Allgemeine Zeitung, Nr. 9, 9. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
sicits der Sparcasse zu Neumarkt; 4) Vorirag des Abgeordneten Dr. Kurz über * Berlin, 6 Jan. Verschiedene Stimmen erzählen von dem Mißtrauen (--) Berlin, 5 Jan. Der gestern hier eingetroffene neue französische Bot- (--) Berlin, 6 Jan. Gestern Abend bereits fand zwischen dem neuen /// Berlin, 6 Jan. Die "Allg. Zeitung" brachte in ihrer vom 23 Dec. da- Oesterreichisch-ungarische Monarchie. * Aus Desterreich, 7 Jan. Die Agitation und Opposition der Tschechen [] Wien, 7 Jan. Jnnerhalb der Mehrheit vollzieht sich allmählich eine [] Wien, 7 Jan. In Blättern sind mannichfache Bedenken gegen [Spaltenumbruch]
ſicits der Sparcaſſe zu Neumarkt; 4) Vorirag des Abgeordneten Dr. Kurz über * Berlin, 6 Jan. Verſchiedene Stimmen erzählen von dem Mißtrauen (—) Berlin, 5 Jan. Der geſtern hier eingetroffene neue franzöſiſche Bot- (—) Berlin, 6 Jan. Geſtern Abend bereits fand zwiſchen dem neuen /// Berlin, 6 Jan. Die „Allg. Zeitung“ brachte in ihrer vom 23 Dec. da- Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie. * Aus Deſterreich, 7 Jan. Die Agitation und Oppoſition der Tſchechen [] Wien, 7 Jan. Jnnerhalb der Mehrheit vollzieht ſich allmählich eine [] Wien, 7 Jan. In Blättern ſind mannichfache Bedenken gegen <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0004" n="116"/><cb/> ſicits der Sparcaſſe zu Neumarkt; 4) Vorirag des Abgeordneten <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Kurz über<lb/> die Rechnungsnachweiſungen: a) bezüglich des Etats des Staatsminiſteriums des<lb/> Aeußern, b) bezüglich des Etats des Staatsminiſteriums der Juſtiz; 5) Vortrag<lb/> des Abgeordneten Kühlmann über die Rechnungsnachweiſungen des Eiſenbahn-<lb/> baues für 1869.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 6 Jan.</dateline><lb/> <p>Verſchiedene Stimmen erzählen von dem Mißtrauen<lb/> gegen die Politik des Hrn. Thiers, welches ſich allmählich unſerer leitenden Kreiſe<lb/> bemächtige. Dasſelbe ſcheint in der That zu beſtehen, und iſt, da der Mund des<lb/> Hrn. Thiers ſtets von Friedensverſicherungen überfließt, auf Thatſachen zurückzu-<lb/> führen—nämlich auf die Schritte welche behufs der Reorganiſation der franzöſiſchen<lb/> Armee geſchehen ſind und geſchehen ſollen. Man theilt darüber mit daß die fran-<lb/> zöſiſche Armee, die zur Zeit 120 Infanterieregimenter zählt, gegenwärtig ſo auf-<lb/> geſtellt ſei daß in und bei Paris ſowie bei Lyon immerhin 400,000 Mann in einer<lb/> Zeit von 8 bis 14 Tagen concentrirt werden können. Auf der Linie von Lille bis<lb/> Paris ſtehen 16 Infanterieregimenter, in und bei Paris, alſo im Seine-Departe-<lb/> ment, garniſoniren 32 Infanterieregimenter (nicht wie die „N. A. Z.“ angegeben<lb/> 52), 11 Jägerbataillone und 16 Cavallerieregimenter; auf der Linie von Paris bis<lb/> Lyon ſtehen 16 Infanterieregimenter, und in und bei Lyon ſtehen 8 Infanterieregimen-<lb/> ter, zuſammen alſo 72 Infanterieregimenter nebſt der entſprechenden Reiterei und<lb/> Artillerie, alſo weit mehr als die Hälfte der geſammten franzöſiſchen Waffenmacht.<lb/> Dieſelbe Quelle der wir dieſe Notizen entnehmen, will wiſſen daß von<lb/> Seiten der Bundesregierung die ſüddeutſchen Regierungen, unter näher<lb/> detaillirter Darlegung der franzöſiſchen Heeresregeneration und der franzöſiſchen<lb/> Friedensdislocation, am Schluſſe des vorigen Jahres erſucht worden ſeien<lb/> die Vollendung der Neuformation ihrer Contingente mit größter Emſigkeit<lb/> zu beſchleunigen. Auf dieſes Erſuchen ſeien völlig befriedigende Zuſagen<lb/> eingegangen. Die württembergiſchen Cadres ſind bereits ſämmtlich in der<lb/> vertragsmäßig feſtgeſetzten Zahl hergeſtellt, wenigſtens in Bezug auf die Linien-<lb/> truppen; die Landwehrſtämme fehlen allerdings noch, und für dieſes Jahr iſt, nach der<lb/><hi rendition="#aq">Ordre de bataille,</hi> der Befehl gegeben eventuell die erſten Jahrgänge der Landwehr<lb/> zur Vervollſtändigung der Linie und Beſatzbataillone zu verwenden. — Während<lb/> franzöſiſche Blätter den Lieutenant Lukas vom 6. pommeriſchen Infanterie-Regi-<lb/> ment Nr. 49, welcher vor etwa zehn Tagen in der Umgegend von Dijon einen<lb/> Spazierritt machte und ſeitdem vermißt wird, deſertirt ſein laſſen, iſt eine<lb/> officielle Mittheilung an ſeine Angehörigen ergangen, der zufolge die Ver-<lb/> muthung nahe liegt daß er franzöſiſcher Bosheit zum Opfer gefallen iſt. —<lb/> Was die eingetretene Trennung der Reſſorts des Marine-und des Kriegsminiſteriums<lb/> betrifft, ſo wird Hr. v. Stoſch das erſtere als Chef der Admiralität verwalten, nicht als<lb/> Reichsminiſter, weil nach der bisherigen Organiſation der Reichsregierung es keine<lb/> Reichsminiſter gibt. Auch der Präſident des Reichskanzleramtes iſt kein Reichs-<lb/> miniſter, ſondern führt nur den Titel Staatsminiſter. Dieſen Titel wird auch<lb/> Hr. v. Stoſch führen. — Die Mittheilungen der „Provincial-Correſpondenz,“<lb/> betreffend die Verwaltungsorganiſation in Elſaß-Lothringen, veranlaſſen die<lb/> „Schleſiſche Zeitung“ darauf hinzuweiſen daß dabei, abweichend von den<lb/> frühern Abſichten, derjenige Geſichtspunkt die Entſcheidung gegeben hat, welcher<lb/> den Schwerpunkt der Verwaltung in das Land ſelbſt verlegt, während man früher<lb/> geneigt war die Leitung des Reichslandes allein vom Bundeskanzleramt ausgehen<lb/> zu laſſen. Bei der ſchließlich getroffenen Einrichtung eines Oberpräſidiums iſt<lb/> man davon abgegangen daß der Oberpräſident unter dem Reichskanzler <hi rendition="#g">amte</hi><lb/> zu ſtehen habe. Man hat ſich vielmehr dahin geeinigt daß der Oberpräſident unmit-<lb/> telbar mit dem Reichskanzler verkehren ſolle. Man hat jedoch vermieden das Verhält-<lb/> niß zwiſchen dem Oberpräſidenten und der Reichsregierung ſchon jetzt genau zupräci-<lb/> ſiren, weil man ſich von der Erfahrung darüber belehren laſſen will in welcher Weiſe die<lb/> Lücken des beſtehenden Verhältniſſes auszufüllen ſeien. — Der däniſche Staats-<lb/> miniſter Graf Frijs v. Frijſenburg iſt am Freitag Abends aus Kopenhagen hier<lb/> eingetroffen, und hat im Hôtel Royal Wohnung genommen. — Gleichzeitig iſt der<lb/> franzöſiſche Botſchaftsſecretär Graf Kergorlay hier angekommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>(—) <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 5 Jan.</dateline><lb/> <p>Der geſtern hier eingetroffene neue franzöſiſche Bot-<lb/> ſchafter am hieſigen Hofe, Hr. v. Gontaut-Viron, hat einſtweilen in einem Gaſt-<lb/> hofe Wohnung genommen, da das franzöſiſche Geſandtſchaftshôtel noch von der<lb/> Familie des Marquis de Gabriac beſetzt iſt. Seine Antrittsaudienz bei dem ſo<lb/> eben aus Königs-Wuſterhauſen heimgekehrten Kaiſer wird Hr. v. Gontaut-Biron<lb/> wohl erſt am Montag haben, weil morgen katholiſcher Feiertag (heil. drei Könige)<lb/> iſt. Marquis v. Gabriac, der bisherige franzöſiſche Geſchäftsträger hierſelbſt,<lb/> kehrt mit ſeiner Familie nach Paris zurück, dort einer andern Beſtimmung harrend.<lb/> Er hinterläßt hier in den Regierungs- wie in den diplomatiſchen Kreiſen nur an-<lb/> genehme Erinnerungen, und ſein Abgang von Berlin wird aufrichtig bedauert,<lb/> ſo ſehr hat derſelbe in der kurzen Zeit ſeiner amtlichen Thätigkeit hierſelbſt durch<lb/> feinen Tact und durch ein äußerſt liebenswürdiges Weſen ſich die Herzen aller<lb/> derer zu gewinnen verſtanden die zu ihm amtliche oder geſellſchaftliche Beziehungen<lb/> unterhalten haben. Der neue Repräſentant Frankreichs wird übrigens hier ein<lb/> nicht minder freundliches Entgegenkommen ſinden als es der ſcheidende Marquis<lb/> v. Gabriac gefunden hat. Namentlich darf dieß von unſern amtlichen Kreiſen<lb/> vorausgeſetzt werden, die wirtlich von dem lebhafteſten Wunſch erfüllt ſind daß<lb/> es der gegenwärtigen Regierung in Frankreich gelingen möge immer feſter Fuß zu<lb/> faſſen. Ganz frei von Beſorgniſſen fühlt man ſich hier freilich in dieſer Beziehung<lb/> nicht, und die „Krzztg.“ gibt dieſer Beſorgniß heute ſogar mit einem ſehr ſchwarz<lb/> gefärbten Bericht über die Stimmung in Paris Nahrung. Ihr Gewährsmann,<lb/> ein Anglo-Amerikaner, ſieht die Lage der Dinge in Frankreich ſo ſchlimm an, daß<lb/> er dem heutigen Zuſtande nur noch die Dauer von einem Monat prophezeit. Solche<lb/> peſſimiſtiſche Anſchauungen verrathen jedoch ohne Zweifel eine ſtarke Befangenheit.<lb/> — Mit dem Kaiſer ſind heute auch ſeine Gäſte, der Großherzog von Sachſen-<lb/> Weimar und der Herzog von Coburg-Gotha, von Königs-Wuſterhauſen hieher<lb/> zurückgekehrt, der gleichfalls zur Jagd eingeladene Herzog von Braunſchweig hatte<lb/> ſich entſchuldigen laſſen. — An Stelle des in das Activitätsverhältniß zurückgetre-<lb/> tenen Vice-Admirials Jachmann iſt der neue Chef der Marineverwaltung, Staats-<lb/> miniſter General v. Stoſch, zum Mitgliede des Bundesraths ernannt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>(—) <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 6 Jan.</dateline><lb/> <p>Geſtern Abend bereits fand zwiſchen dem neuen<lb/> franzöſiſchen Botſchafter am hieſigen Hofe, Marquis v. Gontaut-Biron, und dem<lb/> Reichskanzler Fürſten Bismarck die erſte Unterredung ſtatt. Sie war von ſehr<lb/> langer Dauer, und ſoll ſich auf beiden Seiten in durchaus zwangloſer Form bewegt<lb/> haben. Ob auch mit der wünſchenswerthen Offenheit iſt freilich eine andere Frage;<lb/> denn bei allem ſichtbaren Wohlwollen mit welchemdie franzöſiſche Regierung von hier<lb/> aus behandelt wird, fühlt man ſich doch noch immer nicht ganz frei von einem gewiſſen<lb/><cb/> Mißtrauen gegen die Loyalität derſelben. Symptome davon liefern zur Genüge<lb/> die unwirſchen Bemerkungen unſerer inſpirirten Preſſe über die Haſt und den Eifer<lb/> womit in Frankreich gegenwärtig die Reorganiſation der Armee in einer die finan-<lb/> ziellen Kräfte des Landes erſchütternden Weiſe betrieben wird. Trotz alledem<lb/> wird ſich zweifellos der Verkehr zwiſchen unſerm auswärtigen Amt und dem neuen<lb/> franzöſiſchen Botſchafter freundlicher geſtalten als er es nach dem Tage von König-<lb/> grätz zwiſchen dem Vorgänger des letzteren und dem Leiter der preußiſchen Politik<lb/> war. — Die Abgeordneten haben ſich zum großen Theil wieder hier eingefunden,<lb/> und entwickeln in den Commiſſionen, Fractionen und Delegationen eine rege Thä-<lb/> tigkeit. Von einer der letzteren, welche alle Parteien vertrat, iſt der Beſchluß ge-<lb/> faßt worden: den Entwurf der Kreisordnung einer commiſſariſchen Vorprüfung zu<lb/> überweiſen, da man allſeitig die Ueberzeugung gewonnen hat daß die auf dieſem<lb/> Gebiete erſtrebte Reform nur durch zahlreiche Compromiſſe mit der Regierung zu<lb/> erreichen ſei. Die Hoffnungen auf das Zuſtandekommen dieſes Reformwerkes ſind<lb/> übrigens im allgemeinen nur gering, weil man ſich der Beſorgniß nicht erwehren<lb/> kann daß ein zwiſchen dem Abgeordnetenhaus und der Regierung glücklich erzieltes<lb/> Compromiß ſchließlich doch an dem Widerſtande des Herrenhauſes ſcheitern werde.<lb/> Noch ſtärker, und gewiß nicht mit Unrecht, regen ſich ſolche Beſorgniſſe hinſichtlich<lb/> der Vorlagen des Cultusminiſteriums, gegen welche aus den Kreiſen des Herren-<lb/> hauſes heraus auch bereits ſehr mißliebige Aeußerungen laut geworden ſind.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>/// <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 6 Jan.</dateline><lb/> <p>Die „Allg. Zeitung“ brachte in ihrer vom 23 Dec. da-<lb/> tirten Nummer eine Correſpondenz aus St. Petersburg nach welcher ſeitens der<lb/> kaiſerl. ruſſiſchen Behörden der „Deutſche Reichs-Anzeiger“ in Rußland verboten,<lb/> der „Königlich Preußiſche Staats-Anzeiger“ daſelbſt jedoch erlaubt ſein ſollte. Es<lb/> mußte allerdings befremden daß das dortige Preßbureau von der Identität dieſer<lb/> beiden ſeit dem 4 Mai 1871 <hi rendition="#g">ein</hi> Organ umfaſſenden Titel nicht unterrichtet ge-<lb/> weſen, und es konnte ein derartiger Irrthum kaum anders erklärt werden als daß eine<lb/> Verwechſelung des amtlichen Organs der Deutſchen Neichsregierung mit Blättern<lb/> faſt gleichlautenden Titels vorliege. Eine ſolche können wir nunmehr auch conſta-<lb/> tiren, da, nach dem dem kaiſerl. Deutſchen Poſt-Zeitungsamt in Berlin vorliegenden<lb/> „amtlichen Verzeichniſſe der Zeitungen und Zeitſchriften welche im Jahr 1872 durch<lb/> die ruſſiſchen Poſtanſtalten debitirt werden dürfen,“ der „Deutſche Reichs-Anzeiger<lb/> und Königlich Preußiſche Staats-Anzeiger“ mit ſeinem richtigen Titel verzeichnet<lb/> ſteht, derſelbe auch ſeit 1 Januar d. J. abonnementsmäßig nach St. Petersburg,<lb/> Moskau, Riga u. ſ. w. von den ruſſiſchen Poſtbehörden befördert worden iſt.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Aus Deſterreich,</hi> 7 Jan.</dateline><lb/> <p>Die Agitation und Oppoſition der Tſchechen<lb/> iſt auf einer ſo unnatürlichen Höhe angelangt, daß ein Umſchlag über kurz oder lang<lb/> vorauszuſehen iſt, denn jede derartige Maßloſigkeit hat ſchließlich jedesmal und<lb/> überall das Gegentheil von dem bewirkt was die Veranſtalter beabſichtigten.<lb/> In dieſer Beziehung bemerkt das geſtrige Prager „Abendblatt“: <cit><quote>„Trotz der Inten-<lb/> ſität der tſchechiſchen Bewegung findet der Beobachter daß ſie einen künſtlichen<lb/> Charakter trage. Der heftige Ton der Journale, die gewaltſame Niederhaltung<lb/> jeder ſelbſtändigen Volksregung, das Syſtem des Proſcribirens wühlen fortwährend<lb/> die Volksleidenſchaften auf und zeigen, daß die Bewegung nicht aus dem Volke<lb/> wuchs, vielmehr eine Art Treibhausgewächs iſt, das fortwährend durch künſtliches<lb/> Feuer erhalten werden muß. Die Nation, die ſeit Jahrhunderten mit einem be-<lb/> ſtimmten feſtgegliederten Staatsorganismus verwuchs wird, ſobald der künſtliche<lb/> Impuls von außen aufhört oder die Empfänglichkeit für äußere Reizmittel<lb/> geſchwächt iſt, bald ihr früheres Weſen wieder gewinnen. Wenn die ver-<lb/> faſſungsmäßigen Zuſtände gefeſtigt ſind, wird es ſich zeigen wie Vöhmen<lb/> unter dem Banner der Verfaſſung Raum zur vollſten Entwicklung hat.“</quote></cit> —<lb/> In Ungarn hat das reſultatloſe Abbrechen der croatiſchen Ausgleichsverhand-<lb/> lungen in Wien üblen Eindruck gemacht. Man iſt eben der croatiſchen Wirren<lb/> müde, und möchte gern Frieden haben mit der Nachbarland-Nation. Die croa-<lb/> tiſche Oppoſition nährt zweifellos die einheimiſchen nationalen Agitationen, und<lb/> wirkt ermuthigend insbeſondere auf die Serben. Die Deak-Conferenz wird dieſen<lb/> Gegenſtand wieder aufnehmen, und es verſuchen mit den Croaten ein Ueberein-<lb/> kommen zu treffen. Schon in nächſter Woche ſoll hierüber berathen werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><supplied>&#xfffc;</supplied><hi rendition="#b">Wien,</hi> 7 Jan.</dateline><lb/> <p>Jnnerhalb der Mehrheit vollzieht ſich allmählich eine<lb/> Scheidung, die dem Abgeordnetenhaus eine weſentlich veränderte Phyſiognomie<lb/> zu geben geeignet iſt. Das Deutſch-Oeſterreicherthum diejenige Richtung welche<lb/> wohl das deutſch-nationale Element, aber auch den von ihm getragenen öſterrei-<lb/> chiſchen Staatsgedanken betont haben will, rafft ſich zu immer ſtärkerer Geltung<lb/> auf, um einerſeits gegen die erbgeſeſſene Jmpotenz derjenigen Partei welche bis-<lb/> her mit dem Buchſtaben der Verfaſſung die Verfaſſung zu Tode geritten, und<lb/> andrerſeits gegen die Politik der Verzweiflung Front zu machen welche das deutſche<lb/> Oeſterreich in den Verband des Deutſchen Reiches hinüberführen möchte. Noch iſt<lb/> die hieraus entſtehende Parteibildung nicht zu einem feſten Abſchluß gelangt, noch<lb/> ſteht eine Reihe von Abgeordneten mit dem einen Fuß in dieſen, mit dem andern<lb/> in jenen Tendenzen, noch iſt eine weitere Zahl ſich nicht ganz klar geworden über<lb/> die Strebungen und Ziele hüben und drüben; aber der Gährungsproceß iſt in<lb/> vollem Gang, und die Adreßdebatte wird ihn nur noch beſchleunigen, und unter<lb/> allen Umſtänden jeden Einzelnen zwingen fortan mit offenem Viſir zu kämpfen.<lb/> Am Donnerſtag übrigens dürfte, ſo viel ſich heute überſehen läßt, die Adreßdebatte<lb/> beginnen, und ſchon morgen der Adreßentwurf zur Oeffentlichkeit gelangen<lb/> den Herbſt im eleganteſten Deutſch geſchrieben, weil er — bemerkt ein boshaftes<lb/> Vlatt — des Servilismus geziehen zu werden beſorgte wenn er den <hi rendition="#g">Styl</hi> der<lb/> von Hrn. Unger ganz allein redigirten Thronrede ſich zum Muſter genommen<lb/> hätte. — Warrens wird heute Nachmittags zur Erde beſtattet. Die Publiciſtik<lb/> und die Börſe werden ein ſtarkes Contingent in die evangeliſche Kirche abſenden,<lb/> wo die Leiche eingeſegnet wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><supplied>&#xfffc;</supplied><hi rendition="#b">Wien,</hi> 7 Jan.</dateline><lb/> <p>In Blättern ſind mannichfache Bedenken gegen<lb/> eine Novelle zum Nothwahlgeſetz oder einen Geſetzentwurf wider den Mißbrauch<lb/> des Abgeordnetenmandats angeregt worden, den die Regierung dem Reichsrathe<lb/> vorzulegen gedenke. Insbeſondere iſt geltend gemacht worden daß man damit<lb/> eine zweiſchneidende Waffe ſchaffe, die von einem Miniſterium welches von ande-<lb/> ren Abſichten geleitet wird als die Verfaſſung zu erhalten und zu befeſtigen, auch<lb/> gegen die Verfaſſungspartej angewendet werden könnte. Unbegründet ſind dieſe<lb/> Bedenken keineswegs, und ſicher iſt man in Regierungskreiſen nicht der Meinung<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0004]
ſicits der Sparcaſſe zu Neumarkt; 4) Vorirag des Abgeordneten Dr. Kurz über
die Rechnungsnachweiſungen: a) bezüglich des Etats des Staatsminiſteriums des
Aeußern, b) bezüglich des Etats des Staatsminiſteriums der Juſtiz; 5) Vortrag
des Abgeordneten Kühlmann über die Rechnungsnachweiſungen des Eiſenbahn-
baues für 1869.
* Berlin, 6 Jan.
Verſchiedene Stimmen erzählen von dem Mißtrauen
gegen die Politik des Hrn. Thiers, welches ſich allmählich unſerer leitenden Kreiſe
bemächtige. Dasſelbe ſcheint in der That zu beſtehen, und iſt, da der Mund des
Hrn. Thiers ſtets von Friedensverſicherungen überfließt, auf Thatſachen zurückzu-
führen—nämlich auf die Schritte welche behufs der Reorganiſation der franzöſiſchen
Armee geſchehen ſind und geſchehen ſollen. Man theilt darüber mit daß die fran-
zöſiſche Armee, die zur Zeit 120 Infanterieregimenter zählt, gegenwärtig ſo auf-
geſtellt ſei daß in und bei Paris ſowie bei Lyon immerhin 400,000 Mann in einer
Zeit von 8 bis 14 Tagen concentrirt werden können. Auf der Linie von Lille bis
Paris ſtehen 16 Infanterieregimenter, in und bei Paris, alſo im Seine-Departe-
ment, garniſoniren 32 Infanterieregimenter (nicht wie die „N. A. Z.“ angegeben
52), 11 Jägerbataillone und 16 Cavallerieregimenter; auf der Linie von Paris bis
Lyon ſtehen 16 Infanterieregimenter, und in und bei Lyon ſtehen 8 Infanterieregimen-
ter, zuſammen alſo 72 Infanterieregimenter nebſt der entſprechenden Reiterei und
Artillerie, alſo weit mehr als die Hälfte der geſammten franzöſiſchen Waffenmacht.
Dieſelbe Quelle der wir dieſe Notizen entnehmen, will wiſſen daß von
Seiten der Bundesregierung die ſüddeutſchen Regierungen, unter näher
detaillirter Darlegung der franzöſiſchen Heeresregeneration und der franzöſiſchen
Friedensdislocation, am Schluſſe des vorigen Jahres erſucht worden ſeien
die Vollendung der Neuformation ihrer Contingente mit größter Emſigkeit
zu beſchleunigen. Auf dieſes Erſuchen ſeien völlig befriedigende Zuſagen
eingegangen. Die württembergiſchen Cadres ſind bereits ſämmtlich in der
vertragsmäßig feſtgeſetzten Zahl hergeſtellt, wenigſtens in Bezug auf die Linien-
truppen; die Landwehrſtämme fehlen allerdings noch, und für dieſes Jahr iſt, nach der
Ordre de bataille, der Befehl gegeben eventuell die erſten Jahrgänge der Landwehr
zur Vervollſtändigung der Linie und Beſatzbataillone zu verwenden. — Während
franzöſiſche Blätter den Lieutenant Lukas vom 6. pommeriſchen Infanterie-Regi-
ment Nr. 49, welcher vor etwa zehn Tagen in der Umgegend von Dijon einen
Spazierritt machte und ſeitdem vermißt wird, deſertirt ſein laſſen, iſt eine
officielle Mittheilung an ſeine Angehörigen ergangen, der zufolge die Ver-
muthung nahe liegt daß er franzöſiſcher Bosheit zum Opfer gefallen iſt. —
Was die eingetretene Trennung der Reſſorts des Marine-und des Kriegsminiſteriums
betrifft, ſo wird Hr. v. Stoſch das erſtere als Chef der Admiralität verwalten, nicht als
Reichsminiſter, weil nach der bisherigen Organiſation der Reichsregierung es keine
Reichsminiſter gibt. Auch der Präſident des Reichskanzleramtes iſt kein Reichs-
miniſter, ſondern führt nur den Titel Staatsminiſter. Dieſen Titel wird auch
Hr. v. Stoſch führen. — Die Mittheilungen der „Provincial-Correſpondenz,“
betreffend die Verwaltungsorganiſation in Elſaß-Lothringen, veranlaſſen die
„Schleſiſche Zeitung“ darauf hinzuweiſen daß dabei, abweichend von den
frühern Abſichten, derjenige Geſichtspunkt die Entſcheidung gegeben hat, welcher
den Schwerpunkt der Verwaltung in das Land ſelbſt verlegt, während man früher
geneigt war die Leitung des Reichslandes allein vom Bundeskanzleramt ausgehen
zu laſſen. Bei der ſchließlich getroffenen Einrichtung eines Oberpräſidiums iſt
man davon abgegangen daß der Oberpräſident unter dem Reichskanzler amte
zu ſtehen habe. Man hat ſich vielmehr dahin geeinigt daß der Oberpräſident unmit-
telbar mit dem Reichskanzler verkehren ſolle. Man hat jedoch vermieden das Verhält-
niß zwiſchen dem Oberpräſidenten und der Reichsregierung ſchon jetzt genau zupräci-
ſiren, weil man ſich von der Erfahrung darüber belehren laſſen will in welcher Weiſe die
Lücken des beſtehenden Verhältniſſes auszufüllen ſeien. — Der däniſche Staats-
miniſter Graf Frijs v. Frijſenburg iſt am Freitag Abends aus Kopenhagen hier
eingetroffen, und hat im Hôtel Royal Wohnung genommen. — Gleichzeitig iſt der
franzöſiſche Botſchaftsſecretär Graf Kergorlay hier angekommen.
(—) Berlin, 5 Jan.
Der geſtern hier eingetroffene neue franzöſiſche Bot-
ſchafter am hieſigen Hofe, Hr. v. Gontaut-Viron, hat einſtweilen in einem Gaſt-
hofe Wohnung genommen, da das franzöſiſche Geſandtſchaftshôtel noch von der
Familie des Marquis de Gabriac beſetzt iſt. Seine Antrittsaudienz bei dem ſo
eben aus Königs-Wuſterhauſen heimgekehrten Kaiſer wird Hr. v. Gontaut-Biron
wohl erſt am Montag haben, weil morgen katholiſcher Feiertag (heil. drei Könige)
iſt. Marquis v. Gabriac, der bisherige franzöſiſche Geſchäftsträger hierſelbſt,
kehrt mit ſeiner Familie nach Paris zurück, dort einer andern Beſtimmung harrend.
Er hinterläßt hier in den Regierungs- wie in den diplomatiſchen Kreiſen nur an-
genehme Erinnerungen, und ſein Abgang von Berlin wird aufrichtig bedauert,
ſo ſehr hat derſelbe in der kurzen Zeit ſeiner amtlichen Thätigkeit hierſelbſt durch
feinen Tact und durch ein äußerſt liebenswürdiges Weſen ſich die Herzen aller
derer zu gewinnen verſtanden die zu ihm amtliche oder geſellſchaftliche Beziehungen
unterhalten haben. Der neue Repräſentant Frankreichs wird übrigens hier ein
nicht minder freundliches Entgegenkommen ſinden als es der ſcheidende Marquis
v. Gabriac gefunden hat. Namentlich darf dieß von unſern amtlichen Kreiſen
vorausgeſetzt werden, die wirtlich von dem lebhafteſten Wunſch erfüllt ſind daß
es der gegenwärtigen Regierung in Frankreich gelingen möge immer feſter Fuß zu
faſſen. Ganz frei von Beſorgniſſen fühlt man ſich hier freilich in dieſer Beziehung
nicht, und die „Krzztg.“ gibt dieſer Beſorgniß heute ſogar mit einem ſehr ſchwarz
gefärbten Bericht über die Stimmung in Paris Nahrung. Ihr Gewährsmann,
ein Anglo-Amerikaner, ſieht die Lage der Dinge in Frankreich ſo ſchlimm an, daß
er dem heutigen Zuſtande nur noch die Dauer von einem Monat prophezeit. Solche
peſſimiſtiſche Anſchauungen verrathen jedoch ohne Zweifel eine ſtarke Befangenheit.
— Mit dem Kaiſer ſind heute auch ſeine Gäſte, der Großherzog von Sachſen-
Weimar und der Herzog von Coburg-Gotha, von Königs-Wuſterhauſen hieher
zurückgekehrt, der gleichfalls zur Jagd eingeladene Herzog von Braunſchweig hatte
ſich entſchuldigen laſſen. — An Stelle des in das Activitätsverhältniß zurückgetre-
tenen Vice-Admirials Jachmann iſt der neue Chef der Marineverwaltung, Staats-
miniſter General v. Stoſch, zum Mitgliede des Bundesraths ernannt.
(—) Berlin, 6 Jan.
Geſtern Abend bereits fand zwiſchen dem neuen
franzöſiſchen Botſchafter am hieſigen Hofe, Marquis v. Gontaut-Biron, und dem
Reichskanzler Fürſten Bismarck die erſte Unterredung ſtatt. Sie war von ſehr
langer Dauer, und ſoll ſich auf beiden Seiten in durchaus zwangloſer Form bewegt
haben. Ob auch mit der wünſchenswerthen Offenheit iſt freilich eine andere Frage;
denn bei allem ſichtbaren Wohlwollen mit welchemdie franzöſiſche Regierung von hier
aus behandelt wird, fühlt man ſich doch noch immer nicht ganz frei von einem gewiſſen
Mißtrauen gegen die Loyalität derſelben. Symptome davon liefern zur Genüge
die unwirſchen Bemerkungen unſerer inſpirirten Preſſe über die Haſt und den Eifer
womit in Frankreich gegenwärtig die Reorganiſation der Armee in einer die finan-
ziellen Kräfte des Landes erſchütternden Weiſe betrieben wird. Trotz alledem
wird ſich zweifellos der Verkehr zwiſchen unſerm auswärtigen Amt und dem neuen
franzöſiſchen Botſchafter freundlicher geſtalten als er es nach dem Tage von König-
grätz zwiſchen dem Vorgänger des letzteren und dem Leiter der preußiſchen Politik
war. — Die Abgeordneten haben ſich zum großen Theil wieder hier eingefunden,
und entwickeln in den Commiſſionen, Fractionen und Delegationen eine rege Thä-
tigkeit. Von einer der letzteren, welche alle Parteien vertrat, iſt der Beſchluß ge-
faßt worden: den Entwurf der Kreisordnung einer commiſſariſchen Vorprüfung zu
überweiſen, da man allſeitig die Ueberzeugung gewonnen hat daß die auf dieſem
Gebiete erſtrebte Reform nur durch zahlreiche Compromiſſe mit der Regierung zu
erreichen ſei. Die Hoffnungen auf das Zuſtandekommen dieſes Reformwerkes ſind
übrigens im allgemeinen nur gering, weil man ſich der Beſorgniß nicht erwehren
kann daß ein zwiſchen dem Abgeordnetenhaus und der Regierung glücklich erzieltes
Compromiß ſchließlich doch an dem Widerſtande des Herrenhauſes ſcheitern werde.
Noch ſtärker, und gewiß nicht mit Unrecht, regen ſich ſolche Beſorgniſſe hinſichtlich
der Vorlagen des Cultusminiſteriums, gegen welche aus den Kreiſen des Herren-
hauſes heraus auch bereits ſehr mißliebige Aeußerungen laut geworden ſind.
/// Berlin, 6 Jan.
Die „Allg. Zeitung“ brachte in ihrer vom 23 Dec. da-
tirten Nummer eine Correſpondenz aus St. Petersburg nach welcher ſeitens der
kaiſerl. ruſſiſchen Behörden der „Deutſche Reichs-Anzeiger“ in Rußland verboten,
der „Königlich Preußiſche Staats-Anzeiger“ daſelbſt jedoch erlaubt ſein ſollte. Es
mußte allerdings befremden daß das dortige Preßbureau von der Identität dieſer
beiden ſeit dem 4 Mai 1871 ein Organ umfaſſenden Titel nicht unterrichtet ge-
weſen, und es konnte ein derartiger Irrthum kaum anders erklärt werden als daß eine
Verwechſelung des amtlichen Organs der Deutſchen Neichsregierung mit Blättern
faſt gleichlautenden Titels vorliege. Eine ſolche können wir nunmehr auch conſta-
tiren, da, nach dem dem kaiſerl. Deutſchen Poſt-Zeitungsamt in Berlin vorliegenden
„amtlichen Verzeichniſſe der Zeitungen und Zeitſchriften welche im Jahr 1872 durch
die ruſſiſchen Poſtanſtalten debitirt werden dürfen,“ der „Deutſche Reichs-Anzeiger
und Königlich Preußiſche Staats-Anzeiger“ mit ſeinem richtigen Titel verzeichnet
ſteht, derſelbe auch ſeit 1 Januar d. J. abonnementsmäßig nach St. Petersburg,
Moskau, Riga u. ſ. w. von den ruſſiſchen Poſtbehörden befördert worden iſt.
Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie.
* Aus Deſterreich, 7 Jan.
Die Agitation und Oppoſition der Tſchechen
iſt auf einer ſo unnatürlichen Höhe angelangt, daß ein Umſchlag über kurz oder lang
vorauszuſehen iſt, denn jede derartige Maßloſigkeit hat ſchließlich jedesmal und
überall das Gegentheil von dem bewirkt was die Veranſtalter beabſichtigten.
In dieſer Beziehung bemerkt das geſtrige Prager „Abendblatt“: „Trotz der Inten-
ſität der tſchechiſchen Bewegung findet der Beobachter daß ſie einen künſtlichen
Charakter trage. Der heftige Ton der Journale, die gewaltſame Niederhaltung
jeder ſelbſtändigen Volksregung, das Syſtem des Proſcribirens wühlen fortwährend
die Volksleidenſchaften auf und zeigen, daß die Bewegung nicht aus dem Volke
wuchs, vielmehr eine Art Treibhausgewächs iſt, das fortwährend durch künſtliches
Feuer erhalten werden muß. Die Nation, die ſeit Jahrhunderten mit einem be-
ſtimmten feſtgegliederten Staatsorganismus verwuchs wird, ſobald der künſtliche
Impuls von außen aufhört oder die Empfänglichkeit für äußere Reizmittel
geſchwächt iſt, bald ihr früheres Weſen wieder gewinnen. Wenn die ver-
faſſungsmäßigen Zuſtände gefeſtigt ſind, wird es ſich zeigen wie Vöhmen
unter dem Banner der Verfaſſung Raum zur vollſten Entwicklung hat.“ —
In Ungarn hat das reſultatloſe Abbrechen der croatiſchen Ausgleichsverhand-
lungen in Wien üblen Eindruck gemacht. Man iſt eben der croatiſchen Wirren
müde, und möchte gern Frieden haben mit der Nachbarland-Nation. Die croa-
tiſche Oppoſition nährt zweifellos die einheimiſchen nationalen Agitationen, und
wirkt ermuthigend insbeſondere auf die Serben. Die Deak-Conferenz wird dieſen
Gegenſtand wieder aufnehmen, und es verſuchen mit den Croaten ein Ueberein-
kommen zu treffen. Schon in nächſter Woche ſoll hierüber berathen werden.
 Wien, 7 Jan.
Jnnerhalb der Mehrheit vollzieht ſich allmählich eine
Scheidung, die dem Abgeordnetenhaus eine weſentlich veränderte Phyſiognomie
zu geben geeignet iſt. Das Deutſch-Oeſterreicherthum diejenige Richtung welche
wohl das deutſch-nationale Element, aber auch den von ihm getragenen öſterrei-
chiſchen Staatsgedanken betont haben will, rafft ſich zu immer ſtärkerer Geltung
auf, um einerſeits gegen die erbgeſeſſene Jmpotenz derjenigen Partei welche bis-
her mit dem Buchſtaben der Verfaſſung die Verfaſſung zu Tode geritten, und
andrerſeits gegen die Politik der Verzweiflung Front zu machen welche das deutſche
Oeſterreich in den Verband des Deutſchen Reiches hinüberführen möchte. Noch iſt
die hieraus entſtehende Parteibildung nicht zu einem feſten Abſchluß gelangt, noch
ſteht eine Reihe von Abgeordneten mit dem einen Fuß in dieſen, mit dem andern
in jenen Tendenzen, noch iſt eine weitere Zahl ſich nicht ganz klar geworden über
die Strebungen und Ziele hüben und drüben; aber der Gährungsproceß iſt in
vollem Gang, und die Adreßdebatte wird ihn nur noch beſchleunigen, und unter
allen Umſtänden jeden Einzelnen zwingen fortan mit offenem Viſir zu kämpfen.
Am Donnerſtag übrigens dürfte, ſo viel ſich heute überſehen läßt, die Adreßdebatte
beginnen, und ſchon morgen der Adreßentwurf zur Oeffentlichkeit gelangen
den Herbſt im eleganteſten Deutſch geſchrieben, weil er — bemerkt ein boshaftes
Vlatt — des Servilismus geziehen zu werden beſorgte wenn er den Styl der
von Hrn. Unger ganz allein redigirten Thronrede ſich zum Muſter genommen
hätte. — Warrens wird heute Nachmittags zur Erde beſtattet. Die Publiciſtik
und die Börſe werden ein ſtarkes Contingent in die evangeliſche Kirche abſenden,
wo die Leiche eingeſegnet wird.
 Wien, 7 Jan.
In Blättern ſind mannichfache Bedenken gegen
eine Novelle zum Nothwahlgeſetz oder einen Geſetzentwurf wider den Mißbrauch
des Abgeordnetenmandats angeregt worden, den die Regierung dem Reichsrathe
vorzulegen gedenke. Insbeſondere iſt geltend gemacht worden daß man damit
eine zweiſchneidende Waffe ſchaffe, die von einem Miniſterium welches von ande-
ren Abſichten geleitet wird als die Verfaſſung zu erhalten und zu befeſtigen, auch
gegen die Verfaſſungspartej angewendet werden könnte. Unbegründet ſind dieſe
Bedenken keineswegs, und ſicher iſt man in Regierungskreiſen nicht der Meinung
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(2022-02-11T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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