Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883.ihr doch mein Ewiges kurz, wie ein Ton zerbricht Also sprach zur guten Stunde einst meine Rein¬ Da überfielt ihr mich mit schmutzigen Gespenstern; "Alle Tage sollen mir heilig sein" -- so redete Aber da stahlt ihr Feinde mir meine Nächte und Einst begehrte ich nach glücklichen Vogelzeichen: Allem Ekel gelobte ich einst zu entsagen: da Als Blinder gieng ich einst selige Wege: da warft Und als ich mein Schwerstes that und meiner Wahrlich, das war immer euer Thun: ihr ver¬ Meiner Mildthätigkeit sandtet ihr immer die ihr doch mein Ewiges kurz, wie ein Ton zerbricht Also sprach zur guten Stunde einst meine Rein¬ Da überfielt ihr mich mit schmutzigen Gespenstern; „Alle Tage sollen mir heilig sein“ — so redete Aber da stahlt ihr Feinde mir meine Nächte und Einst begehrte ich nach glücklichen Vogelzeichen: Allem Ekel gelobte ich einst zu entsagen: da Als Blinder gieng ich einst selige Wege: da warft Und als ich mein Schwerstes that und meiner Wahrlich, das war immer euer Thun: ihr ver¬ Meiner Mildthätigkeit sandtet ihr immer die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0054" n="44"/> ihr doch mein Ewiges kurz, wie ein Ton zerbricht<lb/> in kalter Nacht! Kaum als Aufblinken göttlicher<lb/> Augen kam es mir nun, — als Augenblick!</p><lb/> <p>Also sprach zur guten Stunde einst meine Rein¬<lb/> heit: „göttlich sollen mir alle Wesen sein.“</p><lb/> <p>Da überfielt ihr mich mit schmutzigen Gespenstern;<lb/> ach, wohin floh nun jene gute Stunde!</p><lb/> <p>„Alle Tage sollen mir heilig sein“ — so redete<lb/> einst die Weisheit meiner Jugend: wahrlich, einer<lb/> fröhlichen Weisheit Rede!</p><lb/> <p>Aber da stahlt ihr Feinde mir meine Nächte und<lb/> verkauftet sie zu schlafloser Qual: ach, wohin floh<lb/> nun jene fröhliche Weisheit?</p><lb/> <p>Einst begehrte ich nach glücklichen Vogelzeichen:<lb/> da führtet ihr mir ein Eulen-Unthier über den Weg,<lb/> ein widriges. Ach, wohin floh da meine zärtliche<lb/> Begierde?</p><lb/> <p>Allem Ekel gelobte ich einst zu entsagen: da<lb/> verwandeltet ihr meine Nahen und Nächsten in Eiter¬<lb/> beulen. Ach, wohin floh da mein edelstes Gelöbniss?</p><lb/> <p>Als Blinder gieng ich einst selige Wege: da warft<lb/> ihr Unflath auf den Weg des Blinden: und nun<lb/> ekelte ihn des alten Blinden-Fusssteigs.</p><lb/> <p>Und als ich mein Schwerstes that und meiner<lb/> Überwindungen Sieg feierte: da machtet ihr Die, welche<lb/> mich liebten, schreien, ich thue ihnen am wehesten.</p><lb/> <p>Wahrlich, das war immer euer Thun: ihr ver¬<lb/> gälltet mir meinen besten Honig und den Fleiss meiner<lb/> besten Bienen.</p><lb/> <p>Meiner Mildthätigkeit sandtet ihr immer die<lb/> frechsten Bettler zu; um mein Mitleiden drängtet ihr<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0054]
ihr doch mein Ewiges kurz, wie ein Ton zerbricht
in kalter Nacht! Kaum als Aufblinken göttlicher
Augen kam es mir nun, — als Augenblick!
Also sprach zur guten Stunde einst meine Rein¬
heit: „göttlich sollen mir alle Wesen sein.“
Da überfielt ihr mich mit schmutzigen Gespenstern;
ach, wohin floh nun jene gute Stunde!
„Alle Tage sollen mir heilig sein“ — so redete
einst die Weisheit meiner Jugend: wahrlich, einer
fröhlichen Weisheit Rede!
Aber da stahlt ihr Feinde mir meine Nächte und
verkauftet sie zu schlafloser Qual: ach, wohin floh
nun jene fröhliche Weisheit?
Einst begehrte ich nach glücklichen Vogelzeichen:
da führtet ihr mir ein Eulen-Unthier über den Weg,
ein widriges. Ach, wohin floh da meine zärtliche
Begierde?
Allem Ekel gelobte ich einst zu entsagen: da
verwandeltet ihr meine Nahen und Nächsten in Eiter¬
beulen. Ach, wohin floh da mein edelstes Gelöbniss?
Als Blinder gieng ich einst selige Wege: da warft
ihr Unflath auf den Weg des Blinden: und nun
ekelte ihn des alten Blinden-Fusssteigs.
Und als ich mein Schwerstes that und meiner
Überwindungen Sieg feierte: da machtet ihr Die, welche
mich liebten, schreien, ich thue ihnen am wehesten.
Wahrlich, das war immer euer Thun: ihr ver¬
gälltet mir meinen besten Honig und den Fleiss meiner
besten Bienen.
Meiner Mildthätigkeit sandtet ihr immer die
frechsten Bettler zu; um mein Mitleiden drängtet ihr
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Zitationshilfe: | Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883/54>, abgerufen am 16.02.2025. |