Allgemeine Zeitung, Nr. 15, 16. Januar 1924.Allgemeine Zeitung Süddeutsches Tagblatt Großdeutsche Rundschau 127. Jahrgang. Nr. 15 München, Mittwoch den 16. Januar 1924.Hauptschriftleitung und verantwortlich für Deutsche und Bayerische Politik: Max Heilgemayr. -- Wirtschaftszeitung u. Auswärtige Politik: Josef Schrepfer. -- Unpolitische Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. -- Kunst u. Mustk: Albin v. Prybram-Gladvna. -- Feuilleton u. Theater: Walter Foitzick. -- Anzeigenteil: Josef Spiegel, sämtl. in München. -- Redaktion: München, Baaderstr. 1, Tel. 27940. -- Berliner Schriftleitung: SW 68., Zimmerstr. 9. Tel. Zentrum 5498 u. 3967; Leiter: Alfred Gerigk. [Abbildung]
Die Allgemeine Zeitung erscheint täglich. Bei Störung des Erscheinens infolge höherer Gewalt oder Streiks besteht kein Anspruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be- zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-spaltige Millimeterzeile im Inseratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10. Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Postscheckkonto: München 8170. Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderstraße 1 und 1a. Telefon 24287. Einzelpreis 10 Pfennig. Drohungen der Separatisten * Speyer, 15. Jan.Die sogenannte Seit dem Attentat von Speyer seien 1. Für Vergehen gegen ein Mitglied oder 2. Für jeden gegen einen Bezirks- Frankreich bespitzelt die Engländer im London, 14. Jan.Rheinland Der Kölner Sonderbericht- Berlin, 14. Jan. Der Korrespondent des Berl. Der Standpunkt in der pfälzischen Frage sei Gegen diese Beschlüsse der französischen und Die erste Sitzung der Sachverständigen Sonderdienst der Allgemeinen Zeitung. Die französische Sehr unterhaltliche Berichte liegen über Zuletzt kamen die Amerikaner, die Diese erste Beratung dauerte 45 Mi- Um 3 Uhr begann die zweite Sitzung, die Die zweite, die von General Dawes Bis zum April soll der Bericht des Stützungsaktion für den Franken [Spaltenumbruch]
Paris, 15. Jan.Das Ereignis des Am höchsten sprang der italienische Lira Eine Abordnung der Lebensmittelsyndi- Der Ministerrat, der heute stattfinden 1. Verringerung von öffentlichen Auf- 2. vorübergehende Aufnahme eines Tei- 3. schärfere Steuererfassung; 4. Erhöhung bestimmter Steuern; 5. Vermeidung jeglicher Inflation. Paris, 15. Jan. Die fortlaufende Entwer- [Spaltenumbruch] Bündnis zwischen Frankreich und Serbien Belgrad, 15. Jan.Pressekombinationen, welche Der Inhalt des italienisch-südslawischen * Belgrad, 15. Jan.Vertrages Die Basis des italie- 1. Italien verpflichtet sich, alle Bestimmungen 2. Südslawien gewährt Italien volle Freiheit 3. Südslawien wird das Recht auf Benutzung 4. Italien und Südslawien werden eine Han- Die wahren Ziele der bayerischen Verfassungsreform In der "München-Augsburger-Abend- Aus diesen Darlegungen verdient zu-
Allgemeine Zeitung Süddeutſches Tagblatt Großdeutſche Rundſchau 127. Jahrgang. Nr. 15 München, Mittwoch den 16. Januar 1924.Hauptſchriftleitung und verantwortlich für Deutſche und Bayeriſche Politik: Max Heilgemayr. — Wirtſchaftszeitung u. Auswärtige Politik: Joſef Schrepfer. — Unpolitiſche Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. — Kunſt u. Muſtk: Albin v. Prybram-Gladvna. — Feuilleton u. Theater: Walter Foitzick. — Anzeigenteil: Joſef Spiegel, ſämtl. in München. — Redaktion: München, Baaderſtr. 1, Tel. 27940. — Berliner Schriftleitung: SW 68., Zimmerſtr. 9. Tel. Zentrum 5498 u. 3967; Leiter: Alfred Gerigk. [Abbildung]
Die Allgemeine Zeitung erſcheint täglich. Bei Störung des Erſcheinens infolge höherer Gewalt oder Streiks beſteht kein Anſpruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be- zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-ſpaltige Millimeterzeile im Inſeratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10. Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Poſtſcheckkonto: München 8170. Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderſtraße 1 und 1a. Telefon 24287. Einzelpreis 10 Pfennig. Drohungen der Separatiſten * Speyer, 15. Jan.Die ſogenannte Seit dem Attentat von Speyer ſeien 1. Für Vergehen gegen ein Mitglied oder 2. Für jeden gegen einen Bezirks- Frankreich beſpitzelt die Engländer im London, 14. Jan.Rheinland Der Kölner Sonderbericht- Berlin, 14. Jan. Der Korreſpondent des Berl. Der Standpunkt in der pfälziſchen Frage ſei Gegen dieſe Beſchlüſſe der franzöſiſchen und Die erſte Sitzung der Sachverſtändigen Sonderdienſt der Allgemeinen Zeitung. Die franzöſiſche Sehr unterhaltliche Berichte liegen über Zuletzt kamen die Amerikaner, die Dieſe erſte Beratung dauerte 45 Mi- Um 3 Uhr begann die zweite Sitzung, die Die zweite, die von General Dawes Bis zum April ſoll der Bericht des Stützungsaktion für den Franken [Spaltenumbruch]
