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Allgemeine Zeitung, Nr. 14, 14. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] herabgesunken. Die Geistesschwachen lassen sich noch immer durch
die listige Lokspeise der Prämien, durch welche man sie zum An-
kaufe von ganzen Massen der ihren Inhabern zur Last liegenden
Renten reizt, verführen; wenn dann die Termine dieser Zeit-
käufe am Monatsende eintreten, werden sie durch den hohen
Kurs verleitet, die Rentenprämien als gewonnen anzusehen, und
so haben dann die Verkäufer auf Prämie ihren Zwek erreicht, ihre
Renten loszuschlagen, und zwar zu einem Preise, bei welchem
sie im Gegensaze mit den Zeiten, wo sie diese Renten an sich
brachten und sie mit kaum 60, 65 oder 70 bezahlten, ungeheuer
gewinnen. Gewiß ist dieses Bestreben der Jobbereimacht und ih-
rer Vafallen, der Generaleinnehmer, nicht blos die Folge eines
klugen Rechners, der seine Benefize realisirt, wenn sie ihm
beträchtlich genug scheinen; sondern es liegt dabei auch ein
geheimes Mißtrauen in die Lage von Frankreich und in die
Verhältnisse von ganz Europa zum Grunde. Die Folge des
Decemberspiels war, daß Jedermann ungeheuer reich geworden
zu seyn schien; aber man mußte nun die gewonnenen Reuten
baar einlösen, und weil solche baare Massen in den Händen der
vielen Halbreichen und der wenigen Ueberreichen nicht vorhanden
sind, so hätte man sich der baaren Einlösung durch Wiederverkauf
entledigen können, hätte man nicht zu befürchten gehabt, dadurch
die hohen Kurse wieder zu entwerthen. Die Meisten wollten sich
also im Besize der so schön stehenden Werthe auf eine spätere
Frist erhatten, und so entstand eine ungeheure Nachfrage nach Re-
porten. Die Reporte stiegen zu unsinnnigen Preisen; die Kapi-
talien flossen nun herbei, gelokt durch den Gewinn. Und so gin-
gen die fünf ersten Tage des Januars glüklich für die Kurse vor-
über. Heute wird es sich entscheiden, ob die Zahlungen der be-
trächtlichen Mouatsdifferenzen, welche bei einem so thätigen Spiele
unvermeidlich eintreten, sich ohne krampfhafte Bewegungen bewerk-
stelligen werden. Gewiß ist, daß der Plaz bereits ansing geldarm
zu seyn; weil man zuerst nicht glauben wollte, daß die Jobberei
allein denselben erschöpft haben könnte, so erklärte man sich den
Mangel durch eine Niederiegung von 40 Millionen zur Sicherheit
des königlichen Schazes, wovon vier Gesellschaften, die an der An-
leihe der 80 Millionen Theil nehmen wollen, jede 10 Millionen
bis zum 12 dis als dem Tage der Zuschlagung außerhalb Umlauf
gesezt haben. Aber auch diesem Uebel war durch eine sehr be-
trächtliche Hülfe von Seite der Bank vermittelst reichlichen Dis-
konto's abgeholfen worden. Hente fangen nun die Spieler an,
wieder Luft zu schöpfen; die Käufe sind so ziemlich alle liquidirt.
Sollte aber am Ende nicht der Fall eintreten, daß aus dem Zu-
wachs der schwebenden Renten, die aus den festhalten-
den Händen der bisherigen Inhaber in die schwächeren der zum
Reportiren genöthigten Spieler übergehen, eine gefährliche Kon-
kurrenz mit der schwebenden Schuld der Regierung ent-
stünde?

Deutschland.

Die Stuttgarter Hofzeitung enthält ein ausführliches Pro-
gramm über die am 15 Jan. statt findende Wiedereröfnung der
würtembergischen Ständeversammlung.

Schweden.

Der reiche Kommerzienrath Filen
ist vorgestern gestorben. Ueber seine testamentarischen Verfügungen
dürften leicht unter seinen muthmaaßlichen Erden mohrere Konstikte
entstehn. Der Pensionskasse soll er ein Legat von 200,000 Rthlrn.
[Spaltenumbruch] Banko ausgesezt haben. -- Die öffentlichen Blätter Norwegens
bemühen sich fortwährend, Hrn. Collett, Mitglied des obersten
Gerichtshofs, zur Eingebung seiner Demission zu zwingen; sie be-
haupten, die wider ihn erhobenen Beschwerden seyen der Art, daß
sie wohl die ernste Beachtung des Stortyings verdienten. -- Bei
einem hier wohnhaften französischen Kaufmann hat der Fiskus
dieser Tage Waaren von bedeutendem Werthe konfiszirt. -- Heute
hat der Reichstag seine durch das Weihnachtfest unterbrochenen
Sizungen wieder eröfnet, es hatten sich dazu aber nur wenig Mit-
glieder eingefunden. -- Oehkenschlägers Trauerspiel Axel und Wal-
borg findet noch immer enthustaftischen Bekfall auf unsrer Bühne;
es ist schon vierzehnmal hintereinander bei vollem Hause gegeben
worden. -- Seit mehreren Tagen haben wir eine anhaltende Kälte
von 15 Graden.

Rußland.

Bis jezt weiß man noch nicht mir Zu-
verlässigkeit, ob der türkische Botschafter Halil Pascha Pässe zur
Reise nach Petersburg erhalten, oder unverrichteter Sache von hier
zurükreisen wird; denn seit gestern verbreitet sich das Gerücht, daß
dem Grafen Orloff durch den Feldmarschall Grafen Diebitsch der
Befehl zugekommen sey, nicht weiter mit der Pforte zu unterhan-
deln, und daß es ihm dabei freigestellt bleibe, Konstantinopel zu
verlassen. Inzwischen begründen die getroffenen Anstalten eine über-
wiegende Wahrscheinlichkeit für die Fortsezung der Reise Halli
Pascha's, da bereits viele Wägen gemiethet sind, um ihn, sein
zahlreiches Gefolge und mehrere hundert Ballen und Fässer, welche
die reichen für unsern Hof bestimmten Geschenke enthalten, zu
transportiren. Bei der bekannten und allgemein verkündeten Geld-
noth der Pforte fällt es auf, ihren Botschafter einen solchen Schaz
an Geschenken mit sich führen zu sehn, und es drängt sich fast un-
willkührlich die Vermuthung auf, daß sich die Pforte durch diese
reichen Geschenke von der Entrichtung der ihr auferlegten Kriegs-
kosten-Entschädigung zu befreien trachte: eine Absicht, die in meh-
rern Briefen aus Konstantinopel ausdrüklich ausgesprochen, und
zugleich als Grund angegeben wird, warum der Sultan bisher alle
Anerbietungen von Geldanleihen abgelehnt habe, indem er erst den
Erfolg der Unterhandlungen zu Petersburg abwarten wolle. Al-
lein bei den großen Opfern und dem ungeheuren Kriegsaufwande,
welchen Rußland in zwei Feldzügen gemacht hat, scheint es kaum
glaublich, daß die Pforte einen bedeutenden Nachlaß an dem ohne-
hin so gering angenommenen Schadenersaze, oder an der mit
den Kriegskosten keineswegs verhältnißmäßigen Kriegssteuer erhal-
ten sollte. Die an Persien gemachten Forderungen waren viel be-
deutender, während die Anstrengungen und Opfer des persischen
Kriegs in keinen Vergleich mit den im türkischen Kriege gemach-
ten kommen können, und den Persern wurde nach einer sehr be-
deutenden Gebietsabtretung doch nur eine verhältnißmäßig geringe
Geldsumme nachgelassen. -- Ungeachtet der schlechten Jahreszeit
herrscht viel Leben in unserm Hasen, und wären wir nicht durch
das Pestübel geplagt, so würde unser Plaz wieder im alten
Flor seyn.

Oestreich.

Metalliques 105; 4prozentige Metalliques
95 3/8 ; Bankaktien 1304.

Metalliques ; 4proz.
Met. 95 3/8 ; Baukaktien 1565.

Türkei.

Ein in 18 Tagen von Tschesme hier an-
gelangter Kauffahrer, ist am fünften Tage seiner Reise dem ver-
einten ägyptisch-türkischen Geschwader, auf dessen Wege von Ale-
randrin nach Konstantinopel, im Kanale von Zea begegnet.



Verantwortlicher Redakteur, C. J. Stegmann.


