Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.Schlafenden in's Gesicht zu sehn. Als aber der 9. Lange schlief Zarathustra, und nicht nur die Mor¬ Ein Licht gieng mir auf: Gefährten brauche ich Sondern lebendige Gefährten brauche ich, die mir Ein Licht gieng mir auf: nicht zum Volke rede Schlafenden in's Gesicht zu sehn. Als aber der 9. Lange schlief Zarathustra, und nicht nur die Mor¬ Ein Licht gieng mir auf: Gefährten brauche ich Sondern lebendige Gefährten brauche ich, die mir Ein Licht gieng mir auf: nicht zum Volke rede <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0029" n="23"/> Schlafenden in's Gesicht zu sehn. Als aber der<lb/> Morgen graute, fand sich Zarathustra in einem tiefen<lb/> Walde, und kein Weg zeigte sich ihm mehr. Da legte<lb/> er den Todten in einen hohlen Baum sich zu Häupten —<lb/> denn er wollte ihn vor den Wölfen schützen — und sich<lb/> selber auf den Boden und das Moos. Und alsbald<lb/> schlief er ein, müden Leibes, aber mit einer unbe¬<lb/> wegten Seele.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="2"> <head>9.<lb/></head> <p>Lange schlief Zarathustra, und nicht nur die Mor¬<lb/> genröthe gieng über sein Antlitz, sondern auch der<lb/> Vormittag. Endlich aber that sein Auge sich auf:<lb/> verwundert sah Zarathustra in den Wald und die Stille,<lb/> verwundert sah er in sich hinein. Dann erhob er<lb/> sich schnell, wie ein Seefahrer, der mit Einem<lb/> Male Land sieht, und jauchzte: denn er sah eine<lb/> neue Wahrheit. Und also redete er dann zu seinem<lb/> Herzen:</p><lb/> <p>Ein Licht gieng mir auf: Gefährten brauche ich<lb/> und lebendige, — nicht todte Gefährten und Leich¬<lb/> name, die ich mit mir trage, wohin ich will.</p><lb/> <p>Sondern lebendige Gefährten brauche ich, die mir<lb/> folgen, weil sie sich selber folgen wollen — und dort¬<lb/> hin, wo ich will.</p><lb/> <p>Ein Licht gieng mir auf: nicht zum Volke rede<lb/> Zarathustra, sondern zu Gefährten! Nicht soll Zara¬<lb/> thustra einer Heerde Hirt und Hund werden!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0029]
Schlafenden in's Gesicht zu sehn. Als aber der
Morgen graute, fand sich Zarathustra in einem tiefen
Walde, und kein Weg zeigte sich ihm mehr. Da legte
er den Todten in einen hohlen Baum sich zu Häupten —
denn er wollte ihn vor den Wölfen schützen — und sich
selber auf den Boden und das Moos. Und alsbald
schlief er ein, müden Leibes, aber mit einer unbe¬
wegten Seele.
9.
Lange schlief Zarathustra, und nicht nur die Mor¬
genröthe gieng über sein Antlitz, sondern auch der
Vormittag. Endlich aber that sein Auge sich auf:
verwundert sah Zarathustra in den Wald und die Stille,
verwundert sah er in sich hinein. Dann erhob er
sich schnell, wie ein Seefahrer, der mit Einem
Male Land sieht, und jauchzte: denn er sah eine
neue Wahrheit. Und also redete er dann zu seinem
Herzen:
Ein Licht gieng mir auf: Gefährten brauche ich
und lebendige, — nicht todte Gefährten und Leich¬
name, die ich mit mir trage, wohin ich will.
Sondern lebendige Gefährten brauche ich, die mir
folgen, weil sie sich selber folgen wollen — und dort¬
hin, wo ich will.
Ein Licht gieng mir auf: nicht zum Volke rede
Zarathustra, sondern zu Gefährten! Nicht soll Zara¬
thustra einer Heerde Hirt und Hund werden!
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