Paris, 15. Jan.Das Ereignis des Am höchſten ſprang der italieniſche Lira Eine Abordnung der Lebensmittelſyndi- Der Miniſterrat, der heute ſtattfinden 1. Verringerung von öffentlichen Auf- 2. vorübergehende Aufnahme eines Tei- 3. ſchärfere Steuererfaſſung; 4. Erhöhung beſtimmter Steuern; 5. Vermeidung jeglicher Inflation. Paris, 15. Jan. Die fortlaufende Entwer- [Spaltenumbruch] Bündnis zwiſchen Frankreich und Serbien Belgrad, 15. Jan.Preſſekombinationen, welche Der Inhalt des italieniſch-ſüdſlawiſchen * Belgrad, 15. Jan.Vertrages Die Baſis des italie- 1. Italien verpflichtet ſich, alle Beſtimmungen 2. Südſlawien gewährt Italien volle Freiheit 3. Südſlawien wird das Recht auf Benutzung 4. Italien und Südſlawien werden eine Han- Die wahren Ziele der bayeriſchen Verfaſſungsreform In der „München-Augsburger-Abend- Aus dieſen Darlegungen verdient zu-
<TEI> <text> <pb facs="#f0001"/><lb/> <front> <titlePage type="heading"> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> </titlePart><lb/> <titlePart type="sub"> <hi rendition="#b">Süddeutſches Tagblatt Großdeutſche Rundſchau</hi> </titlePart> <titlePart type="volume"> <hi rendition="#b">127. Jahrgang. Nr. 15 </hi> </titlePart> </docTitle> <docImprint> <pubPlace> <hi rendition="#b">München,</hi> </pubPlace> <docDate> <hi rendition="#b"> Mittwoch den 16. Januar 1924.</hi> </docDate> </docImprint> </titlePage> <div type="jExpedition" n="1"> <head><hi rendition="#g">Hauptſchriftleitung</hi> und verantwortlich für <hi rendition="#g">Deutſche</hi> und <hi rendition="#g">Bayeriſche Politik:</hi><lb/> Max Heilgemayr. — <hi rendition="#g">Wirtſchaftszeitung u. Auswärtige Politik:</hi> Joſef Schrepfer.<lb/> — <hi rendition="#g">Unpolitiſche Stadtzeitung u. Sport:</hi> Richard Rieß. — <hi rendition="#g">Kunſt u. Muſtk:</hi> Albin v.<lb/> Prybram-Gladvna. — <hi rendition="#g">Feuilleton u. Theater:</hi> Walter Foitzick. — <hi rendition="#g">Anzeigenteil:</hi> Joſef<lb/> Spiegel, ſämtl. in München. — <hi rendition="#g">Redaktion</hi>: München, Baaderſtr. 1, Tel. 27940. — Berliner<lb/> Schriftleitung: <hi rendition="#aq">SW</hi> 68., Zimmerſtr. 9. Tel. Zentrum 5498 u. 3967; Leiter: Alfred Gerigk.</head><lb/> <figure/> </div> <div type="jExpedition" n="1"> <head>Die Allgemeine Zeitung erſcheint täglich. Bei Störung des Erſcheinens infolge höherer<lb/> Gewalt oder Streiks beſteht kein Anſpruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be-<lb/> zugsgeldes. <hi rendition="#g">Bezugspreis:</hi> Mk. 2.80 für den Monat. <hi rendition="#g">Anzeigenpreis:</hi> für die 9-ſpaltige<lb/> Millimeterzeile im Inſeratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10.<lb/><hi rendition="#g">Verlag der Allgemeinen Zeitung</hi> G.m.b.H. München. Poſtſcheckkonto: München 8170.<lb/> Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderſtraße 1 und 1a. Telefon 24287.</head> </div><lb/> <div type="jExpedition" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Einzelpreis 10 Pfennig.</hi> </head> </div> </front> <body><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Drohungen der Separatiſten</hi> </head><lb/> <dateline> <hi rendition="#b">* <hi rendition="#g">Speyer,</hi> 15. Jan.</hi> </dateline><lb/> <p> <hi rendition="#b">Die ſogenannte<lb/> Regierung der autonomen Pfalz veröffent-<lb/> licht in der Preſſe eine Bekanntmachung,<lb/> in der ſie darauf hinweiſt, daß ſie bisher<lb/> keine Maßnahmen zum Schutze ihrer Mit-<lb/> glieder und ihrer „Beamten“ getroffen<lb/> habe.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Seit dem Attentat von Speyer ſeien<lb/> aber die Mitglieder der Regierung und die<lb/> Bezirkskommiſſare mit Briefen über-<lb/> ſchüttet worden, worin allen Separatiſten<lb/> das gleiche Schickſal angekündigt wird,<lb/> das Heinz beſchieden war. Die Regierung<lb/> ſah ſich deshalb zu folgender Ankündigung<lb/> veranlaßt:</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">1. Für Vergehen gegen ein Mitglied oder<lb/> einen Beamten der Regierung der auto-<lb/> nomen Pfalz, für einen verübten oder ver-<lb/> ſuchten Anſchlag auf dieſelben <hi rendition="#g">haften<lb/> die fünf angeſehenſten Bürger</hi><lb/> der Pfalz aus dem Gegenlager mit ihrem<lb/> Leben und geſamten Vermögen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">2. Für jeden gegen einen <hi rendition="#g">Bezirks-<lb/> kommiſſar</hi> der Regierung oder einen<lb/> Beamten des Bezirkskommiſſariats ver-<lb/> übten oder verſuchten Anſchlag haften die<lb/> fünf angeſehenſten Bürger des Bezirks<lb/> aus dem Gegenlager mit ihrem Leben und<lb/> ihrem geſamten Vermögen.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich beſpitzelt die Engländer im<lb/> Rheinland</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 14. Jan.</dateline><lb/> <p>Der Kölner Sonderbericht-<lb/> erſtatter der Times ſchreibt, der wirkliche Zweck<lb/> der von <hi rendition="#g">Tirard</hi> nach Koblenz entſandten Miſſion<lb/> von franzöſiſchen Offizieren zur Unterſuchung der<lb/> Verhältniſſe im britiſch beſetzten Gebiet ſei, wie<lb/> man annehme, die Entdeckung von <hi rendition="#g">deutſchen<lb/> oder engliſch-deutſchen geheimen<lb/> Geſellſchaften in Köln</hi>. Da außer dem<lb/> üblichen, nicht offiziellen Spionagedienſt bereits<lb/> 20 bis 30 wichtige franzöſiſche Beamte mit großen<lb/> Stäben in Köln eifrig tätig ſeien, um die Ziele<lb/> Frankreichs auf britiſchem Gebiet durchzuführen,<lb/> ſei es ſchwierig, zu verſtehen, was dieſe neue Miſ-<lb/> ſion eigentlich entdecken ſolle. Auch könne man<lb/> kaum einen Vergleich anſtellen zwiſchen der nor-<lb/> malen Lage der Dinge im britiſchen Gebiet und<lb/> der Herrſchaft des Terrors in der Pfalz.