Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 13. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
Gelegenheiten oder Orte beschränkt hätten; vielmehr waren sie weit durchgängiger Mehr Graffiti nun, als sämmtliche übrige zusammengenommen, hat schon Dipinti wie Graffiti erscheinen auch als Aufschriften auf Gefäßen, in denen *) Man warf den Juden und Christen vor daß sie den Kopf eines wilden Esels an- beteten. **) Diese Heiligenbekritzler, welche übrigens leineswegs das Licht der Sonne scheuten
(wie man z. B. in der Vorhalle von S. Lorenzo suori le mura ersieht), waren also recht eigentliche grassiasanti, d. h. Scheinheilige. [Spaltenumbruch]
Gelegenheiten oder Orte beſchränkt hätten; vielmehr waren ſie weit durchgängiger Mehr Graffiti nun, als ſämmtliche übrige zuſammengenommen, hat ſchon Dipinti wie Graffiti erſcheinen auch als Aufſchriften auf Gefäßen, in denen *) Man warf den Juden und Chriſten vor daß ſie den Kopf eines wilden Eſels an- beteten. **) Dieſe Heiligenbekritzler, welche übrigens leineswegs das Licht der Sonne ſcheuten
(wie man z. B. in der Vorhalle von S. Lorenzo ſuori le mura erſieht), waren alſo recht eigentliche graſſiasanti, d. h. Scheinheilige. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <floatingText> <body> <div type="jCulturalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <p><pb facs="#f0011" n="187"/><cb/> Gelegenheiten oder Orte beſchränkt hätten; vielmehr waren ſie weit durchgängiger<lb/> und gleichmäßiger verbreitet als bei uns; wir finden ſie nämlich faſt überall da<lb/> wo wir Tünche finden. Für heute bedeutet dieß jedoch: nicht allzu häufig; denn<lb/> wie wenig Wände ſind uns in ihrer Bekleidung erhalten! Selbſt Rom liefert uns<lb/> keine große Anzahl von Wandkritzeleien oder, wie die Italiener ſagen, Graffiti.<lb/> Manche von ganz geringem Belang, oder nur Spuren von ſolchen, hat man in den<lb/> Titus-Thermen, auf dem Campo di Macao u. ſ. w. entdeckt. Die meiſte Beach-<lb/> tung verdienen die drei beſchmierten Wände auf der Weſtſeite des Palatin, die im<lb/> Jahr 1855 dem Tageslicht wiedergegeben wurden: das einzige Andenken an die<lb/> Pagenſtreiche welche gegen Ende des 2ten Jahrhunderts dieſen Theil des Cäſaren-<lb/> Palaſtes, das <hi rendition="#aq">pædagogium,</hi> belebten. Hier liest man neben einem Eſel an der<lb/> Mühle das: „Arbeite, Eſelchen, wie ich gearbeitet habe, und es wird dir wohl be-<lb/> kommen.“ Von hier ſtammt jenes jetzt im Muſeo Kircheriano aufbewahrte Spott-<lb/> bild auf Chriſtus (ein gekreuzigter Eſel)<note place="foot" n="*)">Man warf den Juden und Chriſten vor daß ſie den Kopf eines wilden Eſels an-<lb/> beteten.</note>, das laut beigefügter Inſchrift auf den<lb/> Chriften Alexamenos berechnet war, wie vielleicht auch das <hi rendition="#aq">Libanus episeopus</hi><lb/> ebendaſelbſt chriſtliche Bedeutung hat. Die Kunſt überhaupt iſt ſtark vertreten;<lb/> hauptſächlich die Begeiſterung für die Kampfſpiele verlangte nach bildlichem Aus-<lb/> druck: Siegespalmen, Circusroſſe, Gladiatoren mit ungeheuren Naſen und Armen<lb/> wie Topfhenkeln (wofern nur einzelne Gliedmaßen zu unterſcheiden ſind) erregen<lb/> hier, wie zu Pompeï, das Vergnügen des Vetrachters. Die Zeichner hingegen,<lb/> weit entfernt ſich ihrer Werke zu ſchämen, nennen ſich nicht ſelten, z. B. <hi rendition="#aq">pingit<lb/> Fortunatus Aſer.