Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein "Wir haben das Glück erfunden" -- sagen die Sie haben die Gegenden verlassen, wo es hart Krankwerden und Misstrauen-haben gilt ihnen Ein wenig Gift ab und zu: das macht angenehme Man arbeitet noch, denn Arbeit ist eine Unter¬ Man wird nicht mehr arm und reich: Beides ist Kein Hirt und Eine Heerde! Jeder will das Gleiche, "Ehemals war alle Welt irre" -- sagen die Feinsten Man ist klug und weiss Alles, was geschehn ist: hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein „Wir haben das Glück erfunden“ — sagen die Sie haben die Gegenden verlassen, wo es hart Krankwerden und Misstrauen-haben gilt ihnen Ein wenig Gift ab und zu: das macht angenehme Man arbeitet noch, denn Arbeit ist eine Unter¬ Man wird nicht mehr arm und reich: Beides ist Kein Hirt und Eine Heerde! Jeder will das Gleiche, „Ehemals war alle Welt irre“ — sagen die Feinsten Man ist klug und weiss Alles, was geschehn ist: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0022" n="16"/> hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein<lb/> Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh; der letzte<lb/> Mensch lebt am längsten.</p><lb/> <p>„Wir haben das Glück erfunden“ — sagen die<lb/> letzten Menschen und blinzeln.</p><lb/> <p>Sie haben die Gegenden verlassen, wo es hart<lb/> war zu leben: denn man braucht Wärme. Man liebt<lb/> noch den Nachbar und reibt sich an ihm: denn man<lb/> braucht Wärme.</p><lb/> <p>Krankwerden und Misstrauen-haben gilt ihnen<lb/> sündhaft: man geht achtsam einher. Ein Thor, der<lb/> noch über Steine oder Menschen stolpert!</p><lb/> <p>Ein wenig Gift ab und zu: das macht angenehme<lb/> Träume. Und viel Gift zuletzt, zu einem angenehmen<lb/> Sterben.</p><lb/> <p>Man arbeitet noch, denn Arbeit ist eine Unter¬<lb/> haltung. Aber man sorgt, dass die Unterhaltung<lb/> nicht angreife.</p><lb/> <p>Man wird nicht mehr arm und reich: Beides ist<lb/> zu beschwerlich. Wer will noch regieren? Wer noch<lb/> gehorchen? Beides ist zu beschwerlich.</p><lb/> <p>Kein Hirt und Eine Heerde! Jeder will das Gleiche,<lb/> Jeder ist gleich: wer anders fühlt, geht freiwillig in's<lb/> Irrenhaus.</p><lb/> <p>„Ehemals war alle Welt irre“ — sagen die Feinsten<lb/> und blinzeln.</p><lb/> <p>Man ist klug und weiss Alles, was geschehn ist:<lb/> so hat man kein Ende zu spotten. Man zankt sich<lb/> noch, aber man versöhnt sich bald — sonst verdirbt<lb/> es den Magen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0022]
hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein
Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh; der letzte
Mensch lebt am längsten.
„Wir haben das Glück erfunden“ — sagen die
letzten Menschen und blinzeln.
Sie haben die Gegenden verlassen, wo es hart
war zu leben: denn man braucht Wärme. Man liebt
noch den Nachbar und reibt sich an ihm: denn man
braucht Wärme.
Krankwerden und Misstrauen-haben gilt ihnen
sündhaft: man geht achtsam einher. Ein Thor, der
noch über Steine oder Menschen stolpert!
Ein wenig Gift ab und zu: das macht angenehme
Träume. Und viel Gift zuletzt, zu einem angenehmen
Sterben.
Man arbeitet noch, denn Arbeit ist eine Unter¬
haltung. Aber man sorgt, dass die Unterhaltung
nicht angreife.
Man wird nicht mehr arm und reich: Beides ist
zu beschwerlich. Wer will noch regieren? Wer noch
gehorchen? Beides ist zu beschwerlich.
Kein Hirt und Eine Heerde! Jeder will das Gleiche,
Jeder ist gleich: wer anders fühlt, geht freiwillig in's
Irrenhaus.
„Ehemals war alle Welt irre“ — sagen die Feinsten
und blinzeln.
Man ist klug und weiss Alles, was geschehn ist:
so hat man kein Ende zu spotten. Man zankt sich
noch, aber man versöhnt sich bald — sonst verdirbt
es den Magen.
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