Allgemeine Zeitung, Nr. 156, 4. Juni 1860.[Spaltenumbruch]
heit der Verfolgung der Bischöfe sagt Contemporaneo: "Einige schreiben daß @ Florenz, 27 Mai. In Erwägung daß Staatsbeamte nicht "Es ist Thatsache daß man seit lauger Zeit Umtriebe anzettelte um diese Besonders scharf wird in dem Schreiben die "Rohheit" der piemonte- Turin, 31 Mai. Die Ausscheidung unseres Geschäftsträgers Turin, 1 Juni. Ein sehr wichtiges Factum muß heute vorab be- @ Mailand, 29 Mai. Die Reorganisirung der hiesigen Aemter Deutschland. Bayern. München, 3 Jun. Wie ich vernehme, ist bei [Spaltenumbruch]
heit der Verfolgung der Biſchöfe ſagt Contemporaneo: „Einige ſchreiben daß  Florenz, 27 Mai. In Erwägung daß Staatsbeamte nicht „Es iſt Thatſache daß man ſeit lauger Zeit Umtriebe anzettelte um dieſe Beſonders ſcharf wird in dem Schreiben die „Rohheit“ der piemonte- ✕ Turin, 31 Mai. Die Ausſcheidung unſeres Geſchäftsträgers ✕ Turin, 1 Juni. Ein ſehr wichtiges Factum muß heute vorab be-  Mailand, 29 Mai. Die Reorganiſirung der hieſigen Aemter Deutſchland. Bayern. ⊙ München, 3 Jun. Wie ich vernehme, iſt bei <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0002" n="2598"/><cb/> heit der Verfolgung der Biſchöfe ſagt Contemporaneo: „Einige ſchreiben daß<lb/> das Verfahren gegen die Biſchöfe grauſam ſey; wir im Gegentheil wollen<lb/> antworten daß dieſes Verfahren einer Regierung die für zwei Spannen nicht<lb/> ihr gehörender Erde, für das Caſtell von Monza und für den Palaſt von<lb/> Pitti das Fleiſch zweier Völker, die Sicherheit und Ehre des eigenen Staats<lb/> an den Fremden verhandelte, ganz angemeſſen iſt.“ Der erſten Nummer<lb/> dieſes Blattes folgte gleich eine zweite Auflage von 3000 Exemplaren, und<lb/> noch jetzt werden die erſchienenen Nummern — da ſich die Abonnentenzahl<lb/> welche dieſe Zeitung vollſtändig wünſchen, täglich mehrt — immer nachge-<lb/> druckt. Die von Alb<hi rendition="#aq">é</hi>ri und Montanelli in Ausſicht geſtellte <hi rendition="#g">Italia</hi> er-<lb/> ſchien bis jetzt noch nicht, und wenn dieſe beiden Herren nicht mit Blindheit ge-<lb/> ſchlagen ſind, ſo werden ſie unterlaſſen ein Product zu erzeugen welches nur<lb/> Material zu Fidibus ꝛc. liefern würde; denn zur Ehre Toscana’s und zur<lb/> Schande Deutſchlands ſey es geſagt: Die Italiener wollen von Napoleons<lb/> uneigennütziger Weltbeglückungsregierung gar nichts, aber auch gar nichts<lb/> wiſſen. — In Betreff der Italianiſirung deutſcher Namen verhält es ſich ſo<lb/> wie Sie vermutheten; ſie geht aber größtentheils unfreiwillig, zum Ver-<lb/> druß der Betreffenden vor ſich, und iſt zum Theil recht ergötzlich; ſo wird<lb/> z. B. aus Baron Kraft Barone Graffi, aus Koch Cocchi, aus Meyer Maire,<lb/> aus Macbeth Maccabitte, aus Dieckmann Dicomano, aus Sandmann<lb/> Salamanna ꝛc.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b"> Florenz,</hi> 27 Mai.</dateline> <p>In Erwägung daß Staatsbeamte nicht<lb/> ein Centrum politiſcher Oppoſition bilden dürfen, und daß Beamte die zu-<lb/> gleich Geiſtliche ſind, im Fall der Unverträglichkeit ihrer geiſtlichen und amt-<lb/> lichen Pflichten, keinen andern ehrlichen Ausweg haben als freiwillig ihre Ent-<lb/> laſſung zu nehmen, ſuspendirt der Generalgouverneur Ricaſoli folgende Pro-<lb/> feſſoren der theologiſchen Facultät von der Univerſität in Siena: Canonicus<lb/> R. P. Siſti, Erzdekan G. Mattei und Can. G. Focacci, und entzieht ihnen<lb/> zugleich ihren gänzlichen Gehalt. Man hatte bisher geglaubt daß dem<lb/> Prinzen von Carignan die Suspenſion höherer Beamten zu unterbreiten ſey,<lb/> aber deſſen Name wird in dem Decret des Generalgouverneurs gar nicht ge-<lb/> nannt. — Bei der großen Partei Mazzini’s hat die Auflöſung der Brigade<lb/> Roſelli in Ferrara böſes Blut gemacht. „L’ Unit<hi rendition="#aq">à</hi> Italiana“ läßt ſich darüber<lb/> ſchreiben:</p><lb/> <cit> <quote>„Es iſt Thatſache daß man ſeit lauger Zeit Umtriebe anzettelte um dieſe<lb/> ſchöne Brigade aufzulöſen, die aus dem ſtarken Willen des Volks hervorgegangen<lb/> war, und ohne welche unſere Städte (die der Romagna) ohne Schutz geblieben und<lb/> den Metzeleien von Perugia ausgeſetzt geweſen wären. Es wurden zu dieſem Zweck<lb/> viele böſe Künſte angewandt, die mißlangen. Es wurden ihr Verbrechen ange-<lb/> dichtet die nicht exiſtirten, und nicht die ihrigen waren, und ſie autwortete damit<lb/> daß ſie die Ordnung erhielt, und das Land in den kritiſchſten Zeiten rettete. Sie<lb/> wurde des Mangels an Disciplin beſchuldigt, und ſie gab zuerſt das Beiſpiel von<lb/> militäriſcher Streuge, indem ſie in Rimini zwei ihrer Soldaten füſilirte, und andere<lb/> verurtheilte die unwürdig waren zu ihr zu gehören. Sie wurde des Mazzinismus<lb/> angeſchuldigt, und ſchwur zuerſt Treue für König und Verfaſſung.“</quote> </cit><lb/> <p>Beſonders ſcharf wird in dem Schreiben die „Rohheit“ der piemonte-<lb/> ſiſchen Officiere betont, von der man wohl unmer habe erzählen hören, an die<lb/> man aber erſt jetzt glaube, ſeitdem man ſie bei der Auflöſung der Brigade<lb/> kennen gelernt habe. Es iſt doch eigenthümlich daß auch dieſes Blatt auf die<lb/> Mönche die Schuld der Deſertionen wirft. Demnach hätte man in einem<lb/> Kloſter, wo vier Jeſuiten auch verhaftet wurden, ein Verzeichniß von deſer-<lb/> tirten Freiwilligen und 40,000 Scudi in Napoleonsd’or gefunden, mit denen<lb/> man die Ausreißer unterſtützte. Ja es wird ſogar behauptet, dieſe Mönche<lb/> hätten die Deſerteure täuſchen und auf bereit gehaltenen Schiffen dem heil.<lb/> Vater zuſchicken wollen. — Ueber Piombino gehen durch die toscaniſchen<lb/> Maremmen noch immer Freiwillige zu Garibaldi, von denen jeder beim Ab-<lb/> zug 40 Lire erhält. Die Bürgermeiſter der betreffenden Ortſchaften verſtehen,<lb/> nach Unit<hi rendition="#aq">à</hi> Italiana, vortrefflich die Art zu ſtudieren wie ſie den Patriotismus<lb/> der Bevölkerung verdolmetſchen ſollen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">✕ Turin,</hi> 31 Mai.