Allgemeine Zeitung, Nr. 104, 14. April 1849.[Spaltenumbruch]
Schiffe aus der Bucht zu holen. Das kam heran; aber kaum in Schuß- Nach zweistündigem furchtbaren Gefecht war der Sieg entschieden. Dann wandten sich die Blicke der schönen Fregatte zu. Ihr Com- Das ist die Geschichte dieses denkwürdigen Tages; Sie werden ihr Radetzky und sein Hauptquartier. h Mailand, 3 April.II. In Torre bianco wurden wir Morgens auf Der Uebergang bei Pavia wurde auf drei Brücken bewerkstelligt, wo- Was -- dort schon hingerissen? Es war wie eine Walpurgisnacht am hellen Tage und ins Militärische [Spaltenumbruch]
Schiffe aus der Bucht zu holen. Das kam heran; aber kaum in Schuß- Nach zweiſtündigem furchtbaren Gefecht war der Sieg entſchieden. Dann wandten ſich die Blicke der ſchönen Fregatte zu. Ihr Com- Das iſt die Geſchichte dieſes denkwürdigen Tages; Sie werden ihr Radetzky und ſein Hauptquartier. h Mailand, 3 April.II. In Torre bianco wurden wir Morgens auf Der Uebergang bei Pavia wurde auf drei Brücken bewerkſtelligt, wo- Was — dort ſchon hingeriſſen? Es war wie eine Walpurgisnacht am hellen Tage und ins Militäriſche <TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0012" n="1600"/><cb/> Schiffe aus der Bucht zu holen. Das kam heran; aber kaum in Schuß-<lb/> weite der Nordbatterie, die unter den angegebenen Umſtänden wenig nützen<lb/> konnte, ward es durch eine einzige Lage derſelben ganz kampfunfähig ge-<lb/> macht, und mußte nun unthätig aus weiter Ferne der wachſenden Noth<lb/> des Kerns der däniſchen Marine zuſehen. Nun wuchs der Muth der<lb/> Deutſchen, ſank er den Dänen. Beide Schiffe zogen plötzlich die weiße<lb/> Parlamentärflagge auf. Ein Parlamentär ward in die Stadt geſchickt<lb/> mit der Erklärung daß ſie die Stadt beſchießen würden, wenn man ihnen<lb/> nicht freien Abzug gewähre. Die einfache Antwort war: ſie möchten ihr<lb/> äußerſtes thun, ſonſt ſich ergeben. „Ich laſſe mein Leben“, rief der wackere<lb/> Preußer auf ſeiner Batterie, „ehe die Dänen wieder aus dieſem Hafen<lb/> hinauskommen!“ Er feuerte ſeine Leute an; ganz wunderbarerweiſe hatte<lb/> die Batterie erſt einen Todten und wenige Verwundete. Es war unge-<lb/> fähr 3 Uhr Nachmittags. Eine kurze Waffenruhe trat ein. Unterdeſſen<lb/> kam die halbe Batterie Raſſauer 6-Pfünder, worunter zwei Haubitzen.<lb/> Sie poſtirte ſich am Strande rechts von der ſchleswig - holſteiniſchen Bat-<lb/> terie; die Stadt ward von Truppen beſetzt. Um 4 Uhr begann der letzte<lb/> Kampf. Schon ſaß das Linienſchiff feſt auf dem Strande; die Fregatte<lb/> zeigte in unentſchiedenen Manövern daß ihr Zuſtand bedenklich ſey; man<lb/> konnte ſehen wie die Beſatzung des Chriſtian Munition und Pulver aus<lb/> dem Schiffe warf; am vollſtändigen Siege war nicht mehr zu zweifeln; es<lb/> fragte ſich nur ob man beide oder nur eins der Schiffe gewinnen würde.<lb/> Das Feuer indeſſen begann mit erneuter Wuth; jetzt beſchoſſen die Schiffe<lb/> auch die Stadt; die Einwohner waren geflohen; die Kugeln ſchlugen in<lb/> die Dächer, in die Häuſer; der furchtbare Donner übertönte das Gekrache<lb/> der Balken und Geſteine, beſonders das Chriſtians-Pflegehaus, am wei-<lb/> teſten dem Kampfplatze zugewendet, litt unter den Kugeln; man hatte die<lb/> Invaliden und Kinder fortgeſchafft, nur die Kranken konnte man nicht<lb/> fortbringen; hier ward eine 82jährige Frau in ihrem Bett von einer<lb/> Kanonenkugel getroffen; ſie blieb doch das einzige Opfer. 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Eine feierliche Stille herrſchte einen Augenblick, dann<lb/> miſchte ſich in den Jubel der Schmerz über die Armen die das Feuer ver-<lb/> nichtet; unter ihnen war Preußer, der nicht vom Deck gewichen war die<lb/> Verwundeten beſorgend! Welch eine Laufbahn mag mit dieſem jungen<lb/> Helden untergegangen ſeyn! Jetzt hat ihn und 250 Dänen mit den Offi-<lb/> cieren und ihrem heldenmüthigen Arzte, der nicht weichen wollte, das<lb/> Meer begraben.</p><lb/> <p>Dann wandten ſich die Blicke der ſchönen Fregatte zu. Ihr Com-<lb/> mandeur, Capitän Meyer, hatte ſich mit ungefähr 300 Mann er-<lb/> geben. Die Deutſchen ſtiegen an Bord; die Zahl der Todten die ſie<lb/> fanden, iſt noch nicht genau ermittelt; es müſſen gegen 40 geweſen ſeyn.<lb/> Die Fregatte hatte ungefähr 400 Mann Beſatzung, und 60 Schwerver-<lb/> wundete wurden in das Krankenhaus des Chriſtians-Pflegehauſes gebracht.<lb/> Das Schiff hat viel gelitten, nicht ſo viel als man meinte. 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Sie leitet dieſen<lb/> Feldzug ein, und ich ſage Ihnen, jetzt vor allem wird unſer Landheer<lb/> nicht ruhen bis es ſich neben dieſen Sieg mit einem zweiten geſtellt hat.</p><lb/> <p>Das iſt die Geſchichte dieſes denkwürdigen Tages; Sie werden ihr<lb/> ihren Platz in Ihrem Blatt vergönnen, das nach ſo vielem Halben und<lb/> wenig Erfreulichem aus unſerm Lande jetzt auch einmal mit Stolz und mit<lb/> Hoffnung von demjenigen reden kann was wir thun können und werden,<lb/> wenn uns die ſo lange entbehrte kräftige und feſte Leitung nicht länger<lb/> mangelt! Möchte ich Ihnen bald von ähnlichen Dingen aus unſerm Nor-<lb/> den berichten können; ich kann Ihnen verſichern daß unſere Truppen vor<lb/> Eifer brennen mit den Dänen handgemein zu werden; man laſſe ſie ſich<lb/> ſchlagen, <hi rendition="#g">man gönne uns die Ehre des Sieges!</hi> Und wir werden<lb/> ihn zu finden wiſſen! 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Bald waren wir in der Küche um ein großes<lb/> Herdfeuer verſammelt, ſehnſüchtig nach dem großen kupfernen Kaffeekeſſel<lb/> ſchielend der auf den Kohlen ſtand. Es war die Nacht recht kalt geweſen,<lb/> der Schlaf auch ſehr unterbrochen, denn jeden Augenblick kamen und gingen<lb/> Eſtafetten und Ordonnanzofficiere von und zu den Armeecorps die ſich in<lb/> Eilmärſchen von allen Seiten gegen Pavia in Bewegung ſetzten; von hier-<lb/> aus wurde dieß große und glänzende Manöver geleitet, das in einer Nacht<lb/> und ſo gänzlich unvorhergeſehen ſechzigtauſend Mann über den Ticino<lb/> warf. Man hat aber auch keinen Begriff von der