Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.Hockte es da wohl zusammen mit einem andern Sie sitzen lange Abende bei einander und sprechen: Oder sie sehen lange Abende einer listigen Oder sie sitzen Tags über mit Angelruthen an Oder sie lernen fromm-froh die Harfe schlagen Oder sie lernen gruseln bei einem gelahrten Oder sie horchen einem alten umgetriebnen Schnurr- Und Einige von ihnen sind sogar Nachtwächter Hockte es da wohl zusammen mit einem andern Sie sitzen lange Abende bei einander und sprechen: Oder sie sehen lange Abende einer listigen Oder sie sitzen Tags über mit Angelruthen an Oder sie lernen fromm-froh die Harfe schlagen Oder sie lernen gruseln bei einem gelahrten Oder sie horchen einem alten umgetriebnen Schnurr- Und Einige von ihnen sind sogar Nachtwächter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0054" n="44"/> <p>Hockte es da wohl zusammen mit einem andern<lb/> Nachtfalterchen? Denn überall rieche ich kleine ver¬<lb/> krochne Gemeinden; und wo es Kämmerlein giebt,<lb/> da giebt es neue Bet-Brüder drin und den Dunst von<lb/> Bet-Brüdern.</p><lb/> <p>Sie sitzen lange Abende bei einander und sprechen:<lb/> „lasset uns wieder werden wie die Kindlein und „lieber<lb/> Gott“ sagen!“ — an Mund und Magen verdorben durch<lb/> die frommen Zuckerbäcker.</p><lb/> <p>Oder sie sehen lange Abende einer listigen<lb/> lauernden Kreuzspinne zu, welche den Spinnen selber<lb/> Klugheit predigt und also lehrt: „unter Kreuzen ist<lb/> gut spinnen!“</p><lb/> <p>Oder sie sitzen Tags über mit Angelruthen an<lb/> Sümpfen und glauben sich <hi rendition="#g">tief</hi> damit; aber wer dort<lb/> fischt, wo es keine Fische giebt, den heisse ich noch<lb/> nicht einmal oberflächlich!</p><lb/> <p>Oder sie lernen fromm-froh die Harfe schlagen<lb/> bei einem Lieder-Dichter, der sich gern jungen<lb/> Weibchen in's Herz harfnen möchte: — denn er wurde<lb/> der alten Weibchen müde und ihres Lobpreisens.</p><lb/> <p>Oder sie lernen gruseln bei einem gelahrten<lb/> Halb-Tollen, der in dunklen Zimmern wartet, dass<lb/> ihm die Geister kommen — und der Geist ganz<lb/> davonläuft!</p><lb/> <p>Oder sie horchen einem alten umgetriebnen Schnurr-<lb/> und Knurrpfeifer zu, der trüben Winden die Trübsal der<lb/> Töne ablernte; nun pfeift er nach dem Winde und<lb/> predigt in trüben Tönen Trübsal.</p><lb/> <p>Und Einige von ihnen sind sogar Nachtwächter<lb/> geworden: die verstehen jetzt in Hörner zu blasen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0054]
Hockte es da wohl zusammen mit einem andern
Nachtfalterchen? Denn überall rieche ich kleine ver¬
krochne Gemeinden; und wo es Kämmerlein giebt,
da giebt es neue Bet-Brüder drin und den Dunst von
Bet-Brüdern.
Sie sitzen lange Abende bei einander und sprechen:
„lasset uns wieder werden wie die Kindlein und „lieber
Gott“ sagen!“ — an Mund und Magen verdorben durch
die frommen Zuckerbäcker.
Oder sie sehen lange Abende einer listigen
lauernden Kreuzspinne zu, welche den Spinnen selber
Klugheit predigt und also lehrt: „unter Kreuzen ist
gut spinnen!“
Oder sie sitzen Tags über mit Angelruthen an
Sümpfen und glauben sich tief damit; aber wer dort
fischt, wo es keine Fische giebt, den heisse ich noch
nicht einmal oberflächlich!
Oder sie lernen fromm-froh die Harfe schlagen
bei einem Lieder-Dichter, der sich gern jungen
Weibchen in's Herz harfnen möchte: — denn er wurde
der alten Weibchen müde und ihres Lobpreisens.
Oder sie lernen gruseln bei einem gelahrten
Halb-Tollen, der in dunklen Zimmern wartet, dass
ihm die Geister kommen — und der Geist ganz
davonläuft!
Oder sie horchen einem alten umgetriebnen Schnurr-
und Knurrpfeifer zu, der trüben Winden die Trübsal der
Töne ablernte; nun pfeift er nach dem Winde und
predigt in trüben Tönen Trübsal.
Und Einige von ihnen sind sogar Nachtwächter
geworden: die verstehen jetzt in Hörner zu blasen
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Zitationshilfe: | Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/54>, abgerufen am 16.07.2024. |