb/> wenig</hi>? Und uͤberhaupt duͤrfen, wir nicht aus den<lb/> Augen laſſen, daß wir auf die Anſichten von dem<lb/><hi rendition="#g">Zweck</hi> des Erziehungsunterrichts zuruͤckgehen muͤſſen,<lb/> um ſowohl die Frage als die Antwort ſelbſt beſtimmt<lb/> zu faſſen.</p><lb/> <p>Hat der Erziehungsunterricht die Vorbereitung des<lb/> Lehrlings zu ſeiner kuͤnftigen Berufsbeſtimmung zum<lb/> Zweck, ſo iſt unſtreitig ſchon deshalb eine große Zahl<lb/> von Lehrgegenſtaͤnden aufzunehmen, weil der kuͤnftige<lb/> Beruf des Lehrlings ſo fruͤhe noch nicht ſo beſtimmt<lb/> ſeyn kann, daß man darnach ſein Unterrichtsbeduͤrfniß<lb/> ſo genau berechnen koͤnnte. Da man nicht wiſſen kann,<lb/> zu was fuͤr einem Berufe der Lehrling in der Folge<lb/> noch Anlage und Luſt zeigen werde, und da es nicht<lb/> einmal recht waͤre, ſeine Lebensbeſtimmung durch den<lb/> Unterricht ſelbſt gleichſam deſpotiſch feſtſetzen zu wollen,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0169]
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
in einem Meer von Sachen zu verſchwemmen, ihren
Geiſt mehr zu zerſtreuen als zu ſammeln, ihnen gleich
von Jugend an die falſche Richtung auf das unbe-
ſtimmte Allgemeine zu geben, anſtatt ſie zu ruhigem
energiſchem individuellem Seyn und Wirken vorzu-
bereiten.
Aber die Frage von der Zahl der Gegenſtaͤnde,
welche der Erziehungsunterricht beduͤrfe, laͤßt ſich von
jener allgemeinen Anſicht aus allein nicht entſcheiden;
denn, theile man nach dem Obigen dem Erziehungs-
unterricht Viel oder Wenig zu lehren zu, ſo bleibt
doch immer die naͤhere Frage: Wie viel oder wie
wenig? Und uͤberhaupt duͤrfen, wir nicht aus den
Augen laſſen, daß wir auf die Anſichten von dem
Zweck des Erziehungsunterrichts zuruͤckgehen muͤſſen,
um ſowohl die Frage als die Antwort ſelbſt beſtimmt
zu faſſen.
Hat der Erziehungsunterricht die Vorbereitung des
Lehrlings zu ſeiner kuͤnftigen Berufsbeſtimmung zum
Zweck, ſo iſt unſtreitig ſchon deshalb eine große Zahl
von Lehrgegenſtaͤnden aufzunehmen, weil der kuͤnftige
Beruf des Lehrlings ſo fruͤhe noch nicht ſo beſtimmt
ſeyn kann, daß man darnach ſein Unterrichtsbeduͤrfniß
ſo genau berechnen koͤnnte. Da man nicht wiſſen kann,
zu was fuͤr einem Berufe der Lehrling in der Folge
noch Anlage und Luſt zeigen werde, und da es nicht
einmal recht waͤre, ſeine Lebensbeſtimmung durch den
Unterricht ſelbſt gleichſam deſpotiſch feſtſetzen zu wollen,
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