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Allgemeine Zeitung, Nr. 9, 9. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] dauern über mehr als ein Faktum des Tages, und von tiefem
Widerwillen über alle sich mehrenden Thorheiten und Wider-
sprüche der Parteien erfüllt, nehmen hiemit Abschied als Refe-
rent, da wir nicht gerne fortwährend Zeuge der Leichenschau so
mancher untergegangenen Hofnungen seyn mögen, und die Liebe
zur Wahrheit nicht minder stark ist, als die Ehrfurcht vor König
und Vaterland. Gewisse Begebenheiten und Grundsäze werden
durch die Geschichte gerichtet, die Unternehmungen der Lichtgegner
aber durch den stärkern Arm der Zeit zermalmt werden. Es lebe
die Freiheit und das Recht! Oranje boven!

Schweiz.

Das Bürgerrecht von Basel ist dem Hrn.
Professor de Wette jüngsthin auf eine sehr ehrenvolle Weise er-
theilt worden. Das bestehende Gesez über dieses Stadtbürger-
recht gibt der Regierung die Befugniß, ausgezeichnete oder um
das Gemeinwesen verdiente Männer dem großen Rathe zu un-
entgeltlicher Ertheilung jenes Bürgerrechts vorzuschlagen. Bei der
Versammlung des sonverainen Raths am 7 d. M. machte nun
der kleine Rath, in Folge eines in seiner Mitte neulich gesche-
henen Anzugs, Gebrauch von obenerwähnter Befugniß zu Gun-
sten des Hrn. de Wette und seiner Nachkommenschaft; zugleich
legte er einen Bericht des Erziehungsraths vor über die rühm-
liche Wirksamkeit dieses Mannes für die wissenschaftliche Bildung
in der Stadt Basel, und ein Schreiben des Stadtraths, welchem
in solchen Fällen die Untersuchung der Requisiten zukommt, worin
die Stadtbehörde sich es zur Ehre rechnet, einen so ausgezeichne-
ten Mitbürger zu erhalten, und sich befreut, daß der Dank der
Bürgerschaft von Basel für seine Verdienste auf eine Weise aus-
gesprochen werden könne, welche zugleich dem Fortgange der Uni-
versität ersprießlich werde, indem ein Mann, der schon mehrmals
den Ruf zu vortheilhaften auswärtigen Anstellungen ausschlug,
der Stadt Basel desto gesicherter bliebe. Der Antrag fand im
großen Rathe, wo mehrere Voten ihn unter ehrenvollen Aeuße-
rungen unterstüzten, einstimmige Genehmigung, und einige Mit-
glieder deuteten dabei den Wunsch an, es möchte sich die Regie-
rung in der Folge bewogen finden, noch mehrere verdienstvolle
Männer auf ähnliche Weise zu ehren. -- Dem großen Rathe des
Kantons Luzern ward am 23 Dec. von seiner Gesandtschaft bei
der disjährigen Tagsazung der schriftliche Bericht über die Ver-
handlungen dieser höchsten Bundesbehörde eingereicht. In seinem
allgemeinen Theile drükt sich dieser Bericht, nach vorangegangener
Belobung der Art und Weise, wie das Präsidium, Se. Ercellenz
der Bernische Schultheiß Hr. v. Wattenwyl, die Geschäfte geleitet
hatte, über den Geist der Tagsazung folgendermaaßen aus: "Wenn
in Beziehung auf den Geist der Tagsazung die vorjährige Ge-
sandtschaft zu bemerken im Falle war, daß, so wie bei einzelnen
Berathungsgegenständen sich Kraft, Würde und reiner vaterlän-
discher Sinn aussprachen, es hinwiederum andere gab, wo der
immer mehr erwachende Kantonalgeist und eine selbstsüchtige Be-
rechnung den höhern Zweken des Bundes und dessen gemeinsamen
Interessen entgegen zu treten versuchte, -- so kan diese Bemer-
kung mit Recht auch dermal wiederholt werden. Durchgeht man
die Resultate der Verhandlungen, so zeigen sich einige Stände,
zwar ist ihre Zahl nicht groß, -- die in steter Verwahrung ihrer
Souverainetätsrechte bei allen Anlässen, in stetem Ablehnen aller
gemeinsamen Entschlüsse, durch das sogenannte Referendum ihr
Heil suchen. Gleichwie der Mensch, indem er aus dem Zustande
[Spaltenumbruch] der Natur und unbedingter Freiheit hinaus und in die Gesell-
schaft des Staats eintritt, einen Theil seiner individuellen Frei-
heit dem allgemeinen aufopfern muß, so ist es auch bei Staaten,
die zu einem gemeinsamen Ganzen sich vereinigen. Wollte in ei-
nem gesellschaftlichen Verband jedes Mitglied so frei und unab-
hängig sich bewegen, als stände es einzeln da, so könnte ein sol-
cher Verband wohl den Namen einer Gesellschaft führen, aber ein
gesellschaftliches Seyn, Wirken und Leben wäre keines vorhanden.
Eine den Geist der Vereinzelung befördernde Erscheinung ist die
von einem löblichen Stande (Bern, in den Denkschriften für die
Befugniß der Kantone, Einfuhrzölle gegen benachbarte Kantone
aufzustellen und geltend zu machen) auf die Bahn gebrachte Idee
eines Staatenbundes, sofern dieselbe Eingang sinden sollte.
Während nemlich bisanhin die schwelzerische Eidgenossenschaft stets
als ein Bundesstaat, das heißt, als ein wenn gleich aus
selbstständigen Theilen zusammengesezter, doch in gewissen Bezie-
hungen einer gemeinsamen Leitung unterworfener Staat betrach-
tet wurde, sollen die Kantone nur noch durch das lokere Band
eines Staatenbundes zusammen gehalten seyn, der da ist
ein, Verein, in welchem mehrere Staaten nur auf so lange äußer-
lich verbunden neben einander stehen, als ihr gemeinsamer Vor-
theil es gebietet. Doch bisanhin siegte diese neue Idee eines
Staatenbundes nicht ob, und sie scheint zwar einiges Aufsehen
gemacht, aber bei der Mehrheit der Eidgenossen keine Anerken-
nung gefunden zu haben. Bemerkenswerth ist, daß der Präsident
der Tagsazung, der im Amte stehende Schultheiß von Bern, in
seiner Eröfnungsrede wiederholt des Ausdrukes Bundesstaat sich
bediente, und gegen Vereinzelungsgeist, Kantonal-Egoismus,
Hintansezung des Wohls des Ganzen für den eigenen Vortheil
warnte. Am Schlusse der Tagsazung wiederholte das Präsidium
diese Warnung, und drükte den Wunsch aus: es möchte das Un-
heil und Verderben bringende Vereinzelungssystem bei Seite ge-
gesezt und der seit Jahren schon entwikelte, noch immer zuneh-
mende und beinahe zur Uebung gesteigerte Hang, auf Bundes-
tagen an gemeinsamen gemeinnüzigen Gegenständen keinen Theil
zu nehmen, und so die Eidgenossenschaft unsern Mitbürgern wie
dem Auslande als eine unzusammenhängende oder politisch getrennte
Masse darzustellen -- ernstlich entfernt werden." -- Zu Sitten ist am
Abend des 21 Dec. der hochwürdige Bischof des Wallis, Hr. Zen-
ruffinen, in hohem Alter verstorben.

[irrelevantes Material][Spaltenumbruch]

[Spaltenumbruch] dauern über mehr als ein Faktum des Tages, und von tiefem
Widerwillen über alle ſich mehrenden Thorheiten und Wider-
ſprüche der Parteien erfüllt, nehmen hiemit Abſchied als Refe-
rent, da wir nicht gerne fortwährend Zeuge der Leichenſchau ſo
mancher untergegangenen Hofnungen ſeyn mögen, und die Liebe
zur Wahrheit nicht minder ſtark iſt, als die Ehrfurcht vor König
und Vaterland. Gewiſſe Begebenheiten und Grundſäze werden
durch die Geſchichte gerichtet, die Unternehmungen der Lichtgegner
aber durch den ſtärkern Arm der Zeit zermalmt werden. Es lebe
die Freiheit und das Recht! Oranje boven!

Schweiz.

Das Bürgerrecht von Baſel iſt dem Hrn.
Profeſſor de Wette jüngſthin auf eine ſehr ehrenvolle Weiſe er-
theilt worden. Das beſtehende Geſez über dieſes Stadtbürger-
recht gibt der Regierung die Befugniß, ausgezeichnete oder um
das Gemeinweſen verdiente Männer dem großen Rathe zu un-
entgeltlicher Ertheilung jenes Bürgerrechts vorzuſchlagen. Bei der
Verſammlung des ſonverainen Raths am 7 d. M. machte nun
der kleine Rath, in Folge eines in ſeiner Mitte neulich geſche-
henen Anzugs, Gebrauch von obenerwähnter Befugniß zu Gun-
ſten des Hrn. de Wette und ſeiner Nachkommenſchaft; zugleich
legte er einen Bericht des Erziehungsraths vor über die rühm-
liche Wirkſamkeit dieſes Mannes für die wiſſenſchaftliche Bildung
in der Stadt Baſel, und ein Schreiben des Stadtraths, welchem
in ſolchen Fällen die Unterſuchung der Requiſiten zukommt, worin
die Stadtbehörde ſich es zur Ehre rechnet, einen ſo ausgezeichne-
ten Mitbürger zu erhalten, und ſich befreut, daß der Dank der
Bürgerſchaft von Baſel für ſeine Verdienſte auf eine Weiſe aus-
geſprochen werden könne, welche zugleich dem Fortgange der Uni-
verſität erſprießlich werde, indem ein Mann, der ſchon mehrmals
den Ruf zu vortheilhaften auswärtigen Anſtellungen ausſchlug,
der Stadt Baſel deſto geſicherter bliebe. Der Antrag fand im
großen Rathe, wo mehrere Voten ihn unter ehrenvollen Aeuße-
rungen unterſtüzten, einſtimmige Genehmigung, und einige Mit-
glieder deuteten dabei den Wunſch an, es möchte ſich die Regie-
rung in der Folge bewogen finden, noch mehrere verdienſtvolle
Männer auf ähnliche Weiſe zu ehren. — Dem großen Rathe des
Kantons Luzern ward am 23 Dec. von ſeiner Geſandtſchaft bei
der disjährigen Tagſazung der ſchriftliche Bericht über die Ver-
handlungen dieſer höchſten Bundesbehörde eingereicht. In ſeinem
allgemeinen Theile drükt ſich dieſer Bericht, nach vorangegangener
Belobung der Art und Weiſe, wie das Präſidium, Se. Ercellenz
der Berniſche Schultheiß Hr. v. Wattenwyl, die Geſchäfte geleitet
hatte, über den Geiſt der Tagſazung folgendermaaßen aus: „Wenn
in Beziehung auf den Geiſt der Tagſazung die vorjährige Ge-
ſandtſchaft zu bemerken im Falle war, daß, ſo wie bei einzelnen
Berathungsgegenſtänden ſich Kraft, Würde und reiner vaterlän-
diſcher Sinn ausſprachen, es hinwiederum andere gab, wo der
immer mehr erwachende Kantonalgeiſt und eine ſelbſtſüchtige Be-
rechnung den höhern Zweken des Bundes und deſſen gemeinſamen
Intereſſen entgegen zu treten verſuchte, — ſo kan dieſe Bemer-
kung mit Recht auch dermal wiederholt werden. Durchgeht man
die Reſultate der Verhandlungen, ſo zeigen ſich einige Stände,
zwar iſt ihre Zahl nicht groß, — die in ſteter Verwahrung ihrer
Souverainetätsrechte bei allen Anläſſen, in ſtetem Ablehnen aller
gemeinſamen Entſchlüſſe, durch das ſogenannte Referendum ihr
Heil ſuchen. Gleichwie der Menſch, indem er aus dem Zuſtande
[Spaltenumbruch] der Natur und unbedingter Freiheit hinaus und in die Geſell-
ſchaft des Staats eintritt, einen Theil ſeiner individuellen Frei-
heit dem allgemeinen aufopfern muß, ſo iſt es auch bei Staaten,
die zu einem gemeinſamen Ganzen ſich vereinigen. Wollte in ei-
nem geſellſchaftlichen Verband jedes Mitglied ſo frei und unab-
hängig ſich bewegen, als ſtände es einzeln da, ſo könnte ein ſol-
cher Verband wohl den Namen einer Geſellſchaft führen, aber ein
geſellſchaftliches Seyn, Wirken und Leben wäre keines vorhanden.
Eine den Geiſt der Vereinzelung befördernde Erſcheinung iſt die
von einem löblichen Stande (Bern, in den Denkſchriften für die
Befugniß der Kantone, Einfuhrzölle gegen benachbarte Kantone
aufzuſtellen und geltend zu machen) auf die Bahn gebrachte Idee
eines Staatenbundes, ſofern dieſelbe Eingang ſinden ſollte.
Während nemlich bisanhin die ſchwelzeriſche Eidgenoſſenſchaft ſtets
als ein Bundesſtaat, das heißt, als ein wenn gleich aus
ſelbſtſtändigen Theilen zuſammengeſezter, doch in gewiſſen Bezie-
hungen einer gemeinſamen Leitung unterworfener Staat betrach-
tet wurde, ſollen die Kantone nur noch durch das lokere Band
eines Staatenbundes zuſammen gehalten ſeyn, der da iſt
ein, Verein, in welchem mehrere Staaten nur auf ſo lange äußer-
lich verbunden neben einander ſtehen, als ihr gemeinſamer Vor-
theil es gebietet. Doch bisanhin ſiegte dieſe neue Idee eines
Staatenbundes nicht ob, und ſie ſcheint zwar einiges Aufſehen
gemacht, aber bei der Mehrheit der Eidgenoſſen keine Anerken-
nung gefunden zu haben. Bemerkenswerth iſt, daß der Präſident
der Tagſazung, der im Amte ſtehende Schultheiß von Bern, in
ſeiner Eröfnungsrede wiederholt des Ausdrukes Bundesſtaat ſich
bediente, und gegen Vereinzelungsgeiſt, Kantonal-Egoismus,
Hintanſezung des Wohls des Ganzen für den eigenen Vortheil
warnte. Am Schluſſe der Tagſazung wiederholte das Präſidium
dieſe Warnung, und drükte den Wunſch aus: es möchte das Un-
heil und Verderben bringende Vereinzelungsſyſtem bei Seite ge-
geſezt und der ſeit Jahren ſchon entwikelte, noch immer zuneh-
mende und beinahe zur Uebung geſteigerte Hang, auf Bundes-
tagen an gemeinſamen gemeinnüzigen Gegenſtänden keinen Theil
zu nehmen, und ſo die Eidgenoſſenſchaft unſern Mitbürgern wie
dem Auslande als eine unzuſammenhängende oder politiſch getrennte
Maſſe darzuſtellen — ernſtlich entfernt werden.“ — Zu Sitten iſt am
Abend des 21 Dec. der hochwürdige Biſchof des Wallis, Hr. Zen-
ruffinen, in hohem Alter verſtorben.

[irrelevantes Material][Spaltenumbruch]
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Bei der Verſammlung des ſonverainen Raths am 7 d. M. machte nun der kleine Rath, in Folge eines in ſeiner Mitte neulich geſche- henen Anzugs, Gebrauch von obenerwähnter Befugniß zu Gun- ſten des Hrn. de Wette und ſeiner Nachkommenſchaft; zugleich legte er einen Bericht des Erziehungsraths vor über die rühm- liche Wirkſamkeit dieſes Mannes für die wiſſenſchaftliche Bildung in der Stadt Baſel, und ein Schreiben des Stadtraths, welchem in ſolchen Fällen die Unterſuchung der Requiſiten zukommt, worin die Stadtbehörde ſich es zur Ehre rechnet, einen ſo ausgezeichne- ten Mitbürger zu erhalten, und ſich befreut, daß der Dank der Bürgerſchaft von Baſel für ſeine Verdienſte auf eine Weiſe aus- geſprochen werden könne, welche zugleich dem Fortgange der Uni- verſität erſprießlich werde, indem ein Mann, der ſchon mehrmals den Ruf zu vortheilhaften auswärtigen Anſtellungen ausſchlug, der Stadt Baſel deſto geſicherter bliebe. Der Antrag fand im großen Rathe, wo mehrere Voten ihn unter ehrenvollen Aeuße- rungen unterſtüzten, einſtimmige Genehmigung, und einige Mit- glieder deuteten dabei den Wunſch an, es möchte ſich die Regie- rung in der Folge bewogen finden, noch mehrere verdienſtvolle Männer auf ähnliche Weiſe zu ehren. — Dem großen Rathe des Kantons Luzern ward am 23 Dec. von ſeiner Geſandtſchaft bei der disjährigen Tagſazung der ſchriftliche Bericht über die Ver- handlungen dieſer höchſten Bundesbehörde eingereicht. In ſeinem allgemeinen Theile drükt ſich dieſer Bericht, nach vorangegangener Belobung der Art und Weiſe, wie das Präſidium, Se. Ercellenz der Berniſche Schultheiß Hr. v. Wattenwyl, die Geſchäfte geleitet hatte, über den Geiſt der Tagſazung folgendermaaßen aus: „Wenn in Beziehung auf den Geiſt der Tagſazung die vorjährige Ge- ſandtſchaft zu bemerken im Falle war, daß, ſo wie bei einzelnen Berathungsgegenſtänden ſich Kraft, Würde und reiner vaterlän- diſcher Sinn ausſprachen, es hinwiederum andere gab, wo der immer mehr erwachende Kantonalgeiſt und eine ſelbſtſüchtige Be- rechnung den höhern Zweken des Bundes und deſſen gemeinſamen Intereſſen entgegen zu treten verſuchte, — ſo kan dieſe Bemer- kung mit Recht auch dermal wiederholt werden. Durchgeht man die Reſultate der Verhandlungen, ſo zeigen ſich einige Stände, zwar iſt ihre Zahl nicht groß, — die in ſteter Verwahrung ihrer Souverainetätsrechte bei allen Anläſſen, in ſtetem Ablehnen aller gemeinſamen Entſchlüſſe, durch das ſogenannte Referendum ihr Heil ſuchen. Gleichwie der Menſch, indem er aus dem Zuſtande der Natur und unbedingter Freiheit hinaus und in die Geſell- ſchaft des Staats eintritt, einen Theil ſeiner individuellen Frei- heit dem allgemeinen aufopfern muß, ſo iſt es auch bei Staaten, die zu einem gemeinſamen Ganzen ſich vereinigen. Wollte in ei- nem geſellſchaftlichen Verband jedes Mitglied ſo frei und unab- hängig ſich bewegen, als ſtände es einzeln da, ſo könnte ein ſol- cher Verband wohl den Namen einer Geſellſchaft führen, aber ein geſellſchaftliches Seyn, Wirken und Leben wäre keines vorhanden. Eine den Geiſt der Vereinzelung befördernde Erſcheinung iſt die von einem löblichen Stande (Bern, in den Denkſchriften für die Befugniß der Kantone, Einfuhrzölle gegen benachbarte Kantone aufzuſtellen und geltend zu machen) auf die Bahn gebrachte Idee eines Staatenbundes, ſofern dieſelbe Eingang ſinden ſollte. Während nemlich bisanhin die ſchwelzeriſche Eidgenoſſenſchaft ſtets als ein Bundesſtaat, das heißt, als ein wenn gleich aus ſelbſtſtändigen Theilen zuſammengeſezter, doch in gewiſſen Bezie- hungen einer gemeinſamen Leitung unterworfener Staat betrach- tet wurde, ſollen die Kantone nur noch durch das lokere Band eines Staatenbundes zuſammen gehalten ſeyn, der da iſt ein, Verein, in welchem mehrere Staaten nur auf ſo lange äußer- lich verbunden neben einander ſtehen, als ihr gemeinſamer Vor- theil es gebietet. Doch bisanhin ſiegte dieſe neue Idee eines Staatenbundes nicht ob, und ſie ſcheint zwar einiges Aufſehen gemacht, aber bei der Mehrheit der Eidgenoſſen keine Anerken- nung gefunden zu haben. Bemerkenswerth iſt, daß der Präſident der Tagſazung, der im Amte ſtehende Schultheiß von Bern, in ſeiner Eröfnungsrede wiederholt des Ausdrukes Bundesſtaat ſich bediente, und gegen Vereinzelungsgeiſt, Kantonal-Egoismus, Hintanſezung des Wohls des Ganzen für den eigenen Vortheil warnte. Am Schluſſe der Tagſazung wiederholte das Präſidium dieſe Warnung, und drükte den Wunſch aus: es möchte das Un- heil und Verderben bringende Vereinzelungsſyſtem bei Seite ge- geſezt und der ſeit Jahren ſchon entwikelte, noch immer zuneh- mende und beinahe zur Uebung geſteigerte Hang, auf Bundes- tagen an gemeinſamen gemeinnüzigen Gegenſtänden keinen Theil zu nehmen, und ſo die Eidgenoſſenſchaft unſern Mitbürgern wie dem Auslande als eine unzuſammenhängende oder politiſch getrennte Maſſe darzuſtellen — ernſtlich entfernt werden.“ — Zu Sitten iſt am Abend des 21 Dec. der hochwürdige Biſchof des Wallis, Hr. Zen- ruffinen, in hohem Alter verſtorben. _

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 9, 9. Januar 1830, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine09_1830/7>, abgerufen am 21.11.2024.