[Spaltenumbruch] herabgeſunken. Die Geiſtesſchwachen laſſen ſich noch immer durch
die liſtige Lokſpeiſe der Prämien, durch welche man ſie zum An-
kaufe von ganzen Maſſen der ihren Inhabern zur Laſt liegenden
Renten reizt, verführen; wenn dann die Termine dieſer Zeit-
käufe am Monatsende eintreten, werden ſie durch den hohen
Kurs verleitet, die Rentenprämien als gewonnen anzuſehen, und
ſo haben dann die Verkäufer auf Prämie ihren Zwek erreicht, ihre
Renten loszuſchlagen, und zwar zu einem Preiſe, bei welchem
ſie im Gegenſaze mit den Zeiten, wo ſie dieſe Renten an ſich
brachten und ſie mit kaum 60, 65 oder 70 bezahlten, ungeheuer
gewinnen. Gewiß iſt dieſes Beſtreben der Jobbereimacht und ih-
rer Vafallen, der Generaleinnehmer, nicht blos die Folge eines
klugen Rechners, der ſeine Benefize realiſirt, wenn ſie ihm
beträchtlich genug ſcheinen; ſondern es liegt dabei auch ein
geheimes Mißtrauen in die Lage von Frankreich und in die
Verhältniſſe von ganz Europa zum Grunde. Die Folge des
Decemberſpiels war, daß Jedermann ungeheuer reich geworden
zu ſeyn ſchien; aber man mußte nun die gewonnenen Reuten
baar einlöſen, und weil ſolche baare Maſſen in den Händen der
vielen Halbreichen und der wenigen Ueberreichen nicht vorhanden
ſind, ſo hätte man ſich der baaren Einlöſung durch Wiederverkauf
entledigen können, hätte man nicht zu befürchten gehabt, dadurch
die hohen Kurſe wieder zu entwerthen. Die Meiſten wollten ſich
alſo im Beſize der ſo ſchön ſtehenden Werthe auf eine ſpätere
Friſt erhatten, und ſo entſtand eine ungeheure Nachfrage nach Re-
porten. Die Reporte ſtiegen zu unſinnnigen Preiſen; die Kapi-
talien floſſen nun herbei, gelokt durch den Gewinn. Und ſo gin-
gen die fünf erſten Tage des Januars glüklich für die Kurſe vor-
über. Heute wird es ſich entſcheiden, ob die Zahlungen der be-
trächtlichen Mouatsdifferenzen, welche bei einem ſo thätigen Spiele
unvermeidlich eintreten, ſich ohne krampfhafte Bewegungen bewerk-
ſtelligen werden. Gewiß iſt, daß der Plaz bereits anſing geldarm
zu ſeyn; weil man zuerſt nicht glauben wollte, daß die Jobberei
allein denſelben erſchöpft haben könnte, ſo erklärte man ſich den
Mangel durch eine Niederiegung von 40 Millionen zur Sicherheit
des königlichen Schazes, wovon vier Geſellſchaften, die an der An-
leihe der 80 Millionen Theil nehmen wollen, jede 10 Millionen
bis zum 12 dis als dem Tage der Zuſchlagung außerhalb Umlauf
geſezt haben. Aber auch dieſem Uebel war durch eine ſehr be-
trächtliche Hülfe von Seite der Bank vermittelſt reichlichen Dis-
konto’s abgeholfen worden. Hente fangen nun die Spieler an,
wieder Luft zu ſchöpfen; die Käufe ſind ſo ziemlich alle liquidirt.
Sollte aber am Ende nicht der Fall eintreten, daß aus dem Zu-
wachs der ſchwebenden Renten, die aus den feſthalten-
den Händen der bisherigen Inhaber in die ſchwächeren der zum
Reportiren genöthigten Spieler übergehen, eine gefährliche Kon-
kurrenz mit der ſchwebenden Schuld der Regierung ent-
ſtünde?

Deutſchland.

Die Stuttgarter Hofzeitung enthält ein ausführliches Pro-
gramm über die am 15 Jan. ſtatt findende Wiedereröfnung der
würtembergiſchen Ständeverſammlung.

Schweden.

Der reiche Kommerzienrath Filen
iſt vorgeſtern geſtorben. Ueber ſeine teſtamentariſchen Verfügungen
dürften leicht unter ſeinen muthmaaßlichen Erden mohrere Konſtikte
entſtehn. Der Penſionskaſſe ſoll er ein Legat von 200,000 Rthlrn.
[Spaltenumbruch] Banko ausgeſezt haben. — Die öffentlichen Blätter Norwegens
bemühen ſich fortwährend, Hrn. Collett, Mitglied des oberſten
Gerichtshofs, zur Eingebung ſeiner Demiſſion zu zwingen; ſie be-
haupten, die wider ihn erhobenen Beſchwerden ſeyen der Art, daß
ſie wohl die ernſte Beachtung des Stortyings verdienten. — Bei
einem hier wohnhaften franzöſiſchen Kaufmann hat der Fiskus
dieſer Tage Waaren von bedeutendem Werthe konfiszirt. — Heute
hat der Reichstag ſeine durch das Weihnachtfeſt unterbrochenen
Sizungen wieder eröfnet, es hatten ſich dazu aber nur wenig Mit-
glieder eingefunden. — Oehkenſchlägers Trauerſpiel Axel und Wal-
borg findet noch immer enthuſtaftiſchen Bekfall auf unſrer Bühne;
es iſt ſchon vierzehnmal hintereinander bei vollem Hauſe gegeben
worden. — Seit mehreren Tagen haben wir eine anhaltende Kälte
von 15 Graden.

Rußland.

Bis jezt weiß man noch nicht mir Zu-
verläſſigkeit, ob der türkiſche Botſchafter Halil Paſcha Päſſe zur
Reiſe nach Petersburg erhalten, oder unverrichteter Sache von hier
zurükreiſen wird; denn ſeit geſtern verbreitet ſich das Gerücht, daß
dem Grafen Orloff durch den Feldmarſchall Grafen Diebitſch der
Befehl zugekommen ſey, nicht weiter mit der Pforte zu unterhan-
deln, und daß es ihm dabei freigeſtellt bleibe, Konſtantinopel zu
verlaſſen. Inzwiſchen begründen die getroffenen Anſtalten eine über-
wiegende Wahrſcheinlichkeit für die Fortſezung der Reiſe Halli
Paſcha’s, da bereits viele Wägen gemiethet ſind, um ihn, ſein
zahlreiches Gefolge und mehrere hundert Ballen und Fäſſer, welche
die reichen für unſern Hof beſtimmten Geſchenke enthalten, zu
transportiren. Bei der bekannten und allgemein verkündeten Geld-
noth der Pforte fällt es auf, ihren Botſchafter einen ſolchen Schaz
an Geſchenken mit ſich führen zu ſehn, und es drängt ſich faſt un-
willkührlich die Vermuthung auf, daß ſich die Pforte durch dieſe
reichen Geſchenke von der Entrichtung der ihr auferlegten Kriegs-
koſten-Entſchädigung zu befreien trachte: eine Abſicht, die in meh-
rern Briefen aus Konſtantinopel ausdrüklich ausgeſprochen, und
zugleich als Grund angegeben wird, warum der Sultan bisher alle
Anerbietungen von Geldanleihen abgelehnt habe, indem er erſt den
Erfolg der Unterhandlungen zu Petersburg abwarten wolle. Al-
lein bei den großen Opfern und dem ungeheuren Kriegsaufwande,
welchen Rußland in zwei Feldzügen gemacht hat, ſcheint es kaum
glaublich, daß die Pforte einen bedeutenden Nachlaß an dem ohne-
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den Kriegskoſten keineswegs verhältnißmäßigen Kriegsſteuer erhal-
ten ſollte. Die an Perſien gemachten Forderungen waren viel be-
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Kriegs in keinen Vergleich mit den im türkiſchen Kriege gemach-
ten kommen können, und den Perſern wurde nach einer ſehr be-
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Geldſumme nachgelaſſen. — Ungeachtet der ſchlechten Jahreszeit
herrſcht viel Leben in unſerm Haſen, und wären wir nicht durch
das Peſtübel geplagt, ſo würde unſer Plaz wieder im alten
Flor ſeyn.

Oeſtreich.

Metalliques 105; 4prozentige Metalliques
95⅜; Bankaktien 1304.

Metalliques ; 4proz.
Met. 95⅜; Baukaktien 1565.

Türkei.

Ein in 18 Tagen von Tſchesme hier an-
gelangter Kauffahrer, iſt am fünften Tage ſeiner Reiſe dem ver-
einten ägyptiſch-türkiſchen Geſchwader, auf deſſen Wege von Ale-
randrin nach Konſtantinopel, im Kanale von Zea begegnet.



Verantwortlicher Redakteur, C. J. Stegmann.


