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Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] halten! Wenn Hr. Benjamin Constant es übernimmt, diese Wahr-
heit zu beweisen, so dürfte sie für alle konstitutionellen Regierun-
gen klassisch werden. Möchte es ihm nicht eben so leicht werden
zu beweisen, daß die vorgeblichen Ersparnisse des Ministeriums
Polignac eine höllische Kombination seyen, die offenbar den Zwek
haben, das Volk zur Empörung aufzustiften? daß die alten Beam-
ten, die man mit einem Gnadengehalt entläßt, mit den Fleischern
in Bund treten müßten, die den Einwohnern der Hauptstadt kein
verdorbenes Fleisch mehr zu essen geben dürfen, um einen Kern
von Mißvergnügten zu bilden, der die Gegenrevolution beginnen
werde, und daß so notorische Thatsachen unwidersprechlich bewie-
sen, daß die Fürsten Polignac, Wellington und Metternich ent-
schlossen seyen Europa umzuwälzen, um ihre Verwaltung zu er-
leichtern und von ihren Souverains noch höhere Verrichtungen zu
erhalten, als ihnen bereits zu Theil geworden sind! Wenn Hr.
Benjamin Constant will, so kan er dis Alles beweisen. Weil es
nun einmal unter den Franzosen so viele leichtgläubige Leute gibt,
die an jeder Neuigkeit eine Freude haben: warum sollte man ih-
rer Einbildungskraft nicht durch ein unerwartetes Schauspiel im-
poniren? Warum sollte man nicht den 1145 Unterzeichnern der Sub-
scription für die Verweigerung der Auflage eine Uniform geben?
Warum sollte man sie nicht nach Paris kommen lassen, um auf dem
Revolutionsplaze Heerschau über sie zu halten? Welches imposante
Schauspiel für das Ministerium, welcher Stof zur Erbauung für
das Volk müßte der Anblik dieses Bataillons sparsamer Männer
seyn, die einen Vorwand suchen, um ihre Auflage nicht zu bezah-
len! Dis würde den Muth der übrigen 31,998,855 Franzosen,
die an dieser Empörung durch Subscription nicht haben Theil neh-
men wollen, erhöhen. Dis würde vielleicht in den Stand sezen,
ein Regiment von Subscribenten vollzählig zu machen, und dann
würde man gegen das Schloß ziehen, um den König zu zwingen,
dieses insame Ministerium Poliguac zu verabschieden, das die Ge-
müther durch seine Ersparnisse und seine gute Verwaltung zu be-
stechen sucht.

Niederlande.

(Durch Zufall verspätet.) Die Gährung der
Gemüther, von Priestern in Brabant und Flandern durch Reiz-
mittel jeder Art gesteigert und unterhalten, ist noch immer im
Fortschreiten begriffen. Das Unwesen hat einen solchen Grad er-
reicht und einen solchen gefährlichen Charakter angenommen, daß
der Herr Bischof von Lüttich und selbst der Herr Erzbischof von
Mecheln ihre Mißbilligung von solcher berufwidriger Einmischung
der Priesterschaft in die politischen Angelegenheiten wiederholt aus-
gesprochen haben. Aber diese Erinnerungen sind leider erst nach
vollbrachter That ergaugen. Des Petitionirens und Repetitio-
nirens ist also, nachdem die Priester einmal Impuls und Beispiel
gegeben, noch immer kein Ende. Ueberall prangen der Klerus und
die Aristokratie an der Spize, und was geradezu dienen sollte, die
Sache verdächtig zu machen, wird von der Faktion als sie kräfti-
gend, hingestellt. Die Journale wimmeln von anstößigen Mit-
theilungen über angewandte moralische Gewalt oder List, um Un-
terschriften zu erhalten. Der Beichtstuhl selbst wird zur Werk-
stätte der Intrigue herabgewürdigt; Direktoren von Pensionaten
mißbrauchen das Vertrauen der Familien, um ihre Zöglinge in
corpore
unterzeichnen zu lassen; das vom öffentlichen Mitleid
gespendete Almosen und die frommen Stiftungen werden verwen-
det, um politischen Briefträgern die Porto's zu bezahlen, und
