Allgemeine Zeitung, Nr. 104, 14. April 1849.[Spaltenumbruch]
ein Zankapfel geworden, und daß das Ministerium Reschid sich nicht gerade [irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]
ein Zankapfel geworden, und daß das Miniſterium Reſchid ſich nicht gerade [irrelevantes Material]
<TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <p><pb facs="#f0014" n="1602"/><cb/> ein Zankapfel geworden, und daß das Miniſterium Reſchid ſich nicht gerade<lb/> dort einen perſönlichen Gegner aufdringen laſſen konnte, iſt wohl begreif-<lb/> lich: von der einen Seite machen die politiſchen Verwickelungen vermehr-<lb/> ten Aufwand unerläßlich, während ſie andererſeits auf Handel, Verkehr<lb/> und Geldverhältniſſe in einer die financiellen Bedrängniſſe der Pforte täg-<lb/> lich erſchwerenderen Weiſe rückwirken. Der vermehrte Aufwand beſteht<lb/> wohl vorderhand nur in den Koſten der fortdauernden Occupation der Für-<lb/> ſtenthümer, wo die Türken im ganzen 15,000 Mann unterhalten, und<lb/> dann in einigen Rüſtungen die ſie, wie die officielle Staatszeitung ſich<lb/> ausdrückte, der Vorſicht halber vornehmen laſſen, und die ſich auf Aus-<lb/> beſſerung von ein paar alten Schiffen und Einberufung von etwa 20,000<lb/> Mann Landwehrtruppen beſchränken. Einige Peſſimiften im hiefigen<lb/> europäiſchen und muſelmaniſchen Publicum wollen freilich an der Donau<lb/> unfehlbaren Keim zu einem neuen ruſſiſch-türkiſchen Krieg erblicken, und<lb/> erwarten von Tag zu Tag die osmaniſchen Heeresmaſſen, die nach der<lb/> Nordgränze des Reiches ziehen ſollen. Allein man braucht keine ſo<lb/> ſchwarze Anſicht der Dinge zu hegen um zu dem Schluß zu gelangen daß<lb/> es, namentlich ſeit den letzten Ereigniſſen in Siebenbürgen, auch für die<lb/> Pforte ſo manche ernſtere Eventualität zu bedenken gibt. Mit Mußa<lb/> Safweti Paſcha iſt auch Muchtar Bey, der neue Pforten-Agent des Statt-<lb/> halters von Aegypten, abgereist. Er begibt ſich nach Alexandria um, wie<lb/> es ſcheint, vorzugsweiſe financielle Gegenſtände mit ihm abzumachen. —<lb/> Die Werbungen für die Armee Karl Alberts, welche die hieſige ſardini-<lb/> ſche Geſandtſchaft in Pera und Galata vornehmen ließ, wurden in Folge<lb/><cb/> kräftiger Schritte der öſterreichiſchen Internuntiatur durch eine von der<lb/> Pforte an Hrn. v. Tecco gerichtete Note eingeſtellt. So iſt denn hier, in<lb/> dieſer Beziehung wenigſtens, den geheimen Einverſtändniſſen der gegen<lb/> Oeſterreich verbündeten Sarden und Polen ein Damm geſetzt worden.<lb/> Dagegen ſcheinen die erſteren ſich jetzt wieder ein neues Feld ihrer Thätig-<lb/> keit ausgeſucht zu haben, indem ſie bei der Pforte die Anerkennung eines<lb/> ſardiniſchen Generalconſuls in Belgrad betrieben. Vom Standpunkte der<lb/> Tractate war dieß eine Sache gegen die kein Einwand zu erheben war, da<lb/> in Belgrad ſchon vier andere Mächte Conſuln haben, und ſo wird denn<lb/> nächſtens ein gewiſſer Hr. Cerutti ſich dorthin begeben um das ſardiniſche<lb/> Generalconſulat ins Leben treten zu laſſen. Daß es ſich dort nicht um<lb/> ſardiniſche Handelsintereſſen handeln kann, wird wohl auf den erſten Blick<lb/> klar. — Der vormalige großherrliche Protomedicus, Ismail Paſcha,<lb/> für den ſeiner Zeit das Miniſterium der öffentlichen Arbeiten geſchaffen<lb/> wurde um ihn für den Verluſt der Hofgunſt zu entſchädigen, hat nun als<lb/> Zugabe auch das Handelsminiſterium erhalten. Zum Verkehr mit den Euro-<lb/> päern, welcher einen weſentlichen Beſtandtheil ſeiner neuen Functionen<lb/> ausmacht, befähigen ihn unläugbar ſeine unter den türkiſchen Würdenträ-<lb/> gern ſeltenen Sprachkenntniſſe. Er ſpricht ſehr geläufig franzöſiſch, ita-<lb/> lieniſch, engliſch und, als geborner Chiote, auch griechiſch. — In Pera<lb/> ſtürzte heute beim Baue eines Hauſes eine hohe ſteinerne Mauer ein, und<lb/> begrub zehn beim Arbeiten beſchäftigte Individuen. Eines davon blieb<lb/> todt, zwei hatten gebrochene Beine, die übrigen wurden unbeſchädigt her-<lb/> vorgezogen.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAnnouncements" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [1602/0014]
ein Zankapfel geworden, und daß das Miniſterium Reſchid ſich nicht gerade
dort einen perſönlichen Gegner aufdringen laſſen konnte, iſt wohl begreif-
lich: von der einen Seite machen die politiſchen Verwickelungen vermehr-
ten Aufwand unerläßlich, während ſie andererſeits auf Handel, Verkehr
und Geldverhältniſſe in einer die financiellen Bedrängniſſe der Pforte täg-
lich erſchwerenderen Weiſe rückwirken. Der vermehrte Aufwand beſteht
wohl vorderhand nur in den Koſten der fortdauernden Occupation der Für-
ſtenthümer, wo die Türken im ganzen 15,000 Mann unterhalten, und
dann in einigen Rüſtungen die ſie, wie die officielle Staatszeitung ſich
ausdrückte, der Vorſicht halber vornehmen laſſen, und die ſich auf Aus-
beſſerung von ein paar alten Schiffen und Einberufung von etwa 20,000
Mann Landwehrtruppen beſchränken. Einige Peſſimiften im hiefigen
europäiſchen und muſelmaniſchen Publicum wollen freilich an der Donau
unfehlbaren Keim zu einem neuen ruſſiſch-türkiſchen Krieg erblicken, und
erwarten von Tag zu Tag die osmaniſchen Heeresmaſſen, die nach der
Nordgränze des Reiches ziehen ſollen. Allein man braucht keine ſo
ſchwarze Anſicht der Dinge zu hegen um zu dem Schluß zu gelangen daß
es, namentlich ſeit den letzten Ereigniſſen in Siebenbürgen, auch für die
Pforte ſo manche ernſtere Eventualität zu bedenken gibt. Mit Mußa
Safweti Paſcha iſt auch Muchtar Bey, der neue Pforten-Agent des Statt-
halters von Aegypten, abgereist. Er begibt ſich nach Alexandria um, wie
es ſcheint, vorzugsweiſe financielle Gegenſtände mit ihm abzumachen. —
Die Werbungen für die Armee Karl Alberts, welche die hieſige ſardini-
ſche Geſandtſchaft in Pera und Galata vornehmen ließ, wurden in Folge
kräftiger Schritte der öſterreichiſchen Internuntiatur durch eine von der
Pforte an Hrn. v. Tecco gerichtete Note eingeſtellt. So iſt denn hier, in
dieſer Beziehung wenigſtens, den geheimen Einverſtändniſſen der gegen
Oeſterreich verbündeten Sarden und Polen ein Damm geſetzt worden.
Dagegen ſcheinen die erſteren ſich jetzt wieder ein neues Feld ihrer Thätig-
keit ausgeſucht zu haben, indem ſie bei der Pforte die Anerkennung eines
ſardiniſchen Generalconſuls in Belgrad betrieben. Vom Standpunkte der
Tractate war dieß eine Sache gegen die kein Einwand zu erheben war, da
in Belgrad ſchon vier andere Mächte Conſuln haben, und ſo wird denn
nächſtens ein gewiſſer Hr. Cerutti ſich dorthin begeben um das ſardiniſche
Generalconſulat ins Leben treten zu laſſen. Daß es ſich dort nicht um
ſardiniſche Handelsintereſſen handeln kann, wird wohl auf den erſten Blick
klar. — Der vormalige großherrliche Protomedicus, Ismail Paſcha,
für den ſeiner Zeit das Miniſterium der öffentlichen Arbeiten geſchaffen
wurde um ihn für den Verluſt der Hofgunſt zu entſchädigen, hat nun als
Zugabe auch das Handelsminiſterium erhalten. Zum Verkehr mit den Euro-
päern, welcher einen weſentlichen Beſtandtheil ſeiner neuen Functionen
ausmacht, befähigen ihn unläugbar ſeine unter den türkiſchen Würdenträ-
gern ſeltenen Sprachkenntniſſe. Er ſpricht ſehr geläufig franzöſiſch, ita-
lieniſch, engliſch und, als geborner Chiote, auch griechiſch. — In Pera
ſtürzte heute beim Baue eines Hauſes eine hohe ſteinerne Mauer ein, und
begrub zehn beim Arbeiten beſchäftigte Individuen. Eines davon blieb
todt, zwei hatten gebrochene Beine, die übrigen wurden unbeſchädigt her-
vorgezogen.
_
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-09-16T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |