Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
der Königin Elisabeth die Uebung daß die Parlamentsmitglieder an die Instructionen In dem Club der Rue d'Arras hat die von Hrn. Victor Hugo beliebte Um- Vorgestern früh um 9 Uhr begaben sich die Zeitungsredacteure Gibiat Montreux, Kanton Waadt, 25 Nov. 1871. Monseigneur! Wenn ich nicht Darauf antwortete der Erzbischof Guibert. Paris, 8 Dec. 1871. Mein lieber Abbe! Der kurze aber bedeutungsvolle Der Abbe Gratry hatte seinen Brief dem Pere Hyacynthe zur Nachachtung Seien Sie überzeugt, mein Vater, es würde mich keine Ueberwindung kosten Das Pariser Schwurgericht verhandelte gestern gegen mehrere Mitschuldige Italien. # Rom, 29 Dec. Die neulich von mir besprochene "Wiederherstellung Montenegro. * Von der montenegrinischen Gränze, 20 Dec. Der Plan des Griechenland. Athen, 23 Dec. Wie ich schon vor acht Tagen geschrieben habe, ge- [Spaltenumbruch]
der Königin Eliſabeth die Uebung daß die Parlamentsmitglieder an die Inſtructionen In dem Club der Rue d’Arras hat die von Hrn. Victor Hugo beliebte Um- Vorgeſtern früh um 9 Uhr begaben ſich die Zeitungsredacteure Gibiat Montreux, Kanton Waadt, 25 Nov. 1871. Monſeigneur! Wenn ich nicht Darauf antwortete der Erzbiſchof Guibert. Paris, 8 Dec. 1871. Mein lieber Abbe! Der kurze aber bedeutungsvolle Der Abbé Gratry hatte ſeinen Brief dem Père Hyacynthe zur Nachachtung Seien Sie überzeugt, mein Vater, es würde mich keine Ueberwindung koſten Das Pariſer Schwurgericht verhandelte geſtern gegen mehrere Mitſchuldige Italien. # Rom, 29 Dec. Die neulich von mir beſprochene „Wiederherſtellung Montenegro. * Von der montenegriniſchen Gränze, 20 Dec. Der Plan des Griechenland. ⦿ Athen, 23 Dec. Wie ich ſchon vor acht Tagen geſchrieben habe, ge- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0006" n="14"/><cb/> der Königin Eliſabeth die Uebung daß die Parlamentsmitglieder an die Inſtructionen<lb/> ihrer Wähler gebunden ſeien, ja in einem Streite der Königin mit dem Parlament<lb/> ſchützten die Unterhausmitglieder als Entſchuldigung für ihre Handlungsweiſe vor<lb/> daß ſie mit ihren Köpfen für ihre Inſtructionen aufkommen müßten. Später aber<lb/> muß dieſe Einrichtung vollſtändig außer Uebung gekommen ſein, denn Burke vertritt<lb/> die Anſicht daß die Abgeordneten nach den Landesgeſetzen in keiner Weiſe an In-<lb/> ſtructionen gebunden ſeien, und dieß gilt auch heute noch in England wie in Deutſch-<lb/> land als beſtehendes Recht. Die Pariſer Radicalen ſind natürlich von der Vor-<lb/> trefflichkeit ihrer neuen Erfindung felſenfeſt überzeugt; wir wollen ihnen dieſe Ueber-<lb/> zeugung nicht ſtören. Victor Hugo hat in einem heute von den Blättern veröffent-<lb/> lichten Schreiben an den Club der Rue d’Arras ſich dahin erklärt „das Beiſpiel zur<lb/> Annahme des „contractuellen Mandats“ zu geben, welches noch ganz anders wirk-<lb/> ſam und bindend ſei als das „imperative Mandat.“ Das contractuelle Mandat<lb/> d.h. der ſynallagmatiſche Vertrag zwiſchen dem Mandanten und dem Bevollmächtigten,<lb/> ſchaffe zwiſchen dem Wähler und dem Gewählten abſolute Identität des Ziels und<lb/> der Grundſätze. Die Wahl welche das Volk von Paris am 7 Januar treffen wird,<lb/> ſolle bedeuten: Republik, Verneinung jeder Monarchie, gleichviel welcher Form;<lb/> Amneſtie, Abſchaffung der Todesſtrafe für politiſche Vergehen und überhaupt,<lb/> Rückkehr der Nationalverſammlung nach Paris, Aufhebung des Belagerungsſtan-<lb/> des, Auflöſung der Nationalverſammlung in möglichſt kurzer Friſt.“ Die Candi-<lb/> datur Victor Hugo’s wird in der Preſſe bis jetzt nur von der „R<hi rendition="#aq">é</hi>publique francaiſe,“<lb/> der „Conſtitution“ und dem „Radical“ unterſtützt, während „Si<hi rendition="#aq">è</hi>cle,“ „Avenir<lb/> national,“ „Peuple Souverain“ u. a. ſich noch nicht erklärt haben. Martin Na-<lb/> daud hat ſeine Candidatur zurückgezogen, und ſo bleibt, da der General Cremer<lb/> ſelbſt in der Rue d’Arras nicht ernſt genommen wird, als radicaler Candidat nur<lb/> Victor Hugo übrig.</p><lb/> <p>In dem Club der Rue d’Arras hat die von Hrn. Victor Hugo beliebte Um-<lb/> wandlung des imperativen Mandats in ein contractliches kein Glück gemacht, und<lb/> neues Mißtrauen gegen den Candidaten erregt, zumal ſeine Mitbewerber, Martin<lb/> Nadaud und General Cremer, vor dem Ausdruck „imperativ“ nicht zurückſcheuten.<lb/> Man beſchloß daher Hrn. Victor Hugo durch eine Deputation aufzufordern ſich in<lb/> Perſon nach der Rue d’Arras zu begeben, und den Wählern zu erklären wie er<lb/> denn eigentlich ſein Mandat verſtehe. Man iſt begierig ob Hr. Victor Hugo dieſer<lb/> Einladung Folge leiſten wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Vorgeſtern früh um 9 Uhr begaben ſich die Zeitungsredacteure Gibiat<lb/> („Conſtitutionnel“), Louis Veuillot („Univers“), Edouard Herv<hi rendition="#aq">é</hi> („J. de Paris“),<lb/> de Saint-Valery („Patrie“) und Eug<hi rendition="#aq">è</hi>ne Rolland („Meſſager de Paris“) nach Ver-<lb/> ſailles zum Marſchall Mac-Mahon, um demſelben im Namen der conſervativen<lb/> Preß-Union die Candidatur für Paris anzutragen. Der Marſchall erklärte ebenſo<lb/> freundlich als entſchieden daß in ſeinen Augen die Functionen eines Befehlshabers<lb/> in der Armee mit denen eines Abgeordneten ſchlechterdings unvereinbar ſeien, daß<lb/> er dieſer Anſicht ſein Leben lang treu geblieben, und daher auch jetzt außer Stande<lb/> ſei eine Candidatur anzunehmen. Die Deputation mußte unverrichteter Sache<lb/> nach Paris zurückkehren. — Das „Journ. de D<hi rendition="#aq">é</hi>b.“ veröffentlicht mehrere in-<lb/> tereſſante Schriftſtücke die ſich auf die Concilsfrage beziehen. Zunächſt folgendes<lb/> Schreiben, welches der in der Schweiz krank liegende Abb<hi rendition="#aq">é</hi> Gratry an den Erz-<lb/> biſchof von Paris gerichtet hat:</p><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <dateline><hi rendition="#g">Montreux,</hi> Kanton Waadt, 25 Nov. 1871.</dateline> <p>Monſeigneur! Wenn ich nicht<lb/> ſehr krank und außer Stande wäre einen Brief zu ſchreiben, ſo hätte ich Ihnen ſchon<lb/> längſt meine Bewillkommnungswünſche dargebracht. Ich will Ihnen, Mſgr., wenig-<lb/> ſtens heut in aller Einfachheit ſagen — was meines Bedünkens, nicht einmal geſagt zu<lb/> werden brauchte — daß ich nämlich, wie alle meine Brüder im geiſtlichen Stande, die<lb/> Decrete des vaticaniſchen Concils annehme. Alles was ich hierüber vor der Entſchei-<lb/> dung geſchrieben haben kann, und das mit den Decreten unvereinbar iſt, ich ſtreiche es.<lb/> Wollen Sie mir, Mſgr., Ihren Segen ſchicken.</p> <byline>A. <hi rendition="#g">Gratry,</hi> Prieſter der Diöceſe<lb/> Paris.</byline> </div> </body> </floatingText><lb/> <p>Darauf antwortete der Erzbiſchof Guibert.</p><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <dateline><hi rendition="#g">Paris,</hi> 8 Dec. 1871.</dateline> <p>Mein lieber Abbe! Der kurze aber bedeutungsvolle<lb/> Brief den Sie von Ihrem Krankenlager an mich richten, gereicht mir zur großen Er-<lb/> bauung und zum Troſt. Ich kannte Sie hinlänglich, um niemals an Ihrer vollkom-<lb/> menen Gelehrigkeit für die Entſcheidungen der Kirche zu zweifeln. Dieſe Unterwürfig-<lb/> keit iſt der Ruhm und die wahre Größe des Prieſters und des Biſchofs; ſie iſt auch die<lb/> einzige Sicherheit des Gewiſſens. Sie haben viel zur Vertheidigung der Wahrheit ge-<lb/> ſchrieben; aber Sie leiſten der Kirche einen größeren Dienſt indem Sie Ihre letzten<lb/> Blätter „ſtreichen,“ als wenn Sie noch weiter ſo nützliche und beredte Bücher ſchrieben,<lb/> welche den Glauben in ſo vielen Seelen geſtärkt haben. Durch dieſes edelmüthige Bei-<lb/> ſpiel bringen wir unſer Verhalten in Einklang mit unſerer Ueberzeugung, und beweiſen<lb/> der Welt daß wir aufrichtig ſind, wenn wir ſagen daß das Licht des Glaubens mächtiger<lb/> iſt als das Licht unſerer ſchwachen und wankenden Vernunft. Ich bete innigſt für die<lb/> Wiederherſtellung Ihrer Geſundheit, auf daß Sie noch ferner den Glauben vertheidigen<lb/> mögen mit dem Talent welches Sie auszeichnet, und mit dem neuen Anſehen welches<lb/> Ihnen Ihr jüngſter Unterwerfungsact verleiht. Ich ſegne Sie von ganzem Herzen,<lb/> mein lieber Abb<hi rendition="#aq">é</hi>, und wiederhole Ihnen die Verſicherung meiner wohlwollendſten Ge-<lb/> ſinnungen.</p> <byline>J. <hi rendition="#g">Hippolyte,</hi> Erzbiſchof von Paris.</byline> </div> </body> </floatingText><lb/> <p>Der Abb<hi rendition="#aq">é</hi> Gratry hatte ſeinen Brief dem P<hi rendition="#aq">è</hi>re Hyacynthe zur Nachachtung<lb/> mitgetheilt; dieſer antwortete ihm aber von München <hi rendition="#aq">d. d.</hi> 23 Dec. ablehnend in<lb/> einem längeren Schreiben, dem wir folgende charakteriſtiſche Stellen entnehmen:</p><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Seien Sie überzeugt, mein Vater, es würde mich keine Ueberwindung koſten<lb/> mich äußerlich zu unterwerfen, wenn ich innerlich glauben könnte, und meinen Irrthum<lb/> vor der Welt anzuerkennen wenn ich ihn vor meinem eigenen Gewiſſen anzuerkennen<lb/> vermöchte. Ich habe niemals an meine perſönliche Unfehlbarkeit geglaubt, und es<lb/> ſcheint mir gar nicht ſo ſchwer, wie man insgemein ſagt, zu geſtehen daß man ſich in<lb/> gutem Glauben getäuſcht hat. Aber geſtatten Sie mir Ihnen zu bemerken: wenn<lb/> man ſo Aufſehen erregende Blätter geſchrieben hat wie Ihre letzten Briefe, ſo genügt<lb/> es nicht hinterher in aller Unſchuld zu ſagen daß man dieſelben „ſtreiche.“ Dazu müßten<lb/> Sie mit ebenſo leichter Hand die lichtvollen und ſchmerzlichen Spuren entfernen können<lb/> welche Ihre Briefe in den Seelen zurückgelaſſen haben. Wie, mein ehrwürdiger Vater,<lb/> es iſt nur wenige Monate her daß Sie ſich plötzlich, wie ein Prophet, in der Verwirrung<lb/> Iſraels erhoben, und uns verſicherten: „Sie hätten Befehle von Gott erhalten, und<lb/> um dieſe auszuführen, ſeien Sie bereit zu erdulden was Sie erdulden müßten!“ Sie<lb/> ſchrieben jenen eben ſo logiſchen als heredten Nachweis, den man wohl beſchimpfen,<lb/> aber nicht widerlegen kann, und nachdem Sie an der Hand der Thatſachen entwickelt<lb/> hatten daß die Frage der Unfehlbarkeit eine angefaulte ſei (es iſt dieß Ihr eigener Aus-<lb/> druck), ſtießen Sie in Ihrer heiligen Entrüſtung jenen Ruf aus der noch wiederhallt:<lb/><hi rendition="#aq">„Numquid Deus indiget mendacio vestro?</hi> Hat Gott Eure Lügen nöthig?“ Und<lb/> nun begnügen Sie ſich, mit einer Ungezwungenheit welche überraſchen und betrüben muß,<lb/> an Ihren Biſchof: „Ich will, Mſgr., u. ſ. w.“ Will man <hi rendition="#g">alſo</hi> mit der Wahrheit in<lb/> der Kirche Jeſu Chriſti umgehen?</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="3"> <p>Das Pariſer Schwurgericht verhandelte geſtern gegen mehrere Mitſchuldige<lb/> der unter der Commune vollzogenen Plünderung des Juſtizpalaſtes, der, wie man<lb/> weiß, ſchließlich in Brand geſteckt wurde. Franz Simonne, einer der Hauswächter<lb/> des Juſtizgebäudes, welcher den Sendlingen der Commune in die Hände arbeitete,<lb/> wurde zu neunjähriger Einſchließung, ſeine Mitſchuldigen Boucquemont und deſſen<lb/> Frau zu fünf-, reſp. dreijähriger Einſchließung verurtheilt.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="3"> <dateline># <hi rendition="#b">Rom,</hi> 29 Dec.</dateline><lb/> <p>Die neulich von mir beſprochene „Wiederherſtellung<lb/> der Mehrheit“ hat ſofort ihren erklärenden Commentar erhalten in den Gerüchten<lb/> von einer bevorſtehenden Umbildung des Miniſteriums, welche durch die Kaffee-<lb/> häuſer und durch die Blätter ſchwirren. Die Mehrheit iſt wiederhergeſtellt, die<lb/> für ein parlamentariſches Miniſterium erforderliche Grundlage iſt wieder gegeben,<lb/> eine feſte dauerhafte Regierung wieder möglich geworden, <hi rendition="#aq">ergo</hi> — fangen wir da-<lb/> mit an: zwei oder drei der gegenwärtigen Miniſter zu beſeitigen, und durch her-<lb/> vorragende Talente der wiederhergeſtellten Mehrheit zu erſetzen. Wozu<lb/> wäre man denn die Mehrheit, wenn man nicht das Recht hätte Mini-<lb/> ſter zu ſchaffen und abzuſchaffen, und wozu hätte man das Recht, wenn man<lb/> keinen Gebrauch davon machte? Die wiederhergeſtellte Mehrheit zeigt im Grund<lb/> eine große Rückhaltung, daß ſie den Wechſel von nur zwei oder drei Miniſtern begehrt,<lb/> und nicht den des ganzen Cabinets. Die Miniſter von deren Rücktritt man ſpricht,<lb/> ſind der Unterrichtsminiſter, der Miniſter der öffentlichen Bauten, der Juſtizminiſter.<lb/> Der erſte dieſer drei hat, als neulich ſein Fachbudget zur Berathung kam, wuchtige<lb/> Angriffe zu erleiden gehabt von Seiten des Berichterſtatters Bonghi, und er hat ſie<lb/> erlitten mit Demuth und Geduld. Doch die Entfaltung dieſer chriſtlichen Tugenden<lb/> hat das allgemeine Urtheil, welches mit ſeiner Amtsführung ſehr wenig zufrieden<lb/> iſt, nicht zu verſöhnen vermocht. Der Bautenminiſter De Vicenzi wird von den<lb/> Witzblättern Herzog von Falconara genannt, wie Rattazzi ſich einſt Herzog von<lb/> Mentana nennen laſſen mußte. Falconara iſt eine kleine Eiſenbahnſtation, wo die<lb/> Linie Rom-Ancona in die längs des Adriatiſchen Meeres laufende Bahn einmündet.<lb/> Nach dem von De Vicenzi gutgeheißenen neuen Fahrplan der italieniſchen Bahnen,<lb/> der auch in Deutſchland ſo übel vermerkt wurde, ſollten die Schnellzüge zwiſchen<lb/> Rom und Norditalien auf der adriatiſchen (ſtatt auf der toscaniſchen) Linie verkehren,<lb/> und alſo den Weg über Falconara nehmen. Aber der neue Fahrplan iſt, in Folge<lb/> des Widerſtandes den er fand, nicht in Kraft getreten; die Züge laufen nach wie<lb/> vor über Florenz, und das Städtchen Falconara hat nur die Ehre gehabt der<lb/> Niederlage eines Miniſters den Namen zu geben. Welche Sünden der Juſtizminiſter<lb/> De Falco begangen hat, vermag ich nicht zu ſagen. Uebrigens wäre es auch curios<lb/> wenn eine Mehrheit, die einen Miniſter nicht mehr mag, Gründe anzugeben hätte.<lb/> — Die franzöſiſche Regierung hat dem italieniſchen Cabinet den Wunſch zu erken-<lb/> nen gegeben es möchte in dieſem Jahre von einer Aufhebung der in Rom beſtehen-<lb/> den Klöſter Abſtand genommen werden. Allein das italieniſche Cabinet iſt gebun-<lb/> den durch die Verſprechungen die es der Kammer gegeben; nichtsdeſtoweniger will es<lb/> Rückſichten nehmen, und jenem franzöſiſchen Wunſche, ſoweit es füglich angeht, zu Ge-<lb/> fallen ſein. Der betreffende Geſetzentwurf ſoll erſt in vorgerückter Seſſion vorgelegt<lb/> werden, und einen tranſitoriſchen Charakter haben. Die General-Ordenshäuſer ſollen<lb/> dadurch nicht angetaſtet werden, das Schickſal der Klöſter welche internationaler<lb/> Natur ſind beſondern Vereinbarungen mit den betreffenden Staaten vorbehalten<lb/> bleiben, und nur die lediglich italieniſchen Klöſter zwar aufgehoben, jedoch ihr Eigen-<lb/> thum weder ganz noch theilweiſe eingekämmert, ſondern ganz und gar für Cultus-<lb/> zwecke beſtimmt werden. Wenn der Senat, dem vermuthlich der Geſetzentwurf<lb/> zunächſt unterbreitet werden wird, oder auch die Kammer den Wunſch ausdrücken<lb/> ſollte den Gegenſtand erſt in der nächſten Seſſion zu erledigen auf Grund einer<lb/> vollſtändigen Vorlage, ſo wird die Regierung ſich dazu gerne bereit finden laſſen.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Montenegro.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">* Von der montenegriniſchen Gränze,</hi> 20 Dec.</dateline><lb/> <p>Der Plan des<lb/> Fürſten von Montenegro ſich eine neue — auch in ſtrategiſcher Beziehung günſtigere —<lb/> Reſidenz zu bauen, geht nun ſeiner Verwirklichung entgegen. Die Wahl des Platzes fiel<lb/> auf ein winziges Dorf, Oria Luka, welches im Thale Bielopawlowits liegt und ſich<lb/> leicht zu einer ſtarken Feſtung umgeſtalten läßt. Feſtung und Palais ſollen gleich-<lb/> zeitig in Angriff genommen werden, zum Bau erwartet man Ingenieure aus<lb/> St. Petersburg. Ob die Pforte dieſem Unternehmen gleichgültig zuſchauen<lb/> wird, iſt freilich eine andere Frage. Wenigſtens liegen Anzeichen vor daß die<lb/> ſultaniſche Regierung nicht abgeneigt iſt Reibungen zu begünſtigen, welche leicht<lb/> den beſagten Plan durchkreuzen könnten. So thut der Vali in Albanien nichts um<lb/> dem kleinen Gränzkrieg der zwiſchen den Podgoritzer Türken und den Montenegrinern<lb/> ausgebrochen iſt