Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.Erster Abschnitt. Histor. Gesichtsp. d. Unters. immer allgemeiner und lauter anerkannt, die Stimmederer, die jene Ueberzeugung höhnen, immer heimlicher und schwächer. Mit einem Wort, ein besserer Geist, der Geist des Humanismus, hat sich wieder auf- gerichtet; und die sich noch in den Zeiten des anbre- chenden Philanthropinismus glauben und halten, werden sich bald um ein halbes Jahrhundert älter fin- den, als die Zeit, welche sie als für das Bessere noch unreif mit naiver Keckheit zu verschreien suchen. Diese Stimmung, die sich eben in der Pädagogik Erſter Abſchnitt. Hiſtor. Geſichtsp. d. Unterſ. immer allgemeiner und lauter anerkannt, die Stimmederer, die jene Ueberzeugung hoͤhnen, immer heimlicher und ſchwaͤcher. Mit einem Wort, ein beſſerer Geiſt, der Geiſt des Humaniſmus, hat ſich wieder auf- gerichtet; und die ſich noch in den Zeiten des anbre- chenden Philanthropiniſmus glauben und halten, werden ſich bald um ein halbes Jahrhundert aͤlter fin- den, als die Zeit, welche ſie als fuͤr das Beſſere noch unreif mit naiver Keckheit zu verſchreien ſuchen. Dieſe Stimmung, die ſich eben in der Paͤdagogik <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0046" n="34"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſter Abſchnitt</hi>. Hiſtor. Geſichtsp. d. Unterſ.</fw><lb/> immer allgemeiner und lauter anerkannt, die Stimme<lb/> derer, die jene Ueberzeugung hoͤhnen, immer heimlicher<lb/> und ſchwaͤcher. Mit einem Wort, ein beſſerer Geiſt,<lb/> der Geiſt des <hi rendition="#g">Humaniſmus</hi>, hat ſich wieder auf-<lb/> gerichtet; und die ſich noch in den Zeiten des anbre-<lb/> chenden <hi rendition="#g">Philanthropiniſmus</hi> glauben und halten,<lb/> werden ſich bald um ein halbes Jahrhundert aͤlter fin-<lb/> den, als die Zeit, welche ſie als <hi rendition="#g">fuͤr das Beſſere</hi><lb/> noch unreif mit naiver Keckheit zu verſchreien ſuchen.</p><lb/> <p>Dieſe Stimmung, die ſich eben in der Paͤdagogik<lb/> am ſtaͤrkſten ausgeſprochen hat, in dem Unwillen, mit<lb/> welchem der modernſte Philanthropiniſmus aufgenom-<lb/> men worden iſt, verſpricht auch einer gruͤndlichen Re-<lb/> form der Paͤdagogik einen guͤnſtigen Erfolg, den man<lb/> mit um ſo groͤßerer Zuverſicht erwarten und verheißen<lb/> kann, je zuverſichtlicher jenes allgemeine Aufſtreben ei-<lb/> nes beſſeren Geiſtes der <hi rendition="#g">Humanitaͤt</hi> erwarten laͤßt,<lb/> daß — ſofern nur nicht zunehmende Roth der Zeit die<lb/> Menſchen in ihrer phyſiſchen Exiſtenz bedraͤngt und ſie<lb/> in die ausſchließende Sorge fuͤr das <hi rendition="#g">animale</hi> Leben<lb/> zuruͤckſchreckt, — bald die Rede nicht mehr ſowohl da-<lb/> von ſeyn werde: ob man mit einem neuen Unterrichts-<lb/> plane dem Zeitalter vorauseilen duͤrfe oder koͤnne? als<lb/> vielmehr davon: ob man mit dem Unterrichtsplane hin-<lb/> ter dem Zeitalter zuruͤckbleiben, und daſſelbe aufhalten<lb/> wolle?</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [34/0046]
Erſter Abſchnitt. Hiſtor. Geſichtsp. d. Unterſ.
immer allgemeiner und lauter anerkannt, die Stimme
derer, die jene Ueberzeugung hoͤhnen, immer heimlicher
und ſchwaͤcher. Mit einem Wort, ein beſſerer Geiſt,
der Geiſt des Humaniſmus, hat ſich wieder auf-
gerichtet; und die ſich noch in den Zeiten des anbre-
chenden Philanthropiniſmus glauben und halten,
werden ſich bald um ein halbes Jahrhundert aͤlter fin-
den, als die Zeit, welche ſie als fuͤr das Beſſere
noch unreif mit naiver Keckheit zu verſchreien ſuchen.
Dieſe Stimmung, die ſich eben in der Paͤdagogik
am ſtaͤrkſten ausgeſprochen hat, in dem Unwillen, mit
welchem der modernſte Philanthropiniſmus aufgenom-
men worden iſt, verſpricht auch einer gruͤndlichen Re-
form der Paͤdagogik einen guͤnſtigen Erfolg, den man
mit um ſo groͤßerer Zuverſicht erwarten und verheißen
kann, je zuverſichtlicher jenes allgemeine Aufſtreben ei-
nes beſſeren Geiſtes der Humanitaͤt erwarten laͤßt,
daß — ſofern nur nicht zunehmende Roth der Zeit die
Menſchen in ihrer phyſiſchen Exiſtenz bedraͤngt und ſie
in die ausſchließende Sorge fuͤr das animale Leben
zuruͤckſchreckt, — bald die Rede nicht mehr ſowohl da-
von ſeyn werde: ob man mit einem neuen Unterrichts-
plane dem Zeitalter vorauseilen duͤrfe oder koͤnne? als
vielmehr davon: ob man mit dem Unterrichtsplane hin-
ter dem Zeitalter zuruͤckbleiben, und daſſelbe aufhalten
wolle?
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