[Spaltenumbruch] aufreizende Emissarien in ihren Planen zu unterstüzen. Un-
ter den heftigsten Kämpfern zeichnet der seit langer Zeit als über-
zpannter Anhänger ultramontanischer Prinzipien berufene Graf Ro-
biano, O'Connells schwächlicher Nachtreter, sich aus; derselbe Mann,
welcher, öffentlichen Blättern zufolge, dem Don Miguel vor Kur-
sem noch Subsidien in Geld verschaft haben soll, spielt nun den
eifrigen Liberalen, und tritt täglich, wie Goliath, vor das Lager,
die Regierung höhnend und zum Streite herausfordernd. Dagegen
werden auch Kalumnien-Prozesse gegen mehrere Oppositionsjour-
nale fortgesezt, die Gegenpetitionen nehmen Fortgang, Travesti-
rungen und Satyren, in Form von Petitionen, selbst an die Kam-
mer gerichtet, kommen von Zeit zu Zeit ein; so z. B. die von
Krüppeln, Schwindsüchtigen und Auszehrenden gegen die Liberte
illimitee
hinsichtlich der Aerzte; so der Frauen, um Gestattung
des Wahlrechts zu dem Nationalparlament, so diejenige, welche
fordert, daß für Aerzte, Priester, Advokaten, Krieger u. a. künf-
tig alle Kapacitätszeugnisse wegfallen, und völlige Freiheit und
Konkurrenz bestehen solle; endlich die, welche die Priester mit der
Administration und Polizei ausschließlich beauftragt wissen will. Es
herrscht im Ganzen eine Art von Verwirrung Babels; jeder Un-
bärtige, jeder Intrigant, jeder Marktschreier, welcher aus seiner
Bedeutungslosigkeit zu einem Namen, oder wenigstens zum Be-
merktwerden sich steigern will, glaubt den Moment benüzen, und
irgend einen Minister oder Administrator beschimpfen, oder irgend
eine Handlung des Königs rügen zu müssen. Man könnte dermal
einen Theil des Südens unsers Landes das Eldorado der beschränk-
ten Köpfe nennen. Einem der jüngern Redaktoren des Courrier
des Pays-bas fiel es vor einigen Wochen ein, bei dem Tode des
Brüsseler Deputirten, Claessen-Moris, aus dem alsbald ein Volks-
held gezimmert, und für dessen Denkmal bereits -- als wäre er
ein Foy gewesen -- subscribirt worden ist -- Hrn. de Potter als
Nachfolger vorzuschlagen; kein Mensch hatte an diesen Exaltado
gedacht; der Vorschlag machte den Courrier de la Meuse ordentlich
bestürzt; doch sagte er nicht nein, und erlaubte höflich die Kan-
didatur des Konvertiten. Da beging Hr. v. P. die Lächerlichkeit
der Schulzenfrau in der Kirche beim Aufstehn der Leute gleich wäh-
rend des Evangeliums, die Sache im Ernst auf sich anzuwenden
und die Ehre sich zu verbitten. Jedermann im Lande lachte heim-
lich oder laut über diesen Mißgrif. Es ist merkwürdig, daß man
selbst den Tod jenes Deputirten der Angst vor dem Zorne der Jour-
nale zuschreibt, und solches den Leuten sogar in der Kammer wirk-
lich vorgeworfen hat. Mit "Verhöhnung und Verspottung" als
Saumseliger bereits bedroht, eilte der todt kranke Mann, troz der
Warnungen seiner Familie nach dem Haag und fand dort sein
Grab. -- Die Fontansche Angelegenheit hat noch unangenehme Rük-
klänge hinterlassen, da einige Glieder der Opposition über die Art
der Abstimmung von Seite nördlicher Abgeordneter sich bitter be-
schwerten. Der Handel des Hrn. Brugmans, welchem der
König durch einen besondern Beschluß die ehrenvolle Entlassung von
seiner Stelle und die Entbindung von seinem Eide, als gesezmäßig
gewähltem Deputirten der Provinz Holland, gegeben, erregte das
Befremden eines Theils der Kammer; man betrachtete den Be-
schluß des Monarchen, nach geschehener Ausschließung Brugmans
durch die Majorität der Kammer, als Eingrif in die Vefug-
nisse derselben. Hr. Brugman ist ebenfalls, wie man ver-
nimmt, zum Staatsrathe in außerordentlichem Dienst ernannt.
Diesem treflichen Manne, welcher unverdient von der Partei

[Spaltenumbruch] halten! Wenn Hr. Benjamin Conſtant es übernimmt, dieſe Wahr-
heit zu beweiſen, ſo dürfte ſie für alle konſtitutionellen Regierun-
gen klaſſiſch werden. Möchte es ihm nicht eben ſo leicht werden
zu beweiſen, daß die vorgeblichen Erſparniſſe des Miniſteriums
Polignac eine hölliſche Kombination ſeyen, die offenbar den Zwek
haben, das Volk zur Empörung aufzuſtiften? daß die alten Beam-
ten, die man mit einem Gnadengehalt entläßt, mit den Fleiſchern
in Bund treten müßten, die den Einwohnern der Hauptſtadt kein
verdorbenes Fleiſch mehr zu eſſen geben dürfen, um einen Kern
von Mißvergnügten zu bilden, der die Gegenrevolution beginnen
werde, und daß ſo notoriſche Thatſachen unwiderſprechlich bewie-
ſen, daß die Fürſten Polignac, Wellington und Metternich ent-
ſchloſſen ſeyen Europa umzuwälzen, um ihre Verwaltung zu er-
leichtern und von ihren Souverains noch höhere Verrichtungen zu
erhalten, als ihnen bereits zu Theil geworden ſind! Wenn Hr.
Benjamin Conſtant will, ſo kan er dis Alles beweiſen. Weil es
nun einmal unter den Franzoſen ſo viele leichtgläubige Leute gibt,
die an jeder Neuigkeit eine Freude haben: warum ſollte man ih-
rer Einbildungskraft nicht durch ein unerwartetes Schauſpiel im-
poniren? Warum ſollte man nicht den 1145 Unterzeichnern der Sub-
ſcription für die Verweigerung der Auflage eine Uniform geben?
Warum ſollte man ſie nicht nach Paris kommen laſſen, um auf dem
Revolutionsplaze Heerſchau über ſie zu halten? Welches impoſante
Schauſpiel für das Miniſterium, welcher Stof zur Erbauung für
das Volk müßte der Anblik dieſes Bataillons ſparſamer Männer
ſeyn, die einen Vorwand ſuchen, um ihre Auflage nicht zu bezah-
len! Dis würde den Muth der übrigen 31,998,855 Franzoſen,
die an dieſer Empörung durch Subſcription nicht haben Theil neh-
men wollen, erhöhen. Dis würde vielleicht in den Stand ſezen,
ein Regiment von Subſcribenten vollzählig zu machen, und dann
würde man gegen das Schloß ziehen, um den König zu zwingen,
dieſes inſame Miniſterium Poliguac zu verabſchieden, das die Ge-
müther durch ſeine Erſparniſſe und ſeine gute Verwaltung zu be-
ſtechen ſucht.

Niederlande.

(Durch Zufall verſpätet.) Die Gährung der
Gemüther, von Prieſtern in Brabant und Flandern durch Reiz-
mittel jeder Art geſteigert und unterhalten, iſt noch immer im
Fortſchreiten begriffen. Das Unweſen hat einen ſolchen Grad er-
reicht und einen ſolchen gefährlichen Charakter angenommen, daß
der Herr Biſchof von Lüttich und ſelbſt der Herr Erzbiſchof von
Mecheln ihre Mißbilligung von ſolcher berufwidriger Einmiſchung
der Prieſterſchaft in die politiſchen Angelegenheiten wiederholt aus-
geſprochen haben. Aber dieſe Erinnerungen ſind leider erſt nach
vollbrachter That ergaugen. Des Petitionirens und Repetitio-
nirens iſt alſo, nachdem die Prieſter einmal Impuls und Beiſpiel
gegeben, noch immer kein Ende. Ueberall prangen der Klerus und
die Ariſtokratie an der Spize, und was geradezu dienen ſollte, die
Sache verdächtig zu machen, wird von der Faktion als ſie kräfti-
gend, hingeſtellt. Die Journale wimmeln von anſtößigen Mit-
theilungen über angewandte moraliſche Gewalt oder Liſt, um Un-
terſchriften zu erhalten. Der Beichtſtuhl ſelbſt wird zur Werk-
ſtätte der Intrigue herabgewürdigt; Direktoren von Penſionaten
mißbrauchen das Vertrauen der Familien, um ihre Zöglinge in
corpore
unterzeichnen zu laſſen; das vom öffentlichen Mitleid
geſpendete Almoſen und die frommen Stiftungen werden verwen-
det, um politiſchen Briefträgern die Porto’s zu bezahlen, und
[Spaltenumbruch] aufreizende Emiſſarien in ihren Planen zu unterſtüzen. Un-
ter den heftigſten Kämpfern zeichnet der ſeit langer Zeit als über-
zpannter Anhänger ultramontaniſcher Prinzipien berufene Graf Ro-
biano, O’Connells ſchwächlicher Nachtreter, ſich aus; derſelbe Mann,
welcher, öffentlichen Blättern zufolge, dem Don Miguel vor Kur-
ſem noch Subſidien in Geld verſchaft haben ſoll, ſpielt nun den
eifrigen Liberalen, und tritt täglich, wie Goliath, vor das Lager,
die Regierung höhnend und zum Streite herausfordernd. Dagegen
werden auch Kalumnien-Prozeſſe gegen mehrere Oppoſitionsjour-
nale fortgeſezt, die Gegenpetitionen nehmen Fortgang, Traveſti-
rungen und Satyren, in Form von Petitionen, ſelbſt an die Kam-
mer gerichtet, kommen von Zeit zu Zeit ein; ſo z. B. die von
Krüppeln, Schwindſüchtigen und Auszehrenden gegen die Liberté
illimitée
hinſichtlich der Aerzte; ſo der Frauen, um Geſtattung
des Wahlrechts zu dem Nationalparlament, ſo diejenige, welche
fordert, daß für Aerzte, Prieſter, Advokaten, Krieger u. a. künf-
tig alle Kapacitätszeugniſſe wegfallen, und völlige Freiheit und
Konkurrenz beſtehen ſolle; endlich die, welche die Prieſter mit der
Adminiſtration und Polizei ausſchließlich beauftragt wiſſen will. Es
herrſcht im Ganzen eine Art von Verwirrung Babels; jeder Un-
bärtige, jeder Intrigant, jeder Marktſchreier, welcher aus ſeiner
Bedeutungsloſigkeit zu einem Namen, oder wenigſtens zum Be-
merktwerden ſich ſteigern will, glaubt den Moment benüzen, und
irgend einen Miniſter oder Adminiſtrator beſchimpfen, oder irgend
eine Handlung des Königs rügen zu müſſen. Man könnte dermal
einen Theil des Südens unſers Landes das Eldorado der beſchränk-
ten Köpfe nennen. Einem der jüngern Redaktoren des Courrier
des Pays-bas fiel es vor einigen Wochen ein, bei dem Tode des
Brüſſeler Deputirten, Claeſſen-Moris, aus dem alsbald ein Volks-
held gezimmert, und für deſſen Denkmal bereits — als wäre er
ein Foy geweſen — ſubſcribirt worden iſt — Hrn. de Potter als
Nachfolger vorzuſchlagen; kein Menſch hatte an dieſen Exaltado
gedacht; der Vorſchlag machte den Courrier de la Meuſe ordentlich
beſtürzt; doch ſagte er nicht nein, und erlaubte höflich die Kan-
didatur des Konvertiten. Da beging Hr. v. P. die Lächerlichkeit
der Schulzenfrau in der Kirche beim Aufſtehn der Leute gleich wäh-
rend des Evangeliums, die Sache im Ernſt auf ſich anzuwenden
und die Ehre ſich zu verbitten. Jedermann im Lande lachte heim-
lich oder laut über dieſen Mißgrif. Es iſt merkwürdig, daß man
ſelbſt den Tod jenes Deputirten der Angſt vor dem Zorne der Jour-
nale zuſchreibt, und ſolches den Leuten ſogar in der Kammer wirk-
lich vorgeworfen hat. Mit „Verhöhnung und Verſpottung“ als
Saumſeliger bereits bedroht, eilte der todt kranke Mann, troz der
Warnungen ſeiner Familie nach dem Haag und fand dort ſein
Grab. — Die Fontanſche Angelegenheit hat noch unangenehme Rük-
klänge hinterlaſſen, da einige Glieder der Oppoſition über die Art
der Abſtimmung von Seite nördlicher Abgeordneter ſich bitter be-
ſchwerten. Der Handel des Hrn. Brugmans, welchem der
König durch einen beſondern Beſchluß die ehrenvolle Entlaſſung von
ſeiner Stelle und die Entbindung von ſeinem Eide, als geſezmäßig
gewähltem Deputirten der Provinz Holland, gegeben, erregte das
Befremden eines Theils der Kammer; man betrachtete den Be-
ſchluß des Monarchen, nach geſchehener Ausſchließung Brugmans
durch die Majorität der Kammer, als Eingrif in die Vefug-
niſſe derſelben. Hr. Brugman iſt ebenfalls, wie man ver-
nimmt, zum Staatsrathe in außerordentlichem Dienſt ernannt.
Dieſem treflichen Manne, welcher unverdient von der Partei

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[7/0003] halten! Wenn Hr. Benjamin Conſtant es übernimmt, dieſe Wahr- heit zu beweiſen, ſo dürfte ſie für alle konſtitutionellen Regierun- gen klaſſiſch werden. Möchte es ihm nicht eben ſo leicht werden zu beweiſen, daß die vorgeblichen Erſparniſſe des Miniſteriums Polignac eine hölliſche Kombination ſeyen, die offenbar den Zwek haben, das Volk zur Empörung aufzuſtiften? daß die alten Beam- ten, die man mit einem Gnadengehalt entläßt, mit den Fleiſchern in Bund treten müßten, die den Einwohnern der Hauptſtadt kein verdorbenes Fleiſch mehr zu eſſen geben dürfen, um einen Kern von Mißvergnügten zu bilden, der die Gegenrevolution beginnen werde, und daß ſo notoriſche Thatſachen unwiderſprechlich bewie- ſen, daß die Fürſten Polignac, Wellington und Metternich ent- ſchloſſen ſeyen Europa umzuwälzen, um ihre Verwaltung zu er- leichtern und von ihren Souverains noch höhere Verrichtungen zu erhalten, als ihnen bereits zu Theil geworden ſind! Wenn Hr. Benjamin Conſtant will, ſo kan er dis Alles beweiſen. Weil es nun einmal unter den Franzoſen ſo viele leichtgläubige Leute gibt, die an jeder Neuigkeit eine Freude haben: warum ſollte man ih- rer Einbildungskraft nicht durch ein unerwartetes Schauſpiel im- poniren? Warum ſollte man nicht den 1145 Unterzeichnern der Sub- ſcription für die Verweigerung der Auflage eine Uniform geben? Warum ſollte man ſie nicht nach Paris kommen laſſen, um auf dem Revolutionsplaze Heerſchau über ſie zu halten? Welches impoſante Schauſpiel für das Miniſterium, welcher Stof zur Erbauung für das Volk müßte der Anblik dieſes Bataillons ſparſamer Männer ſeyn, die einen Vorwand ſuchen, um ihre Auflage nicht zu bezah- len! Dis würde den Muth der übrigen 31,998,855 Franzoſen, die an dieſer Empörung durch Subſcription nicht haben Theil neh- men wollen, erhöhen. Dis würde vielleicht in den Stand ſezen, ein Regiment von Subſcribenten vollzählig zu machen, und dann würde man gegen das Schloß ziehen, um den König zu zwingen, dieſes inſame Miniſterium Poliguac zu verabſchieden, das die Ge- müther durch ſeine Erſparniſſe und ſeine gute Verwaltung zu be- ſtechen ſucht. Niederlande. † Haag, 8 Dec.(Durch Zufall verſpätet.) Die Gährung der Gemüther, von Prieſtern in Brabant und Flandern durch Reiz- mittel jeder Art geſteigert und unterhalten, iſt noch immer im Fortſchreiten begriffen. Das Unweſen hat einen ſolchen Grad er- reicht und einen ſolchen gefährlichen Charakter angenommen, daß der Herr Biſchof von Lüttich und ſelbſt der Herr Erzbiſchof von Mecheln ihre Mißbilligung von ſolcher berufwidriger Einmiſchung der Prieſterſchaft in die politiſchen Angelegenheiten wiederholt aus- geſprochen haben. Aber dieſe Erinnerungen ſind leider erſt nach vollbrachter That ergaugen. Des Petitionirens und Repetitio- nirens iſt alſo, nachdem die Prieſter einmal Impuls und Beiſpiel gegeben, noch immer kein Ende. Ueberall prangen der Klerus und die Ariſtokratie an der Spize, und was geradezu dienen ſollte, die Sache verdächtig zu machen, wird von der Faktion als ſie kräfti- gend, hingeſtellt. Die Journale wimmeln von anſtößigen Mit- theilungen über angewandte moraliſche Gewalt oder Liſt, um Un- terſchriften zu erhalten. Der Beichtſtuhl ſelbſt wird zur Werk- ſtätte der Intrigue herabgewürdigt; Direktoren von Penſionaten mißbrauchen das Vertrauen der Familien, um ihre Zöglinge in corpore unterzeichnen zu laſſen; das vom öffentlichen Mitleid geſpendete Almoſen und die frommen Stiftungen werden verwen- det, um politiſchen Briefträgern die Porto’s zu bezahlen, und aufreizende Emiſſarien in ihren Planen zu unterſtüzen. Un- ter den heftigſten Kämpfern zeichnet der ſeit langer Zeit als über- zpannter Anhänger ultramontaniſcher Prinzipien berufene Graf Ro- biano, O’Connells ſchwächlicher Nachtreter, ſich aus; derſelbe Mann, welcher, öffentlichen Blättern zufolge, dem Don Miguel vor Kur- ſem noch Subſidien in Geld verſchaft haben ſoll, ſpielt nun den eifrigen Liberalen, und tritt täglich, wie Goliath, vor das Lager, die Regierung höhnend und zum Streite herausfordernd. Dagegen werden auch Kalumnien-Prozeſſe gegen mehrere Oppoſitionsjour- nale fortgeſezt, die Gegenpetitionen nehmen Fortgang, Traveſti- rungen und Satyren, in Form von Petitionen, ſelbſt an die Kam- mer gerichtet, kommen von Zeit zu Zeit ein; ſo z. B. die von Krüppeln, Schwindſüchtigen und Auszehrenden gegen die Liberté illimitée hinſichtlich der Aerzte; ſo der Frauen, um Geſtattung des Wahlrechts zu dem Nationalparlament, ſo diejenige, welche fordert, daß für Aerzte, Prieſter, Advokaten, Krieger u. a. künf- tig alle Kapacitätszeugniſſe wegfallen, und völlige Freiheit und Konkurrenz beſtehen ſolle; endlich die, welche die Prieſter mit der Adminiſtration und Polizei ausſchließlich beauftragt wiſſen will. Es herrſcht im Ganzen eine Art von Verwirrung Babels; jeder Un- bärtige, jeder Intrigant, jeder Marktſchreier, welcher aus ſeiner Bedeutungsloſigkeit zu einem Namen, oder wenigſtens zum Be- merktwerden ſich ſteigern will, glaubt den Moment benüzen, und irgend einen Miniſter oder Adminiſtrator beſchimpfen, oder irgend eine Handlung des Königs rügen zu müſſen. Man könnte dermal einen Theil des Südens unſers Landes das Eldorado der beſchränk- ten Köpfe nennen. Einem der jüngern Redaktoren des Courrier des Pays-bas fiel es vor einigen Wochen ein, bei dem Tode des Brüſſeler Deputirten, Claeſſen-Moris, aus dem alsbald ein Volks- held gezimmert, und für deſſen Denkmal bereits — als wäre er ein Foy geweſen — ſubſcribirt worden iſt — Hrn. de Potter als Nachfolger vorzuſchlagen; kein Menſch hatte an dieſen Exaltado gedacht; der Vorſchlag machte den Courrier de la Meuſe ordentlich beſtürzt; doch ſagte er nicht nein, und erlaubte höflich die Kan- didatur des Konvertiten. Da beging Hr. v. P. die Lächerlichkeit der Schulzenfrau in der Kirche beim Aufſtehn der Leute gleich wäh- rend des Evangeliums, die Sache im Ernſt auf ſich anzuwenden und die Ehre ſich zu verbitten. Jedermann im Lande lachte heim- lich oder laut über dieſen Mißgrif. Es iſt merkwürdig, daß man ſelbſt den Tod jenes Deputirten der Angſt vor dem Zorne der Jour- nale zuſchreibt, und ſolches den Leuten ſogar in der Kammer wirk- lich vorgeworfen hat. Mit „Verhöhnung und Verſpottung“ als Saumſeliger bereits bedroht, eilte der todt kranke Mann, troz der Warnungen ſeiner Familie nach dem Haag und fand dort ſein Grab. — Die Fontanſche Angelegenheit hat noch unangenehme Rük- klänge hinterlaſſen, da einige Glieder der Oppoſition über die Art der Abſtimmung von Seite nördlicher Abgeordneter ſich bitter be- ſchwerten. Der Handel des Hrn. Brugmans, welchem der König durch einen beſondern Beſchluß die ehrenvolle Entlaſſung von ſeiner Stelle und die Entbindung von ſeinem Eide, als geſezmäßig gewähltem Deputirten der Provinz Holland, gegeben, erregte das Befremden eines Theils der Kammer; man betrachtete den Be- ſchluß des Monarchen, nach geſchehener Ausſchließung Brugmans durch die Majorität der Kammer, als Eingrif in die Vefug- niſſe derſelben. Hr. Brugman iſt ebenfalls, wie man ver- nimmt, zum Staatsrathe in außerordentlichem Dienſt ernannt. Dieſem treflichen Manne, welcher unverdient von der Partei

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2020-10-02T09:49:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1830, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine02_1830/3>, abgerufen am 21.11.2024.