Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883."Ja in's Böse! rief der Jüngling. Wie ist es mög¬ Zarathustra lächelte und sprach: "Manche Seele "Ja in's Böse! rief der Jüngling nochmals. Du sagtest die Wahrheit, Zarathustra. Ich traue Ich verwandele mich zu schnell: mein Heute wider¬ Bin ich oben, so finde ich mich immer allein. Meine Verachtung und meine Sehnsucht wachsen Wie schäme ich mich meines Steigens und Stol¬ Hier schwieg der Jüngling. Und Zarathustra be¬ Dieser Baum steht einsam hier am Gebirge; er Und wenn er reden wollte, er würde Niemanden Nun wartet er und wartet, -- worauf wartet er „Ja in's Böse! rief der Jüngling. Wie ist es mög¬ Zarathustra lächelte und sprach: „Manche Seele „Ja in's Böse! rief der Jüngling nochmals. Du sagtest die Wahrheit, Zarathustra. Ich traue Ich verwandele mich zu schnell: mein Heute wider¬ Bin ich oben, so finde ich mich immer allein. Meine Verachtung und meine Sehnsucht wachsen Wie schäme ich mich meines Steigens und Stol¬ Hier schwieg der Jüngling. Und Zarathustra be¬ Dieser Baum steht einsam hier am Gebirge; er Und wenn er reden wollte, er würde Niemanden Nun wartet er und wartet, — worauf wartet er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0062" n="56"/> <p>„Ja in's Böse! rief der Jüngling. Wie ist es mög¬<lb/> lich, dass du meine Seele entdecktest?“</p><lb/> <p>Zarathustra lächelte und sprach: „Manche Seele<lb/> wird man nie entdecken, es sei denn, dass man sie<lb/> zuerst erfindet.“</p><lb/> <p>„Ja in's Böse! rief der Jüngling nochmals.</p><lb/> <p>Du sagtest die Wahrheit, Zarathustra. Ich traue<lb/> mir selber nicht mehr, seitdem ich in die Höhe will, und<lb/> Niemand traut mir mehr, — wie geschieht diess doch?</p><lb/> <p>Ich verwandele mich zu schnell: mein Heute wider¬<lb/> legt mein Gestern. Ich überspringe oft die Stufen,<lb/> wenn ich steige, — das verzeiht mir keine Stufe.</p><lb/> <p>Bin ich oben, so finde ich mich immer allein.<lb/> Niemand redet mit mir, der Frost der Einsamkeit<lb/> macht mich zittern. Was will ich doch in der Höhe?</p><lb/> <p>Meine Verachtung und meine Sehnsucht wachsen<lb/> mit einander; je höher ich steige, um so mehr ver¬<lb/> achte ich Den, der steigt. Was will er doch in der<lb/> Höhe?</p><lb/> <p>Wie schäme ich mich meines Steigens und Stol¬<lb/> perns! Wie spotte ich meines heftigen Schnaubens!<lb/> Wie hasse ich den Fliegenden! Wie müde bin ich in<lb/> der Höhe!“</p><lb/> <p>Hier schwieg der Jüngling. Und Zarathustra be¬<lb/> trachtete den Baum, an dem sie standen und sprach also:</p><lb/> <p>Dieser Baum steht einsam hier am Gebirge; er<lb/> wuchs hoch hinweg über Mensch und Thier.</p><lb/> <p>Und wenn er reden wollte, er würde Niemanden<lb/> haben, der ihn verstünde: so hoch wuchs er.</p><lb/> <p>Nun wartet er und wartet, — worauf wartet er<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0062]
„Ja in's Böse! rief der Jüngling. Wie ist es mög¬
lich, dass du meine Seele entdecktest?“
Zarathustra lächelte und sprach: „Manche Seele
wird man nie entdecken, es sei denn, dass man sie
zuerst erfindet.“
„Ja in's Böse! rief der Jüngling nochmals.
Du sagtest die Wahrheit, Zarathustra. Ich traue
mir selber nicht mehr, seitdem ich in die Höhe will, und
Niemand traut mir mehr, — wie geschieht diess doch?
Ich verwandele mich zu schnell: mein Heute wider¬
legt mein Gestern. Ich überspringe oft die Stufen,
wenn ich steige, — das verzeiht mir keine Stufe.
Bin ich oben, so finde ich mich immer allein.
Niemand redet mit mir, der Frost der Einsamkeit
macht mich zittern. Was will ich doch in der Höhe?
Meine Verachtung und meine Sehnsucht wachsen
mit einander; je höher ich steige, um so mehr ver¬
achte ich Den, der steigt. Was will er doch in der
Höhe?
Wie schäme ich mich meines Steigens und Stol¬
perns! Wie spotte ich meines heftigen Schnaubens!
Wie hasse ich den Fliegenden! Wie müde bin ich in
der Höhe!“
Hier schwieg der Jüngling. Und Zarathustra be¬
trachtete den Baum, an dem sie standen und sprach also:
Dieser Baum steht einsam hier am Gebirge; er
wuchs hoch hinweg über Mensch und Thier.
Und wenn er reden wollte, er würde Niemanden
haben, der ihn verstünde: so hoch wuchs er.
Nun wartet er und wartet, — worauf wartet er
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