</dateline> <p>Die Ausſcheidung unſeres Geſchäftsträgers<lb/> am k. bayeriſchen Hofe aus dem Staatsdienſt iſt nunmehr officiell bekannt;<lb/> das Motiv dieſes Schrittes iſt die Anſicht des ehrenwerthen Diplomaten über<lb/> die römiſche Frage. — Cardinal Corſi beſindet ſich fortwährend im Miſ-<lb/> ſionshauſe dahier in Haft, da er ſich beharrlich weigert einen Verbannungs-<lb/> ort zu wählen; es wird deßhalb die Regierung Se. Eminenz gewaltſam über<lb/> die Gränze bringen laſſen. — Der Generalvicar von Bologna, Monſ.<lb/> Ratta, wurde exilirt. Miniſter Farini fährt fort gegen den Klerus einzu-<lb/> ſchreiten; dieſer Tage wurden zwei Prediger in Genua eingezogen, nämlich<lb/> P. Betti und P. Ponti. Letzten Samſtag begaben ſich ungefähr zwanzig<lb/> Polizeiſoldaten in das Convict des D. Bosco, Directors des Inſtituts für die<lb/> verwahrloste Jugend, nahmen da eine Hausſuchung vor, und erklärten zu-<lb/> letzt zu Protokoll daß ſie nichts gefunden hätten was den Fiscus intereſſire.<lb/> Solche Hausſuchungen wurden in Florenz, Bergamo, Caneo, Carignano<lb/> und andern Orten bei Prieſtern und in Klöſtern beliebt. Prieſter welche<lb/> öffentliche Staatsämter bekleiden, werden allenthalben abgeſetzt. Durch k.<lb/> Decret vom 24 wurden die Univerſitätsprofeſſoren und Canoniker Golfini,<lb/> Tedeschi und Chelini in Bologna ihrer Stellen enthoben, andere Abſetzun-<lb/> gen erfolgen auch in den alten Provinzen. Ungeachtet der „Annexion“ und Fu-<lb/><cb/> ſion Toscana’s mit Piemont, ungeachtet daß dort die Berfaſſung verkünder<lb/> worden, benimmt ſich Ricaſoli doch wie der unumſchränkte Gebieter des Lan-<lb/> des, und kümmert ſich um niemanden; ſo finden wir z. B. im Monitore<lb/> Toscano“ vom 27 eine Probe ſeines Verfahrens. Nach vielen angeführten<lb/> Motiven beſchließt nämlich der Generalgouverneur der Provinz Toscana<lb/> daß der Canonicus Pucci Siſti, der Erzdiakon Joſ. Mattei und der Cano-<lb/> nicus Joſ. Focacci, lauter Profeſſoren an der Univerſität Siena, abgeſetzt<lb/> werden. Es ſind hier ſehr viele emigrirte Neapolitaner angekommen, um<lb/> ſich bei dem Miniſterium zu inſinuiren, und um Stellen in den neu zu „an-<lb/> nexirenden“ ſiciliſchen Provinzen zu erlangen. Die Ungewißheit über die<lb/> ſiciliſchen Angelegenheiten dauert fort, ſo viel ſcheint indeß gewiß zu ſeyn daß<lb/> die Aufſtändiſchen in Palermo eingerückt ſind. Der Times-Correſpondent<lb/> Gallenga iſt dahier angekommen, und beſchäftigt ſich mit Geldſammlungen<lb/> für die „gute Sache,“ d. h. für die Expedition Garibaldi’s, namentlich aus Eng-<lb/> land. — Der berühmte Romanſchreiber (oder Schmierer) Al. Dumas<lb/> iſt auch wieder hieher gekommen, aber nicht um nach Sicilien zu gehen, wie<lb/> einige Journale glauben machen wollten, ſondern um ſich Material über<lb/> den „berühmten Freiheitskämpfer“ zu ſammeln. — Wir hören daß ſich in<lb/> Turin unter dem Titel „Induſtrie- und Handelscredit Italiens“ eine Ge-<lb/> ſellſchaft gebildet hat mit einem Capital von 5 Millionen Franken, die nö-<lb/> thigenfalls auch auf 30 Millionen gebracht werden ſollen. Dieſe Geſell-<lb/> ſchaft beabſichtigt in allen größern Städten Italiens Wechſelbanken zu er-<lb/> richten. In Bologna, Parma, Turin, Piacenza und Savona ſollen bereits<lb/> ſolche Banken beſtehen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">✕ Turin,</hi> 1 Juni.