Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.all mein Gutes und Schlimmes schrie mit Einem Schrei Ihr Kühnen um mich! Ihr Sucher, Versucher, und So rathet mir doch das Räthsel, das ich damals Denn ein Gesicht war's und ein Vorhersehn: -- Wer ist der Hirt, dem also die Schlange in den -- Der Hirt aber biss, wie mein Schrei ihm rieth; Nicht mehr Hirt, nicht mehr Mensch, -- ein Ver¬ Oh meine Brüder, ich hörte ein Lachen, das keines Meine Sehnsucht nach diesem Lachen frisst an Also sprach Zarathustra. all mein Gutes und Schlimmes schrie mit Einem Schrei Ihr Kühnen um mich! Ihr Sucher, Versucher, und So rathet mir doch das Räthsel, das ich damals Denn ein Gesicht war's und ein Vorhersehn: — Wer ist der Hirt, dem also die Schlange in den — Der Hirt aber biss, wie mein Schrei ihm rieth; Nicht mehr Hirt, nicht mehr Mensch, — ein Ver¬ Oh meine Brüder, ich hörte ein Lachen, das keines Meine Sehnsucht nach diesem Lachen frisst an Also sprach Zarathustra. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0022" n="12"/> all mein Gutes und Schlimmes schrie mit Einem Schrei<lb/> aus mir. —</p><lb/> <p>Ihr Kühnen um mich! Ihr Sucher, Versucher, und<lb/> wer von euch mit listigen Segeln sich in unerforschte<lb/> Meere einschiffte! Ihr Räthsel-Frohen!</p><lb/> <p>So rathet mir doch das Räthsel, das ich damals<lb/> schaute, so deutet mir doch das Gesicht des Ein¬<lb/> samsten!</p><lb/> <p>Denn ein Gesicht war's und ein Vorhersehn: —<lb/><hi rendition="#g">was</hi> sah ich damals im Gleichnisse? Und <hi rendition="#g">wer</hi> ist,<lb/> der einst noch kommen muss?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Wer</hi> ist der Hirt, dem also die Schlange in den<lb/> Schlund kroch? <hi rendition="#g">Wer</hi> ist der Mensch, dem also alles<lb/> Schwerste, Schwärzeste in den Schlund kriechen wird?</p><lb/> <p>— Der Hirt aber biss, wie mein Schrei ihm rieth;<lb/> er biss mit gutem Bisse! Weit weg spie er den Kopf<lb/> der Schlange —: und sprang empor. —</p><lb/> <p>Nicht mehr Hirt, nicht mehr Mensch, — ein Ver¬<lb/> wandelter, ein Umleuchteter, welcher <hi rendition="#g">lachte</hi>! Niemals<lb/> noch auf Erden lachte je ein Mensch, wie <hi rendition="#g">er</hi> lachte!</p><lb/> <p>Oh meine Brüder, ich hörte ein Lachen, das keines<lb/> Menschen Lachen war, — — und nun frisst ein Durst<lb/> an mir, eine Sehnsucht, die nimmer stille wird.</p><lb/> <p>Meine Sehnsucht nach diesem Lachen frisst an<lb/> mir: oh wie ertrage ich noch zu leben! Und wie er¬<lb/> trüge ich's, jetzt zu sterben! —</p><lb/> <p>Also sprach Zarathustra.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0022]
all mein Gutes und Schlimmes schrie mit Einem Schrei
aus mir. —
Ihr Kühnen um mich! Ihr Sucher, Versucher, und
wer von euch mit listigen Segeln sich in unerforschte
Meere einschiffte! Ihr Räthsel-Frohen!
So rathet mir doch das Räthsel, das ich damals
schaute, so deutet mir doch das Gesicht des Ein¬
samsten!
Denn ein Gesicht war's und ein Vorhersehn: —
was sah ich damals im Gleichnisse? Und wer ist,
der einst noch kommen muss?
Wer ist der Hirt, dem also die Schlange in den
Schlund kroch? Wer ist der Mensch, dem also alles
Schwerste, Schwärzeste in den Schlund kriechen wird?
— Der Hirt aber biss, wie mein Schrei ihm rieth;
er biss mit gutem Bisse! Weit weg spie er den Kopf
der Schlange —: und sprang empor. —
Nicht mehr Hirt, nicht mehr Mensch, — ein Ver¬
wandelter, ein Umleuchteter, welcher lachte! Niemals
noch auf Erden lachte je ein Mensch, wie er lachte!
Oh meine Brüder, ich hörte ein Lachen, das keines
Menschen Lachen war, — — und nun frisst ein Durst
an mir, eine Sehnsucht, die nimmer stille wird.
Meine Sehnsucht nach diesem Lachen frisst an
mir: oh wie ertrage ich noch zu leben! Und wie er¬
trüge ich's, jetzt zu sterben! —
Also sprach Zarathustra.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |