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Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.

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Wissenschaftl. Gesichtspunkt d. Untersuchung.
falt für die höhere Natur des Menschen, die von den
Philosophen aufgestellt werden, entweder durch Hinwei-
sung auf die Noth physischer Bedürfnisse der Menschen
niederzuschlagen, oder als bloße gutmüthige Schwär-
merei abzuweisen.

Trifft gleich jener Spott nicht den rechten Punkt,
so trifft er doch nicht unverschuldet. Indem die Hu-
manitäts-Philosophen durch logische Abstraction die
geistige Natur des Menschen isoliren, und dieses logi-
sche Abstractum allein als das eigentliche Wesen des
Menschen vorstellen, begehen sie einen logischen Fehler,
der sie zu schwärmerischen Ansichten in der That ver-
leitet. Indem sie aber auf jenes logische Gebilde, das
zwischen Himmel und Erde schwebend nirgends eine
wahre Heimath hat, praktische Forderungen gründen,
fehlt diesen selbst auch Zweck und Bedeutung. Wird
das Wesen des Menschen als reine Geistigkeit isolirt
gedacht, so wird er selbst damit von der ganzen sicht-
baren Welt isolirt, so hat er mit ihr keinen andern Zu-
sammenhang und sie für ihn keine andere Bedeutung,
als daß er von ihr Nahrung für sein thierisches Leben
bezieht, das er selbst als etwas Erniedrigendes und fast
als eine Verunreinigung an sich betrachtet, und von
welchem er befreit zu werden sich sehnt und sich selbst
zu befreien strebt, um als reiner Geist in seinem unge-
trübten Glanze hervorzugehen! Daran hangen dann,
für diejenigen wenigstens, die ihren Ansichten consequent
bleiben, alle die Schwärmereien der Geringschätzung
und Verachtung dieses Erdenlebens, die in der Idee

Wiſſenſchaftl. Geſichtspunkt d. Unterſuchung.
falt fuͤr die hoͤhere Natur des Menſchen, die von den
Philoſophen aufgeſtellt werden, entweder durch Hinwei-
ſung auf die Noth phyſiſcher Beduͤrfniſſe der Menſchen
niederzuſchlagen, oder als bloße gutmuͤthige Schwaͤr-
merei abzuweiſen.

Trifft gleich jener Spott nicht den rechten Punkt,
ſo trifft er doch nicht unverſchuldet. Indem die Hu-
manitaͤts-Philoſophen durch logiſche Abſtraction die
geiſtige Natur des Menſchen iſoliren, und dieſes logi-
ſche Abſtractum allein als das eigentliche Weſen des
Menſchen vorſtellen, begehen ſie einen logiſchen Fehler,
der ſie zu ſchwaͤrmeriſchen Anſichten in der That ver-
leitet. Indem ſie aber auf jenes logiſche Gebilde, das
zwiſchen Himmel und Erde ſchwebend nirgends eine
wahre Heimath hat, praktiſche Forderungen gruͤnden,
fehlt dieſen ſelbſt auch Zweck und Bedeutung. Wird
das Weſen des Menſchen als reine Geiſtigkeit iſolirt
gedacht, ſo wird er ſelbſt damit von der ganzen ſicht-
baren Welt iſolirt, ſo hat er mit ihr keinen andern Zu-
ſammenhang und ſie fuͤr ihn keine andere Bedeutung,
als daß er von ihr Nahrung fuͤr ſein thieriſches Leben
bezieht, das er ſelbſt als etwas Erniedrigendes und faſt
als eine Verunreinigung an ſich betrachtet, und von
welchem er befreit zu werden ſich ſehnt und ſich ſelbſt
zu befreien ſtrebt, um als reiner Geiſt in ſeinem unge-
truͤbten Glanze hervorzugehen! Daran hangen dann,
fuͤr diejenigen wenigſtens, die ihren Anſichten conſequent
bleiben, alle die Schwaͤrmereien der Geringſchaͤtzung
und Verachtung dieſes Erdenlebens, die in der Idee

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[41/0053] Wiſſenſchaftl. Geſichtspunkt d. Unterſuchung. falt fuͤr die hoͤhere Natur des Menſchen, die von den Philoſophen aufgeſtellt werden, entweder durch Hinwei- ſung auf die Noth phyſiſcher Beduͤrfniſſe der Menſchen niederzuſchlagen, oder als bloße gutmuͤthige Schwaͤr- merei abzuweiſen. Trifft gleich jener Spott nicht den rechten Punkt, ſo trifft er doch nicht unverſchuldet. Indem die Hu- manitaͤts-Philoſophen durch logiſche Abſtraction die geiſtige Natur des Menſchen iſoliren, und dieſes logi- ſche Abſtractum allein als das eigentliche Weſen des Menſchen vorſtellen, begehen ſie einen logiſchen Fehler, der ſie zu ſchwaͤrmeriſchen Anſichten in der That ver- leitet. Indem ſie aber auf jenes logiſche Gebilde, das zwiſchen Himmel und Erde ſchwebend nirgends eine wahre Heimath hat, praktiſche Forderungen gruͤnden, fehlt dieſen ſelbſt auch Zweck und Bedeutung. Wird das Weſen des Menſchen als reine Geiſtigkeit iſolirt gedacht, ſo wird er ſelbſt damit von der ganzen ſicht- baren Welt iſolirt, ſo hat er mit ihr keinen andern Zu- ſammenhang und ſie fuͤr ihn keine andere Bedeutung, als daß er von ihr Nahrung fuͤr ſein thieriſches Leben bezieht, das er ſelbſt als etwas Erniedrigendes und faſt als eine Verunreinigung an ſich betrachtet, und von welchem er befreit zu werden ſich ſehnt und ſich ſelbſt zu befreien ſtrebt, um als reiner Geiſt in ſeinem unge- truͤbten Glanze hervorzugehen! Daran hangen dann, fuͤr diejenigen wenigſtens, die ihren Anſichten conſequent bleiben, alle die Schwaͤrmereien der Geringſchaͤtzung und Verachtung dieſes Erdenlebens, die in der Idee

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Zitationshilfe: Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/53>, abgerufen am 24.11.2024.