</dateline> <p>Ein ſehr wichtiges Factum muß heute vorab be-<lb/> merkt werden, daß nämlich die Inſurgenten Siciliens eine Deputation ge-<lb/> wählt, die nun nach Turin beſtimmt iſt um dem König Victor Emmanuel<lb/> die Krone Siciliens anzubieten. Als Neueſtes kann berichtet werden daß<lb/> Papirito (auf der Seeſeite Palermo’s), vertheidigt von 1000 Mann Artillerie<lb/> und Cavallerie, von den Inſurgenten angegriffen worden iſt. Die König-<lb/> lichen wurden gemahnt ihr Leben zu retten; der Commandant antwortete:<lb/> Nein, wir ſterben. Berzweifelter Kampf, die Inſurgenten ſiegen. Beſtän-<lb/> diges Bombardiren, Feuer an mehreren Orten. Man wirft Tiegel, Blu-<lb/> mengefäße, Möbel ꝛc. aus den Häuſern.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Mailand,</hi> 29 Mai.</dateline> <p>Die Reorganiſirung der hieſigen Aemter<lb/> nach piemonteſiſchem Muſter nimmt ſeinen ununterbrochenen Fortgang. Es<lb/> wird dabei ganz und gar nicht auf die gerechten Klagen der Beamten geachtet,<lb/> die durch dieſelbe entweder gänzlich oder theilweiſe ihres Amtes enthoben, oder<lb/> auf eigens Koſten nach allen Theilen des neuen piemonteſiſchen Reichs verſetzt<lb/> werden; es genügt der Regierung ihren Creaturen, den Eingebornen Piemonts,<lb/> eine gute Beſoldung zu verſchaffen, und zwar auf Koſten der Lombarden.<lb/> Außerdem iſt dabei die Regel daß alles was nur irgendwie an Oeſterreich<lb/> erinnert abgeſchafft werden müſſe, es ſey noch ſo gut, wie es jüngſt mit der<lb/> Einführung des piemonteſiſchen Strafgeſetzbuches in der Lombardei der Fall<lb/> war, welches gewiß, auch nach Ausſage der beſten hieſigen Advocaten, keinen<lb/> Vergleich mit dem öſterreichiſchen beſtehen kann. Aber es wäre ein Skandal<lb/> etwas öſterreichiſches behalten zu wollen. — Hier finden die Anwerbungen<lb/> für Sicilien ohne Unterbrechung ſtatt. Bemerkenswerth iſt es daß an den<lb/> Tagen an welchen die Einſchreibungen ſtatthaben kein Carabiniere oder Polizei-<lb/> ſoldat in der Nähe des Werbungsorts zu ſehen iſt, da doch ſonſt an den andern<lb/> Tagen keine Stunde vergeht wo man nicht entweder die einen oder die andern<lb/> die Runde machen ſieht. Ueberdieß geſchieht dieſe Werbung ganz öffentlich<lb/> im Hofe des Hauſes Nr. 17 Corſo Francesco, gegenüber dem Bazar „Il<lb/> Gran Mercurio;“ das Thor dieſes Hauſes iſt weit offen, damit jeder ſehen<lb/> kann was geſchieht. Und doch hat die Regierung die Frechheit alles Einver-<lb/> ſtändniß mit den Revolutionären desavouiren zu wollen. — Das vierte<lb/> Collegium Mailands iſt ſchon wieder ohne Vertreter im Parlament, da es<lb/> deſſen Erwählter, der Advocat De Pretis, vorzog für Stradella zu optiren.<lb/> Es werden neue Wühlereien hinſichtlich der neuen Wahl vorbereitet. — Der<lb/> hieſige „Pungolo“ hat wieder ſeinen Leſern eine ſeiner Aufſehen erregenden<lb/> Nenigkeiten aufgetiſcht. Nach einer Correſpondenz aus dem Venetianiſchen<lb/> (es verſteht ſich in ſeinem Bureau hier in Mailand) vom 22 d. geht das Ge-<lb/> rücht daß in Wien die Revolution ausgebrochen; daß der Kaiſer vom Sohne<lb/> des verſtobenen Bruck verwundet worden ſey, welch letzterer allſogleich ver-<lb/> haftet wurde; daß die kaiſerliche Burg von zwei Bataillonen umſtellt, die<lb/> Kanonen gegen die Stadt gerichtet, und die ganze Garniſon unter Waffen<lb/> und in den Caſernen conſignirt ſey! Der Pungolo erwartet weitere Berichte.<lb/> Wenn dieſe den gelieferten gleichen, ſo ſind ſie jedenfalls aufs beſte gerathen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Deutſchland.</hi> </hi> </head><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Bayern.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">⊙ München,</hi> 3 Jun.</dateline> <p>Wie ich vernehme, iſt bei<lb/> dem letzten Zuſammentritt des Verwaltungsraths der Geſellſchaft der<lb/> bayeriſchen Oſtbahnen dahier auch eine das geſammte reiſende Publicum<lb/> in hohem Grad intereſſirende Frage zur Sprache gekommen. Es liegt näm-<lb/> lich in der Abſicht des Verwaltungsraths dieſer Bahnen eine Einrichtung zu<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2598/0002]
heit der Verfolgung der Biſchöfe ſagt Contemporaneo: „Einige ſchreiben daß
das Verfahren gegen die Biſchöfe grauſam ſey; wir im Gegentheil wollen
antworten daß dieſes Verfahren einer Regierung die für zwei Spannen nicht
ihr gehörender Erde, für das Caſtell von Monza und für den Palaſt von
Pitti das Fleiſch zweier Völker, die Sicherheit und Ehre des eigenen Staats
an den Fremden verhandelte, ganz angemeſſen iſt.“ Der erſten Nummer
dieſes Blattes folgte gleich eine zweite Auflage von 3000 Exemplaren, und
noch jetzt werden die erſchienenen Nummern — da ſich die Abonnentenzahl
welche dieſe Zeitung vollſtändig wünſchen, täglich mehrt — immer nachge-
druckt. Die von Albéri und Montanelli in Ausſicht geſtellte Italia er-
ſchien bis jetzt noch nicht, und wenn dieſe beiden Herren nicht mit Blindheit ge-
ſchlagen ſind, ſo werden ſie unterlaſſen ein Product zu erzeugen welches nur
Material zu Fidibus ꝛc. liefern würde; denn zur Ehre Toscana’s und zur
Schande Deutſchlands ſey es geſagt: Die Italiener wollen von Napoleons
uneigennütziger Weltbeglückungsregierung gar nichts, aber auch gar nichts
wiſſen. — In Betreff der Italianiſirung deutſcher Namen verhält es ſich ſo
wie Sie vermutheten; ſie geht aber größtentheils unfreiwillig, zum Ver-
druß der Betreffenden vor ſich, und iſt zum Theil recht ergötzlich; ſo wird
z. B. aus Baron Kraft Barone Graffi, aus Koch Cocchi, aus Meyer Maire,
aus Macbeth Maccabitte, aus Dieckmann Dicomano, aus Sandmann
Salamanna ꝛc.
