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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883.

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Und wiederum giebt es Solche, die sitzen in ihrem
Sumpfe und reden also heraus aus dem Schilfrohr:
"Tugend -- das ist still im Sumpfe sitzen.

Wir beissen Niemanden und gehen Dem aus dem
Wege, der beissen will; und in Allem haben wir
die Meinung, die man uns giebt."

Und wiederum giebt es Solche, die lieben Gebärden
und denken: Tugend ist eine Art Gebärde.

Ihre Kniee beten immer an, und ihre Hände sind
Lobpreisungen der Tugend, aber ihr Herz weiss Nichts
davon.

Und wiederum giebt es Solche, die halten es für
Tugend, zu sagen: "Tugend ist nothwendig"; aber sie
glauben im Grunde nur daran, dass Polizei noth¬
wendig ist.

Und Mancher, der das Hohe an den Menschen
nicht sehen kann, nennt es Tugend, dass er ihr Niedriges
allzunahe sieht: also heisst er seinen bösen Blick
Tugend.

Und Einige wollen erbaut und aufgerichtet sein
und heissen es Tugend; und Andre wollen umgeworfen
sein -- und heissen es auch Tugend.

Und derart glauben fast Alle daran, Antheil zu
haben an der Tugend; und zum Mindesten will ein
Jeder Kenner sein über "gut" und "böse".

Aber nicht dazu kam Zarathustra, allen diesen
Lügnern und Narren zu sagen: "was wisst ihr von
Tugend! Was könntet ihr von Tugend wissen!" --

Sondern, dass ihr, meine Freunde, der alten Worte
müde würdet, welche ihr von den Narren und Lügnern
gelernt habt:

Und wiederum giebt es Solche, die sitzen in ihrem
Sumpfe und reden also heraus aus dem Schilfrohr:
„Tugend — das ist still im Sumpfe sitzen.

Wir beissen Niemanden und gehen Dem aus dem
Wege, der beissen will; und in Allem haben wir
die Meinung, die man uns giebt.“

Und wiederum giebt es Solche, die lieben Gebärden
und denken: Tugend ist eine Art Gebärde.

Ihre Kniee beten immer an, und ihre Hände sind
Lobpreisungen der Tugend, aber ihr Herz weiss Nichts
davon.

Und wiederum giebt es Solche, die halten es für
Tugend, zu sagen: „Tugend ist nothwendig“; aber sie
glauben im Grunde nur daran, dass Polizei noth¬
wendig ist.

Und Mancher, der das Hohe an den Menschen
nicht sehen kann, nennt es Tugend, dass er ihr Niedriges
allzunahe sieht: also heisst er seinen bösen Blick
Tugend.

Und Einige wollen erbaut und aufgerichtet sein
und heissen es Tugend; und Andre wollen umgeworfen
sein — und heissen es auch Tugend.

Und derart glauben fast Alle daran, Antheil zu
haben an der Tugend; und zum Mindesten will ein
Jeder Kenner sein über „gut“ und „böse“.

Aber nicht dazu kam Zarathustra, allen diesen
Lügnern und Narren zu sagen: „was wisst ihr von
Tugend! Was könntet ihr von Tugend wissen!“ —

Sondern, dass ihr, meine Freunde, der alten Worte
müde würdet, welche ihr von den Narren und Lügnern
gelernt habt:

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[20/0030] Und wiederum giebt es Solche, die sitzen in ihrem Sumpfe und reden also heraus aus dem Schilfrohr: „Tugend — das ist still im Sumpfe sitzen. Wir beissen Niemanden und gehen Dem aus dem Wege, der beissen will; und in Allem haben wir die Meinung, die man uns giebt.“ Und wiederum giebt es Solche, die lieben Gebärden und denken: Tugend ist eine Art Gebärde. Ihre Kniee beten immer an, und ihre Hände sind Lobpreisungen der Tugend, aber ihr Herz weiss Nichts davon. Und wiederum giebt es Solche, die halten es für Tugend, zu sagen: „Tugend ist nothwendig“; aber sie glauben im Grunde nur daran, dass Polizei noth¬ wendig ist. Und Mancher, der das Hohe an den Menschen nicht sehen kann, nennt es Tugend, dass er ihr Niedriges allzunahe sieht: also heisst er seinen bösen Blick Tugend. Und Einige wollen erbaut und aufgerichtet sein und heissen es Tugend; und Andre wollen umgeworfen sein — und heissen es auch Tugend. Und derart glauben fast Alle daran, Antheil zu haben an der Tugend; und zum Mindesten will ein Jeder Kenner sein über „gut“ und „böse“. Aber nicht dazu kam Zarathustra, allen diesen Lügnern und Narren zu sagen: „was wisst ihr von Tugend! Was könntet ihr von Tugend wissen!“ — Sondern, dass ihr, meine Freunde, der alten Worte müde würdet, welche ihr von den Narren und Lügnern gelernt habt:

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883/30>, abgerufen am 23.11.2024.