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[56/0004] herabgeſunken. Die Geiſtesſchwachen laſſen ſich noch immer durch die liſtige Lokſpeiſe der Prämien, durch welche man ſie zum An- kaufe von ganzen Maſſen der ihren Inhabern zur Laſt liegenden Renten reizt, verführen; wenn dann die Termine dieſer Zeit- käufe am Monatsende eintreten, werden ſie durch den hohen Kurs verleitet, die Rentenprämien als gewonnen anzuſehen, und ſo haben dann die Verkäufer auf Prämie ihren Zwek erreicht, ihre Renten loszuſchlagen, und zwar zu einem Preiſe, bei welchem ſie im Gegenſaze mit den Zeiten, wo ſie dieſe Renten an ſich brachten und ſie mit kaum 60, 65 oder 70 bezahlten, ungeheuer gewinnen. Gewiß iſt dieſes Beſtreben der Jobbereimacht und ih- rer Vafallen, der Generaleinnehmer, nicht blos die Folge eines klugen Rechners, der ſeine Benefize realiſirt, wenn ſie ihm beträchtlich genug ſcheinen; ſondern es liegt dabei auch ein geheimes Mißtrauen in die Lage von Frankreich und in die Verhältniſſe von ganz Europa zum Grunde. Die Folge des Decemberſpiels war, daß Jedermann ungeheuer reich geworden zu ſeyn ſchien; aber man mußte nun die gewonnenen Reuten baar einlöſen, und weil ſolche baare Maſſen in den Händen der vielen Halbreichen und der wenigen Ueberreichen nicht vorhanden ſind, ſo hätte man ſich der baaren Einlöſung durch Wiederverkauf entledigen können, hätte man nicht zu befürchten gehabt, dadurch die hohen Kurſe wieder zu entwerthen. Die Meiſten wollten ſich alſo im Beſize der ſo ſchön ſtehenden Werthe auf eine ſpätere Friſt erhatten, und ſo entſtand eine ungeheure Nachfrage nach Re- porten. Die Reporte ſtiegen zu unſinnnigen Preiſen; die Kapi- talien floſſen nun herbei, gelokt durch den Gewinn. Und ſo gin- gen die fünf erſten Tage des Januars glüklich für die Kurſe vor- über. Heute wird es ſich entſcheiden, ob die Zahlungen der be- trächtlichen Mouatsdifferenzen, welche bei einem ſo thätigen Spiele unvermeidlich eintreten, ſich ohne krampfhafte Bewegungen bewerk- ſtelligen werden. Gewiß iſt, daß der Plaz bereits anſing geldarm zu ſeyn; weil man zuerſt nicht glauben wollte, daß die Jobberei allein denſelben erſchöpft haben könnte, ſo erklärte man ſich den Mangel durch eine Niederiegung von 40 Millionen zur Sicherheit des königlichen Schazes, wovon vier Geſellſchaften, die an der An- leihe der 80 Millionen Theil nehmen wollen, jede 10 Millionen bis zum 12 dis als dem Tage der Zuſchlagung außerhalb Umlauf geſezt haben. Aber auch dieſem Uebel war durch eine ſehr be- trächtliche Hülfe von Seite der Bank vermittelſt reichlichen Dis- konto’s abgeholfen worden. Hente fangen nun die Spieler an, wieder Luft zu ſchöpfen; die Käufe ſind ſo ziemlich alle liquidirt. Sollte aber am Ende nicht der Fall eintreten, daß aus dem Zu- wachs der ſchwebenden Renten, die aus den feſthalten- den Händen der bisherigen Inhaber in die ſchwächeren der zum Reportiren genöthigten Spieler übergehen, eine gefährliche Kon- kurrenz mit der ſchwebenden Schuld der Regierung ent- ſtünde? Deutſchland. Die Stuttgarter Hofzeitung enthält ein ausführliches Pro- gramm über die am 15 Jan. ſtatt findende Wiedereröfnung der würtembergiſchen Ständeverſammlung. Schweden. *Stockholm, 29 Dec.Der reiche Kommerzienrath Filen iſt vorgeſtern geſtorben. Ueber ſeine teſtamentariſchen Verfügungen dürften leicht unter ſeinen muthmaaßlichen Erden mohrere Konſtikte entſtehn. Der Penſionskaſſe ſoll er ein Legat von 200,000 Rthlrn. Banko ausgeſezt haben. — Die öffentlichen Blätter Norwegens bemühen ſich fortwährend, Hrn. Collett, Mitglied des oberſten Gerichtshofs, zur Eingebung ſeiner Demiſſion zu zwingen; ſie be- haupten, die wider ihn erhobenen Beſchwerden ſeyen der Art, daß ſie wohl die ernſte Beachtung des Stortyings verdienten. — Bei einem hier wohnhaften franzöſiſchen Kaufmann hat der Fiskus dieſer Tage Waaren von bedeutendem Werthe konfiszirt. — Heute hat der Reichstag ſeine durch das Weihnachtfeſt unterbrochenen Sizungen wieder eröfnet, es hatten ſich dazu aber nur wenig Mit- glieder eingefunden. — Oehkenſchlägers Trauerſpiel Axel und Wal- borg findet noch immer enthuſtaftiſchen Bekfall auf unſrer Bühne; es iſt ſchon vierzehnmal hintereinander bei vollem Hauſe gegeben worden. — Seit mehreren Tagen haben wir eine anhaltende Kälte von 15 Graden. Rußland. † Odeſſa, 27 Dec.Bis jezt weiß man noch nicht mir Zu- verläſſigkeit, ob der türkiſche Botſchafter Halil Paſcha Päſſe zur Reiſe nach Petersburg erhalten, oder unverrichteter Sache von hier zurükreiſen wird; denn ſeit geſtern verbreitet ſich das Gerücht, daß dem Grafen Orloff durch den Feldmarſchall Grafen Diebitſch der Befehl zugekommen ſey, nicht weiter mit der Pforte zu unterhan- deln, und daß es ihm dabei freigeſtellt bleibe, Konſtantinopel zu verlaſſen. Inzwiſchen begründen die getroffenen Anſtalten eine über- wiegende Wahrſcheinlichkeit für die Fortſezung der Reiſe Halli Paſcha’s, da bereits viele Wägen gemiethet ſind, um ihn, ſein zahlreiches Gefolge und mehrere hundert Ballen und Fäſſer, welche die reichen für unſern Hof beſtimmten Geſchenke enthalten, zu transportiren. Bei der bekannten und allgemein verkündeten Geld- noth der Pforte fällt es auf, ihren Botſchafter einen ſolchen Schaz an Geſchenken mit ſich führen zu ſehn, und es drängt ſich faſt un- willkührlich die Vermuthung auf, daß ſich die Pforte durch dieſe reichen Geſchenke von der Entrichtung der ihr auferlegten Kriegs- koſten-Entſchädigung zu befreien trachte: eine Abſicht, die in meh- rern Briefen aus Konſtantinopel ausdrüklich ausgeſprochen, und zugleich als Grund angegeben wird, warum der Sultan bisher alle Anerbietungen von Geldanleihen abgelehnt habe, indem er erſt den Erfolg der Unterhandlungen zu Petersburg abwarten wolle. Al- lein bei den großen Opfern und dem ungeheuren Kriegsaufwande, welchen Rußland in zwei Feldzügen gemacht hat, ſcheint es kaum glaublich, daß die Pforte einen bedeutenden Nachlaß an dem ohne- hin ſo gering angenommenen Schadenerſaze, oder an der mit den Kriegskoſten keineswegs verhältnißmäßigen Kriegsſteuer erhal- ten ſollte. Die an Perſien gemachten Forderungen waren viel be- deutender, während die Anſtrengungen und Opfer des perſiſchen Kriegs in keinen Vergleich mit den im türkiſchen Kriege gemach- ten kommen können, und den Perſern wurde nach einer ſehr be- deutenden Gebietsabtretung doch nur eine verhältnißmäßig geringe Geldſumme nachgelaſſen. — Ungeachtet der ſchlechten Jahreszeit herrſcht viel Leben in unſerm Haſen, und wären wir nicht durch das Peſtübel geplagt, ſo würde unſer Plaz wieder im alten Flor ſeyn. Oeſtreich. Wien, 9 Jan.Metalliques 105; 4prozentige Metalliques 95⅜; Bankaktien 1304. Frankfurt a. M., 11 Jan.Metalliques [FORMEL]; 4proz. Met. 95⅜; Baukaktien 1565. Türkei. *Trieſt, 6 Jan.Ein in 18 Tagen von Tſchesme hier an- gelangter Kauffahrer, iſt am fünften Tage ſeiner Reiſe dem ver- einten ägyptiſch-türkiſchen Geſchwader, auf deſſen Wege von Ale- randrin nach Konſtantinopel, im Kanale von Zea begegnet. Verantwortlicher Redakteur, C. J. Stegmann.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 14, 14. Januar 1830, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine14_1830/4>, abgerufen am 24.11.2024.