 Florenz, 27 Mai. In Erwägung daß Staatsbeamte nicht
ein Centrum politiſcher Oppoſition bilden dürfen, und daß Beamte die zu-
gleich Geiſtliche ſind, im Fall der Unverträglichkeit ihrer geiſtlichen und amt-
lichen Pflichten, keinen andern ehrlichen Ausweg haben als freiwillig ihre Ent-
laſſung zu nehmen, ſuspendirt der Generalgouverneur Ricaſoli folgende Pro-
feſſoren der theologiſchen Facultät von der Univerſität in Siena: Canonicus
R. P. Siſti, Erzdekan G. Mattei und Can. G. Focacci, und entzieht ihnen
zugleich ihren gänzlichen Gehalt. Man hatte bisher geglaubt daß dem
Prinzen von Carignan die Suspenſion höherer Beamten zu unterbreiten ſey,
aber deſſen Name wird in dem Decret des Generalgouverneurs gar nicht ge-
nannt. — Bei der großen Partei Mazzini’s hat die Auflöſung der Brigade
Roſelli in Ferrara böſes Blut gemacht. „L’ Unità Italiana“ läßt ſich darüber
ſchreiben:
„Es iſt Thatſache daß man ſeit lauger Zeit Umtriebe anzettelte um dieſe
ſchöne Brigade aufzulöſen, die aus dem ſtarken Willen des Volks hervorgegangen
war, und ohne welche unſere Städte (die der Romagna) ohne Schutz geblieben und
den Metzeleien von Perugia ausgeſetzt geweſen wären. Es wurden zu dieſem Zweck
viele böſe Künſte angewandt, die mißlangen. Es wurden ihr Verbrechen ange-
dichtet die nicht exiſtirten, und nicht die ihrigen waren, und ſie autwortete damit
daß ſie die Ordnung erhielt, und das Land in den kritiſchſten Zeiten rettete. Sie
wurde des Mangels an Disciplin beſchuldigt, und ſie gab zuerſt das Beiſpiel von
militäriſcher Streuge, indem ſie in Rimini zwei ihrer Soldaten füſilirte, und andere
verurtheilte die unwürdig waren zu ihr zu gehören. Sie wurde des Mazzinismus
angeſchuldigt, und ſchwur zuerſt Treue für König und Verfaſſung.“
Beſonders ſcharf wird in dem Schreiben die „Rohheit“ der piemonte-
ſiſchen Officiere betont, von der man wohl unmer habe erzählen hören, an die
man aber erſt jetzt glaube, ſeitdem man ſie bei der Auflöſung der Brigade
kennen gelernt habe. Es iſt doch eigenthümlich daß auch dieſes Blatt auf die
Mönche die Schuld der Deſertionen wirft. Demnach hätte man in einem
Kloſter, wo vier Jeſuiten auch verhaftet wurden, ein Verzeichniß von deſer-
tirten Freiwilligen und 40,000 Scudi in Napoleonsd’or gefunden, mit denen
man die Ausreißer unterſtützte. Ja es wird ſogar behauptet, dieſe Mönche
hätten die Deſerteure täuſchen und auf bereit gehaltenen Schiffen dem heil.
Vater zuſchicken wollen. — Ueber Piombino gehen durch die toscaniſchen
Maremmen noch immer Freiwillige zu Garibaldi, von denen jeder beim Ab-
zug 40 Lire erhält. Die Bürgermeiſter der betreffenden Ortſchaften verſtehen,
nach Unità Italiana, vortrefflich die Art zu ſtudieren wie ſie den Patriotismus
der Bevölkerung verdolmetſchen ſollen.
✕ Turin, 31 Mai. Die Ausſcheidung unſeres Geſchäftsträgers
am k. bayeriſchen Hofe aus dem Staatsdienſt iſt nunmehr officiell bekannt;
das Motiv dieſes Schrittes iſt die Anſicht des ehrenwerthen Diplomaten über
die römiſche Frage. — Cardinal Corſi beſindet ſich fortwährend im Miſ-
ſionshauſe dahier in Haft, da er ſich beharrlich weigert einen Verbannungs-
ort zu wählen; es wird deßhalb die Regierung Se. Eminenz gewaltſam über
die Gränze bringen laſſen. — Der Generalvicar von Bologna, Monſ.
Ratta, wurde exilirt. Miniſter Farini fährt fort gegen den Klerus einzu-
ſchreiten; dieſer Tage wurden zwei Prediger in Genua eingezogen, nämlich
P. Betti und P. Ponti. Letzten Samſtag begaben ſich ungefähr zwanzig
Polizeiſoldaten in das Convict des D. Bosco, Directors des Inſtituts für die
verwahrloste Jugend, nahmen da eine Hausſuchung vor, und erklärten zu-
letzt zu Protokoll daß ſie nichts gefunden hätten was den Fiscus intereſſire.
Solche Hausſuchungen wurden in Florenz, Bergamo, Caneo, Carignano
und andern Orten bei Prieſtern und in Klöſtern beliebt. Prieſter welche
öffentliche Staatsämter bekleiden, werden allenthalben abgeſetzt. Durch k.
Decret vom 24 wurden die Univerſitätsprofeſſoren und Canoniker Golfini,
Tedeschi und Chelini in Bologna ihrer Stellen enthoben, andere Abſetzun-
gen erfolgen auch in den alten Provinzen. Ungeachtet der „Annexion“ und Fu-
ſion Toscana’s mit Piemont, ungeachtet daß dort die Berfaſſung verkünder
worden, benimmt ſich Ricaſoli doch wie der unumſchränkte Gebieter des Lan-
des, und kümmert ſich um niemanden; ſo finden wir z. B. im Monitore
Toscano“ vom 27 eine Probe ſeines Verfahrens. Nach vielen angeführten
Motiven beſchließt nämlich der Generalgouverneur der Provinz Toscana
daß der Canonicus Pucci Siſti, der Erzdiakon Joſ. Mattei und der Cano-
nicus Joſ. Focacci, lauter Profeſſoren an der Univerſität Siena, abgeſetzt
werden. Es ſind hier ſehr viele emigrirte Neapolitaner angekommen, um
ſich bei dem Miniſterium zu inſinuiren, und um Stellen in den neu zu „an-
nexirenden“ ſiciliſchen Provinzen zu erlangen. Die Ungewißheit über die
ſiciliſchen Angelegenheiten dauert fort, ſo viel ſcheint indeß gewiß zu ſeyn daß
die Aufſtändiſchen in Palermo eingerückt ſind. Der Times-Correſpondent
Gallenga iſt dahier angekommen, und beſchäftigt ſich mit Geldſammlungen
für die „gute Sache,“ d. h. für die Expedition Garibaldi’s, namentlich aus Eng-
land. — Der berühmte Romanſchreiber (oder Schmierer) Al. Dumas
iſt auch wieder hieher gekommen, aber nicht um nach Sicilien zu gehen, wie
einige Journale glauben machen wollten, ſondern um ſich Material über
den „berühmten Freiheitskämpfer“ zu ſammeln. — Wir hören daß ſich in
Turin unter dem Titel „Induſtrie- und Handelscredit Italiens“ eine Ge-
ſellſchaft gebildet hat mit einem Capital von 5 Millionen Franken, die nö-
thigenfalls auch auf 30 Millionen gebracht werden ſollen. Dieſe Geſell-
ſchaft beabſichtigt in allen größern Städten Italiens Wechſelbanken zu er-
richten. In Bologna, Parma, Turin, Piacenza und Savona ſollen bereits
ſolche Banken beſtehen.
✕ Turin, 1 Juni. Ein ſehr wichtiges Factum muß heute vorab be-
merkt werden, daß nämlich die Inſurgenten Siciliens eine Deputation ge-
wählt, die nun nach Turin beſtimmt iſt um dem König Victor Emmanuel
die Krone Siciliens anzubieten. Als Neueſtes kann berichtet werden daß
Papirito (auf der Seeſeite Palermo’s), vertheidigt von 1000 Mann Artillerie
und Cavallerie, von den Inſurgenten angegriffen worden iſt. Die König-
lichen wurden gemahnt ihr Leben zu retten; der Commandant antwortete:
Nein, wir ſterben. Berzweifelter Kampf, die Inſurgenten ſiegen. Beſtän-
diges Bombardiren, Feuer an mehreren Orten. Man wirft Tiegel, Blu-
mengefäße, Möbel ꝛc. aus den Häuſern.