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 14. Jan.</dateline><lb/> <p>Der Korreſpondent des Berl.<lb/> Tagebl. in Heidelberg hatte eine Unterredung mit<lb/> dem engliſchen <hi rendition="#g">Generalkonſul Clive</hi>. Der<lb/> Generalkonſul betonte, daß England in der pfälzi-<lb/> ſchen Angelegenheit durchaus unparteiiſch und kor-<lb/> rekt vorgehen werde. Zu dieſem Zweck ſei er be-<lb/> auftragt worden, ſich an Ort und Stelle über die<lb/> Verhältniſſe in der Pfalz zu unterrichten. Es<lb/> handle ſich hierbei aber nicht um eine Diskredi-<lb/> tierung Frankreichs. Er habe bereits geſtern mit<lb/> den Vertretern der pfälziſchen Parteien geſprochen,<lb/> um ſich über die Zuſtände zu unterrichten. Er<lb/> werde aber beide Parteien hören und deshalb auch<lb/> die Separatiſten. Auch nach Speyer werde er<lb/> reiſen, um dem <hi rendition="#g">General de Metz</hi> einen Be-<lb/> ſuch abzuſtatten.</p><lb/> <p>Der Standpunkt in der pfälziſchen Frage ſei<lb/> der, daß die Rheinlandkommiſſion <hi rendition="#g">nicht das<lb/> Recht</hi> habe, ohne weiteres die ſogenannte auto-<lb/> nome Regierung der Separatiſten in der Pfalz<lb/> anzuerkennen. Wenn ſie aber Maßnahmen der<lb/> ſeparatiſtiſchen Regierung regiſtriere, ſo bedeute<lb/> das eine De fakto-Anerkennung.</p><lb/> <p>Gegen dieſe Beſchlüſſe der franzöſiſchen und<lb/> belgiſchen Vertreter in der Rheinlandkommiſſion<lb/> habe der engliſche Vertreter <hi rendition="#g">Proteſt</hi> eingelegt.<lb/> Die Regiſtrierung der ſeparatiſtiſchen Maßnahmen<lb/> ſei deshalb um einen Monat verſchoben worden.<lb/> Die endgültige Entſcheidung werde von dem Er-<lb/> gebnis der diplomatiſchen Verhandlungen zwiſchen<lb/> London und Paris abhängen, auf die der Bericht<lb/> Clives ausſchlaggebenden <hi rendition="#g">Einfluß</hi> haben werde.<lb/> England ſei der Auffaſſung, daß das ſeparatiſtiſche<lb/> Problem eine rein <hi rendition="#g">innerpolitiſche Ange-<lb/> legenheit Deutſchlands</hi> ſei und nur auf<lb/> dem legalen Wege, d. h. auf Grund des Art. 18<lb/> der Weimarer Verfaſſung gelöſt werden könne.<lb/> England ſei bereit, den wahren Willen des pfälzi-<lb/> ſchen Volkes zu reſpektieren, wenn er ſich auf<lb/> verfaſſungsmäßigem Wege auswirke. Großbritan-<lb/> nien könne <hi rendition="#g">dem illegalen Separatis-<lb/> mus</hi> nicht das Recht zuerkennen, als rechtmäßige<lb/> Regierungsgewalt aufzutreten und Aenderungen<lb/> der tatſächlichen Verhältniſſe vorzunehmen.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Die erſte Sitzung<lb/> der Sachverſtändigen</hi> </hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Sonderdienſt der Allgemeinen Zeitung</hi>.</hi> </p> </argument><lb/> <cb/> <dateline> <hi rendition="#b">* <hi rendition="#g">Paris,</hi> 15. Jan.</hi> </dateline><lb/> <p> <hi rendition="#b">Die franzöſiſche<lb/> Preſſe iſt ſo geſchickt, die Rede des ameri-<lb/> kaniſchen Sachverſtändigen <hi rendition="#g">Dawes</hi> zu<lb/> loben, indem ſie die für ein ſolches Lob<lb/> nicht geeigneten Stellen einfach übergeht.<lb/> Man hat aber überall den Eindruck, daß<lb/> es ohne <hi rendition="#g">Konflikte</hi> zwiſchen dem zu<lb/> praktiſcher Arbeit entſchloſſenen Ameri-<lb/> kaner und den Franzoſen, die nun gar zu<lb/> gerne in der Vergangenheit herumwühlen<lb/> möchten, nicht abgehen werde.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Sehr unterhaltliche Berichte liegen über<lb/> die <hi rendition="#g">Einzelheiten der geſtrigen<lb/> Sitzung</hi> vor. Die Mitglieder des Aus-<lb/> ſchuſſes waren zuerſt verſammelt und<lb/> ſaßen um den Hufeiſentiſch herum. Mehrere<lb/> Tiſche für die Einzeldelegationen waren<lb/> rund herum aufgeſtellt. Jede der Dele-<lb/> gationen wurde von dem Generalſekretär<lb/> eingeführt und nahm an ihrem Tiſche<lb/> Platz.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Zuletzt kamen die <hi rendition="#g">Amerikaner,</hi> die<lb/> von der zeremoniellen Einführung nichts<lb/> gewußt hatten und im Straßenanzug er-<lb/> ſchienen waren. Bei ihrem Eintritt ſtan-<lb/> den alle anderen Anweſenden auf und<lb/> hörten die Reden von Barthou und Dawes,<lb/> von denen die Anſprache des Amerikaners<lb/> als Senſation wirkte, ſtehend an. Die<lb/><cb/> Reparationskommiſſion zog ſich dann<lb/> zurück.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Dieſe erſte Beratung dauerte 45 Mi-<lb/> nuten. Es wurde das <hi rendition="#g">Arbeitspro-<lb/> gramm</hi> feſtgeſetzt und beſchloſſen, zwei<lb/> Sitzungen täglich abzuhalten. Es wurde<lb/> weiter beſchloſſen, daß die Beratungen<lb/><hi rendition="#g">geheim</hi> bleiben ſollen. Berichte werden<lb/> nicht ausgegeben. Die einzelnen Sachver-<lb/> ſtändigen haben ſich zur Verſchwiegenheit<lb/> verpflichtet.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Um 3 Uhr begann die zweite Sitzung, die<lb/> diesmal hinter verſchloſſenen Türen drei<lb/> Stunden dauerte. Aus der Beratung iſt<lb/> nur zu erfahren, daß 2 <hi rendition="#g">Unterkommiſ-<lb/> ſionen gewählt</hi> wurden, die erſte<lb/> unter dem Vorſitze von Owen Young. Sie<lb/> wird ſich mit der Stabiliſierung der<lb/> Währung beſchäftigen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Die zweite, die von General <hi rendition="#g">Dawes</hi><lb/> geleitet werden wird, ſoll ſich mit der Sa-<lb/> nierung des deutſchen Haushalts befaſſen.<lb/> Es wurde geſtern abends angenommen,<lb/> daß der Ausſchuß die Vorarbeiten in acht<lb/> Tagen erledigt haben werde und dann<lb/> nach <hi rendition="#g">Deutſchland</hi> abreiſen könne.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Bis zum <hi rendition="#g">April</hi> ſoll der Bericht des<lb/> erſten Ausſchuſſes fertig ſein.</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Stützungsaktion für den Franken</hi> </head><lb/> <cb/> <dateline> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Paris,</hi> 15. Jan.</hi> </dateline><lb/> <p> <hi rendition="#b">Das Ereignis des<lb/> Tages war geſtern ein <hi rendition="#g">neuer gewal-<lb/> tiger Sturz des Franken</hi>. Am<lb/> Abend wurde an der Pariſer Börſe der<lb/> Dollar mit 22,80 Cents und das engliſche<lb/> Pfund mit 96,11 Francs notiert. Aber<lb/> nicht nur die angelſächſiſche Währung geht<lb/> in die Höhe, auch alle fremden Deviſen er-<lb/> fuhren eine beträchtliche Steigerung.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Am höchſten ſprang der italieniſche Lira<lb/> von 93,20 auf 101,20. Die Nachricht von<lb/> der Verſtändigung Italiens mit Jugo-<lb/> ſlawien mag dazu beigetragen haben.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Eine Abordnung der Lebensmittelſyndi-<lb/> kate erſchien beim Handelsminiſter und<lb/> erklärte, daß es beſſer ſei, den außer-<lb/> gewöhnlichen Kursaufſtieg des Dollars an<lb/> der Warenbörſe nicht zu notieren, um<lb/> nicht eine gefährliche <hi rendition="#g">Steigerung der<lb/> Lebensmittelpreiſe herbeizu-<lb/> führen</hi>.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Der Miniſterrat, der heute ſtattfinden<lb/> wird, ſoll über die Stützung des Franken<lb/> beſchließen. Die Zeitungen kündigen an,<lb/> daß <hi rendition="#g">Poincaré</hi> ſelbſt die Leitung der<lb/> Verteidigungsoperation in die Hand<lb/><cb/> nehmen werde. In jedem Falle wird<lb/> Poincaré noch in dieſer Woche eine feier-<lb/> liche Erklärung in der Kammer abgeben.<lb/> Der franzöſiſche Finanzminiſter wird im<lb/> Miniſterrat einen <hi rendition="#g">Aktionsplan</hi> vor-<lb/> legen, der folgende Maßnahmen umfaßt:</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">1. Verringerung von öffentlichen Auf-<lb/> gaben und Vermeidung von Ausgaben,<lb/> deren Gegenwert auf der Einnahmeſeite<lb/> nicht geſichert iſt;</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">2. vorübergehende Aufnahme eines Tei-<lb/> les der deutſchen Zahlungen in den Haus-<lb/> halt zur Deckung der Ausgaben;</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">3. ſchärfere <hi rendition="#g">Steuererfaſſung;</hi></hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">4. Erhöhung beſtimmter Steuern;</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">5. Vermeidung jeglicher <hi rendition="#g">Inflation</hi>.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Paris,</hi> 15. Jan.</dateline><lb/> <p>Die fortlaufende Entwer-<lb/> tung des franzöſiſchen Franken löſt im franzöſi-<lb/> ſchen Publikum <hi rendition="#g">unverkennbare Depreſ-<lb/> ſionen</hi> aus. Hervé ſpricht in der „Victoire“<lb/> von einem <hi rendition="#g">neuen Verſailles</hi>. Im „Jour-<lb/> nal“ erklärt ein franzöſiſcher Bankdirektor, es<lb/> käme jetzt darauf an, gegen Deutſchland auf finan-<lb/> ziellem Gebiete zum zweitenmal die <hi rendition="#g">Marne-<lb/> ſchlacht</hi> zu gewinnen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Bündnis zwiſchen Frankreich und Serbien</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Belgrad,</hi> 15. Jan.</dateline><lb/> <p>Preſſekombinationen, welche<lb/> das <hi rendition="#g">italieniſch-jugoſlawiſche Ueber-<lb/> einkommen als ein Gegengewicht<lb/> gegen das tſchechiſch-franzöſiſche<lb/> Bündnis</hi> deuten wollen, werden hier zurück-<lb/> gewieſen. Dieſes Bündnis bildete in den Be-<lb/> ratungen der Konferenz der Kleinen Entente<lb/> überhaupt keinen Gegenſtand. Dagegen macht die<lb/><hi rendition="#g">Anweſenheit des ſerbiſchen Geſand-<lb/> ten in Paris</hi>, der ſich während der ganzen<lb/> Dauer der Konferenz in Belgrad aufhielt, ſowie<lb/> die bevorſtehende Reiſe des Königspaares nach<lb/> Paris alle Kombinationen hinfällig. Die Reiſe<lb/> des Königspaares erfolgt im März oder April<lb/> als äußeres Zeichen für die formelle Ausdehnung<lb/> des ehemaligen ſerbiſch-franzöſiſchen Bündniſſes<lb/> auf das neue Königreich der Serben, Kroaten und<lb/> Slovenen, deſſen Bund mit Frankreich bei dieſem<lb/> Anlaſſe kodifizlert wird.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Inhalt des italieniſch-ſüdſlawiſchen<lb/> Vertrages</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Belgrad,</hi> 15. Jan.</dateline><lb/> <p>Die Baſis des <hi rendition="#g">italie-<lb/> niſch-ſüdſlawiſchen Ueberein kom-<lb/> mens</hi> ſollen folgende Punkte bilden:</p><lb/> <p>1. Italien verpflichtet ſich, alle Beſtimmungen<lb/> des Vertrages von <hi rendition="#g">Rapallo</hi> zu erfüllen und<lb/> alle mit dem früheren italieniſchen Miniſter des<lb/> Aeußern, Grafen Sforza feſtgelegten Abmachungen<lb/> zu beachten.</p><lb/> <p>2. Südſlawien gewährt Italien volle Freiheit<lb/> bezüglich der Organiſation des <hi rendition="#g">Frimaner<lb/> Staates</hi>.</p><lb/> <p>3. Südſlawien wird das Recht auf Benutzung<lb/> des Fiumer Hafens auf 50 Jahre eingeräumt.</p><lb/> <p>4. Italien und Südſlawien werden eine Han-<lb/> delskonvention abſchließen.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die wahren Ziele der<lb/> bayeriſchen Verfaſſungsreform</hi> </head><lb/> <p>In der „München-Augsburger-Abend-<lb/> zeitung“ findet ſich ein Aufſatz des bekann-<lb/> ten Erlanger Univerſitätsprofeſſors und<lb/> deutſchnationalen <hi rendition="#g">Reichstagsabge-<lb/> ordneten D. Strathmann,</hi> der in<lb/> vielerlei Beziehungen außerordentlich be-<lb/> achtlich und aufſchlußgebend über die der-<lb/> zeitigen bayeriſchen parlamentariſchen Ver-<lb/> hältniſſe iſt. Zunächſt wird eingehend die<lb/><hi rendition="#g">Differenz in der Auffaſſung</hi> der<lb/><hi rendition="#g">Bayeriſchen</hi> und <hi rendition="#g">Deutſchnatio-<lb/> nalen</hi> Volkspartei über die <hi rendition="#g">Verringe-<lb/> rung der Mandate</hi> auseinanderge-<lb/> ſetzt und der deutſchnationale Standpunkt<lb/> unter allerlei Seitenhieben auf die Baye-<lb/> riſche Volkspartei — zum Beiſpiel bezüg-<lb/> lich der bis jetzt unterlaſſenen Verminde-<lb/> rung der Miniſterien auf fünf — verteidigt.<lb/> Sodann wird es entſchieden abgelehnt, Ver-<lb/> faſſungsänderungen einer <hi rendition="#g">einfachen</hi><lb/> Mehrheit auszuliefern, wobei Strathmann<lb/><cit><quote>„nicht unterſtellen will, daß die Bayeriſche<lb/> Volkspartei erwartet, im künftigen Land-<lb/> tag allein die abſolute Mehrheit zu erhal-<lb/> ten. Aber dieſe Möglichkeit beſteht. Durch<lb/> die Uneinigkeit in den vaterländiſchen Ver-<lb/> bänden wird ſie geſteigert.“</quote></cit> Strathmann er-<lb/> ſchrickt nun darüber, daß die Entſcheidung<lb/><hi rendition="#g">allein</hi> der Bayeriſchen Volkspartei aus-<lb/> geliefert würde! Das dürfe unter gar kei-<lb/> nen Umſtänden geſchehen! Die Sache müſſe<lb/> vielmehr ſo gedreht werden, daß die Mehr-<lb/> heit zur Verfaſſungsänderung ſo angeſetzt<lb/> werde, daß die Bayeriſche Volkspartei <hi rendition="#g">nur<lb/> mit Unterſtützung der Deutſch-<lb/> nationalen</hi> die zur Verfaſſungsände-<lb/> rung nötige Mehrheit bekommen könnte.<lb/><cit><quote>„Der Staat darf nicht <hi rendition="#g">einer</hi> Partei aus-<lb/> geliefert werden.“</quote></cit> Im übrigen ſei dieſe<lb/> Mehrheitsbildung aus <hi rendition="#g">beiden</hi> Parteien<lb/> zuſammen und mit den Kräften beider<lb/> Parteien im nächſten Landtag leicht zu er-<lb/> reichen, da ſchon jetzt nur ſechs Sitze zur<lb/> nötigen Mehrheit fehlten!</p><lb/> <p>Aus dieſen Darlegungen verdient zu-<lb/> nächſt feſtgehalten zu werden, daß der hin-<lb/> reichend unterrichtete Strathmann die<lb/><hi rendition="#g">vaterländiſchen Verbände</hi> ohne<lb/> weiteres <hi rendition="#g">als politiſche Parteien</hi><lb/> wertet, ja, daß er eigentlich ſie als künftig<lb/> geſonderte und beſondere Partei ſchon jetzt<lb/> in ſein politiſches Kalkül einſtellt. Sodann<lb/> iſt von größter Bedeutung, daß hier glatt<lb/> eröffnet wird, daß die bayeriſche Verfaſ-<lb/> ſungsänderung <hi rendition="#g">nicht zum Wohle des<lb/> Staates</hi> dienen ſoll, wie gewiſſe Leute<lb/> behaupten, ſondern daß der Staat <hi rendition="#g">zwei</hi><lb/> politiſchen Parteien ausgeliefert werden<lb/> ſoll, und daß die zur Verfaſſungsänderung<lb/> nötige Mehrheit gerade auf die Größe die-<lb/> ſer <hi rendition="#g">zwei</hi> und <hi rendition="#g">nur</hi> dieſer zwei politiſchen<lb/> Parteien zugeſchnitten werden muß! Und<lb/> das alles ſoll geſchehen zugunſten der Par-<lb/> teien, die in ihren Redewendungen nur<lb/> immer vom Staatswohl triefen und ſich gar<lb/> nicht genug darin tun können, ſich über die<lb/> Parteiwirtſchaft in Berlin zu entrüſten.</p><lb/> <p><cit><quote>„Aber der Staat darf nicht <hi rendition="#g">einer</hi> Par-<lb/> tei ausgeliefert werden“,</quote></cit> ſagt Strathmann.<lb/> Seine Ausführungen hierzu ſind die beſte<lb/> Verteidigung derjenigen Parteien, die die<lb/> Anträge Hilperts auf Beſeitigung der für<lb/> Verfaſſungsänderungen vorgeſchriebenen<lb/> Mehrheiten ablehnten. Noch wichtiger iſt<lb/> aber, daß ſich die zwei einzigen <hi rendition="#g">Koali-<lb/> tionsparteien</hi>, die gegenwärtig das<lb/> Miniſterium Knilling noch betreuen, in die-<lb/> ſer Weiſe öffentlich abraufen und ſich beſtä-<lb/> tigen, daß der Staat <hi rendition="#g">einer</hi> von dieſen<lb/> beiden unter keinen Umſtänden ausgelie-<lb/> fert werden darf! Wie es wohl um dieſe<lb/> bayeriſche Koalition unter ſolchen Umſtän-<lb/> den im Innern beſtellt ſein mag?</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0001]
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Drohungen der Separatiſten
* Speyer, 15. Jan.