</hi> Als Siegespreiſe werden uns einmal aufgeführt eine Dalma-<lb/> tika und andere Gewandungen, und es fällt uns dabei das <hi rendition="#aq">correre il palio</hi> der<lb/> heutigen Italiener ein. Einer etwas ſpäteren Zeit gehören ein paar Duzend von<lb/> Wandinſchriften an (die älteſte iſt von 215 n. Chr.) welche unter der ſiebenten<lb/> Cohorte der „Vigules“ (wie ſie ſich ſelbſt mit Vorliebe, ſtatt „Vigiles,“ nennen)<lb/> ihre Urheber zu ſuchen haben. Wir verdanken ſie den zu Ende 1866 eröffneten Aus-<lb/> grabungen von Monte di Fiore in Trastevere. Beſonders iſt darin von Talglämp-<lb/> chen-Erleuchtungen <hi rendition="#aq">(sebaciaria)</hi> die Rede, die zu irgendwelchen Feſten öffentlichen<lb/> oder privaten Charakters veranſtaltet wurden. In die erſte Hälfte des 3ten Jahr-<lb/> hunderts (wie man aus den vorwiegend noch griechiſchen Sklavennamen entnehmen<lb/> kann) fallen auch die Kritzeleien eines kleinen Gemachs auf dem Aventin, welches<lb/> an die alte ſervianiſche Umwallung ſtößt. Hier gelobt z. B. einer (doch wohl dem<lb/> Baechus), käme er heil heraus <hi rendition="#aq">(si recte exiero)</hi>, ſo viel Seſter Wein als darin ſein<lb/> würden; vermuthlich hatte ihm Theonas dieſe unfreiwillige Nachbarſchaft neben<lb/> dem Weingewölbe zugezogen; denn ſcheinbar dieſelbe Hand hat hinzugefügt: „Die<lb/> Peſt über den Theonas!“ Doch ſind dergleichen Kritzeleien nicht etwa ausſchließ-<lb/> lich in der Tünche befindlich; ſie zeigen ſich z. B. auch auf den Marmorplatten der<lb/> alten Baſilika von S. Lorenzo im Ager Veranus, und die Spitze der Trajansſänle<lb/> trägt ein griechiſches Gebet byzantiniſchen Styls für einen Conſtantin, wahrſchein-<lb/> lich den guten Kaiſer Conſtans, der im 7ten Jahrhundert Roms Denkmälern einen<lb/> Beſuch abſtattete, um ſie nach Möglichkeit zu plündern. Wollen wir aber über-<lb/> haupt in eine ſo ſpäte Zeit herab-, aus dem heidniſchen in das chriſtliche Rom her-<lb/> übergehen, ſo brauchen wir nur unter die Erde zu ſteigen, und Inſchriften, wie wir<lb/> ſie ſuchen, bieten ſich unſern Augen in reicher Menge dar. Wir vertrauen uns in<lb/> dem Labyrinthe dieſes unterirdiſchen Noms der Führung De Roſſi’s an, der alle<lb/> Winkel desſelben mit der hellen Fackel ſeiner Gelehrſamkeit und ſeines Scharfſinnes<lb/> erleuchtet. Ihm zufolge haben wir in den Katakomben drei Claſſen von Graffiti<lb/> zu unterſcheiden: erſtens diejenigen durch welche die Gräber <hi rendition="#aq">(fossores)</hi> auf fri-<lb/> ſchem Kalk ihr Tagewerk bezeugten, z. B. „Iconius brachte es (nämlich die Aus-<lb/> höhlung der Kammer) in zehn Tagen fertig;“ zweitens diejenigen welche die bei<lb/> der Beſtattung anweſenden Freunde auf dem trockenen Kalk eingruben — in kurzen<lb/> Zurufen wird den Todten der ewige Friede nachgewünſcht, z. 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Es<lb/> ſind entweder nur die Namen der Schreibenden, und zwar zunächſt römiſche (Maxi-<lb/> mus, Felix, Rufina), ſpäter barbariſche (Etelred, Ildebrand, Prando), denen<lb/> dann meiſtens ein Zuſatz, wie „Sünder,“ „Prieſter“ (abgekürzt <hi rendition="#aq">PB</hi> oder <hi rendition="#aq">PRB</hi>),<lb/> „unwürdiger Prieſter,“ „Biſchof,“ folgt. Oder es ſind Zurufe an Verwandte und<lb/> Freunde, wie wir ſie ſchon erwähnt haben, und welche größtentheils eher für Todte<lb/> als für Lebende zu paſſen ſcheinen: Donatus, Sofronia u. ſ. w., mögeſt du in<lb/> Ewigkeit — im ewigen Leben — im Frieden — in Gott leben! Endlich ſind es<lb/> Gebete welche an die Martyrer insgeſammt oder an einzelne derſelben, auch un-<lb/> mittelbar an Gott gerichtet ſind, z. B.: „Heilige Blutzeugen, gedenket der Maria!“<lb/> „Bittet, ihr heiligen Seelen, daß Verecundus mit den Seinigen glücklich fahren möge!“<lb/><hi rendition="#aq">(bene naviget);</hi> „Suſtus, gedenke in den Gebeten des Aurelius Repentinus!“<lb/> „Allmächtiger Gott, behüte den Sapricius!“ „Der Prieſter Euſtathius, demüthi-<lb/> ger Sünder, Diener des heiligen Blutzeugen Marcellinus; doch du, Beſter, bitte<lb/> für mich, und der Herr ſei dein Schutz!“ Daran ſchließt ſich manch eigenthümlicher<lb/> Erguß, wie der leider abgebrochene: „Du, Jeruſalem, Stadt und Zierde der Zen-<lb/> gen Gottes, deſſen ...