 Mailand, 29 Mai. Die Reorganiſirung der hieſigen Aemter
nach piemonteſiſchem Muſter nimmt ſeinen ununterbrochenen Fortgang. Es
wird dabei ganz und gar nicht auf die gerechten Klagen der Beamten geachtet,
die durch dieſelbe entweder gänzlich oder theilweiſe ihres Amtes enthoben, oder
auf eigens Koſten nach allen Theilen des neuen piemonteſiſchen Reichs verſetzt
werden; es genügt der Regierung ihren Creaturen, den Eingebornen Piemonts,
eine gute Beſoldung zu verſchaffen, und zwar auf Koſten der Lombarden.
Außerdem iſt dabei die Regel daß alles was nur irgendwie an Oeſterreich
erinnert abgeſchafft werden müſſe, es ſey noch ſo gut, wie es jüngſt mit der
Einführung des piemonteſiſchen Strafgeſetzbuches in der Lombardei der Fall
war, welches gewiß, auch nach Ausſage der beſten hieſigen Advocaten, keinen
Vergleich mit dem öſterreichiſchen beſtehen kann. Aber es wäre ein Skandal
etwas öſterreichiſches behalten zu wollen. — Hier finden die Anwerbungen
für Sicilien ohne Unterbrechung ſtatt. Bemerkenswerth iſt es daß an den
Tagen an welchen die Einſchreibungen ſtatthaben kein Carabiniere oder Polizei-
ſoldat in der Nähe des Werbungsorts zu ſehen iſt, da doch ſonſt an den andern
Tagen keine Stunde vergeht wo man nicht entweder die einen oder die andern
die Runde machen ſieht. Ueberdieß geſchieht dieſe Werbung ganz öffentlich
im Hofe des Hauſes Nr. 17 Corſo Francesco, gegenüber dem Bazar „Il
Gran Mercurio;“ das Thor dieſes Hauſes iſt weit offen, damit jeder ſehen
kann was geſchieht. Und doch hat die Regierung die Frechheit alles Einver-
ſtändniß mit den Revolutionären desavouiren zu wollen. — Das vierte
Collegium Mailands iſt ſchon wieder ohne Vertreter im Parlament, da es
deſſen Erwählter, der Advocat De Pretis, vorzog für Stradella zu optiren.
Es werden neue Wühlereien hinſichtlich der neuen Wahl vorbereitet. — Der
hieſige „Pungolo“ hat wieder ſeinen Leſern eine ſeiner Aufſehen erregenden
Nenigkeiten aufgetiſcht. Nach einer Correſpondenz aus dem Venetianiſchen
(es verſteht ſich in ſeinem Bureau hier in Mailand) vom 22 d. geht das Ge-
rücht daß in Wien die Revolution ausgebrochen; daß der Kaiſer vom Sohne
des verſtobenen Bruck verwundet worden ſey, welch letzterer allſogleich ver-
haftet wurde; daß die kaiſerliche Burg von zwei Bataillonen umſtellt, die
Kanonen gegen die Stadt gerichtet, und die ganze Garniſon unter Waffen
und in den Caſernen conſignirt ſey! Der Pungolo erwartet weitere Berichte.
Wenn dieſe den gelieferten gleichen, ſo ſind ſie jedenfalls aufs beſte gerathen.
Deutſchland.
Bayern.
⊙ München, 3 Jun. Wie ich vernehme, iſt bei
dem letzten Zuſammentritt des Verwaltungsraths der Geſellſchaft der
bayeriſchen Oſtbahnen dahier auch eine das geſammte reiſende Publicum
in hohem Grad intereſſirende Frage zur Sprache gekommen. Es liegt näm-
lich in der Abſicht des Verwaltungsraths dieſer Bahnen eine Einrichtung zu
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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