Die ſogenannte
Regierung der autonomen Pfalz veröffent-
licht in der Preſſe eine Bekanntmachung,
in der ſie darauf hinweiſt, daß ſie bisher
keine Maßnahmen zum Schutze ihrer Mit-
glieder und ihrer „Beamten“ getroffen
habe.
Seit dem Attentat von Speyer ſeien
aber die Mitglieder der Regierung und die
Bezirkskommiſſare mit Briefen über-
ſchüttet worden, worin allen Separatiſten
das gleiche Schickſal angekündigt wird,
das Heinz beſchieden war. Die Regierung
ſah ſich deshalb zu folgender Ankündigung
veranlaßt:
1. Für Vergehen gegen ein Mitglied oder
einen Beamten der Regierung der auto-
nomen Pfalz, für einen verübten oder ver-
ſuchten Anſchlag auf dieſelben haften
die fünf angeſehenſten Bürger
der Pfalz aus dem Gegenlager mit ihrem
Leben und geſamten Vermögen.
2. Für jeden gegen einen Bezirks-
kommiſſar der Regierung oder einen
Beamten des Bezirkskommiſſariats ver-
übten oder verſuchten Anſchlag haften die
fünf angeſehenſten Bürger des Bezirks
aus dem Gegenlager mit ihrem Leben und
ihrem geſamten Vermögen.
Frankreich beſpitzelt die Engländer im
Rheinland
London, 14. Jan.
Der Kölner Sonderbericht-
erſtatter der Times ſchreibt, der wirkliche Zweck
der von Tirard nach Koblenz entſandten Miſſion
von franzöſiſchen Offizieren zur Unterſuchung der
Verhältniſſe im britiſch beſetzten Gebiet ſei, wie
man annehme, die Entdeckung von deutſchen
oder engliſch-deutſchen geheimen
Geſellſchaften in Köln. Da außer dem
üblichen, nicht offiziellen Spionagedienſt bereits
20 bis 30 wichtige franzöſiſche Beamte mit großen
Stäben in Köln eifrig tätig ſeien, um die Ziele
Frankreichs auf britiſchem Gebiet durchzuführen,
ſei es ſchwierig, zu verſtehen, was dieſe neue Miſ-
ſion eigentlich entdecken ſolle. Auch könne man
kaum einen Vergleich anſtellen zwiſchen der nor-
malen Lage der Dinge im britiſchen Gebiet und
der Herrſchaft des Terrors in der Pfalz.
Berlin, 14. Jan.
Der Korreſpondent des Berl.
Tagebl. in Heidelberg hatte eine Unterredung mit
dem engliſchen Generalkonſul Clive. Der
Generalkonſul betonte, daß England in der pfälzi-
ſchen Angelegenheit durchaus unparteiiſch und kor-
rekt vorgehen werde. Zu dieſem Zweck ſei er be-
auftragt worden, ſich an Ort und Stelle über die
Verhältniſſe in der Pfalz zu unterrichten. Es
handle ſich hierbei aber nicht um eine Diskredi-
tierung Frankreichs. Er habe bereits geſtern mit
den Vertretern der pfälziſchen Parteien geſprochen,
um ſich über die Zuſtände zu unterrichten. Er
werde aber beide Parteien hören und deshalb auch
die Separatiſten. Auch nach Speyer werde er
reiſen, um dem General de Metz einen Be-
ſuch abzuſtatten.
Der Standpunkt in der pfälziſchen Frage ſei
der, daß die Rheinlandkommiſſion nicht das
Recht habe, ohne weiteres die ſogenannte auto-
nome Regierung der Separatiſten in der Pfalz
anzuerkennen. Wenn ſie aber Maßnahmen der
ſeparatiſtiſchen Regierung regiſtriere, ſo bedeute
das eine De fakto-Anerkennung.
Gegen dieſe Beſchlüſſe der franzöſiſchen und
belgiſchen Vertreter in der Rheinlandkommiſſion
habe der engliſche Vertreter Proteſt eingelegt.
Die Regiſtrierung der ſeparatiſtiſchen Maßnahmen
ſei deshalb um einen Monat verſchoben worden.
Die endgültige Entſcheidung werde von dem Er-
gebnis der diplomatiſchen Verhandlungen zwiſchen
London und Paris abhängen, auf die der Bericht
Clives ausſchlaggebenden Einfluß haben werde.
England ſei der Auffaſſung, daß das ſeparatiſtiſche
Problem eine rein innerpolitiſche Ange-
legenheit Deutſchlands ſei und nur auf
dem legalen Wege, d. h. auf Grund des Art. 18
der Weimarer Verfaſſung gelöſt werden könne.
England ſei bereit, den wahren Willen des pfälzi-
ſchen Volkes zu reſpektieren, wenn er ſich auf
verfaſſungsmäßigem Wege auswirke. Großbritan-
nien könne dem illegalen Separatis-
mus nicht das Recht zuerkennen, als rechtmäßige
Regierungsgewalt aufzutreten und Aenderungen
der tatſächlichen Verhältniſſe vorzunehmen.
Die erſte Sitzung
der Sachverſtändigen
Sonderdienſt der Allgemeinen Zeitung.
* Paris, 15. Jan.
Die franzöſiſche
Preſſe iſt ſo geſchickt, die Rede des ameri-
kaniſchen Sachverſtändigen Dawes zu
loben, indem ſie die für ein ſolches Lob
nicht geeigneten Stellen einfach übergeht.
Man hat aber überall den Eindruck, daß
es ohne Konflikte zwiſchen dem zu
praktiſcher Arbeit entſchloſſenen Ameri-
kaner und den Franzoſen, die nun gar zu
gerne in der Vergangenheit herumwühlen
möchten, nicht abgehen werde.
Sehr unterhaltliche Berichte liegen über
die Einzelheiten der geſtrigen
Sitzung vor. Die Mitglieder des Aus-
ſchuſſes waren zuerſt verſammelt und
ſaßen um den Hufeiſentiſch herum. Mehrere
Tiſche für die Einzeldelegationen waren
rund herum aufgeſtellt. Jede der Dele-
gationen wurde von dem Generalſekretär
eingeführt und nahm an ihrem Tiſche
Platz.
Zuletzt kamen die Amerikaner, die
von der zeremoniellen Einführung nichts
gewußt hatten und im Straßenanzug er-
ſchienen waren. Bei ihrem Eintritt ſtan-
den alle anderen Anweſenden auf und
hörten die Reden von Barthou und Dawes,
von denen die Anſprache des Amerikaners
als Senſation wirkte, ſtehend an. Die
Reparationskommiſſion zog ſich dann
zurück.
Dieſe erſte Beratung dauerte 45 Mi-
nuten. Es wurde das Arbeitspro-
gramm feſtgeſetzt und beſchloſſen, zwei
Sitzungen täglich abzuhalten. Es wurde
weiter beſchloſſen, daß die Beratungen
geheim bleiben ſollen. Berichte werden
nicht ausgegeben. Die einzelnen Sachver-
ſtändigen haben ſich zur Verſchwiegenheit
verpflichtet.
Um 3 Uhr begann die zweite Sitzung, die
diesmal hinter verſchloſſenen Türen drei
Stunden dauerte. Aus der Beratung iſt
nur zu erfahren, daß 2 Unterkommiſ-
ſionen gewählt wurden, die erſte
unter dem Vorſitze von Owen Young. Sie
wird ſich mit der Stabiliſierung der
Währung beſchäftigen.
Die zweite, die von General Dawes
geleitet werden wird, ſoll ſich mit der Sa-
nierung des deutſchen Haushalts befaſſen.
Es wurde geſtern abends angenommen,
daß der Ausſchuß die Vorarbeiten in acht
Tagen erledigt haben werde und dann
nach Deutſchland abreiſen könne.
Bis zum April ſoll der Bericht des
erſten Ausſchuſſes fertig ſein.
Stützungsaktion für den Franken
Paris, 15. Jan.
Das Ereignis des
Tages war geſtern ein neuer gewal-
tiger Sturz des Franken. Am
Abend wurde an der Pariſer Börſe der
Dollar mit 22,80 Cents und das engliſche
Pfund mit 96,11 Francs notiert. Aber
nicht nur die angelſächſiſche Währung geht
in die Höhe, auch alle fremden Deviſen er-
fuhren eine beträchtliche Steigerung.
Am höchſten ſprang der italieniſche Lira
von 93,20 auf 101,20. Die Nachricht von
der Verſtändigung Italiens mit Jugo-
ſlawien mag dazu beigetragen haben.
Eine Abordnung der Lebensmittelſyndi-
kate erſchien beim Handelsminiſter und
erklärte, daß es beſſer ſei, den außer-
gewöhnlichen Kursaufſtieg des Dollars an
der Warenbörſe nicht zu notieren, um
nicht eine gefährliche Steigerung der
Lebensmittelpreiſe herbeizu-
führen.
Der Miniſterrat, der heute ſtattfinden
wird, ſoll über die Stützung des Franken
beſchließen. Die Zeitungen kündigen an,
daß Poincaré ſelbſt die Leitung der
Verteidigungsoperation in die Hand
nehmen werde. In jedem Falle wird
Poincaré noch in dieſer Woche eine feier-
liche Erklärung in der Kammer abgeben.
Der franzöſiſche Finanzminiſter wird im
Miniſterrat einen Aktionsplan vor-
legen, der folgende Maßnahmen umfaßt:
1. Verringerung von öffentlichen Auf-
gaben und Vermeidung von Ausgaben,
deren Gegenwert auf der Einnahmeſeite
nicht geſichert iſt;
2. vorübergehende Aufnahme eines Tei-
les der deutſchen Zahlungen in den Haus-
halt zur Deckung der Ausgaben;
3. ſchärfere Steuererfaſſung;
4. Erhöhung beſtimmter Steuern;
5. Vermeidung jeglicher Inflation.
Paris, 15. Jan.
Die fortlaufende Entwer-
tung des franzöſiſchen Franken löſt im franzöſi-
ſchen Publikum unverkennbare Depreſ-
ſionen aus. Hervé ſpricht in der „Victoire“
von einem neuen Verſailles. Im „Jour-
nal“ erklärt ein franzöſiſcher Bankdirektor, es
käme jetzt darauf an, gegen Deutſchland auf finan-
ziellem Gebiete zum zweitenmal die Marne-
ſchlacht zu gewinnen.
Bündnis zwiſchen Frankreich und Serbien
Belgrad, 15. Jan.
Preſſekombinationen, welche
das italieniſch-jugoſlawiſche Ueber-
einkommen als ein Gegengewicht
gegen das tſchechiſch-franzöſiſche
Bündnis deuten wollen, werden hier zurück-
gewieſen. Dieſes Bündnis bildete in den Be-
ratungen der Konferenz der Kleinen Entente
überhaupt keinen Gegenſtand. Dagegen macht die
Anweſenheit des ſerbiſchen Geſand-
ten in Paris, der ſich während der ganzen
Dauer der Konferenz in Belgrad aufhielt, ſowie
die bevorſtehende Reiſe des Königspaares nach
Paris alle Kombinationen hinfällig. Die Reiſe
des Königspaares erfolgt im März oder April
als äußeres Zeichen für die formelle Ausdehnung
des ehemaligen ſerbiſch-franzöſiſchen Bündniſſes
auf das neue Königreich der Serben, Kroaten und
Slovenen, deſſen Bund mit Frankreich bei dieſem
Anlaſſe kodifizlert wird.
Der Inhalt des italieniſch-ſüdſlawiſchen
Vertrages
* Belgrad, 15. Jan.
Die Baſis des italie-
niſch-ſüdſlawiſchen Ueberein kom-
mens ſollen folgende Punkte bilden:
1. Italien verpflichtet ſich, alle Beſtimmungen
des Vertrages von Rapallo zu erfüllen und
alle mit dem früheren italieniſchen Miniſter des
Aeußern, Grafen Sforza feſtgelegten Abmachungen
zu beachten.
2. Südſlawien gewährt Italien volle Freiheit
bezüglich der Organiſation des Frimaner
Staates.
3. Südſlawien wird das Recht auf Benutzung
des Fiumer Hafens auf 50 Jahre eingeräumt.
4. Italien und Südſlawien werden eine Han-
delskonvention abſchließen.
Die wahren Ziele der
bayeriſchen Verfaſſungsreform
In der „München-Augsburger-Abend-
zeitung“ findet ſich ein Aufſatz des bekann-
ten Erlanger Univerſitätsprofeſſors und
deutſchnationalen Reichstagsabge-
ordneten D. Strathmann, der in
vielerlei Beziehungen außerordentlich be-
achtlich und aufſchlußgebend über die der-
zeitigen bayeriſchen parlamentariſchen Ver-
hältniſſe iſt. Zunächſt wird eingehend die
Differenz in der Auffaſſung der
Bayeriſchen und Deutſchnatio-
nalen Volkspartei über die Verringe-
rung der Mandate auseinanderge-
ſetzt und der deutſchnationale Standpunkt
unter allerlei Seitenhieben auf die Baye-
riſche Volkspartei — zum Beiſpiel bezüg-
lich der bis jetzt unterlaſſenen Verminde-
rung der Miniſterien auf fünf — verteidigt.
Sodann wird es entſchieden abgelehnt, Ver-
faſſungsänderungen einer einfachen
Mehrheit auszuliefern, wobei Strathmann
„nicht unterſtellen will, daß die Bayeriſche
Volkspartei erwartet, im künftigen Land-
tag allein die abſolute Mehrheit zu erhal-
ten. Aber dieſe Möglichkeit beſteht. Durch
die Uneinigkeit in den vaterländiſchen Ver-
bänden wird ſie geſteigert.“ Strathmann er-
ſchrickt nun darüber, daß die Entſcheidung
allein der Bayeriſchen Volkspartei aus-
geliefert würde! Das dürfe unter gar kei-
nen Umſtänden geſchehen! Die Sache müſſe
vielmehr ſo gedreht werden, daß die Mehr-
heit zur Verfaſſungsänderung ſo angeſetzt
werde, daß die Bayeriſche Volkspartei nur
mit Unterſtützung der Deutſch-
nationalen die zur Verfaſſungsände-
rung nötige Mehrheit bekommen könnte.
„Der Staat darf nicht einer Partei aus-
geliefert werden.“ Im übrigen ſei dieſe
Mehrheitsbildung aus beiden Parteien
zuſammen und mit den Kräften beider
Parteien im nächſten Landtag leicht zu er-
reichen, da ſchon jetzt nur ſechs Sitze zur
nötigen Mehrheit fehlten!
Aus dieſen Darlegungen verdient zu-
nächſt feſtgehalten zu werden, daß der hin-
reichend unterrichtete Strathmann die
vaterländiſchen Verbände ohne
weiteres als politiſche Parteien
wertet, ja, daß er eigentlich ſie als künftig
geſonderte und beſondere Partei ſchon jetzt
in ſein politiſches Kalkül einſtellt. Sodann
iſt von größter Bedeutung, daß hier glatt
eröffnet wird, daß die bayeriſche Verfaſ-
ſungsänderung nicht zum Wohle des
Staates dienen ſoll, wie gewiſſe Leute
behaupten, ſondern daß der Staat zwei
politiſchen Parteien ausgeliefert werden
ſoll, und daß die zur Verfaſſungsänderung
nötige Mehrheit gerade auf die Größe die-
ſer zwei und nur dieſer zwei politiſchen
Parteien zugeſchnitten werden muß! Und
das alles ſoll geſchehen zugunſten der Par-
teien, die in ihren Redewendungen nur
immer vom Staatswohl triefen und ſich gar
nicht genug darin tun können, ſich über die
Parteiwirtſchaft in Berlin zu entrüſten.
„Aber der Staat darf nicht einer Par-
tei ausgeliefert werden“, ſagt Strathmann.
Seine Ausführungen hierzu ſind die beſte
Verteidigung derjenigen Parteien, die die
Anträge Hilperts auf Beſeitigung der für
Verfaſſungsänderungen vorgeſchriebenen
Mehrheiten ablehnten. Noch wichtiger iſt
aber, daß ſich die zwei einzigen Koali-
tionsparteien, die gegenwärtig das
Miniſterium Knilling noch betreuen, in die-
ſer Weiſe öffentlich abraufen und ſich beſtä-
tigen, daß der Staat einer von dieſen
beiden unter keinen Umſtänden ausgelie-
fert werden darf! Wie es wohl um dieſe
bayeriſche Koalition unter ſolchen Umſtän-
den im Innern beſtellt ſein mag?
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(2022-12-19T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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