ein Ende zu machen. Die Streitmacht auf beiden Seiten beträgt<lb/> bei 1100 Mann, und der Gefallenen werden ſchon 18 gezählt. Dieſer aus Blutrache<lb/> entſprungene Kampf hat an und für ſich keine Bedeutung, kann aber einen ernſten<lb/> Charakter annehmen wenn die Serdars des Fürſten Nikitza Luſt dazu bekommen<lb/> follten. Es hat alſo immerhin etwas auffälliges warum die türkiſchen Behörden<lb/> nicht kräftig in dieſe Vorgänge eingreifen. — Die Gränzregulirungscommiſſion,<lb/> welche in Scutari tagte, hat ihre Arbeiten unterbrochen bis April. Der türkiſche<lb/> Commiſſär iſt nach Konſtantinopel abgereist. Dieſe Unterbrechung iſt jedoch von<lb/> keiner politiſchen Bedeutung und ſcheint ihren Grund lediglich in techniſchen Gründen<lb/> zu haben.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Griechenland.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>⦿ <hi rendition="#b">Athen,</hi> 23 Dec.</dateline><lb/> <p>Wie ich ſchon vor acht Tagen geſchrieben habe, ge-<lb/> ſchehen von Seiten der Deputirten alle möglichen Anſtrengungen die Sitzungen<lb/> in der Kammer hinauszuſchieben, bis ſich vielleicht ihre Reihen dichter geſchloſſen<lb/> haben werden, da trotz des Sieges über Kumunduros, der deſſen Sturz zur Folge<lb/> hatte, die jetzt regierende Partei wahrſcheinlich nicht über eine geſicherte Mehrheit<lb/> zu verfügen hat. Es kann ſo leicht geſchehen daß die Weihnachts- und Neujahrs-<lb/> feiertage vorbeigehen ehe es zu einer Sitzung kommt. Doch auch die nun zum<lb/> gemeinſamen Handeln gegen das Cabinet Zaïmis vereinigten Oppoſitionsparteien<lb/> Bulgaris, Kumunduros und Deligeorgis wollen gerade im Wegbleiben aus der<lb/> Kammer eine Demonſtration gegen dasſelbe, ſowie gegen die Kammer ſehen, die<lb/> mit der Entlaſſung des gegenwärtigen Cabinets und der Auflöſung der Kammer<lb/> endigen ſoll. (Dieſe Wendung ward bereits telegraphiſch gemeldet. D. R.) Es ſind<lb/> bisher mehr denn 160 Deputirte in Athen anweſend, und dennoch konnte die ganze<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0006]
der Königin Eliſabeth die Uebung daß die Parlamentsmitglieder an die Inſtructionen
ihrer Wähler gebunden ſeien, ja in einem Streite der Königin mit dem Parlament
ſchützten die Unterhausmitglieder als Entſchuldigung für ihre Handlungsweiſe vor
daß ſie mit ihren Köpfen für ihre Inſtructionen aufkommen müßten. Später aber
muß dieſe Einrichtung vollſtändig außer Uebung gekommen ſein, denn Burke vertritt
die Anſicht daß die Abgeordneten nach den Landesgeſetzen in keiner Weiſe an In-
ſtructionen gebunden ſeien, und dieß gilt auch heute noch in England wie in Deutſch-
land als beſtehendes Recht. Die Pariſer Radicalen ſind natürlich von der Vor-
trefflichkeit ihrer neuen Erfindung felſenfeſt überzeugt; wir wollen ihnen dieſe Ueber-
zeugung nicht ſtören. Victor Hugo hat in einem heute von den Blättern veröffent-
lichten Schreiben an den Club der Rue d’Arras ſich dahin erklärt „das Beiſpiel zur
Annahme des „contractuellen Mandats“ zu geben, welches noch ganz anders wirk-
ſam und bindend ſei als das „imperative Mandat.“ Das contractuelle Mandat
d.h. der ſynallagmatiſche Vertrag zwiſchen dem Mandanten und dem Bevollmächtigten,
ſchaffe zwiſchen dem Wähler und dem Gewählten abſolute Identität des Ziels und
der Grundſätze. Die Wahl welche das Volk von Paris am 7 Januar treffen wird,
ſolle bedeuten: Republik, Verneinung jeder Monarchie, gleichviel welcher Form;
Amneſtie, Abſchaffung der Todesſtrafe für politiſche Vergehen und überhaupt,
Rückkehr der Nationalverſammlung nach Paris, Aufhebung des Belagerungsſtan-
des, Auflöſung der Nationalverſammlung in möglichſt kurzer Friſt.“ Die Candi-
datur Victor Hugo’s wird in der Preſſe bis jetzt nur von der „République francaiſe,“
der „Conſtitution“ und dem „Radical“ unterſtützt, während „Siècle,“ „Avenir
national,“ „Peuple Souverain“ u. a. ſich noch nicht erklärt haben. Martin Na-
daud hat ſeine Candidatur zurückgezogen, und ſo bleibt, da der General Cremer
ſelbſt in der Rue d’Arras nicht ernſt genommen wird, als radicaler Candidat nur
Victor Hugo übrig.
In dem Club der Rue d’Arras hat die von Hrn. Victor Hugo beliebte Um-
wandlung des imperativen Mandats in ein contractliches kein Glück gemacht, und
neues Mißtrauen gegen den Candidaten erregt, zumal ſeine Mitbewerber, Martin
Nadaud und General Cremer, vor dem Ausdruck „imperativ“ nicht zurückſcheuten.
Man beſchloß daher Hrn. Victor Hugo durch eine Deputation aufzufordern ſich in
Perſon nach der Rue d’Arras zu begeben, und den Wählern zu erklären wie er
denn eigentlich ſein Mandat verſtehe. Man iſt begierig ob Hr. Victor Hugo dieſer
Einladung Folge leiſten wird.
Vorgeſtern früh um 9 Uhr begaben ſich die Zeitungsredacteure Gibiat
(„Conſtitutionnel“), Louis Veuillot („Univers“), Edouard Hervé („J. de Paris“),
de Saint-Valery („Patrie“) und Eugène Rolland („Meſſager de Paris“) nach Ver-
ſailles zum Marſchall Mac-Mahon, um demſelben im Namen der conſervativen
Preß-Union die Candidatur für Paris anzutragen. Der Marſchall erklärte ebenſo
freundlich als entſchieden daß in ſeinen Augen die Functionen eines Befehlshabers
in der Armee mit denen eines Abgeordneten ſchlechterdings unvereinbar ſeien, daß
er dieſer Anſicht ſein Leben lang treu geblieben, und daher auch jetzt außer Stande
ſei eine Candidatur anzunehmen. Die Deputation mußte unverrichteter Sache
nach Paris zurückkehren. — Das „Journ. de Déb.“ veröffentlicht mehrere in-
tereſſante Schriftſtücke die ſich auf die Concilsfrage beziehen. Zunächſt folgendes
Schreiben, welches der in der Schweiz krank liegende Abbé Gratry an den Erz-
biſchof von Paris gerichtet hat:
Montreux, Kanton Waadt, 25 Nov. 1871. Monſeigneur! Wenn ich nicht
ſehr krank und außer Stande wäre einen Brief zu ſchreiben, ſo hätte ich Ihnen ſchon
längſt meine Bewillkommnungswünſche dargebracht. Ich will Ihnen, Mſgr., wenig-
ſtens heut in aller Einfachheit ſagen — was meines Bedünkens, nicht einmal geſagt zu
werden brauchte — daß ich nämlich, wie alle meine Brüder im geiſtlichen Stande, die
Decrete des vaticaniſchen Concils annehme. Alles was ich hierüber vor der Entſchei-
dung geſchrieben haben kann, und das mit den Decreten unvereinbar iſt, ich ſtreiche es.
Wollen Sie mir, Mſgr., Ihren Segen ſchicken.
A. Gratry, Prieſter der Diöceſe
Paris.
Darauf antwortete der Erzbiſchof Guibert.
Paris, 8 Dec. 1871. Mein lieber Abbe! Der kurze aber bedeutungsvolle
Brief den Sie von Ihrem Krankenlager an mich richten, gereicht mir zur großen Er-
bauung und zum Troſt. Ich kannte Sie hinlänglich, um niemals an Ihrer vollkom-
menen Gelehrigkeit für die Entſcheidungen der Kirche zu zweifeln. Dieſe Unterwürfig-
keit iſt der Ruhm und die wahre Größe des Prieſters und des Biſchofs; ſie iſt auch die
einzige Sicherheit des Gewiſſens. Sie haben viel zur Vertheidigung der Wahrheit ge-
ſchrieben; aber Sie leiſten der Kirche einen größeren Dienſt indem Sie Ihre letzten
Blätter „ſtreichen,“ als wenn Sie noch weiter ſo nützliche und beredte Bücher ſchrieben,
welche den Glauben in ſo vielen Seelen geſtärkt haben. Durch dieſes edelmüthige Bei-
ſpiel bringen wir unſer Verhalten in Einklang mit unſerer Ueberzeugung, und beweiſen
der Welt daß wir aufrichtig ſind, wenn wir ſagen daß das Licht des Glaubens mächtiger
iſt als das Licht unſerer ſchwachen und wankenden Vernunft. Ich bete innigſt für die
Wiederherſtellung Ihrer Geſundheit, auf daß Sie noch ferner den Glauben vertheidigen
mögen mit dem Talent welches Sie auszeichnet, und mit dem neuen Anſehen welches
Ihnen Ihr jüngſter Unterwerfungsact verleiht. Ich ſegne Sie von ganzem Herzen,
mein lieber Abbé, und wiederhole Ihnen die Verſicherung meiner wohlwollendſten Ge-
ſinnungen.
J. Hippolyte, Erzbiſchof von Paris.
Der Abbé Gratry hatte ſeinen Brief dem Père Hyacynthe zur Nachachtung
mitgetheilt; dieſer antwortete ihm aber von München d. d. 23 Dec. ablehnend in
einem längeren Schreiben, dem wir folgende charakteriſtiſche Stellen entnehmen:
Seien Sie überzeugt, mein Vater, es würde mich keine Ueberwindung koſten
mich äußerlich zu unterwerfen, wenn ich innerlich glauben könnte, und meinen Irrthum
vor der Welt anzuerkennen wenn ich ihn vor meinem eigenen Gewiſſen anzuerkennen
vermöchte. Ich habe niemals an meine perſönliche Unfehlbarkeit geglaubt, und es
ſcheint mir gar nicht ſo ſchwer, wie man insgemein ſagt, zu geſtehen daß man ſich in
gutem Glauben getäuſcht hat. Aber geſtatten Sie mir Ihnen zu bemerken: wenn
man ſo Aufſehen erregende Blätter geſchrieben hat wie Ihre letzten Briefe, ſo genügt
es nicht hinterher in aller Unſchuld zu ſagen daß man dieſelben „ſtreiche.“ Dazu müßten
Sie mit ebenſo leichter Hand die lichtvollen und ſchmerzlichen Spuren entfernen können
welche Ihre Briefe in den Seelen zurückgelaſſen haben. Wie, mein ehrwürdiger Vater,
es iſt nur wenige Monate her daß Sie ſich plötzlich, wie ein Prophet, in der Verwirrung
Iſraels erhoben, und uns verſicherten: „Sie hätten Befehle von Gott erhalten, und
um dieſe auszuführen, ſeien Sie bereit zu erdulden was Sie erdulden müßten!“ Sie
ſchrieben jenen eben ſo logiſchen als heredten Nachweis, den man wohl beſchimpfen,
aber nicht widerlegen kann, und nachdem Sie an der Hand der Thatſachen entwickelt
hatten daß die Frage der Unfehlbarkeit eine angefaulte ſei (es iſt dieß Ihr eigener Aus-
druck), ſtießen Sie in Ihrer heiligen Entrüſtung jenen Ruf aus der noch wiederhallt:
„Numquid Deus indiget mendacio vestro? Hat Gott Eure Lügen nöthig?“ Und
nun begnügen Sie ſich, mit einer Ungezwungenheit welche überraſchen und betrüben muß,
an Ihren Biſchof: „Ich will, Mſgr., u. ſ. w.“ Will man alſo mit der Wahrheit in
der Kirche Jeſu Chriſti umgehen?
Das Pariſer Schwurgericht verhandelte geſtern gegen mehrere Mitſchuldige
der unter der Commune vollzogenen Plünderung des Juſtizpalaſtes, der, wie man
weiß, ſchließlich in Brand geſteckt wurde. Franz Simonne, einer der Hauswächter
des Juſtizgebäudes, welcher den Sendlingen der Commune in die Hände arbeitete,
wurde zu neunjähriger Einſchließung, ſeine Mitſchuldigen Boucquemont und deſſen
Frau zu fünf-, reſp. dreijähriger Einſchließung verurtheilt.
Italien.
# Rom, 29 Dec.
Die neulich von mir beſprochene „Wiederherſtellung
der Mehrheit“ hat ſofort ihren erklärenden Commentar erhalten in den Gerüchten
von einer bevorſtehenden Umbildung des Miniſteriums, welche durch die Kaffee-
häuſer und durch die Blätter ſchwirren. Die Mehrheit iſt wiederhergeſtellt, die
für ein parlamentariſches Miniſterium erforderliche Grundlage iſt wieder gegeben,
eine feſte dauerhafte Regierung wieder möglich geworden, ergo — fangen wir da-
mit an: zwei oder drei der gegenwärtigen Miniſter zu beſeitigen, und durch her-
vorragende Talente der wiederhergeſtellten Mehrheit zu erſetzen. Wozu
wäre man denn die Mehrheit, wenn man nicht das Recht hätte Mini-
ſter zu ſchaffen und abzuſchaffen, und wozu hätte man das Recht, wenn man
keinen Gebrauch davon machte? Die wiederhergeſtellte Mehrheit zeigt im Grund
eine große Rückhaltung, daß ſie den Wechſel von nur zwei oder drei Miniſtern begehrt,
und nicht den des ganzen Cabinets. Die Miniſter von deren Rücktritt man ſpricht,
ſind der Unterrichtsminiſter, der Miniſter der öffentlichen Bauten, der Juſtizminiſter.
Der erſte dieſer drei hat, als neulich ſein Fachbudget zur Berathung kam, wuchtige
Angriffe zu erleiden gehabt von Seiten des Berichterſtatters Bonghi, und er hat ſie
erlitten mit Demuth und Geduld. Doch die Entfaltung dieſer chriſtlichen Tugenden
hat das allgemeine Urtheil, welches mit ſeiner Amtsführung ſehr wenig zufrieden
iſt, nicht zu verſöhnen vermocht. Der Bautenminiſter De Vicenzi wird von den
Witzblättern Herzog von Falconara genannt, wie Rattazzi ſich einſt Herzog von
Mentana nennen laſſen mußte. Falconara iſt eine kleine Eiſenbahnſtation, wo die
Linie Rom-Ancona in die längs des Adriatiſchen Meeres laufende Bahn einmündet.
Nach dem von De Vicenzi gutgeheißenen neuen Fahrplan der italieniſchen Bahnen,
der auch in Deutſchland ſo übel vermerkt wurde, ſollten die Schnellzüge zwiſchen
Rom und Norditalien auf der adriatiſchen (ſtatt auf der toscaniſchen) Linie verkehren,
und alſo den Weg über Falconara nehmen. Aber der neue Fahrplan iſt, in Folge
des Widerſtandes den er fand, nicht in Kraft getreten; die Züge laufen nach wie
vor über Florenz, und das Städtchen Falconara hat nur die Ehre gehabt der
Niederlage eines Miniſters den Namen zu geben. Welche Sünden der Juſtizminiſter
De Falco begangen hat, vermag ich nicht zu ſagen. Uebrigens wäre es auch curios
wenn eine Mehrheit, die einen Miniſter nicht mehr mag, Gründe anzugeben hätte.
— Die franzöſiſche Regierung hat dem italieniſchen Cabinet den Wunſch zu erken-
nen gegeben es möchte in dieſem Jahre von einer Aufhebung der in Rom beſtehen-
den Klöſter Abſtand genommen werden. Allein das italieniſche Cabinet iſt gebun-
den durch die Verſprechungen die es der Kammer gegeben; nichtsdeſtoweniger will es
Rückſichten nehmen, und jenem franzöſiſchen Wunſche, ſoweit es füglich angeht, zu Ge-
fallen ſein. Der betreffende Geſetzentwurf ſoll erſt in vorgerückter Seſſion vorgelegt
werden, und einen tranſitoriſchen Charakter haben. Die General-Ordenshäuſer ſollen
dadurch nicht angetaſtet werden, das Schickſal der Klöſter welche internationaler
Natur ſind beſondern Vereinbarungen mit den betreffenden Staaten vorbehalten
bleiben, und nur die lediglich italieniſchen Klöſter zwar aufgehoben, jedoch ihr Eigen-
thum weder ganz noch theilweiſe eingekämmert, ſondern ganz und gar für Cultus-
zwecke beſtimmt werden. Wenn der Senat, dem vermuthlich der Geſetzentwurf
zunächſt unterbreitet werden wird, oder auch die Kammer den Wunſch ausdrücken
ſollte den Gegenſtand erſt in der nächſten Seſſion zu erledigen auf Grund einer
vollſtändigen Vorlage, ſo wird die Regierung ſich dazu gerne bereit finden laſſen.
Montenegro.
* Von der montenegriniſchen Gränze, 20 Dec.
Der Plan des
Fürſten von Montenegro ſich eine neue — auch in ſtrategiſcher Beziehung günſtigere —
Reſidenz zu bauen, geht nun ſeiner Verwirklichung entgegen. Die Wahl des Platzes fiel
auf ein winziges Dorf, Oria Luka, welches im Thale Bielopawlowits liegt und ſich
leicht zu einer ſtarken Feſtung umgeſtalten läßt. Feſtung und Palais ſollen gleich-
zeitig in Angriff genommen werden, zum Bau erwartet man Ingenieure aus
St. Petersburg. Ob die Pforte dieſem Unternehmen gleichgültig zuſchauen
wird, iſt freilich eine andere Frage. Wenigſtens liegen Anzeichen vor daß die
ſultaniſche Regierung nicht abgeneigt iſt Reibungen zu begünſtigen, welche leicht
den beſagten Plan durchkreuzen könnten. So thut der Vali in Albanien nichts um
dem kleinen Gränzkrieg der zwiſchen den Podgoritzer Türken und den Montenegrinern
ausgebrochen iſt ein Ende zu machen. Die Streitmacht auf beiden Seiten beträgt
bei 1100 Mann, und der Gefallenen werden ſchon 18 gezählt. Dieſer aus Blutrache
entſprungene Kampf hat an und für ſich keine Bedeutung, kann aber einen ernſten
Charakter annehmen wenn die Serdars des Fürſten Nikitza Luſt dazu bekommen
follten. Es hat alſo immerhin etwas auffälliges warum die türkiſchen Behörden
nicht kräftig in dieſe Vorgänge eingreifen. — Die Gränzregulirungscommiſſion,
welche in Scutari tagte, hat ihre Arbeiten unterbrochen bis April. Der türkiſche
Commiſſär iſt nach Konſtantinopel abgereist. Dieſe Unterbrechung iſt jedoch von
keiner politiſchen Bedeutung und ſcheint ihren Grund lediglich in techniſchen Gründen
zu haben.
Griechenland.
⦿ Athen, 23 Dec.
Wie ich ſchon vor acht Tagen geſchrieben habe, ge-
ſchehen von Seiten der Deputirten alle möglichen Anſtrengungen die Sitzungen
in der Kammer hinauszuſchieben, bis ſich vielleicht ihre Reihen dichter geſchloſſen
haben werden, da trotz des Sieges über Kumunduros, der deſſen Sturz zur Folge
hatte, die jetzt regierende Partei wahrſcheinlich nicht über eine geſicherte Mehrheit
zu verfügen hat. Es kann ſo leicht geſchehen daß die Weihnachts- und Neujahrs-
feiertage vorbeigehen ehe es zu einer Sitzung kommt. Doch auch die nun zum
gemeinſamen Handeln gegen das Cabinet Zaïmis vereinigten Oppoſitionsparteien
Bulgaris, Kumunduros und Deligeorgis wollen gerade im Wegbleiben aus der
Kammer eine Demonſtration gegen dasſelbe, ſowie gegen die Kammer ſehen, die
mit der Entlaſſung des gegenwärtigen Cabinets und der Auflöſung der Kammer
endigen ſoll. (Dieſe Wendung ward bereits telegraphiſch gemeldet. D. R.) Es ſind
bisher mehr denn 160 Deputirte in Athen anweſend, und dennoch konnte die ganze
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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