Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.Erster Abschnitt. thum zum Eudämonismus, die Theologie zum Na-turalismus, die Philosophie zum Synkretismus und Materialismus, die Weltweisheit zur Erdweisheit, die Wissenschaft zur Pulsmacherei erniedrigt. So begann in der Geistesrevolution der damaligen Zeit, neben den unverkennbaren Fortschritten vielfältiger Bildung, zu- gleich unter dem Namen von Aufklärung ein Rückschreiten der wahren Cultur, ein Haß alles rein Geistigen, Idealen, in Kunst und Wissenschaft, durch welchen auch jedes Erheben über das Irdische als mystische Gläubelei in übeln Ruf gebracht, alles Leben in Ideen als Enthusiasterei verspottet wurde. Wem diese Schilderung von der Schattenseite je- Was in einem solchen Reiche, bei solcher Stim- Von der einen Seite zeigt sich das Gute der all- Erſter Abſchnitt. thum zum Eudaͤmonismus, die Theologie zum Na-turalismus, die Philoſophie zum Synkretismus und Materialismus, die Weltweisheit zur Erdweisheit, die Wiſſenſchaft zur Pulsmacherei erniedrigt. So begann in der Geiſtesrevolution der damaligen Zeit, neben den unverkennbaren Fortſchritten vielfaͤltiger Bildung, zu- gleich unter dem Namen von Aufklaͤrung ein Ruͤckſchreiten der wahren Cultur, ein Haß alles rein Geiſtigen, Idealen, in Kunſt und Wiſſenſchaft, durch welchen auch jedes Erheben uͤber das Irdiſche als myſtiſche Glaͤubelei in uͤbeln Ruf gebracht, alles Leben in Ideen als Enthuſiaſterei verſpottet wurde. Wem dieſe Schilderung von der Schattenſeite je- Was in einem ſolchen Reiche, bei ſolcher Stim- Von der einen Seite zeigt ſich das Gute der all- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0030" n="18"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſter Abſchnitt</hi>.</fw><lb/> thum zum Eudaͤmonismus, die Theologie zum Na-<lb/> turalismus, die Philoſophie zum Synkretismus und<lb/> Materialismus, die Weltweisheit zur Erdweisheit, die<lb/> Wiſſenſchaft zur Pulsmacherei erniedrigt. So begann<lb/> in der Geiſtesrevolution der damaligen Zeit, neben den<lb/> unverkennbaren Fortſchritten vielfaͤltiger Bildung, zu-<lb/> gleich <hi rendition="#g">unter dem Namen von Aufklaͤrung</hi> ein<lb/> Ruͤckſchreiten der wahren Cultur, ein Haß alles rein<lb/> Geiſtigen, Idealen, in Kunſt und Wiſſenſchaft, durch<lb/> welchen auch jedes Erheben uͤber das Irdiſche als<lb/> myſtiſche Glaͤubelei in uͤbeln Ruf gebracht, alles Leben<lb/> in Ideen als Enthuſiaſterei verſpottet wurde.</p><lb/> <p>Wem dieſe Schilderung von der Schattenſeite je-<lb/> ner merkwuͤrdigen Entwickelungsperiode teutſcher Cultur<lb/> zu grell ſcheinen moͤchte, erinnere ſich nur an die lau-<lb/> ten Klagen der Beſſeren jener Zeit, die der geruͤhmten<lb/><hi rendition="#g">Aufklaͤrung</hi> als einer wahren <hi rendition="#g">Entgeiſtung</hi> der<lb/> Nation ſich vergebens entgegen ſtemmten.</p><lb/> <p>Was in einem ſolchen Reiche, bei ſolcher Stim-<lb/> mung der Mehrzahl, bei vorherrſchender Auctoritaͤt<lb/> jener Denkart, auch <hi rendition="#g">die Erziehung</hi> fuͤr eine Rich-<lb/> tung nehmen, und wie ſie, zuruͤckwirkend, der allge-<lb/> meinen Tendenz eine verdoppelte Geſchwindigkeit geben<lb/> mußte, iſt leicht zu erachten.</p><lb/> <p>Von der einen Seite zeigt ſich das Gute der all-<lb/> gemeinen Tendenz auch in der Paͤdagogik. Mehr Be-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0030]
Erſter Abſchnitt.
thum zum Eudaͤmonismus, die Theologie zum Na-
turalismus, die Philoſophie zum Synkretismus und
Materialismus, die Weltweisheit zur Erdweisheit, die
Wiſſenſchaft zur Pulsmacherei erniedrigt. So begann
in der Geiſtesrevolution der damaligen Zeit, neben den
unverkennbaren Fortſchritten vielfaͤltiger Bildung, zu-
gleich unter dem Namen von Aufklaͤrung ein
Ruͤckſchreiten der wahren Cultur, ein Haß alles rein
Geiſtigen, Idealen, in Kunſt und Wiſſenſchaft, durch
welchen auch jedes Erheben uͤber das Irdiſche als
myſtiſche Glaͤubelei in uͤbeln Ruf gebracht, alles Leben
in Ideen als Enthuſiaſterei verſpottet wurde.
Wem dieſe Schilderung von der Schattenſeite je-
ner merkwuͤrdigen Entwickelungsperiode teutſcher Cultur
zu grell ſcheinen moͤchte, erinnere ſich nur an die lau-
ten Klagen der Beſſeren jener Zeit, die der geruͤhmten
Aufklaͤrung als einer wahren Entgeiſtung der
Nation ſich vergebens entgegen ſtemmten.
Was in einem ſolchen Reiche, bei ſolcher Stim-
mung der Mehrzahl, bei vorherrſchender Auctoritaͤt
jener Denkart, auch die Erziehung fuͤr eine Rich-
tung nehmen, und wie ſie, zuruͤckwirkend, der allge-
meinen Tendenz eine verdoppelte Geſchwindigkeit geben
mußte, iſt leicht zu erachten.
Von der einen Seite zeigt ſich das Gute der all-
gemeinen Tendenz auch in der Paͤdagogik. Mehr Be-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |