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Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 12. Januar 1929.

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AZ - Neuigkeiten [unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen] aus München


[Spaltenumbruch]
Kopf der Woche
Kommerzienrat Wilhelm Kraus von der Emelka.

Vorstand eines großen, weltbekannten Film-
anternehmens, Sportsmann, Traber- und großer
Rennstallbesitzer, begeisterter Freund der Jägerei,
ein Mann von Zielbewußtsein und starkem, klarem
Willen, dabei eine gerade, offene und aufrechte
Natur mit der Fähigkeit, sich ehrlich freuen und
begeistern zu können und deshalb auch mit der
[Abbildung] schönen Gabe, andere zu erfreuen -- das ist Kom-
merzienrat Wilhelm Kraus, der seit 10 Jahren
mit Justizrat Rosenthal zusammen als Vorstand
und zugleich Produktionsleiter der "Münchner
Lichtspielkunst" (Emelka) an der Spitze dieses Un-
ternehmens steht.

Kommerzienrat Kraus ist Pfälzer mit all den
erfreulichen und sympathischen Eigenschaften, die
den Pfälzern nachgerühmt werden. Er ist 1880
geboren und seit über 25 Jahren in München. Im
Jahre 1912 erwarb er die Kammerlichtspiele und
4 Jahre darauf auch das Lichtschauspielhaus und
das Schloßtheater. 1918 verheiratete er sich mit
der Tochter des Hoteliers Trost, trat im Jahre
1919 dem Aufsichtsrat der Emelka bei und war
bald danach Delegierter des Aufsichtsrats im Vor-
stand der Gesellschaft. Seit einigen Jahren ist er
Produktionschef und Leiter der Auslandsabtei-
lung. Unter seiner Verantwortung entstand eine
Reihe großer Filme von Qualität, darunter "Die
Leuchte Asiens", "Unsere Emden", "Der Jäger
von Fall". Marquis d'Con", der "Heidelberg-
Film" und der Jubiläumsfilm "Waterloo".

Kommerzienrat Kraus ist zugleich Vorstand der
deutschen Filmschule und Vorstandsmitglied des
Wirtschaftsverbandes bayer. Filmfahrikanten. Er
hat sein gutes Teil dazu beigetragen, daß das
große Unternehmen der Emelka trotz pieler Hem-
mungen Bayern und München erhalten wurde
und daß es als einige der wenigen Firmen trotz
ausländischer Lockungen und heimatlicher Sprö-
digkeit deutsch geblieben ist.



Personalnachrichten
Universität Mänchen.

Vom Kultusministerium wurde genehmigt, daß
der Assistent am zahnärztlichen Institut Dr. med.
dent.
Ferdinand Wasmüth als Privatdozent
für Zahnheilkunde in die medizinische Fakultät
der Universität München aufgenommen wird.



[irrelevantes Material]


[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]
Die Polizei als Tugendschützer

Artistinnen streng isoliert * Nur 1 Jahr Lebensrecht für Kabaretts

[Spaltenumbruch]

Unsere Münchner Polizei hat einen Hang zum
Aparten. Vielleicht ist es der Ehrgeiz nach Münch-
ner Extrawürsten. Oder aber auch eine übertrie-
bene Sorge für ihre Schützlinge, damit sie mit
100prozentiger Sicherheit nicht Schaden nähmen
an Leib oder Seele.

Das ließe man sich schließlich gefallen, wie ein
Kind geduldig die allzu große, die Affenliebe
einer überängstlichen Mutter erträgt.

Man würde das, wenn nicht eben diese Sorge
den mit Sorge Bedachten vielmehr Sorgen
brächte als gut und erträglich ist.

Ganz besondere Lieblinge sind neben anderen die
Kleinkunstbühnen.

Erstens einmal wird ihnen nur von Jahr zu Jahr
ein Jahr Lebensrecht

[Abbildung]

Der gefesselte Karneval

[Spaltenumbruch]

zugemessen, das sie sich immer wieder durch sitt-
sames Betragen und die entsprechenden Gebühren
neu verdienen müssen.

Auf Schritt und Tritt werden sie betreut und
behütet. In dieses Amt teilen sich nach Ziffer 1
der Bedingungen die Bau-, Feuer-, Gewerbe-,
Presse-, Gesundheits-, Reinlichkeits- und Sitten-
polizei, jede mit einem Schock von feinausgedach-
ten Vorschriften gerüstet.

Für die Darbietungen ist ein besonderer Schutz
des Publikums vorgesehen. Die Polizei behält sich
vor, Auflagen hinsichtlich der Darstellung und
Inßenierung zu machen oder Darbietungen aus
Gründen der öffentlichen Ordnung ganz zu ver-
bieten. -- Im Namen des Freistaats.

Uebertriebene Sorge!

Aber die Ziffer 7 der Bedingungen geht doch zu
weit. Die weiblichen Angestellten und Artistinnen
werden darin als so etwas Achnliches wie Aus-
fätzige behandelt, für deren Seelenheil wie für
das des Publikums der Inhaber verantwortlich
ist.

Dieses mittelalterliche, inquisitorische Dokument
gegen die Hexen lautet:

7. "Der Unternehmer hat
zu verhindern, daß weibliche Angestellte
und Artiftinnen wähtend oder nach der
Vorslellung in den Räumen des Unterneh-
mens mit den Gästen in Unterhaltung
treten

oder an deren Tischen Platz nehmen. Dies
gilt auch für den sogenannten Artistentisch,
an dem darnach andere Personen als die
[Spaltenumbruch] Angestellten des Betriebes nicht Platz neh-
men dürfen. Es ist verboten, die Künstler
zu verpflichten oder sonstwie anzuhalten,
daß sie Speisen und Getränke in den Be-
triebsräumen einnehmen.
An alleinstehende Künstlerinnen darf im
Hause keine Wohnung adgegeben werden.
Ausnahmen von diesem Verbot sind nur
zugunsten nachweislich verheirateter Künst-
lerpaare gestattet.

Ohne Kommentar setzen wir die Schlußkapitel
dieses Machtdiktats hierher:

11. Den Abgeordneten der Polizeidirektion ist
auf Verlangen jederzeit ungehindert Zu-
tritt zu den Vorstellungen, erforderlichen-
falls auch zu den Probevorstellungen zu ge-
währen. Die Ueberkleider dieser Beamten
sind unentgeltlich zu verwahren.
12. Der Unternehmer hat
die Kosten der polizeilichen Ueberwachung
der Vorstellungen (lies: Zeche. Die Red.)
zu tragen

und die nach dieser Richtung ergehenden
Anweisungen genau zu erfüllen.
13. Der Unternehmer hat für ärztliche Hilfe-
leistung und Bereitstellung des erforderli-
chen Rettungsdienstes Sorge zu tragen und
hierfür die üblichen Gebühren zu entrichten.
Die Auflage weiterer Bedingungen bleibt
ausdrücklich vorbehallen,

Zuwiderhandlung gogen vorstehende Be-
dingungen kann abgesehen von der frraf-
rechtlichen Verfolgung Schließung bes Be-
triebes zur Folge haben.

Was soll man zu solcher Freiheit der Staats-
bürger sagen? Nichts anderes als
weg mit diesen unwürdigen Fesseln!

Noch dazu, nachdem die Kleinkunstbühnen von
dazu ganz und gar nicht tauglichen, dafür
gar nicht vorgebildeten Beamten auf
den künstlerischen Wert oder Unwert
geprüft werden.

Wo in diesen Vergnügungsstätten, deren Be-
sitzer vor Konzessionserteilung ohnehin auf Herz
und Nieren geprüft werden, wirklich Auswüchse
oder Ausschreitungen nicht abgestellt werden, ge-
nügt eine polizeiliche Mahnung.

Diktate und Drohungen sind ganz und gar nicht
am Plotze.



[Spaltenumbruch]
Die Sensation

Tablean vor einem hiesigen Warenhaus: Ein
feierlicher Schutzmann mit Amtsmiene, Notizbuch
und Bleistift, ein kleiner blonder Bengel, ver-
gnügt lächelnd, ein keifendes Konzert dreier ölte-
rer Damen, die am liebsten den Kleinen verwalken
würden, und ein würdiger Portier, der mit sei-
nem Brummbaß das Quartett voll macht. --
Nings herum viel gaffend Volk.

Dann -- Dialog zwischen Schutzmann und Bub.

Neues Tableau: Schutzmann ohne Amtsmiene
(Rotizbuch und Bleistift sind verschwunden), der
Bub nach wie vor lächelnd, das Quartett ist um-
geschlagen und stimmt einen liebegirrenden Sang
um den Kleinen an. -- Rings herum viel gassend
Volk (wie vorher).

-- -- -- -- -- -- -- -- --

[Spaltenumbruch]

Was ist geschehen? -- Strahlend gehts von
Mund zu Mund: Der Bub hat -- unglaubliche
Leistung! -- die Ketten, die zum Festmachen von
Hunden an der Front des Warenhauses ange-
bracht waren, gesprengt -- einfach entzweigerissen
hat er sie, der freche Bengel, drei ältere Damen
haben hysterisch den davonjagenden Viechern nach-
geschrieen und der Portier hat sich ihnen in
treuem "Dienst am Kunden" zugeseilt.

Was konnte der Behelmte anders tun als Auf-
schreiben: Heklmut Lichterfeld, neun Jahre alt,
Schwerathlet im Circus Krone. -- Da wars ge-
schehen. -- Aus dem "frechen Bengel" wurde ein
"goldiger Bub" und statt Haue bekam er Schoko-
lade.

Die Menge verlief sich -- befriedigt. Man hatte
seine Sensation. -- Und was für eine!



[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]
Was ist los?
Heute

Deutsches Theater: Jagdballfest des
Vayerischen Jägervereins. Vier Jahres-
zeiten:
Erste Cherubin-Redoute. Parkhotel:
Gala-Abend. Bürgerbräukeller: Buch-
drucker-Gesangverein. Löwenbräukeller:
Redoute. Schwabinger Brauerei: Ball
des Straßenbahner-Gesangvereins. Wagner-
Saal:
Redoute. Cafe Luitpold: Ein
Abend in der offiziellen Residenz des Prinzen
Karneval. Tabarin Luitpold: Orientali-
sches Tempelfest. Hotel Bayerischer Hof:
Concordia. Kolosseum: Redoute. Hotel
Reichsadler:
Redoute. Simplizissi-
mus:
Faschingstreiben vor 20 Jahren. Blüte:
1. Ulanen-Regiment. Reigen: Rachmitternacht-
Redoute. Malkasten: Faschings-Malchasten-
fest. Tonhalle: Faschingsball des Tanzinsti-
tuts Valenci. Kugleralm: Ball.

Blumensäle: Ungarn-Ball. Park-Ho-
tel:
Gala-Abend.

Morgen

Deutsches Thater: Rot-Weiß-Ball des
FT. Bayern. Vier Jahreszeiten: Cherubin-
Maskenball. Bürgerbräukeller: Bolkschor
(Altm. Saal). Tabarin Luitpold: Orienta-
lisches Tempelfest. Cafe Luitpold: Ein Abend
in der Residenz d. off Prinzen Karneval. Sim-
plizissimus:
Faschingstreiben vor 20 Jahren.
Kolosseum: Bund der technischen Ange-
stellten und Beamten. Hotel Bayer. Hof:
Harmonia. Malkasten: Faschings-Malkasten-
fest. Reigen: Bunter Faschingsabend. Blüte:
Radler-Riege.

Wir bitten [unleserliches Material - 1 Wort fehlt] und Gesellschaften, uns ihre Veranstal-
tungen zur Veröffentlichung in dieser Rubrik rechtzeitig zu über-
mittein.

*

Ungarn-Ball.

Der Verein "Münchner Ungarnheim" veran-
staitet heute abend 8 Uhr im großen Saal der
Blumensäle, Blumenstraße 29/1 seinen Un-
garn-Ball,
zu dem auch Masken erwünscht
sind. Während der Pause werden ungarische Na-
tionaltänze von der Jugendgruppe des Bereins in
Original Ungarischer Tracht vorgeführt. Karten im
Vorverkauf im Restaurant Blumensäle RM. 1 50,
an der Abendkasse 2.-- RM. Saaleröffnung 7 Uhr.

*

Zwischen Himmel und Hölle

Im Himmel und in der Hälle ist auch heuer
wieder der große Streit entbrannt. Sonntag
abend im Varietesaal des Koloffeums, Kolosseum-
straße 4, ein Stelldichein, weil dort die Verwal-
tung München des Bundes der technischen
Angestellten und Beamten
(Butab) ihr
diesjähriges Faschingstreiben abhält. Man er-
wartet sowohl himmlische und höllische Geister als
auch irdisches und närrisches Volk. Die Tore zum
Ballsaal öffnen sich um 17 Uhr. Eintritt für Mit-
glieder und Gäste 1.60 M., Damenkarten 1.40 M.,
Kategoriekarten 1.-- M. Für Herren kommt im
allgemeinen nur eine geeignete Kopfbedeckung in
Frage.

Straßenbahn und Fasching

Goht heim, Kinder! Um 1,15 Uhr geht die letzte
Straßenbahn. Wer bis zum süßen Ende bleibt,
muß mit Schusters Rappen reiten, wenn ihm
das Auto zu teuer ist.

Die ab heute gültige
Neuordnung des Straßenbahnnachtbetriebs
ist ungenügend, denn ab Samstag. 12. Januar
1929, werden versuchsweise an allen Samstagen
während des Faschings auf allen Linien verkeh-
ren, also außer auf den bisherigen mit Nachtbe-
trieb auch auf den Linien 4, 5, 8, 13, 16, 20, 21,
22, 25, 27, 29, 30 und 31; ab Feilitzichstraße zum
Kölnerplatz ist [unleserliches Material - 1 Wort fehlt], die Linie 25 ver-
kehrt nur bis Großhesselohe Stichpunkt um 0.15
Uhr. 0.45 Uhr und 1.15 Uhr ist:

Für L. 4 Haltestelle Lenbachplatz in beiden
Richtungen.

Für L. 5 Haltestelle Hl. Geistkirche mit Anschluß
an die vom Korlsplatz kommenden Biertelwagen

Für L. 22 Haltestelle Rottreuzplatz nach beiden
Richtungen.

Für L. 30 Haltestelle Baldeplatz in Richtung
nach Bogenhausen, Haltestelle Max-II-Denkma
in Richtung zum Isartalbahnhof.

Die Fohrpreisberechnung und Fahrtberechtigung
der Zeitterten auf dem erweiterten Nachtwogen-
betrieb erfolgt nach den bisherigen Bestimmungen.

An den übrigen Tagen tritt keine Aenderung
des Rachtwagenbetriebs ein

*

Kundige wissen, daß um 2.15 Uhr ab Stachus
Personenwagen verkehren, die allgemein benütz-
bar sind. Vielleicht veröffentlicht die Straßenbahn,
welche Linien zu dieser Zeit noch verkehren. Oder
darf sie das nicht? So etwa wie die Lokale, die
verlängerte Polizeistunde haben, das weder schrei
ben, noch drucken, noch sagen dürfen. Tatsache.



[irrelevantes Material]
AZ - Neuigkeiten [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen] aus München


[Spaltenumbruch]
Kopf der Woche
Kommerzienrat Wilhelm Kraus von der Emelka.

Vorſtand eines großen, weltbekannten Film-
anternehmens, Sportsmann, Traber- und großer
Rennſtallbeſitzer, begeiſterter Freund der Jägerei,
ein Mann von Zielbewußtſein und ſtarkem, klarem
Willen, dabei eine gerade, offene und aufrechte
Natur mit der Fähigkeit, ſich ehrlich freuen und
begeiſtern zu können und deshalb auch mit der
[Abbildung] ſchönen Gabe, andere zu erfreuen — das iſt Kom-
merzienrat Wilhelm Kraus, der ſeit 10 Jahren
mit Juſtizrat Roſenthal zuſammen als Vorſtand
und zugleich Produktionsleiter der „Münchner
Lichtſpielkunſt“ (Emelka) an der Spitze dieſes Un-
ternehmens ſteht.

Kommerzienrat Kraus iſt Pfälzer mit all den
erfreulichen und ſympathiſchen Eigenſchaften, die
den Pfälzern nachgerühmt werden. Er iſt 1880
geboren und ſeit über 25 Jahren in München. Im
Jahre 1912 erwarb er die Kammerlichtſpiele und
4 Jahre darauf auch das Lichtſchauſpielhaus und
das Schloßtheater. 1918 verheiratete er ſich mit
der Tochter des Hoteliers Troſt, trat im Jahre
1919 dem Aufſichtsrat der Emelka bei und war
bald danach Delegierter des Aufſichtsrats im Vor-
ſtand der Geſellſchaft. Seit einigen Jahren iſt er
Produktionschef und Leiter der Auslandsabtei-
lung. Unter ſeiner Verantwortung entſtand eine
Reihe großer Filme von Qualität, darunter „Die
Leuchte Aſiens“, „Unſere Emden“, „Der Jäger
von Fall“. Marquis d’Con“, der „Heidelberg-
Film“ und der Jubiläumsfilm „Waterloo“.

Kommerzienrat Kraus iſt zugleich Vorſtand der
deutſchen Filmſchule und Vorſtandsmitglied des
Wirtſchaftsverbandes bayer. Filmfahrikanten. Er
hat ſein gutes Teil dazu beigetragen, daß das
große Unternehmen der Emelka trotz pieler Hem-
mungen Bayern und München erhalten wurde
und daß es als einige der wenigen Firmen trotz
ausländiſcher Lockungen und heimatlicher Sprö-
digkeit deutſch geblieben iſt.



Perſonalnachrichten
Univerſität Mänchen.

Vom Kultusminiſterium wurde genehmigt, daß
der Aſſiſtent am zahnärztlichen Inſtitut Dr. med.
dent.
Ferdinand Wasmüth als Privatdozent
für Zahnheilkunde in die mediziniſche Fakultät
der Univerſität München aufgenommen wird.



[irrelevantes Material]


[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]
Die Polizei als Tugendſchützer

Artiſtinnen ſtreng iſoliert * Nur 1 Jahr Lebensrecht für Kabaretts

[Spaltenumbruch]

Unſere Münchner Polizei hat einen Hang zum
Aparten. Vielleicht iſt es der Ehrgeiz nach Münch-
ner Extrawürſten. Oder aber auch eine übertrie-
bene Sorge für ihre Schützlinge, damit ſie mit
100prozentiger Sicherheit nicht Schaden nähmen
an Leib oder Seele.

Das ließe man ſich ſchließlich gefallen, wie ein
Kind geduldig die allzu große, die Affenliebe
einer überängſtlichen Mutter erträgt.

Man würde das, wenn nicht eben dieſe Sorge
den mit Sorge Bedachten vielmehr Sorgen
brächte als gut und erträglich iſt.

Ganz beſondere Lieblinge ſind neben anderen die
Kleinkunſtbühnen.

Erſtens einmal wird ihnen nur von Jahr zu Jahr
ein Jahr Lebensrecht

[Abbildung]

Der gefesselte Karneval

[Spaltenumbruch]

zugemeſſen, das ſie ſich immer wieder durch ſitt-
ſames Betragen und die entſprechenden Gebühren
neu verdienen müſſen.

Auf Schritt und Tritt werden ſie betreut und
behütet. In dieſes Amt teilen ſich nach Ziffer 1
der Bedingungen die Bau-, Feuer-, Gewerbe-,
Preſſe-, Geſundheits-, Reinlichkeits- und Sitten-
polizei, jede mit einem Schock von feinausgedach-
ten Vorſchriften gerüſtet.

Für die Darbietungen iſt ein beſonderer Schutz
des Publikums vorgeſehen. Die Polizei behält ſich
vor, Auflagen hinſichtlich der Darſtellung und
Inſzenierung zu machen oder Darbietungen aus
Gründen der öffentlichen Ordnung ganz zu ver-
bieten. — Im Namen des Freiſtaats.

Uebertriebene Sorge!

Aber die Ziffer 7 der Bedingungen geht doch zu
weit. Die weiblichen Angeſtellten und Artiſtinnen
werden darin als ſo etwas Achnliches wie Aus-
fätzige behandelt, für deren Seelenheil wie für
das des Publikums der Inhaber verantwortlich
iſt.

Dieſes mittelalterliche, inquiſitoriſche Dokument
gegen die Hexen lautet:

7. „Der Unternehmer hat
zu verhindern, daß weibliche Angeſtellte
und Artiftinnen wähtend oder nach der
Vorſlellung in den Räumen des Unterneh-
mens mit den Gäſten in Unterhaltung
treten

oder an deren Tiſchen Platz nehmen. Dies
gilt auch für den ſogenannten Artiſtentiſch,
an dem darnach andere Perſonen als die
[Spaltenumbruch] Angeſtellten des Betriebes nicht Platz neh-
men dürfen. Es iſt verboten, die Künſtler
zu verpflichten oder ſonſtwie anzuhalten,
daß ſie Speiſen und Getränke in den Be-
triebsräumen einnehmen.
An alleinſtehende Künſtlerinnen darf im
Hauſe keine Wohnung adgegeben werden.
Ausnahmen von dieſem Verbot ſind nur
zugunſten nachweislich verheirateter Künſt-
lerpaare geſtattet.

Ohne Kommentar ſetzen wir die Schlußkapitel
dieſes Machtdiktats hierher:

11. Den Abgeordneten der Polizeidirektion iſt
auf Verlangen jederzeit ungehindert Zu-
tritt zu den Vorſtellungen, erforderlichen-
falls auch zu den Probevorſtellungen zu ge-
währen. Die Ueberkleider dieſer Beamten
ſind unentgeltlich zu verwahren.
12. Der Unternehmer hat
die Koſten der polizeilichen Ueberwachung
der Vorſtellungen (lies: Zeche. Die Red.)
zu tragen

und die nach dieſer Richtung ergehenden
Anweiſungen genau zu erfüllen.
13. Der Unternehmer hat für ärztliche Hilfe-
leiſtung und Bereitſtellung des erforderli-
chen Rettungsdienſtes Sorge zu tragen und
hierfür die üblichen Gebühren zu entrichten.
Die Auflage weiterer Bedingungen bleibt
ausdrücklich vorbehallen,

Zuwiderhandlung gogen vorſtehende Be-
dingungen kann abgeſehen von der frraf-
rechtlichen Verfolgung Schließung bes Be-
triebes zur Folge haben.

Was ſoll man zu ſolcher Freiheit der Staats-
bürger ſagen? Nichts anderes als
weg mit dieſen unwürdigen Feſſeln!

Noch dazu, nachdem die Kleinkunſtbühnen von
dazu ganz und gar nicht tauglichen, dafür
gar nicht vorgebildeten Beamten auf
den künſtleriſchen Wert oder Unwert
geprüft werden.

Wo in dieſen Vergnügungsſtätten, deren Be-
ſitzer vor Konzeſſionserteilung ohnehin auf Herz
und Nieren geprüft werden, wirklich Auswüchſe
oder Ausſchreitungen nicht abgeſtellt werden, ge-
nügt eine polizeiliche Mahnung.

Diktate und Drohungen ſind ganz und gar nicht
am Plotze.



[Spaltenumbruch]
Die Senſation

Tablean vor einem hieſigen Warenhaus: Ein
feierlicher Schutzmann mit Amtsmiene, Notizbuch
und Bleiſtift, ein kleiner blonder Bengel, ver-
gnügt lächelnd, ein keifendes Konzert dreier ölte-
rer Damen, die am liebſten den Kleinen verwalken
würden, und ein würdiger Portier, der mit ſei-
nem Brummbaß das Quartett voll macht. —
Nings herum viel gaffend Volk.

Dann — Dialog zwiſchen Schutzmann und Bub.

Neues Tableau: Schutzmann ohne Amtsmiene
(Rotizbuch und Bleiſtift ſind verſchwunden), der
Bub nach wie vor lächelnd, das Quartett iſt um-
geſchlagen und ſtimmt einen liebegirrenden Sang
um den Kleinen an. — Rings herum viel gaſſend
Volk (wie vorher).

— — — — — — — — —

[Spaltenumbruch]

Was iſt geſchehen? — Strahlend gehts von
Mund zu Mund: Der Bub hat — unglaubliche
Leiſtung! — die Ketten, die zum Feſtmachen von
Hunden an der Front des Warenhauſes ange-
bracht waren, geſprengt — einfach entzweigeriſſen
hat er ſie, der freche Bengel, drei ältere Damen
haben hyſteriſch den davonjagenden Viechern nach-
geſchrieen und der Portier hat ſich ihnen in
treuem „Dienſt am Kunden“ zugeſeilt.

Was konnte der Behelmte anders tun als Auf-
ſchreiben: Heklmut Lichterfeld, neun Jahre alt,
Schwerathlet im Circus Krone. — Da wars ge-
ſchehen. — Aus dem „frechen Bengel“ wurde ein
„goldiger Bub“ und ſtatt Haue bekam er Schoko-
lade.

Die Menge verlief ſich — befriedigt. Man hatte
ſeine Senſation. — Und was für eine!



[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]
Was iſt los?
Heute

Deutſches Theater: Jagdballfeſt des
Vayeriſchen Jägervereins. Vier Jahres-
zeiten:
Erſte Cherubin-Redoute. Parkhotel:
Gala-Abend. Bürgerbräukeller: Buch-
drucker-Geſangverein. Löwenbräukeller:
Redoute. Schwabinger Brauerei: Ball
des Straßenbahner-Geſangvereins. Wagner-
Saal:
Redoute. Café Luitpold: Ein
Abend in der offiziellen Reſidenz des Prinzen
Karneval. Tabarin Luitpold: Orientali-
ſches Tempelfeſt. Hotel Bayeriſcher Hof:
Concordia. Koloſſeum: Redoute. Hotel
Reichsadler:
Redoute. Simpliziſſi-
mus:
Faſchingstreiben vor 20 Jahren. Blüte:
1. Ulanen-Regiment. Reigen: Rachmitternacht-
Redoute. Malkaſten: Faſchings-Malchaſten-
feſt. Tonhalle: Faſchingsball des Tanzinſti-
tuts Valenci. Kugleralm: Ball.

Blumenſäle: Ungarn-Ball. Park-Ho-
tel:
Gala-Abend.

Morgen

Deutſches Thater: Rot-Weiß-Ball des
FT. Bayern. Vier Jahreszeiten: Cherubin-
Maskenball. Bürgerbräukeller: Bolkschor
(Altm. Saal). Tabarin Luitpold: Orienta-
liſches Tempelfeſt. Café Luitpold: Ein Abend
in der Reſidenz d. off Prinzen Karneval. Sim-
pliziſſimus:
Faſchingstreiben vor 20 Jahren.
Koloſſeum: Bund der techniſchen Ange-
ſtellten und Beamten. Hotel Bayer. Hof:
Harmonia. Malkaſten: Faſchings-Malkaſten-
feſt. Reigen: Bunter Faſchingsabend. Blüte:
Radler-Riege.

Wir bitten [unleserliches Material – 1 Wort fehlt] und Geſellſchaften, uns ihre Veranſtal-
tungen zur Veröffentlichung in dieſer Rubrik rechtzeitig zu über-
mittein.

*

Ungarn-Ball.

Der Verein „Münchner Ungarnheim“ veran-
ſtaitet heute abend 8 Uhr im großen Saal der
Blumenſäle, Blumenſtraße 29/1 ſeinen Un-
garn-Ball,
zu dem auch Masken erwünſcht
ſind. Während der Pauſe werden ungariſche Na-
tionaltänze von der Jugendgruppe des Bereins in
Original Ungariſcher Tracht vorgeführt. Karten im
Vorverkauf im Reſtaurant Blumenſäle RM. 1 50,
an der Abendkaſſe 2.— RM. Saaleröffnung 7 Uhr.

*

Zwiſchen Himmel und Hölle

Im Himmel und in der Hälle iſt auch heuer
wieder der große Streit entbrannt. Sonntag
abend im Varietéſaal des Koloffeums, Koloſſeum-
ſtraße 4, ein Stelldichein, weil dort die Verwal-
tung München des Bundes der techniſchen
Angeſtellten und Beamten
(Butab) ihr
diesjähriges Faſchingstreiben abhält. Man er-
wartet ſowohl himmliſche und hölliſche Geiſter als
auch irdiſches und närriſches Volk. Die Tore zum
Ballſaal öffnen ſich um 17 Uhr. Eintritt für Mit-
glieder und Gäſte 1.60 M., Damenkarten 1.40 M.,
Kategoriekarten 1.— M. Für Herren kommt im
allgemeinen nur eine geeignete Kopfbedeckung in
Frage.

Straßenbahn und Faſching

Goht heim, Kinder! Um 1,15 Uhr geht die letzte
Straßenbahn. Wer bis zum ſüßen Ende bleibt,
muß mit Schuſters Rappen reiten, wenn ihm
das Auto zu teuer iſt.

Die ab heute gültige
Neuordnung des Straßenbahnnachtbetriebs
iſt ungenügend, denn ab Samstag. 12. Januar
1929, werden verſuchſweiſe an allen Samstagen
während des Faſchings auf allen Linien verkeh-
ren, alſo außer auf den bisherigen mit Nachtbe-
trieb auch auf den Linien 4, 5, 8, 13, 16, 20, 21,
22, 25, 27, 29, 30 und 31; ab Feilitzichſtraße zum
Kölnerplatz iſt [unleserliches Material – 1 Wort fehlt], die Linie 25 ver-
kehrt nur bis Großheſſelohe Stichpunkt um 0.15
Uhr. 0.45 Uhr und 1.15 Uhr iſt:

Für L. 4 Halteſtelle Lenbachplatz in beiden
Richtungen.

Für L. 5 Halteſtelle Hl. Geiſtkirche mit Anſchluß
an die vom Korlsplatz kommenden Biertelwagen

Für L. 22 Halteſtelle Rottreuzplatz nach beiden
Richtungen.

Für L. 30 Halteſtelle Baldeplatz in Richtung
nach Bogenhauſen, Halteſtelle Max-II-Denkma
in Richtung zum Iſartalbahnhof.

Die Fohrpreisberechnung und Fahrtberechtigung
der Zeitterten auf dem erweiterten Nachtwogen-
betrieb erfolgt nach den bisherigen Beſtimmungen.

An den übrigen Tagen tritt keine Aenderung
des Rachtwagenbetriebs ein

*

Kundige wiſſen, daß um 2.15 Uhr ab Stachus
Perſonenwagen verkehren, die allgemein benütz-
bar ſind. Vielleicht veröffentlicht die Straßenbahn,
welche Linien zu dieſer Zeit noch verkehren. Oder
darf ſie das nicht? So etwa wie die Lokale, die
verlängerte Polizeiſtunde haben, das weder ſchrei
ben, noch drucken, noch ſagen dürfen. Tatſache.



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[0004] AZ - Neuigkeiten __ aus München Kopf der Woche Kommerzienrat Wilhelm Kraus von der Emelka. Vorſtand eines großen, weltbekannten Film- anternehmens, Sportsmann, Traber- und großer Rennſtallbeſitzer, begeiſterter Freund der Jägerei, ein Mann von Zielbewußtſein und ſtarkem, klarem Willen, dabei eine gerade, offene und aufrechte Natur mit der Fähigkeit, ſich ehrlich freuen und begeiſtern zu können und deshalb auch mit der [Abbildung] ſchönen Gabe, andere zu erfreuen — das iſt Kom- merzienrat Wilhelm Kraus, der ſeit 10 Jahren mit Juſtizrat Roſenthal zuſammen als Vorſtand und zugleich Produktionsleiter der „Münchner Lichtſpielkunſt“ (Emelka) an der Spitze dieſes Un- ternehmens ſteht. Kommerzienrat Kraus iſt Pfälzer mit all den erfreulichen und ſympathiſchen Eigenſchaften, die den Pfälzern nachgerühmt werden. Er iſt 1880 geboren und ſeit über 25 Jahren in München. Im Jahre 1912 erwarb er die Kammerlichtſpiele und 4 Jahre darauf auch das Lichtſchauſpielhaus und das Schloßtheater. 1918 verheiratete er ſich mit der Tochter des Hoteliers Troſt, trat im Jahre 1919 dem Aufſichtsrat der Emelka bei und war bald danach Delegierter des Aufſichtsrats im Vor- ſtand der Geſellſchaft. Seit einigen Jahren iſt er Produktionschef und Leiter der Auslandsabtei- lung. Unter ſeiner Verantwortung entſtand eine Reihe großer Filme von Qualität, darunter „Die Leuchte Aſiens“, „Unſere Emden“, „Der Jäger von Fall“. Marquis d’Con“, der „Heidelberg- Film“ und der Jubiläumsfilm „Waterloo“. Kommerzienrat Kraus iſt zugleich Vorſtand der deutſchen Filmſchule und Vorſtandsmitglied des Wirtſchaftsverbandes bayer. Filmfahrikanten. Er hat ſein gutes Teil dazu beigetragen, daß das große Unternehmen der Emelka trotz pieler Hem- mungen Bayern und München erhalten wurde und daß es als einige der wenigen Firmen trotz ausländiſcher Lockungen und heimatlicher Sprö- digkeit deutſch geblieben iſt. Perſonalnachrichten Univerſität Mänchen. Vom Kultusminiſterium wurde genehmigt, daß der Aſſiſtent am zahnärztlichen Inſtitut Dr. med. dent. Ferdinand Wasmüth als Privatdozent für Zahnheilkunde in die mediziniſche Fakultät der Univerſität München aufgenommen wird. _ _ Die Polizei als Tugendſchützer Artiſtinnen ſtreng iſoliert * Nur 1 Jahr Lebensrecht für Kabaretts Unſere Münchner Polizei hat einen Hang zum Aparten. Vielleicht iſt es der Ehrgeiz nach Münch- ner Extrawürſten. Oder aber auch eine übertrie- bene Sorge für ihre Schützlinge, damit ſie mit 100prozentiger Sicherheit nicht Schaden nähmen an Leib oder Seele. Das ließe man ſich ſchließlich gefallen, wie ein Kind geduldig die allzu große, die Affenliebe einer überängſtlichen Mutter erträgt. Man würde das, wenn nicht eben dieſe Sorge den mit Sorge Bedachten vielmehr Sorgen brächte als gut und erträglich iſt. Ganz beſondere Lieblinge ſind neben anderen die Kleinkunſtbühnen. Erſtens einmal wird ihnen nur von Jahr zu Jahr ein Jahr Lebensrecht [Abbildung Der gefesselte Karneval] zugemeſſen, das ſie ſich immer wieder durch ſitt- ſames Betragen und die entſprechenden Gebühren neu verdienen müſſen. Auf Schritt und Tritt werden ſie betreut und behütet. In dieſes Amt teilen ſich nach Ziffer 1 der Bedingungen die Bau-, Feuer-, Gewerbe-, Preſſe-, Geſundheits-, Reinlichkeits- und Sitten- polizei, jede mit einem Schock von feinausgedach- ten Vorſchriften gerüſtet. Für die Darbietungen iſt ein beſonderer Schutz des Publikums vorgeſehen. Die Polizei behält ſich vor, Auflagen hinſichtlich der Darſtellung und Inſzenierung zu machen oder Darbietungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung ganz zu ver- bieten. — Im Namen des Freiſtaats. Uebertriebene Sorge! Aber die Ziffer 7 der Bedingungen geht doch zu weit. Die weiblichen Angeſtellten und Artiſtinnen werden darin als ſo etwas Achnliches wie Aus- fätzige behandelt, für deren Seelenheil wie für das des Publikums der Inhaber verantwortlich iſt. Dieſes mittelalterliche, inquiſitoriſche Dokument gegen die Hexen lautet: 7. „Der Unternehmer hat zu verhindern, daß weibliche Angeſtellte und Artiftinnen wähtend oder nach der Vorſlellung in den Räumen des Unterneh- mens mit den Gäſten in Unterhaltung treten oder an deren Tiſchen Platz nehmen. Dies gilt auch für den ſogenannten Artiſtentiſch, an dem darnach andere Perſonen als die Angeſtellten des Betriebes nicht Platz neh- men dürfen. Es iſt verboten, die Künſtler zu verpflichten oder ſonſtwie anzuhalten, daß ſie Speiſen und Getränke in den Be- triebsräumen einnehmen. An alleinſtehende Künſtlerinnen darf im Hauſe keine Wohnung adgegeben werden. Ausnahmen von dieſem Verbot ſind nur zugunſten nachweislich verheirateter Künſt- lerpaare geſtattet. Ohne Kommentar ſetzen wir die Schlußkapitel dieſes Machtdiktats hierher: 11. Den Abgeordneten der Polizeidirektion iſt auf Verlangen jederzeit ungehindert Zu- tritt zu den Vorſtellungen, erforderlichen- falls auch zu den Probevorſtellungen zu ge- währen. Die Ueberkleider dieſer Beamten ſind unentgeltlich zu verwahren. 12. Der Unternehmer hat die Koſten der polizeilichen Ueberwachung der Vorſtellungen (lies: Zeche. Die Red.) zu tragen und die nach dieſer Richtung ergehenden Anweiſungen genau zu erfüllen. 13. Der Unternehmer hat für ärztliche Hilfe- leiſtung und Bereitſtellung des erforderli- chen Rettungsdienſtes Sorge zu tragen und hierfür die üblichen Gebühren zu entrichten. Die Auflage weiterer Bedingungen bleibt ausdrücklich vorbehallen, Zuwiderhandlung gogen vorſtehende Be- dingungen kann abgeſehen von der frraf- rechtlichen Verfolgung Schließung bes Be- triebes zur Folge haben. Was ſoll man zu ſolcher Freiheit der Staats- bürger ſagen? Nichts anderes als weg mit dieſen unwürdigen Feſſeln! Noch dazu, nachdem die Kleinkunſtbühnen von dazu ganz und gar nicht tauglichen, dafür gar nicht vorgebildeten Beamten auf den künſtleriſchen Wert oder Unwert geprüft werden. Wo in dieſen Vergnügungsſtätten, deren Be- ſitzer vor Konzeſſionserteilung ohnehin auf Herz und Nieren geprüft werden, wirklich Auswüchſe oder Ausſchreitungen nicht abgeſtellt werden, ge- nügt eine polizeiliche Mahnung. Diktate und Drohungen ſind ganz und gar nicht am Plotze. Tita. Die Senſation Tablean vor einem hieſigen Warenhaus: Ein feierlicher Schutzmann mit Amtsmiene, Notizbuch und Bleiſtift, ein kleiner blonder Bengel, ver- gnügt lächelnd, ein keifendes Konzert dreier ölte- rer Damen, die am liebſten den Kleinen verwalken würden, und ein würdiger Portier, der mit ſei- nem Brummbaß das Quartett voll macht. — Nings herum viel gaffend Volk. Dann — Dialog zwiſchen Schutzmann und Bub. Neues Tableau: Schutzmann ohne Amtsmiene (Rotizbuch und Bleiſtift ſind verſchwunden), der Bub nach wie vor lächelnd, das Quartett iſt um- geſchlagen und ſtimmt einen liebegirrenden Sang um den Kleinen an. — Rings herum viel gaſſend Volk (wie vorher). — — — — — — — — — Was iſt geſchehen? — Strahlend gehts von Mund zu Mund: Der Bub hat — unglaubliche Leiſtung! — die Ketten, die zum Feſtmachen von Hunden an der Front des Warenhauſes ange- bracht waren, geſprengt — einfach entzweigeriſſen hat er ſie, der freche Bengel, drei ältere Damen haben hyſteriſch den davonjagenden Viechern nach- geſchrieen und der Portier hat ſich ihnen in treuem „Dienſt am Kunden“ zugeſeilt. Was konnte der Behelmte anders tun als Auf- ſchreiben: Heklmut Lichterfeld, neun Jahre alt, Schwerathlet im Circus Krone. — Da wars ge- ſchehen. — Aus dem „frechen Bengel“ wurde ein „goldiger Bub“ und ſtatt Haue bekam er Schoko- lade. Die Menge verlief ſich — befriedigt. Man hatte ſeine Senſation. — Und was für eine! Dr. B. _ Was iſt los? Heute Deutſches Theater: Jagdballfeſt des Vayeriſchen Jägervereins. Vier Jahres- zeiten: Erſte Cherubin-Redoute. Parkhotel: Gala-Abend. Bürgerbräukeller: Buch- drucker-Geſangverein. Löwenbräukeller: Redoute. Schwabinger Brauerei: Ball des Straßenbahner-Geſangvereins. Wagner- Saal: Redoute. Café Luitpold: Ein Abend in der offiziellen Reſidenz des Prinzen Karneval. Tabarin Luitpold: Orientali- ſches Tempelfeſt. Hotel Bayeriſcher Hof: Concordia. Koloſſeum: Redoute. Hotel Reichsadler: Redoute. Simpliziſſi- mus: Faſchingstreiben vor 20 Jahren. Blüte: 1. Ulanen-Regiment. Reigen: Rachmitternacht- Redoute. Malkaſten: Faſchings-Malchaſten- feſt. Tonhalle: Faſchingsball des Tanzinſti- tuts Valenci. Kugleralm: Ball. Blumenſäle: Ungarn-Ball. Park-Ho- tel: Gala-Abend. Morgen Deutſches Thater: Rot-Weiß-Ball des FT. Bayern. Vier Jahreszeiten: Cherubin- Maskenball. Bürgerbräukeller: Bolkschor (Altm. Saal). Tabarin Luitpold: Orienta- liſches Tempelfeſt. Café Luitpold: Ein Abend in der Reſidenz d. off Prinzen Karneval. Sim- pliziſſimus: Faſchingstreiben vor 20 Jahren. Koloſſeum: Bund der techniſchen Ange- ſtellten und Beamten. Hotel Bayer. Hof: Harmonia. Malkaſten: Faſchings-Malkaſten- feſt. Reigen: Bunter Faſchingsabend. Blüte: Radler-Riege. Wir bitten _ und Geſellſchaften, uns ihre Veranſtal- tungen zur Veröffentlichung in dieſer Rubrik rechtzeitig zu über- mittein. * Ungarn-Ball. Der Verein „Münchner Ungarnheim“ veran- ſtaitet heute abend 8 Uhr im großen Saal der Blumenſäle, Blumenſtraße 29/1 ſeinen Un- garn-Ball, zu dem auch Masken erwünſcht ſind. Während der Pauſe werden ungariſche Na- tionaltänze von der Jugendgruppe des Bereins in Original Ungariſcher Tracht vorgeführt. Karten im Vorverkauf im Reſtaurant Blumenſäle RM. 1 50, an der Abendkaſſe 2.— RM. Saaleröffnung 7 Uhr. * Zwiſchen Himmel und Hölle Im Himmel und in der Hälle iſt auch heuer wieder der große Streit entbrannt. Sonntag abend im Varietéſaal des Koloffeums, Koloſſeum- ſtraße 4, ein Stelldichein, weil dort die Verwal- tung München des Bundes der techniſchen Angeſtellten und Beamten (Butab) ihr diesjähriges Faſchingstreiben abhält. Man er- wartet ſowohl himmliſche und hölliſche Geiſter als auch irdiſches und närriſches Volk. Die Tore zum Ballſaal öffnen ſich um 17 Uhr. Eintritt für Mit- glieder und Gäſte 1.60 M., Damenkarten 1.40 M., Kategoriekarten 1.— M. Für Herren kommt im allgemeinen nur eine geeignete Kopfbedeckung in Frage. Straßenbahn und Faſching Goht heim, Kinder! Um 1,15 Uhr geht die letzte Straßenbahn. Wer bis zum ſüßen Ende bleibt, muß mit Schuſters Rappen reiten, wenn ihm das Auto zu teuer iſt. Die ab heute gültige Neuordnung des Straßenbahnnachtbetriebs iſt ungenügend, denn ab Samstag. 12. Januar 1929, werden verſuchſweiſe an allen Samstagen während des Faſchings auf allen Linien verkeh- ren, alſo außer auf den bisherigen mit Nachtbe- trieb auch auf den Linien 4, 5, 8, 13, 16, 20, 21, 22, 25, 27, 29, 30 und 31; ab Feilitzichſtraße zum Kölnerplatz iſt _, die Linie 25 ver- kehrt nur bis Großheſſelohe Stichpunkt um 0.15 Uhr. 0.45 Uhr und 1.15 Uhr iſt: Für L. 4 Halteſtelle Lenbachplatz in beiden Richtungen. Für L. 5 Halteſtelle Hl. Geiſtkirche mit Anſchluß an die vom Korlsplatz kommenden Biertelwagen Für L. 22 Halteſtelle Rottreuzplatz nach beiden Richtungen. Für L. 30 Halteſtelle Baldeplatz in Richtung nach Bogenhauſen, Halteſtelle Max-II-Denkma in Richtung zum Iſartalbahnhof. Die Fohrpreisberechnung und Fahrtberechtigung der Zeitterten auf dem erweiterten Nachtwogen- betrieb erfolgt nach den bisherigen Beſtimmungen. An den übrigen Tagen tritt keine Aenderung des Rachtwagenbetriebs ein * Kundige wiſſen, daß um 2.15 Uhr ab Stachus Perſonenwagen verkehren, die allgemein benütz- bar ſind. Vielleicht veröffentlicht die Straßenbahn, welche Linien zu dieſer Zeit noch verkehren. Oder darf ſie das nicht? So etwa wie die Lokale, die verlängerte Polizeiſtunde haben, das weder ſchrei ben, noch drucken, noch ſagen dürfen. Tatſache. Tita. _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-01-02T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 12. Januar 1929, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine10_1929/4>, abgerufen am 21.11.2024.