Berſchwiegenheit, von<lb/> der Stille und Umſicht mit welcher vom Hauptquartier aus die Fäden des<lb/> ganzen Unternehmens gelenkt wurden; ſo wenig in Mailand als in den<lb/> folgenden Nachtquartieren wußte jemand außer der nächſten Umgebung des<lb/> Feldmarſchalls wohin er eigentlich gehe, ebenſo bei den Armeekörpern, und<lb/> daher kam es daß dieſer prachtvolle Uebergang ohne alle Beläſtigung vor<lb/> ſich gehen konnte. Oftmals hieß es denn aber auch das Hauptquartier<lb/> raſte eine halbe Stunde, und aus dieſer halben Stunde wurden ganze<lb/> Stunden, halbe Tage und halbe Nächte. Da man während dieſer Zeit ſich<lb/> nicht weit von den Pferden entfernen durfte, ſo konnte ich auch oftmals nur<lb/> die kurzen Berichte anfertigen welche ich Ihnen einſandte.</p><lb/> <p>Der Uebergang bei Pavia wurde auf drei Brücken bewerkſtelligt, wo-<lb/> zu neben der großen ſteinernen Brücke in der Nacht von unſern Pontonie-<lb/> ren noch zwei andere geſchlagen worden — in Einer Nacht! Die Ankunft<lb/> der verſchiedenen Armeecorps in Pavia war ſo ficher berechnet und ging ſo<lb/> gut von ſtatten daß der Uebergang ohne große Stockungen geſchah und die<lb/> Truppen ununterbrochen fortziehen konnten von Mittags 12 Uhr an den<lb/> ganzen Tag hindurch bis in die Nacht um 2 Uhr. Der Feldmarſchall ſtand<lb/> während vielen Stunden lang an einem Fenſter der engen Hauptſtraße<lb/> Pavia’s und ließ die Truppen vorbeidefiliren. Der Lärm war wahrhaft<lb/> betäubend, das Schmettern und Klingen der Feldmufik, das Dröhnen der<lb/> Schritte von Menſchen und Pferden, das Raſſeln der Batterien die in lan-<lb/> gen Reihen vorbei fuhren, das Jubelgeſchrei der Soldaten als ſie den<lb/> Marſchall am Fenſter erblickten, donnernde, tauſendſtimmige Viva’s, Eljen,<lb/> evviva und Zivio, die Grüße in allen Mundarten der öſterreichiſchen Mon-<lb/> archie, das alles in der engen Gaſſe die mit Menſchen gepfropft voll war<lb/> — es ſchwamm einem ordentlich vor den Augen. 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Schiffe aus der Bucht zu holen. Das kam heran; aber kaum in Schuß-
weite der Nordbatterie, die unter den angegebenen Umſtänden wenig nützen
konnte, ward es durch eine einzige Lage derſelben ganz kampfunfähig ge-
macht, und mußte nun unthätig aus weiter Ferne der wachſenden Noth
des Kerns der däniſchen Marine zuſehen. Nun wuchs der Muth der
Deutſchen, ſank er den Dänen. Beide Schiffe zogen plötzlich die weiße
Parlamentärflagge auf. Ein Parlamentär ward in die Stadt geſchickt
mit der Erklärung daß ſie die Stadt beſchießen würden, wenn man ihnen
nicht freien Abzug gewähre. Die einfache Antwort war: ſie möchten ihr
äußerſtes thun, ſonſt ſich ergeben. „Ich laſſe mein Leben“, rief der wackere
Preußer auf ſeiner Batterie, „ehe die Dänen wieder aus dieſem Hafen
hinauskommen!“ Er feuerte ſeine Leute an; ganz wunderbarerweiſe hatte
die Batterie erſt einen Todten und wenige Verwundete. Es war unge-
fähr 3 Uhr Nachmittags. Eine kurze Waffenruhe trat ein. Unterdeſſen
kam die halbe Batterie Raſſauer 6-Pfünder, worunter zwei Haubitzen.
Sie poſtirte ſich am Strande rechts von der ſchleswig - holſteiniſchen Bat-
terie; die Stadt ward von Truppen beſetzt. Um 4 Uhr begann der letzte
Kampf. Schon ſaß das Linienſchiff feſt auf dem Strande; die Fregatte
zeigte in unentſchiedenen Manövern daß ihr Zuſtand bedenklich ſey; man
konnte ſehen wie die Beſatzung des Chriſtian Munition und Pulver aus
dem Schiffe warf; am vollſtändigen Siege war nicht mehr zu zweifeln; es
fragte ſich nur ob man beide oder nur eins der Schiffe gewinnen würde.
Das Feuer indeſſen begann mit erneuter Wuth; jetzt beſchoſſen die Schiffe
auch die Stadt; die Einwohner waren geflohen; die Kugeln ſchlugen in
die Dächer, in die Häuſer; der furchtbare Donner übertönte das Gekrache
der Balken und Geſteine, beſonders das Chriſtians-Pflegehaus, am wei-
teſten dem Kampfplatze zugewendet, litt unter den Kugeln; man hatte die
Invaliden und Kinder fortgeſchafft, nur die Kranken konnte man nicht
fortbringen; hier ward eine 82jährige Frau in ihrem Bett von einer
Kanonenkugel getroffen; ſie blieb doch das einzige Opfer. Unterdeſſen
antwortete die Südbatterie, jetzt unterſtützt von der naſſauiſchen Feldbat-
terie, mit ganz unerſchütterlicher Kaltblütigkeit; eine Kanone hatte ein
Stück von ihrer Mündung verloren; ſie feuerte nach wie vor auf den
Feind.
Nach zweiſtündigem furchtbaren Gefecht war der Sieg entſchieden.
Der Commandeur-Capitän Paludan übergab beide Schiffe mit aller Mann-
ſchaft kriegsgefangen; er eilte vom Bord mit zwei Officieren und etwa
650 Matroſen; am Strand angekommen, erklärte er daß Feuer im Schiff
ſey; es rettete ſich wer da konnte. Die wackern Deutſchen hörten die
Nachricht mit Entſetzen — was ſollte aus den armen Verwundeten wer-
den! Der edle Preußer, der Held des Tages, nachdem er die Feinde be-
ſiegt, eilte, der erſte, um die Ueberwundenen zu retten. Gewarnt und
gebeten, ließ er ſich nicht abhalten; er ſtieg an Bord, wo noch nach ziem-
lich genauen Angaben gegen 250 Mann ſich befanden. Schon ſchlugen
die Flammen aus den Luken; die glühenden Kugeln hatten allenthalben
gezündet; der Zuſtand im Innern des Schiffes war fürchterlich; aber
Rettung war nicht mehr möglich. Paludan hat die Schmach (?) ſein Schiff
ſo ſpät übergeben zu haben daß man die Armen nicht mehr retten konnte;
ſich ſelber hat er weislich gerettet. Es war keine Hülfe mehr. Die
Grundſchüſſe hatten im untern Raum gezündet; der Wind verbreitete die
Flamme. Die Zuſchauer am Strande ſtanden in athemloſer Spannung.
Segel und Taue brannten, und flogen verbrannt weit ins Land hinein.
Plötzlich eine furchtbare Exploſion; eine ungeheure Feuerſäule erhob ſich
gen Himmel: Maſten, Segel, Holz, Menſchen flog in die Luft; eine Se-
cunde — und von dem prächtigen Linienſchiffe ſaß nur noch der todte Kiel
mit einem Theil des brennenden Vorderdecks auf dem Grunde! Es war
8 Uhr Abends. Eine feierliche Stille herrſchte einen Augenblick, dann
miſchte ſich in den Jubel der Schmerz über die Armen die das Feuer ver-
nichtet; unter ihnen war Preußer, der nicht vom Deck gewichen war die
Verwundeten beſorgend! Welch eine Laufbahn mag mit dieſem jungen
Helden untergegangen ſeyn! Jetzt hat ihn und 250 Dänen mit den Offi-
cieren und ihrem heldenmüthigen Arzte, der nicht weichen wollte, das
Meer begraben.
Dann wandten ſich die Blicke der ſchönen Fregatte zu. Ihr Com-
mandeur, Capitän Meyer, hatte ſich mit ungefähr 300 Mann er-
geben. Die Deutſchen ſtiegen an Bord; die Zahl der Todten die ſie
fanden, iſt noch nicht genau ermittelt; es müſſen gegen 40 geweſen ſeyn.
Die Fregatte hatte ungefähr 400 Mann Beſatzung, und 60 Schwerver-
wundete wurden in das Krankenhaus des Chriſtians-Pflegehauſes gebracht.
Das Schiff hat viel gelitten, nicht ſo viel als man meinte. Die Beſatzung
war durch das Feuer der Batterie furchtbar entmuthigt; es klingt un-
glaublich, aber es iſt wahr daß einer der erſten Schüſſe gleich acht Stück
demontirte! Ein anderer Schuß hatte das Ruder ſtark beſchädigt; es war
keine Hoffnung aus dem Hafen herauszukommen bei dieſem Winde; man
hätte auch dieſes Schiff in Brand geſchoffen — es mußte ſich ergeben. Um
10 Uhr war die Nachricht in Kiel; der Jubel war ungeheuer. Ich kenne
etwas von der Geſchichte und auch etwas vom Seeweſen, wenn auch nur
wenig von dieſem, aber ſo viel ich weiß, iſt niemals ein ähnlicher Sieg
erfochten! Vier 18-Pfünder gegen 150 Kanonen, und mit Einem Todten
und vier Verwundeten haben ein Linienſchiff vernichtet und eine Fregatte
von 68 Kanonen erobert! Gegen 1000 Mann find gefangen und die Kraft
der däniſchen Marine iſt gebrochen! Eine glänzendere Waffenthat in einem
Kampfe von zehn Stunden kennt die Geſchichte nicht! Sie leitet dieſen
Feldzug ein, und ich ſage Ihnen, jetzt vor allem wird unſer Landheer
nicht ruhen bis es ſich neben dieſen Sieg mit einem zweiten geſtellt hat.
Das iſt die Geſchichte dieſes denkwürdigen Tages; Sie werden ihr
ihren Platz in Ihrem Blatt vergönnen, das nach ſo vielem Halben und
wenig Erfreulichem aus unſerm Lande jetzt auch einmal mit Stolz und mit
Hoffnung von demjenigen reden kann was wir thun können und werden,
wenn uns die ſo lange entbehrte kräftige und feſte Leitung nicht länger
mangelt! Möchte ich Ihnen bald von ähnlichen Dingen aus unſerm Nor-
den berichten können; ich kann Ihnen verſichern daß unſere Truppen vor
Eifer brennen mit den Dänen handgemein zu werden; man laſſe ſie ſich
ſchlagen, man gönne uns die Ehre des Sieges! Und wir werden
ihn zu finden wiſſen! L. Stein.
Radetzky und ſein Hauptquartier.
II.
h Mailand, 3 April.
In Torre bianco wurden wir Morgens auf
eine unangenehme Art geweckt; es ſtürzte nämlich eine Ordonnanz in das
Gemach mit dem lauten Rufe es brenne im Haus. Schöne Geſchichten das
— im Hofe bei ſechshundert Pferde und alles mit Stroh und Heu ange-
füllt! Glücklicherweiſe wars ein blinder Lärm, herbeigeführt durch Funken
die einem Kamin entſtiegen, aber eine Reveille von einigen Duzend Trom-
petern hätte uns nicht ſo plötzlich auf die Beine und in die Kleider ge-
bracht als dieſe Nachricht. Bald waren wir in der Küche um ein großes
Herdfeuer verſammelt, ſehnſüchtig nach dem großen kupfernen Kaffeekeſſel
ſchielend der auf den Kohlen ſtand. Es war die Nacht recht kalt geweſen,
der Schlaf auch ſehr unterbrochen, denn jeden Augenblick kamen und gingen
Eſtafetten und Ordonnanzofficiere von und zu den Armeecorps die ſich in
Eilmärſchen von allen Seiten gegen Pavia in Bewegung ſetzten; von hier-
aus wurde dieß große und glänzende Manöver geleitet, das in einer Nacht
und ſo gänzlich unvorhergeſehen ſechzigtauſend Mann über den Ticino
warf. Man hat aber auch keinen Begriff von der Berſchwiegenheit, von
der Stille und Umſicht mit welcher vom Hauptquartier aus die Fäden des
ganzen Unternehmens gelenkt wurden; ſo wenig in Mailand als in den
folgenden Nachtquartieren wußte jemand außer der nächſten Umgebung des
Feldmarſchalls wohin er eigentlich gehe, ebenſo bei den Armeekörpern, und
daher kam es daß dieſer prachtvolle Uebergang ohne alle Beläſtigung vor
ſich gehen konnte. Oftmals hieß es denn aber auch das Hauptquartier
raſte eine halbe Stunde, und aus dieſer halben Stunde wurden ganze
Stunden, halbe Tage und halbe Nächte. Da man während dieſer Zeit ſich
nicht weit von den Pferden entfernen durfte, ſo konnte ich auch oftmals nur
die kurzen Berichte anfertigen welche ich Ihnen einſandte.
Der Uebergang bei Pavia wurde auf drei Brücken bewerkſtelligt, wo-
zu neben der großen ſteinernen Brücke in der Nacht von unſern Pontonie-
ren noch zwei andere geſchlagen worden — in Einer Nacht! Die Ankunft
der verſchiedenen Armeecorps in Pavia war ſo ficher berechnet und ging ſo
gut von ſtatten daß der Uebergang ohne große Stockungen geſchah und die
Truppen ununterbrochen fortziehen konnten von Mittags 12 Uhr an den
ganzen Tag hindurch bis in die Nacht um 2 Uhr. Der Feldmarſchall ſtand
während vielen Stunden lang an einem Fenſter der engen Hauptſtraße
Pavia’s und ließ die Truppen vorbeidefiliren. Der Lärm war wahrhaft
betäubend, das Schmettern und Klingen der Feldmufik, das Dröhnen der
Schritte von Menſchen und Pferden, das Raſſeln der Batterien die in lan-
gen Reihen vorbei fuhren, das Jubelgeſchrei der Soldaten als ſie den
Marſchall am Fenſter erblickten, donnernde, tauſendſtimmige Viva’s, Eljen,
evviva und Zivio, die Grüße in allen Mundarten der öſterreichiſchen Mon-
archie, das alles in der engen Gaſſe die mit Menſchen gepfropft voll war
— es ſchwamm einem ordentlich vor den Augen. Dazu wehende Fahnen,
glänzende Säbel und Bajonette, herzliche Grüße an Cameraden, Abſchiede,
vielleicht für ewig, s’ciaò — grüß Dich Gott! — wie gehts? — gut, leb
wohl! leb wohl! — und die bekannten Geſichter verſchwanden in dem all-
gemeinen Getümmel — ein einziger Händedruck und die unerbittliche
Muſik mahnt ans Weiterſchreiten.
Was — dort ſchon hingeriſſen?
Da werd’ ich Hausrecht brauchen müſſen.
Es war wie eine Walpurgisnacht am hellen Tage und ins Militäriſche
überſetzt. Ich ſtieg auf das Dach des Hauſes hinauf von wo aus man den
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(2022-09-16T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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