“ Dieſes Anſchreiben war in der That eine fromme Uebung;<lb/> nicht überall wo die Pilger hinabſtiegen, ließen ſie in gleichem Maß ihre Namen<lb/> und Gebete zurück, ſondern vor allem nur in den geſchichtlichen Grüften (ſo nennt<lb/> ſie De Roſſi, <hi rendition="#aq">cripte storiche</hi>), d. h. in den Grüften welche, als die Grabſtätten<lb/> von berühmten Martyrern oder von Päpſten, im Zeitalter des Friedens der Kirche<lb/> die Heiligthümer der einzelnen Kirchhöfe wurden. Wie wir hier aus ſpäteren Jahr-<lb/> hunderten hauptſächlich Prieſternamen leſen, ſo enthalten auch die Graffiti der<lb/> Baſilika von S. Clemente (auf den Gemälden des 9ten Jahrhunderts) wenig andere<lb/> Namen; ſolche Prieſtergraffiti weist ferner die Gruft von S. Vittorino zu Ami-<lb/> ternum, weiſen in Frankreich alte und hochverehrte Altäre auf, beſonders jener<lb/> berühmte der Kirche von Minerve (bei Narbonne), der mit unzähligen Namen aus<lb/><cb/> dem karolingiſchen Zeitalter bedeckt iſt. Wohl mit Recht vermuthet De Roſſi daß nicht<lb/> bloß deßhalb die Schreiber meiſt Prieſter waren weil es damals unter den Laien wenige<lb/> Schreibkundige gab, ſondern daß (inſoweit die beſchriebenen Stellen Altartafeln oder<lb/> Niſchen und Gemälde ſind, vor denen der Altar ſteht) wir die Graffiti als Erinnerungen<lb/> an daſelbſt gehaltene Meſſen zu betrachten haben. Für das ſpätere Mittelalter, bis<lb/> zum 15. Jahrhundert, dürfen wir auf Graffiti nicht in den Katakomben fahnden;<lb/> erſt dann erinnerte man ſich dieſer heiligen Stätten wieder, und ihre erſten neuen<lb/> Beſucher waren darin den alten verwandt daß ſie, wenn nicht geradezu von Andacht,<lb/> doch von frommer Neugier dahin geführt wurden. Einer der älteſten dieſer jünge-<lb/> ren Namen mag der des „Joannes Lonck 1432“ im Kirchhofe des Kalliſtus ſein;<lb/> ebendaſelbſt ſtehen aus der nächſtfolgenden Zeit herrührende, beſonders von Mino-<lb/> ritenbrüdern. Aber bald ſahen die Katakomben Gäſte weſentlich verſchiedenen<lb/> Geiſtes, ſolche die rein weltlichem Wiſſensdrang folgten, nämlich Mitglieder der<lb/> berühmten Akademie des Pomponius Laetus. Bekanntlich waren dieſelben des<lb/> Heidenthums etwas anrüchig, wurden indeß bei einer unter Paul <hi rendition="#aq">II</hi> deßhalb gegen<lb/> ſie eingeleiteten Unterſuchung freigeſprochen. Hätte man die Erinnerungszeichen<lb/> welche ſie dort zurückließen gekannt, ſo würde das Urtheil wahrſcheinlich anders<lb/> ausgefallen ſein; die Vetitelung des Pomponius Laetus als <hi rendition="#aq">pontifex maximus</hi><lb/> (ſowie eines andern als <hi rendition="#aq">sacerdos achademiæ romanæ</hi>), wäre ſie auch mehr ein<lb/> pedantiſcher Scherz als eine wirkliche Verhöhnung des Papſtthums, würde man doch<lb/> an betreffender Stelle übel vermerkt haben. Es unterliegt keinem Zweifel daß die<lb/> Rechtgläubigkeit dieſer Geſellſchaft durch den Claſſicismus ſtark angefreſſen war,<lb/> und die Schatten jener Räume hatten gegründeten Anlaß über deren Entweihung<lb/> zu klagen, die nur heidniſchem Weſen vor dem Chriſtenthum, wie einſt chriſtlichent<lb/> Weſen vor dem Heidenthum ein Zufluchtsort zu ſein ſchienen. Obwohl übrigens<lb/> alle die Parthenius, Calpurnius, Papirius u. ſ. w. (unter ihnen auch als <hi rendition="#aq">Campanus<lb/> antistes Precutinus</hi> der bekannte Dichter Giovanni Antonio Campano) ſich als „ein-<lb/> müthige Liebhaber des Alterthums“ bezeichnen, ſo haben doch ihre Spaziergänge<lb/> in die Unterwelt der Wiſſenſchaft nicht den geringſten Nutzen gebracht. Zu Ende<lb/> des 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts begaben ſich noch andere in die Ka-<lb/> takomben hinab und ſchrieben ihre Namen mit Kohle an; aber alle dieſe Beſuche<lb/> hörten bald auf. Die Inſchriften neuerer und neueſter Zeit, durch welche Rom-<lb/> fahrer auf ewigen Denkmälern ſich verewigen, bedürfen keiner Beſprechung; wie<lb/> ſie (z. B. in den Thermen des Caracalla und zu S. Coſtanza vor der Stadt) aller<lb/> Herren Länder vertreten, verſinnbildlichen ſie die fortdauernde Beziehung zwiſchen<lb/><hi rendition="#aq">orbi et urbi.</hi> Außerhalb Roms treffen wir, von einem einzigen Ort abgeſehen,<lb/> nur ſehr ſpärliche Graffiti aus dem Alterthum. Von dieſen ſei eines hier ange-<lb/> führt, welches ſich in einem Grabe vor Pozzuoli auf der campaniſchen Straße be-<lb/> findet. Es lautet verdeutſcht: „Labeo an Thyrſus: Ich bitte dich, ſchaffe mir<lb/> eine Herberge; denn aus der welche du mir hier auf der Oberwelt gegeben haſt,<lb/> bin ich vertrieben worden“ (darunter, wohl von anderer Hand:) „Thyrſus an La-<lb/> beo: Komm’, alles iſt bei mir bereit.“ Die Erklärungen die man dazu gegeben<lb/> hat, befriedigen nicht völlig; wir meinen in dieſen Worten einen Hauch des<lb/> Chriſtenthums, welches ja hierlands früh Wurzel ſchlug, zu ſpüren. Heißt es<lb/> nicht auch im Evangelium: „Kommt, denn es iſt alles bereit“ (Luk. <hi rendition="#aq">XIV</hi>, 17)?</p><lb/> <p>Mehr Graffiti nun, als ſämmtliche übrige zuſammengenommen, hat ſchon<lb/> die bisherige Ausbaggerung des Veſuvſchlammes uns auf den Mauern Pompeï’s<lb/> enthüllt. Aber die mit dem Schreibgriffel oder einem andern ſpitzen Werkzeug ein-<lb/> geritzten (die Römer ſagten <hi rendition="#aq">scariphare</hi>) ſind hier, wie überhaupt, nicht die einzi-<lb/> gen Wandinſchriften. Neben ihnen ſtehen in etwas geringerer Zahl die angemal-<lb/> ten, die Dipinti, welche entweder mit rother, ſchwarzer oder weißer Farbe wirk-<lb/> lich angepinſelt oder mit Röthel, Kohle oder Kreide angeſchrieben wurden. Ihren<lb/> Charakter nach gehören die letzteren durchaus zu den Graffiti; jene aber, die ei-<lb/> gentlichen Dipinti, bilden, wenigſtens in ihrer Hauptmaſſe, den Mittelſtand zwi-<lb/> ſchen dem Proletariat der Graffiti und der Ariſtokratie der inſchriftlichen<lb/> Denkmäler. Da ſie nicht, wie letztere, einem dauernden, ſondern nur einem vor-<lb/> übergehenden Zwecke zu dienen pflegen, ſo ſtehen ſie etwa mit unſern Straßen-<lb/> anſchlägen auf <hi rendition="#g">einer</hi> Stufe. Der öffentliche Zweck unterſcheidet ſie von den Graf-<lb/> fiti; das Dipinto: „den C. Julius Polybius empfiehlt Vatia zum Duumvir“,<lb/> (N. 132), iſt ein regelrechtes Wahlprogramm; das andere: „Des Aedilen A. Suettius<lb/> Certus Gladiatorenbande wird am letzten Mai zu Pompeï fechten; dabei Thier-<lb/> hetze und Zeltdach“ (N. 1189), eine regelrechte Schauſpielanzeige; aber den<lb/> Graffiti: „Den C. Julius Polybius empfiehlt Infantio zum Duumvir“ (N. 1226)<lb/> und „Hier wird am 27 Auguſt die Thierhetzerbande fechten, und Felix im Bären-<lb/> kampf auftreten“ (N. 1989), wohnt durchaus nicht die Abſicht einer Beziehung<lb/> auf das Publicum inne. Wir deuteten ſchon an daß ſolche aus Laune erzeugte<lb/> Inſchriften jede beliebige Faſſung annehmen; wie in den eben angeführten Fällen<lb/> die von Dipinti, ſo anderswo die von Briefen (N. 1684. 1852. 1991) oder die<lb/> von monumentalen Inſchriften (N. 2459: <hi rendition="#aq">Ex seito ordinis</hi> u. ſ. w. in dem Umriß<lb/> einer gehenkelten Tafel).</p><lb/> <p>Dipinti wie Graffiti erſcheinen auch als Aufſchriften auf Gefäßen, in denen<lb/> meiſtens Wein, aber auch andere Dinge (wie Fiſchſaucen, Enthaarungs- und<lb/> Waſchmittel, Oliven u. ſ. w.) aufbewahrt wurden. Wie ſchade doch daß der „Fau-<lb/> ſtianer (beſte Sorte des Falerners), Jahrgang 47,“ und der „alte Lunenſer von<lb/> M. Valerius Abennericus“ verſiegt ſind! Daß dieſe Amphoren nicht die erhaltende<lb/> Kraft gewiſſer heiliger Krüge und Fläſchchen beſitzen! Doch wird uns, ſollten wir<lb/> auch an der unverminderten Güte des Falerners und der andern einſt geprieſenen<lb/> Weine zweifeln, die Anziehungskraft und die Wirkung des ſüßen Naſſes, das<lb/> unter den Pompejanern kreiste, manch noch bezeugten Umſtand vergegenwärtigen:<lb/> der gewaltige Durft der Suavis, des Glyco und Martialis, des Epaphra und<lb/> Elea, das ungeſtüm geäußerte Verlangen nach „noch einem Kelch Setiner,“<lb/> die Weinpreiſe der Schenke in welcher die ſchon genannten „Spätkneiper“ die<lb/> Kellnerin Hedone nicht zur Ruhe kommen ließen; die ſchallhafte Abänderung zu<lb/> „Biberius,“ die der Name des gewiß rothnäſigen Liberius Venuſtus, gleich dem<lb/> des Kaiſers Tiberius, erfuhr; der treffliche Spruch endlich den die unſichere Hand<lb/> der lallenden Zunge nachzuſchreiben verſuchte: „Alles was im — alles was im<lb/> Wein geboren wird — alles was — alles was im Wein geboren iſt —“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </floatingText> </p> </div> </body> </text> </TEI> [187/0011]
Gelegenheiten oder Orte beſchränkt hätten; vielmehr waren ſie weit durchgängiger
und gleichmäßiger verbreitet als bei uns; wir finden ſie nämlich faſt überall da
wo wir Tünche finden. Für heute bedeutet dieß jedoch: nicht allzu häufig; denn
wie wenig Wände ſind uns in ihrer Bekleidung erhalten! Selbſt Rom liefert uns
keine große Anzahl von Wandkritzeleien oder, wie die Italiener ſagen, Graffiti.
Manche von ganz geringem Belang, oder nur Spuren von ſolchen, hat man in den
Titus-Thermen, auf dem Campo di Macao u. ſ. w. entdeckt. Die meiſte Beach-
tung verdienen die drei beſchmierten Wände auf der Weſtſeite des Palatin, die im
Jahr 1855 dem Tageslicht wiedergegeben wurden: das einzige Andenken an die
Pagenſtreiche welche gegen Ende des 2ten Jahrhunderts dieſen Theil des Cäſaren-
Palaſtes, das pædagogium, belebten. Hier liest man neben einem Eſel an der
Mühle das: „Arbeite, Eſelchen, wie ich gearbeitet habe, und es wird dir wohl be-
kommen.“ Von hier ſtammt jenes jetzt im Muſeo Kircheriano aufbewahrte Spott-
bild auf Chriſtus (ein gekreuzigter Eſel) *), das laut beigefügter Inſchrift auf den
Chriften Alexamenos berechnet war, wie vielleicht auch das Libanus episeopus
ebendaſelbſt chriſtliche Bedeutung hat. Die Kunſt überhaupt iſt ſtark vertreten;
hauptſächlich die Begeiſterung für die Kampfſpiele verlangte nach bildlichem Aus-
druck: Siegespalmen, Circusroſſe, Gladiatoren mit ungeheuren Naſen und Armen
wie Topfhenkeln (wofern nur einzelne Gliedmaßen zu unterſcheiden ſind) erregen
hier, wie zu Pompeï, das Vergnügen des Vetrachters. Die Zeichner hingegen,
weit entfernt ſich ihrer Werke zu ſchämen, nennen ſich nicht ſelten, z. B. pingit
Fortunatus Aſer. Als Siegespreiſe werden uns einmal aufgeführt eine Dalma-
tika und andere Gewandungen, und es fällt uns dabei das correre il palio der
heutigen Italiener ein. Einer etwas ſpäteren Zeit gehören ein paar Duzend von
Wandinſchriften an (die älteſte iſt von 215 n. Chr.) welche unter der ſiebenten
Cohorte der „Vigules“ (wie ſie ſich ſelbſt mit Vorliebe, ſtatt „Vigiles,“ nennen)
ihre Urheber zu ſuchen haben. Wir verdanken ſie den zu Ende 1866 eröffneten Aus-
grabungen von Monte di Fiore in Trastevere. Beſonders iſt darin von Talglämp-
chen-Erleuchtungen (sebaciaria) die Rede, die zu irgendwelchen Feſten öffentlichen
oder privaten Charakters veranſtaltet wurden. In die erſte Hälfte des 3ten Jahr-
hunderts (wie man aus den vorwiegend noch griechiſchen Sklavennamen entnehmen
kann) fallen auch die Kritzeleien eines kleinen Gemachs auf dem Aventin, welches
an die alte ſervianiſche Umwallung ſtößt. Hier gelobt z. B. einer (doch wohl dem
Baechus), käme er heil heraus (si recte exiero), ſo viel Seſter Wein als darin ſein
würden; vermuthlich hatte ihm Theonas dieſe unfreiwillige Nachbarſchaft neben
dem Weingewölbe zugezogen; denn ſcheinbar dieſelbe Hand hat hinzugefügt: „Die
Peſt über den Theonas!“ Doch ſind dergleichen Kritzeleien nicht etwa ausſchließ-
lich in der Tünche befindlich; ſie zeigen ſich z. B. auch auf den Marmorplatten der
alten Baſilika von S. Lorenzo im Ager Veranus, und die Spitze der Trajansſänle
trägt ein griechiſches Gebet byzantiniſchen Styls für einen Conſtantin, wahrſchein-
lich den guten Kaiſer Conſtans, der im 7ten Jahrhundert Roms Denkmälern einen
Beſuch abſtattete, um ſie nach Möglichkeit zu plündern. Wollen wir aber über-
haupt in eine ſo ſpäte Zeit herab-, aus dem heidniſchen in das chriſtliche Rom her-
übergehen, ſo brauchen wir nur unter die Erde zu ſteigen, und Inſchriften, wie wir
ſie ſuchen, bieten ſich unſern Augen in reicher Menge dar. Wir vertrauen uns in
dem Labyrinthe dieſes unterirdiſchen Noms der Führung De Roſſi’s an, der alle
Winkel desſelben mit der hellen Fackel ſeiner Gelehrſamkeit und ſeines Scharfſinnes
erleuchtet. Ihm zufolge haben wir in den Katakomben drei Claſſen von Graffiti
zu unterſcheiden: erſtens diejenigen durch welche die Gräber (fossores) auf fri-
ſchem Kalk ihr Tagewerk bezeugten, z. B. „Iconius brachte es (nämlich die Aus-
höhlung der Kammer) in zehn Tagen fertig;“ zweitens diejenigen welche die bei
der Beſtattung anweſenden Freunde auf dem trockenen Kalk eingruben — in kurzen
Zurufen wird den Todten der ewige Friede nachgewünſcht, z. B. „Leo in pace;“
drittens die _, welche von den frommen Veſuchern der Gräber ſtam-
men. Sobald der Gebrauch der Heiligenbilder aufkommt, ziehen dieſe vorzugsweiſe
(ſo das noch anmuthige und nicht allzu byzantiniſche der heiligen Cäcilia) die
_ auf ſich **). Dieſelben erſcheinen wiederum von dreierlei Art. Es
ſind entweder nur die Namen der Schreibenden, und zwar zunächſt römiſche (Maxi-
mus, Felix, Rufina), ſpäter barbariſche (Etelred, Ildebrand, Prando), denen
dann meiſtens ein Zuſatz, wie „Sünder,“ „Prieſter“ (abgekürzt PB oder PRB),
„unwürdiger Prieſter,“ „Biſchof,“ folgt. Oder es ſind Zurufe an Verwandte und
Freunde, wie wir ſie ſchon erwähnt haben, und welche größtentheils eher für Todte
als für Lebende zu paſſen ſcheinen: Donatus, Sofronia u. ſ. w., mögeſt du in
Ewigkeit — im ewigen Leben — im Frieden — in Gott leben! Endlich ſind es
Gebete welche an die Martyrer insgeſammt oder an einzelne derſelben, auch un-
mittelbar an Gott gerichtet ſind, z. B.: „Heilige Blutzeugen, gedenket der Maria!“
„Bittet, ihr heiligen Seelen, daß Verecundus mit den Seinigen glücklich fahren möge!“
(bene naviget); „Suſtus, gedenke in den Gebeten des Aurelius Repentinus!“
„Allmächtiger Gott, behüte den Sapricius!“ „Der Prieſter Euſtathius, demüthi-
ger Sünder, Diener des heiligen Blutzeugen Marcellinus; doch du, Beſter, bitte
für mich, und der Herr ſei dein Schutz!“ Daran ſchließt ſich manch eigenthümlicher
Erguß, wie der leider abgebrochene: „Du, Jeruſalem, Stadt und Zierde der Zen-
gen Gottes, deſſen ...“ Dieſes Anſchreiben war in der That eine fromme Uebung;
nicht überall wo die Pilger hinabſtiegen, ließen ſie in gleichem Maß ihre Namen
und Gebete zurück, ſondern vor allem nur in den geſchichtlichen Grüften (ſo nennt
ſie De Roſſi, cripte storiche), d. h. in den Grüften welche, als die Grabſtätten
von berühmten Martyrern oder von Päpſten, im Zeitalter des Friedens der Kirche
die Heiligthümer der einzelnen Kirchhöfe wurden. Wie wir hier aus ſpäteren Jahr-
hunderten hauptſächlich Prieſternamen leſen, ſo enthalten auch die Graffiti der
Baſilika von S. Clemente (auf den Gemälden des 9ten Jahrhunderts) wenig andere
Namen; ſolche Prieſtergraffiti weist ferner die Gruft von S. Vittorino zu Ami-
ternum, weiſen in Frankreich alte und hochverehrte Altäre auf, beſonders jener
berühmte der Kirche von Minerve (bei Narbonne), der mit unzähligen Namen aus
dem karolingiſchen Zeitalter bedeckt iſt. Wohl mit Recht vermuthet De Roſſi daß nicht
bloß deßhalb die Schreiber meiſt Prieſter waren weil es damals unter den Laien wenige
Schreibkundige gab, ſondern daß (inſoweit die beſchriebenen Stellen Altartafeln oder
Niſchen und Gemälde ſind, vor denen der Altar ſteht) wir die Graffiti als Erinnerungen
an daſelbſt gehaltene Meſſen zu betrachten haben. Für das ſpätere Mittelalter, bis
zum 15. Jahrhundert, dürfen wir auf Graffiti nicht in den Katakomben fahnden;
erſt dann erinnerte man ſich dieſer heiligen Stätten wieder, und ihre erſten neuen
Beſucher waren darin den alten verwandt daß ſie, wenn nicht geradezu von Andacht,
doch von frommer Neugier dahin geführt wurden. Einer der älteſten dieſer jünge-
ren Namen mag der des „Joannes Lonck 1432“ im Kirchhofe des Kalliſtus ſein;
ebendaſelbſt ſtehen aus der nächſtfolgenden Zeit herrührende, beſonders von Mino-
ritenbrüdern. Aber bald ſahen die Katakomben Gäſte weſentlich verſchiedenen
Geiſtes, ſolche die rein weltlichem Wiſſensdrang folgten, nämlich Mitglieder der
berühmten Akademie des Pomponius Laetus. Bekanntlich waren dieſelben des
Heidenthums etwas anrüchig, wurden indeß bei einer unter Paul II deßhalb gegen
ſie eingeleiteten Unterſuchung freigeſprochen. Hätte man die Erinnerungszeichen
welche ſie dort zurückließen gekannt, ſo würde das Urtheil wahrſcheinlich anders
ausgefallen ſein; die Vetitelung des Pomponius Laetus als pontifex maximus
(ſowie eines andern als sacerdos achademiæ romanæ), wäre ſie auch mehr ein
pedantiſcher Scherz als eine wirkliche Verhöhnung des Papſtthums, würde man doch
an betreffender Stelle übel vermerkt haben. Es unterliegt keinem Zweifel daß die
Rechtgläubigkeit dieſer Geſellſchaft durch den Claſſicismus ſtark angefreſſen war,
und die Schatten jener Räume hatten gegründeten Anlaß über deren Entweihung
zu klagen, die nur heidniſchem Weſen vor dem Chriſtenthum, wie einſt chriſtlichent
Weſen vor dem Heidenthum ein Zufluchtsort zu ſein ſchienen. Obwohl übrigens
alle die Parthenius, Calpurnius, Papirius u. ſ. w. (unter ihnen auch als Campanus
antistes Precutinus der bekannte Dichter Giovanni Antonio Campano) ſich als „ein-
müthige Liebhaber des Alterthums“ bezeichnen, ſo haben doch ihre Spaziergänge
in die Unterwelt der Wiſſenſchaft nicht den geringſten Nutzen gebracht. Zu Ende
des 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts begaben ſich noch andere in die Ka-
takomben hinab und ſchrieben ihre Namen mit Kohle an; aber alle dieſe Beſuche
hörten bald auf. Die Inſchriften neuerer und neueſter Zeit, durch welche Rom-
fahrer auf ewigen Denkmälern ſich verewigen, bedürfen keiner Beſprechung; wie
ſie (z. B. in den Thermen des Caracalla und zu S. Coſtanza vor der Stadt) aller
Herren Länder vertreten, verſinnbildlichen ſie die fortdauernde Beziehung zwiſchen
orbi et urbi. Außerhalb Roms treffen wir, von einem einzigen Ort abgeſehen,
nur ſehr ſpärliche Graffiti aus dem Alterthum. Von dieſen ſei eines hier ange-
führt, welches ſich in einem Grabe vor Pozzuoli auf der campaniſchen Straße be-
findet. Es lautet verdeutſcht: „Labeo an Thyrſus: Ich bitte dich, ſchaffe mir
eine Herberge; denn aus der welche du mir hier auf der Oberwelt gegeben haſt,
bin ich vertrieben worden“ (darunter, wohl von anderer Hand:) „Thyrſus an La-
beo: Komm’, alles iſt bei mir bereit.“ Die Erklärungen die man dazu gegeben
hat, befriedigen nicht völlig; wir meinen in dieſen Worten einen Hauch des
Chriſtenthums, welches ja hierlands früh Wurzel ſchlug, zu ſpüren. Heißt es
nicht auch im Evangelium: „Kommt, denn es iſt alles bereit“ (Luk. XIV, 17)?
Mehr Graffiti nun, als ſämmtliche übrige zuſammengenommen, hat ſchon
die bisherige Ausbaggerung des Veſuvſchlammes uns auf den Mauern Pompeï’s
enthüllt. Aber die mit dem Schreibgriffel oder einem andern ſpitzen Werkzeug ein-
geritzten (die Römer ſagten scariphare) ſind hier, wie überhaupt, nicht die einzi-
gen Wandinſchriften. Neben ihnen ſtehen in etwas geringerer Zahl die angemal-
ten, die Dipinti, welche entweder mit rother, ſchwarzer oder weißer Farbe wirk-
lich angepinſelt oder mit Röthel, Kohle oder Kreide angeſchrieben wurden. Ihren
Charakter nach gehören die letzteren durchaus zu den Graffiti; jene aber, die ei-
gentlichen Dipinti, bilden, wenigſtens in ihrer Hauptmaſſe, den Mittelſtand zwi-
ſchen dem Proletariat der Graffiti und der Ariſtokratie der inſchriftlichen
Denkmäler. Da ſie nicht, wie letztere, einem dauernden, ſondern nur einem vor-
übergehenden Zwecke zu dienen pflegen, ſo ſtehen ſie etwa mit unſern Straßen-
anſchlägen auf einer Stufe. Der öffentliche Zweck unterſcheidet ſie von den Graf-
fiti; das Dipinto: „den C. Julius Polybius empfiehlt Vatia zum Duumvir“,
(N. 132), iſt ein regelrechtes Wahlprogramm; das andere: „Des Aedilen A. Suettius
Certus Gladiatorenbande wird am letzten Mai zu Pompeï fechten; dabei Thier-
hetze und Zeltdach“ (N. 1189), eine regelrechte Schauſpielanzeige; aber den
Graffiti: „Den C. Julius Polybius empfiehlt Infantio zum Duumvir“ (N. 1226)
und „Hier wird am 27 Auguſt die Thierhetzerbande fechten, und Felix im Bären-
kampf auftreten“ (N. 1989), wohnt durchaus nicht die Abſicht einer Beziehung
auf das Publicum inne. Wir deuteten ſchon an daß ſolche aus Laune erzeugte
Inſchriften jede beliebige Faſſung annehmen; wie in den eben angeführten Fällen
die von Dipinti, ſo anderswo die von Briefen (N. 1684. 1852. 1991) oder die
von monumentalen Inſchriften (N. 2459: Ex seito ordinis u. ſ. w. in dem Umriß
einer gehenkelten Tafel).
Dipinti wie Graffiti erſcheinen auch als Aufſchriften auf Gefäßen, in denen
meiſtens Wein, aber auch andere Dinge (wie Fiſchſaucen, Enthaarungs- und
Waſchmittel, Oliven u. ſ. w.) aufbewahrt wurden. Wie ſchade doch daß der „Fau-
ſtianer (beſte Sorte des Falerners), Jahrgang 47,“ und der „alte Lunenſer von
M. Valerius Abennericus“ verſiegt ſind! Daß dieſe Amphoren nicht die erhaltende
Kraft gewiſſer heiliger Krüge und Fläſchchen beſitzen! Doch wird uns, ſollten wir
auch an der unverminderten Güte des Falerners und der andern einſt geprieſenen
Weine zweifeln, die Anziehungskraft und die Wirkung des ſüßen Naſſes, das
unter den Pompejanern kreiste, manch noch bezeugten Umſtand vergegenwärtigen:
der gewaltige Durft der Suavis, des Glyco und Martialis, des Epaphra und
Elea, das ungeſtüm geäußerte Verlangen nach „noch einem Kelch Setiner,“
die Weinpreiſe der Schenke in welcher die ſchon genannten „Spätkneiper“ die
Kellnerin Hedone nicht zur Ruhe kommen ließen; die ſchallhafte Abänderung zu
„Biberius,“ die der Name des gewiß rothnäſigen Liberius Venuſtus, gleich dem
des Kaiſers Tiberius, erfuhr; der treffliche Spruch endlich den die unſichere Hand
der lallenden Zunge nachzuſchreiben verſuchte: „Alles was im — alles was im
Wein geboren wird — alles was — alles was im Wein geboren iſt —“
*) Man warf den Juden und Chriſten vor daß ſie den Kopf eines wilden Eſels an-
beteten.
**) Dieſe Heiligenbekritzler, welche übrigens leineswegs das Licht der Sonne ſcheuten
(wie man z. B. in der Vorhalle von S. Lorenzo ſuori le mura erſieht), waren alſo
recht eigentliche graſſiasanti, d. h. Scheinheilige.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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