Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.Wissenschaftl. Gesichtspunkt d. Untersuchung. es hinreichend seyn, das Verhältniß derselben gegensei-tig zu einander und wechselseitig zu dem umfassende- ren Systeme in einigen Umrissen zu zeichnen. In ihrer strengen Consequenz wissenschaftlich ge- Wiſſenſchaftl. Geſichtspunkt d. Unterſuchung. es hinreichend ſeyn, das Verhaͤltniß derſelben gegenſei-tig zu einander und wechſelſeitig zu dem umfaſſende- ren Syſteme in einigen Umriſſen zu zeichnen. In ihrer ſtrengen Conſequenz wiſſenſchaftlich ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0083" n="71"/><fw place="top" type="header">Wiſſenſchaftl. Geſichtspunkt d. Unterſuchung.</fw><lb/> es hinreichend ſeyn, das Verhaͤltniß derſelben gegenſei-<lb/> tig zu einander und wechſelſeitig zu dem umfaſſende-<lb/> ren Syſteme in einigen Umriſſen zu zeichnen.</p><lb/> <p>In ihrer ſtrengen Conſequenz wiſſenſchaftlich ge-<lb/> faßt, ſind beide nothwendig ganz falſch; wie uͤberall,<lb/> wo ein Theil fuͤr das Ganze genommen wird, alle auf<lb/> die einſeitige Anſicht gegruͤndete Behauptungen durchaus<lb/> falſch ſind. Dies hindert aber nicht, einzuraͤumen, daß<lb/> in beiden ein Theil des wahren Syſtems ſey, und daß<lb/> ſie gegenſeitig einander rectificiren und ergaͤnzen. Der<lb/><hi rendition="#g">Philanthropiniſmus</hi> nimmt gegen den <hi rendition="#g">Huma-<lb/> niſmus</hi> die Nothwendigkeit in Schutz, in der Vil-<lb/> dung des Lehrlings ſeine Beziehung zur objectiven<lb/> Welt zu beruͤckſichtigen; und hat darinn — von dem<lb/> wiſſenſchaftlichen Geſichtspunkt aus beurtheilt — voll-<lb/> kommen recht. Iſt der Menſch nicht bloß Geiſt, und<lb/> kann er als bloßer Geiſt nicht handeln, ſondern muß<lb/> ſogar ſeine Aufgabe ſich nach ſeiner Beziehung auf die<lb/> objective Welt erſt beſtimmen, ſo muß er auch,<lb/> wenn er nicht fuͤr dieſe Welt verbildet und in der Er-<lb/> fuͤllung ſeiner Beſtimmung in derſelben behindert wer-<lb/> den ſoll, fuͤr dieſe Welt geuͤbt werden. Allein eben<lb/> dieſe Grundanſicht des Philanthropiniſmus iſt nur wahr<lb/> als Gegenſatz des Humaniſmus, der die Natur des<lb/> Menſchen, die er ganz vergeiſtiget, von jener Seite ver-<lb/> kennt; an und fuͤr ſich ſelbſt aber iſt ſie unwahr, nicht<lb/> nur inwiefern ſie dieſelbe Beziehung auf die objective<lb/> Welt in einer niedrigen Ruͤckſicht faßt, den Menſchen<lb/> als fuͤr die Erde allein beſtimmt betrachtet, ſondern<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0083]
Wiſſenſchaftl. Geſichtspunkt d. Unterſuchung.
es hinreichend ſeyn, das Verhaͤltniß derſelben gegenſei-
tig zu einander und wechſelſeitig zu dem umfaſſende-
ren Syſteme in einigen Umriſſen zu zeichnen.
In ihrer ſtrengen Conſequenz wiſſenſchaftlich ge-
faßt, ſind beide nothwendig ganz falſch; wie uͤberall,
wo ein Theil fuͤr das Ganze genommen wird, alle auf
die einſeitige Anſicht gegruͤndete Behauptungen durchaus
falſch ſind. Dies hindert aber nicht, einzuraͤumen, daß
in beiden ein Theil des wahren Syſtems ſey, und daß
ſie gegenſeitig einander rectificiren und ergaͤnzen. Der
Philanthropiniſmus nimmt gegen den Huma-
niſmus die Nothwendigkeit in Schutz, in der Vil-
dung des Lehrlings ſeine Beziehung zur objectiven
Welt zu beruͤckſichtigen; und hat darinn — von dem
wiſſenſchaftlichen Geſichtspunkt aus beurtheilt — voll-
kommen recht. Iſt der Menſch nicht bloß Geiſt, und
kann er als bloßer Geiſt nicht handeln, ſondern muß
ſogar ſeine Aufgabe ſich nach ſeiner Beziehung auf die
objective Welt erſt beſtimmen, ſo muß er auch,
wenn er nicht fuͤr dieſe Welt verbildet und in der Er-
fuͤllung ſeiner Beſtimmung in derſelben behindert wer-
den ſoll, fuͤr dieſe Welt geuͤbt werden. Allein eben
dieſe Grundanſicht des Philanthropiniſmus iſt nur wahr
als Gegenſatz des Humaniſmus, der die Natur des
Menſchen, die er ganz vergeiſtiget, von jener Seite ver-
kennt; an und fuͤr ſich ſelbſt aber iſt ſie unwahr, nicht
nur inwiefern ſie dieſelbe Beziehung auf die objective
Welt in einer niedrigen Ruͤckſicht faßt, den Menſchen
als fuͤr die Erde allein beſtimmt betrachtet, ſondern
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |