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Allgemeine Zeitung, Nr. 163, 11. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] hörig gehalten wurde. Er verweigerte sich vor der Behörde zu stellen, in-
dem er erklärte daß er nichts mit der piemontesischen Regierung zu schaffen
habe; worauf der Sicherheitscommissär sich bemüssigt glaubte demselben die
Daumenschrauben anlegen zu lassen. Der "Corriere del Po" behauptet:
man habe geheime auf Verschwörung zielende Papiere bei ihm aufgefunden.
-- Die "Armonia" läßt sich aus Paris schreiben daß eine daselbst weilende
savoyische Deputation des Klerus, bestehend aus den Bischöfen von St. Jeau
de Maurienne und Moustier, vom Kaiser sehr gnädig aufgenommen worden sey.
Der Kaiser soll den Prälaten die Versicherung gegeben haben daß die Civil
ehe vorderband in Savoyen nicht ingesührt werde, und daß auch die Zahl
der Bischöfe nicht werde vermindert werden. -- Die Kammer hat in ihrer
gestrigen Sitzung das Gesetz für die Aushebung der Altersclasse von 1840
dahin abgeändert daß sie die von der Regierung vorgeschlagenen 15,000
Mann auf 17,000 erhöhte. -- Die "Gazzetta di Torino" glaubt versichern
zu können daß General Lanza und der größte Theil der Officiere gegen
die Fortsetzung des brudermörderischen Kampfes protestiren. Auch die Trup-
pen hätten sich geweigert nochmals in Kampf zu gehen. Es wurde daher
eine neue Capitulation nach Neapel gesandt. Nachschrift. Heute Nacht
wurde ein Domherr der hiesigen Metropolitankirche verhaftet. Man fand in
seinem Haus eine geheime Druckerei, auch wurden Druckpapiere und Manu-
scripte vorgefunden.

Graf Cavour ist übel gelaunt in Folge der Auf-
nahme welche seine Notisication an die andern europäischen Höfe von den
thatsächlich vollbrachten Einverleibungen von Toscana, Modena und Parma,
dann dem die Romagna begreifenden Theil des Kirchenstaats in das König-
reich Sardinien bei mehreren derselben gefunden hat. Er und seine Satelliten
suchen zwar die Sache möglichst geheim zu halten und zu vertuschen. Dessen-
ungeachtet ist diese Heimlichthuerei doch vergebens. Daß Oesterreich förm-
lichen Protest gegen diese Einverleibungen von Ländern in deren Mehrzahl es
ein vertragsmäßiges Successionsrecht besitzt, einlegen werde, wie es dieses
denn auch wirklich gethan hat, das kam niemanden hier unerwartet. Dagegen
hatte Graf Cavour sich mit der Hoffnung geschmeichelt von Berlin her eine das
Vorschreiten Piemonts anerkennende Antwort zu erhalten. Statt dessen kam
von Berlin eine ausdrückliche Anerkennung der vollen Begründung der von den
für den Augenblick gewaltsam vertriebenen italienischen Fürsten erhobenen
Protestation und feierlichen Verwahrung ihrer Rechte, und eine Berufung auf
die noch immer rechtskräftig bestehenden Berträge, mit welchen die factischen
Einverleibungen in entschiedenstem Widerspruch stehen, und weßhalb daher
diese als zu Recht bestehend nicht anerkannt werden könnten. Auch von
mehreren deutschen Mittelstaaten sind Antworten im gleichen Sinn einge-
laufen, namentlich auch von Bayern. Auch dieses erkennt die Protestation
der vertriebenen italienischen Fürsten als vollkommen rechtlich begründet an,
und erblickt in der Einverleibung der Staaten derselben in das Königreich
Sardinien eine Verletzung der Verträge. Namentlich spricht sich die Ant-
wort Bayerns auch sehr bestimmt gegen die an der weltlichen Herrschaft des
heil. Baters und dessen rechtmäßigem Besitzstand verübte Gewaltthat aus, die
um so weniger zu rechtsertigen sey, als in der ungeschmälerten weltlichen
Herrschaft des Papstes die einzige sichere Gewähr für die vollkommen freie
und unabhängige Ausübung auch seines kirchlichen Oberhirtenamtes über die
gesammte katholische Christenheit liege. Am unangenehmsten aber, weil
gerade von dieser Seite am wenigsten erwartet, kam dem Grafen Cavour die
Haltung Rußlands gegenüber der sardinischen Einverleibungspolitik. Auch
nach St. Petersburg war die Notisication der vollbrachten Einverleibungen
ergangen. Allein das russische Cabinet verweigerte sogar die Annahme dieser
Notisication, und eine Antwort darauf siel somit von selbst weg.

Es läßt sich leicht denken daß hier alles in größ-
ter Ausregung ist. Die Via nuova, Carlo Alberto und andere Straßen und
Plätze prangen im Festschmuck. Ueberall Fahnen, Blumen, Inschriften,
Teppiche u. dgl.; seit zwei Abenden ist der größte Theil der Stadt beleuchtet.
Der "Movimento" bringt die Nachricht daß der Dampfer "Utile" mit 800 M.
für Garibaldi bei Marsala gelandet habe. Andererseits versichert man daß
binnen wenigen Tagen von hier eine zweite Expedition nach Sicilien abgehen
wird, an deren Spitze Oberst Medici stehen soll. Zwei amerikanische Dampfer
welche hier im Hafen liegen -- sagt man mir weiter -- seyen zu Aufnahme
der Freischaaren bestimmt, und die Schiffe starren bereits von Munition
und Waffen. Oberst Zambianchi soll bloß verhaftet worden seyn, weil er
es gar zu öffentlich trieb. Indessen meldet man aus Turin daß er schon auf
freiem Fuß sey. Die Stadt wimmelt von "Gestalten" in Garibaldihüten
und Blousen. Die "Garibaldi-Subscription" hat im Lauf der letzten Tage
sehr bedeutende Beiträge erhalten. Man ist hier der allgemeinen Ansicht daß
nach der Revolution in Sicilien die in Neapel an die Reihe kommen soll.
Der letzte Stoß würde der weltlichen Herrschaft des Papstes gelten, der bloß
auf die Stadt Rom beschränkt bliebe. In Turin soll eine "reactionäre" Ver-
schwörung entdeckt worden seyn. Man habe, heißt es, viele Verhaftungen
vorgenommen und wichtige Papiere mit Beschlag belegt.

[Spaltenumbruch]

Der Senat in Turin scheint
gottessürchtiger zu seyn als die zweite Kammer. Gestern war der kaiserliche
Commissarius Laity in Chambery angelangt um den Nachmittag des heutigen
volksreichen Fronleichnamstags noch zu einem Volksfest ob der Annexions-
ratisication zu stempeln. Da berichtete der Telegraph daß die erste Kammer
wegen des Kirchenfestes erst morgen Sitzung halte, und die Savoyarden
haben nun das Unglück bis zum nächsten Sonntag nur erst halb der großen
Nation anzugehören. Wie man hört, werden die Senatoren Pallavicini-
Trivulzio und Linati gegen die Annexirung sprechen. Unter der Gränzberei-
nigungscommission herrscht Uneinigkeit. Es verbreitet sich neuerdings das
Gerücht: die französische Regierung habe der Schweiz den Fetzen Land von St.
Gingolph bis Meillerie angeboten. Die Antwort darauf läßt sich voraussehen.
Von den 160 Osficieren der savoyischen Brigade verbleiben 42 in italienischen
Diensten; an die ausscheidenden ist der Lazarusorden sehr freigebig ertheilt
worden. Bei der Erledigung des Bisthums Annecy hat ein Schweizer Geist-
licher, der Abt und Weihbischof von St. Moriz, die dießjährige Firmelung
auf dem linken Lemanufer vorgenommen. Auf den ersten Juli veranstaltet
die "Prinzessin" Solms ein Volksfest nebst Armentheater in Aix le Bains.
Die Intendanz hofft dadurch die Badeliste zu mehren, auf welcher gegenwärtig
die Mutter der genannten Napoleonidin, eine Tochter Lucians, paradirt;
deßgleichen einige Phanarioten und Türken. Ob dieses Vortreten der Prin-
zessin mit oder gegen den Willen des kaiserlichen Vetters geschieht, läßt sich
bei der häusigen Spannung zwischen dem Imperator und der Schriftstellerin
nicht wohl ermitteln.

Gestern reiste Marschall Baillant mit meh-
reren Officieren seines Generalstabs nach Venedig ab. Seine Rückkehr wird
noch in dieser Woche erfolgen. -- Graf Annoni soll seine Entlassung als
General der Nationalgarde Mailands eingereicht haben. Dieser Vorfall
macht|hier sehr viel von sich reden. -- Nach einer Depesche aus Turin faßte
das Parlament in der Sitzung vom 5 d. folgende Beschlüsse: 1) die Regie-
rung des Königs ist ermächtigt die Aushebung der Altersclaffe 1839 in den
alten Provinzen des Staats, in den Provinzen Bologna, Ferrara, Forli
und Ravenna vorzunehmen; 2) im Fall drohender Gefahr ist die Regierung
des Königs ermächtigt auch das Contingent der Altersclasse 1840 in jenen
Provinzen auszuheben in welchen diese Aushebung noch nicht geschehen; 3) das
Contingent der genannten Provinzen für das Jahr 1839 ist auf 70,000
Mann festgesetzt, das Contingent für 1840 auf 17,000 Mann. Diese Be-
schlüsse erstrecken sich also nicht auf Toscana, Parma, Modena und die
Lombardei.

Dänemark.

Die von 100 Reichstagsmännern aus-
gegangene Beifallsadresse für die Minorität der schleswigischen Ständever-
sammlung soll jetzt, nachdem die ausgesandten Exemplare rings aus dem
Lande größtentheils eingegangen sind, an Lauritz Skau zur Mittheilung an
seine Genossen geschickt werden; sie hat aus dem ganzen Lande gegen 50,000
Unterschriften erhalten. -- Die gestrige Feier der Grundgesetzverleihung ward
vom schönsten Wetter begünstigt. Vom frühen Morgen an war in den
Straßen Kopenhagens große Bewegung; Musikcorps zogen umher, und unter
den öffentlichen Plätzen war vorzüglich der Königsneumarkt schön mit Fahnen
und Flaggen ausgeschmückt. Nachmittags halb 4 Uhr verließ der von dem Ar-
beiterverein in Verbindung mit den "Waffenbrüdern" angeordnete große Festzug
den Exercierplatz, und begab sich auf seinem Weg nach Tivoli vor das Chri-
stiansborger Schloß, um dem König den Dank des Volks für die Gabe der
freien Versassung zu bringen. Die Reden hatten dießmal einen passenden
Gegenstand in den "politischen Briefen," welche den Vortheil gewähren daß
die Redner|nicht nöthig haben aus Mangel an anderm Stoff die skandinavi-
schen und die deutschfeindlichen Gefühle anzuregen, und daß die Schmähungen
gegen Wahlgesetz und Volksthing zu eingehenden Betrachtungen über die An-
wendung der verliehenen Freiheit geradezu herausfordern. -- In der Nr. 155
der Allg. Zeitung lese ich in einer der D. A. Z. entnommenen Correspondenz
aus Flensburg die Aeußerung: "Die meisten dänischen tonangebenden Blätter
schwärmen für das Bündniß mit Napoleon." Dieß ist mehr als Uebertrei-
bung. Aus täglichem Lesen der "tonangebenden Blätter" kann ich versichern
daß sich dieselben überhaupt nur sehr wenig und mit großer Zurückhaltung
über ein Bündniß mit Napoleon ausgesprochen haben; daß die wenigen Aeuße-
rungen von dem Gefühl des Schwärmens weit entfernt gewesen sind, viel-
mehr die betreffenden Blätter nur von einem unter Umständen möglichen An-
schluß an Frankreich gesprochen, und die große Gefahr welche in der offenen
Herausforderung Deutschlands liegen würde keineswegs verkannt haben. So
toll ist denn doch keiner der tonangebenden Zeitungsredactoren daß er nicht ein
friedliches Vernehmen mit Deutschland unter erträglichen Bedingungen einem
Kriege mit demselben auf Leben und Tod, der jenem Bündniß in der Zeiten
Erfüllung entspringen würde, vorzöge, namentlich da die große Masse des
Volks bis jetzt noch keine Lust zu einem neuen Kriege gezeigt hat. Daß
mancher trotzdem, bei der Bewegung die in Deutschland in Folge der Nach-

[Spaltenumbruch] hörig gehalten wurde. Er verweigerte ſich vor der Behörde zu ſtellen, in-
dem er erklärte daß er nichts mit der piemonteſiſchen Regierung zu ſchaffen
habe; worauf der Sicherheitscommiſſär ſich bemüſſigt glaubte demſelben die
Daumenſchrauben anlegen zu laſſen. Der „Corriere del Po“ behauptet:
man habe geheime auf Verſchwörung zielende Papiere bei ihm aufgefunden.
— Die „Armonia“ läßt ſich aus Paris ſchreiben daß eine daſelbſt weilende
ſavoyiſche Deputation des Klerus, beſtehend aus den Biſchöfen von St. Jeau
de Maurienne und Mouſtier, vom Kaiſer ſehr gnädig aufgenommen worden ſey.
Der Kaiſer ſoll den Prälaten die Verſicherung gegeben haben daß die Civil
ehe vorderband in Savoyen nicht ingeſührt werde, und daß auch die Zahl
der Biſchöfe nicht werde vermindert werden. — Die Kammer hat in ihrer
geſtrigen Sitzung das Geſetz für die Aushebung der Altersclaſſe von 1840
dahin abgeändert daß ſie die von der Regierung vorgeſchlagenen 15,000
Mann auf 17,000 erhöhte. — Die „Gazzetta di Torino“ glaubt verſichern
zu können daß General Lanza und der größte Theil der Officiere gegen
die Fortſetzung des brudermörderiſchen Kampfes proteſtiren. Auch die Trup-
pen hätten ſich geweigert nochmals in Kampf zu gehen. Es wurde daher
eine neue Capitulation nach Neapel geſandt. Nachſchrift. Heute Nacht
wurde ein Domherr der hieſigen Metropolitankirche verhaftet. Man fand in
ſeinem Haus eine geheime Druckerei, auch wurden Druckpapiere und Manu-
ſcripte vorgefunden.

Graf Cavour iſt übel gelaunt in Folge der Auf-
nahme welche ſeine Notiſication an die andern europäiſchen Höfe von den
thatſächlich vollbrachten Einverleibungen von Toscana, Modena und Parma,
dann dem die Romagna begreifenden Theil des Kirchenſtaats in das König-
reich Sardinien bei mehreren derſelben gefunden hat. Er und ſeine Satelliten
ſuchen zwar die Sache möglichſt geheim zu halten und zu vertuſchen. Deſſen-
ungeachtet iſt dieſe Heimlichthuerei doch vergebens. Daß Oeſterreich förm-
lichen Proteſt gegen dieſe Einverleibungen von Ländern in deren Mehrzahl es
ein vertragsmäßiges Succeſſionsrecht beſitzt, einlegen werde, wie es dieſes
denn auch wirklich gethan hat, das kam niemanden hier unerwartet. Dagegen
hatte Graf Cavour ſich mit der Hoffnung geſchmeichelt von Berlin her eine das
Vorſchreiten Piemonts anerkennende Antwort zu erhalten. Statt deſſen kam
von Berlin eine ausdrückliche Anerkennung der vollen Begründung der von den
für den Augenblick gewaltſam vertriebenen italieniſchen Fürſten erhobenen
Proteſtation und feierlichen Verwahrung ihrer Rechte, und eine Berufung auf
die noch immer rechtskräftig beſtehenden Berträge, mit welchen die factiſchen
Einverleibungen in entſchiedenſtem Widerſpruch ſtehen, und weßhalb daher
dieſe als zu Recht beſtehend nicht anerkannt werden könnten. Auch von
mehreren deutſchen Mittelſtaaten ſind Antworten im gleichen Sinn einge-
laufen, namentlich auch von Bayern. Auch dieſes erkennt die Proteſtation
der vertriebenen italieniſchen Fürſten als vollkommen rechtlich begründet an,
und erblickt in der Einverleibung der Staaten derſelben in das Königreich
Sardinien eine Verletzung der Verträge. Namentlich ſpricht ſich die Ant-
wort Bayerns auch ſehr beſtimmt gegen die an der weltlichen Herrſchaft des
heil. Baters und deſſen rechtmäßigem Beſitzſtand verübte Gewaltthat aus, die
um ſo weniger zu rechtſertigen ſey, als in der ungeſchmälerten weltlichen
Herrſchaft des Papſtes die einzige ſichere Gewähr für die vollkommen freie
und unabhängige Ausübung auch ſeines kirchlichen Oberhirtenamtes über die
geſammte katholiſche Chriſtenheit liege. Am unangenehmſten aber, weil
gerade von dieſer Seite am wenigſten erwartet, kam dem Grafen Cavour die
Haltung Rußlands gegenüber der ſardiniſchen Einverleibungspolitik. Auch
nach St. Petersburg war die Notiſication der vollbrachten Einverleibungen
ergangen. Allein das ruſſiſche Cabinet verweigerte ſogar die Annahme dieſer
Notiſication, und eine Antwort darauf ſiel ſomit von ſelbſt weg.

Es läßt ſich leicht denken daß hier alles in größ-
ter Auſregung iſt. Die Via nuova, Carlo Alberto und andere Straßen und
Plätze prangen im Feſtſchmuck. Ueberall Fahnen, Blumen, Inſchriften,
Teppiche u. dgl.; ſeit zwei Abenden iſt der größte Theil der Stadt beleuchtet.
Der „Movimento“ bringt die Nachricht daß der Dampfer „Utile“ mit 800 M.
für Garibaldi bei Marſala gelandet habe. Andererſeits verſichert man daß
binnen wenigen Tagen von hier eine zweite Expedition nach Sicilien abgehen
wird, an deren Spitze Oberſt Medici ſtehen ſoll. Zwei amerikaniſche Dampfer
welche hier im Hafen liegen — ſagt man mir weiter — ſeyen zu Aufnahme
der Freiſchaaren beſtimmt, und die Schiffe ſtarren bereits von Munition
und Waffen. Oberſt Zambianchi ſoll bloß verhaftet worden ſeyn, weil er
es gar zu öffentlich trieb. Indeſſen meldet man aus Turin daß er ſchon auf
freiem Fuß ſey. Die Stadt wimmelt von „Geſtalten“ in Garibaldihüten
und Blouſen. Die „Garibaldi-Subſcription“ hat im Lauf der letzten Tage
ſehr bedeutende Beiträge erhalten. Man iſt hier der allgemeinen Anſicht daß
nach der Revolution in Sicilien die in Neapel an die Reihe kommen ſoll.
Der letzte Stoß würde der weltlichen Herrſchaft des Papſtes gelten, der bloß
auf die Stadt Rom beſchränkt bliebe. In Turin ſoll eine „reactionäre“ Ver-
ſchwörung entdeckt worden ſeyn. Man habe, heißt es, viele Verhaftungen
vorgenommen und wichtige Papiere mit Beſchlag belegt.

[Spaltenumbruch]

Der Senat in Turin ſcheint
gottesſürchtiger zu ſeyn als die zweite Kammer. Geſtern war der kaiſerliche
Commiſſarius Laity in Chambery angelangt um den Nachmittag des heutigen
volksreichen Fronleichnamstags noch zu einem Volksfeſt ob der Annexions-
ratiſication zu ſtempeln. Da berichtete der Telegraph daß die erſte Kammer
wegen des Kirchenfeſtes erſt morgen Sitzung halte, und die Savoyarden
haben nun das Unglück bis zum nächſten Sonntag nur erſt halb der großen
Nation anzugehören. Wie man hört, werden die Senatoren Pallavicini-
Trivulzio und Linati gegen die Annexirung ſprechen. Unter der Gränzberei-
nigungscommiſſion herrſcht Uneinigkeit. Es verbreitet ſich neuerdings das
Gerücht: die franzöſiſche Regierung habe der Schweiz den Fetzen Land von St.
Gingolph bis Meillerie angeboten. Die Antwort darauf läßt ſich vorausſehen.
Von den 160 Oſficieren der ſavoyiſchen Brigade verbleiben 42 in italieniſchen
Dienſten; an die ausſcheidenden iſt der Lazarusorden ſehr freigebig ertheilt
worden. Bei der Erledigung des Bisthums Annecy hat ein Schweizer Geiſt-
licher, der Abt und Weihbiſchof von St. Moriz, die dießjährige Firmelung
auf dem linken Lemanufer vorgenommen. Auf den erſten Juli veranſtaltet
die „Prinzeſſin“ Solms ein Volksfeſt nebſt Armentheater in Aix le Bains.
Die Intendanz hofft dadurch die Badeliſte zu mehren, auf welcher gegenwärtig
die Mutter der genannten Napoleonidin, eine Tochter Lucians, paradirt;
deßgleichen einige Phanarioten und Türken. Ob dieſes Vortreten der Prin-
zeſſin mit oder gegen den Willen des kaiſerlichen Vetters geſchieht, läßt ſich
bei der häuſigen Spannung zwiſchen dem Imperator und der Schriftſtellerin
nicht wohl ermitteln.

Geſtern reiste Marſchall Baillant mit meh-
reren Officieren ſeines Generalſtabs nach Venedig ab. Seine Rückkehr wird
noch in dieſer Woche erfolgen. — Graf Annoni ſoll ſeine Entlaſſung als
General der Nationalgarde Mailands eingereicht haben. Dieſer Vorfall
macht|hier ſehr viel von ſich reden. — Nach einer Depeſche aus Turin faßte
das Parlament in der Sitzung vom 5 d. folgende Beſchlüſſe: 1) die Regie-
rung des Königs iſt ermächtigt die Aushebung der Altersclaffe 1839 in den
alten Provinzen des Staats, in den Provinzen Bologna, Ferrara, Forli
und Ravenna vorzunehmen; 2) im Fall drohender Gefahr iſt die Regierung
des Königs ermächtigt auch das Contingent der Altersclaſſe 1840 in jenen
Provinzen auszuheben in welchen dieſe Aushebung noch nicht geſchehen; 3) das
Contingent der genannten Provinzen für das Jahr 1839 iſt auf 70,000
Mann feſtgeſetzt, das Contingent für 1840 auf 17,000 Mann. Dieſe Be-
ſchlüſſe erſtrecken ſich alſo nicht auf Toscana, Parma, Modena und die
Lombardei.

Dänemark.

Die von 100 Reichstagsmännern aus-
gegangene Beifallsadreſſe für die Minorität der ſchleswigiſchen Ständever-
ſammlung ſoll jetzt, nachdem die ausgeſandten Exemplare rings aus dem
Lande größtentheils eingegangen ſind, an Lauritz Skau zur Mittheilung an
ſeine Genoſſen geſchickt werden; ſie hat aus dem ganzen Lande gegen 50,000
Unterſchriften erhalten. — Die geſtrige Feier der Grundgeſetzverleihung ward
vom ſchönſten Wetter begünſtigt. Vom frühen Morgen an war in den
Straßen Kopenhagens große Bewegung; Muſikcorps zogen umher, und unter
den öffentlichen Plätzen war vorzüglich der Königsneumarkt ſchön mit Fahnen
und Flaggen ausgeſchmückt. Nachmittags halb 4 Uhr verließ der von dem Ar-
beiterverein in Verbindung mit den „Waffenbrüdern“ angeordnete große Feſtzug
den Exercierplatz, und begab ſich auf ſeinem Weg nach Tivoli vor das Chri-
ſtiansborger Schloß, um dem König den Dank des Volks für die Gabe der
freien Verſaſſung zu bringen. Die Reden hatten dießmal einen paſſenden
Gegenſtand in den „politiſchen Briefen,“ welche den Vortheil gewähren daß
die Redner|nicht nöthig haben aus Mangel an anderm Stoff die ſkandinavi-
ſchen und die deutſchfeindlichen Gefühle anzuregen, und daß die Schmähungen
gegen Wahlgeſetz und Volksthing zu eingehenden Betrachtungen über die An-
wendung der verliehenen Freiheit geradezu herausfordern. — In der Nr. 155
der Allg. Zeitung leſe ich in einer der D. A. Z. entnommenen Correſpondenz
aus Flensburg die Aeußerung: „Die meiſten däniſchen tonangebenden Blätter
ſchwärmen für das Bündniß mit Napoleon.“ Dieß iſt mehr als Uebertrei-
bung. Aus täglichem Leſen der „tonangebenden Blätter“ kann ich verſichern
daß ſich dieſelben überhaupt nur ſehr wenig und mit großer Zurückhaltung
über ein Bündniß mit Napoleon ausgeſprochen haben; daß die wenigen Aeuße-
rungen von dem Gefühl des Schwärmens weit entfernt geweſen ſind, viel-
mehr die betreffenden Blätter nur von einem unter Umſtänden möglichen An-
ſchluß an Frankreich geſprochen, und die große Gefahr welche in der offenen
Herausforderung Deutſchlands liegen würde keineswegs verkannt haben. So
toll iſt denn doch keiner der tonangebenden Zeitungsredactoren daß er nicht ein
friedliches Vernehmen mit Deutſchland unter erträglichen Bedingungen einem
Kriege mit demſelben auf Leben und Tod, der jenem Bündniß in der Zeiten
Erfüllung entſpringen würde, vorzöge, namentlich da die große Maſſe des
Volks bis jetzt noch keine Luſt zu einem neuen Kriege gezeigt hat. Daß
mancher trotzdem, bei der Bewegung die in Deutſchland in Folge der Nach-

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[2719/0007] hörig gehalten wurde. Er verweigerte ſich vor der Behörde zu ſtellen, in- dem er erklärte daß er nichts mit der piemonteſiſchen Regierung zu ſchaffen habe; worauf der Sicherheitscommiſſär ſich bemüſſigt glaubte demſelben die Daumenſchrauben anlegen zu laſſen. Der „Corriere del Po“ behauptet: man habe geheime auf Verſchwörung zielende Papiere bei ihm aufgefunden. — Die „Armonia“ läßt ſich aus Paris ſchreiben daß eine daſelbſt weilende ſavoyiſche Deputation des Klerus, beſtehend aus den Biſchöfen von St. Jeau de Maurienne und Mouſtier, vom Kaiſer ſehr gnädig aufgenommen worden ſey. Der Kaiſer ſoll den Prälaten die Verſicherung gegeben haben daß die Civil ehe vorderband in Savoyen nicht ingeſührt werde, und daß auch die Zahl der Biſchöfe nicht werde vermindert werden. — Die Kammer hat in ihrer geſtrigen Sitzung das Geſetz für die Aushebung der Altersclaſſe von 1840 dahin abgeändert daß ſie die von der Regierung vorgeſchlagenen 15,000 Mann auf 17,000 erhöhte. — Die „Gazzetta di Torino“ glaubt verſichern zu können daß General Lanza und der größte Theil der Officiere gegen die Fortſetzung des brudermörderiſchen Kampfes proteſtiren. Auch die Trup- pen hätten ſich geweigert nochmals in Kampf zu gehen. Es wurde daher eine neue Capitulation nach Neapel geſandt. Nachſchrift. Heute Nacht wurde ein Domherr der hieſigen Metropolitankirche verhaftet. Man fand in ſeinem Haus eine geheime Druckerei, auch wurden Druckpapiere und Manu- ſcripte vorgefunden. ⊙ Turin, 7 Jun. Graf Cavour iſt übel gelaunt in Folge der Auf- nahme welche ſeine Notiſication an die andern europäiſchen Höfe von den thatſächlich vollbrachten Einverleibungen von Toscana, Modena und Parma, dann dem die Romagna begreifenden Theil des Kirchenſtaats in das König- reich Sardinien bei mehreren derſelben gefunden hat. Er und ſeine Satelliten ſuchen zwar die Sache möglichſt geheim zu halten und zu vertuſchen. Deſſen- ungeachtet iſt dieſe Heimlichthuerei doch vergebens. Daß Oeſterreich förm- lichen Proteſt gegen dieſe Einverleibungen von Ländern in deren Mehrzahl es ein vertragsmäßiges Succeſſionsrecht beſitzt, einlegen werde, wie es dieſes denn auch wirklich gethan hat, das kam niemanden hier unerwartet. Dagegen hatte Graf Cavour ſich mit der Hoffnung geſchmeichelt von Berlin her eine das Vorſchreiten Piemonts anerkennende Antwort zu erhalten. Statt deſſen kam von Berlin eine ausdrückliche Anerkennung der vollen Begründung der von den für den Augenblick gewaltſam vertriebenen italieniſchen Fürſten erhobenen Proteſtation und feierlichen Verwahrung ihrer Rechte, und eine Berufung auf die noch immer rechtskräftig beſtehenden Berträge, mit welchen die factiſchen Einverleibungen in entſchiedenſtem Widerſpruch ſtehen, und weßhalb daher dieſe als zu Recht beſtehend nicht anerkannt werden könnten. Auch von mehreren deutſchen Mittelſtaaten ſind Antworten im gleichen Sinn einge- laufen, namentlich auch von Bayern. Auch dieſes erkennt die Proteſtation der vertriebenen italieniſchen Fürſten als vollkommen rechtlich begründet an, und erblickt in der Einverleibung der Staaten derſelben in das Königreich Sardinien eine Verletzung der Verträge. Namentlich ſpricht ſich die Ant- wort Bayerns auch ſehr beſtimmt gegen die an der weltlichen Herrſchaft des heil. Baters und deſſen rechtmäßigem Beſitzſtand verübte Gewaltthat aus, die um ſo weniger zu rechtſertigen ſey, als in der ungeſchmälerten weltlichen Herrſchaft des Papſtes die einzige ſichere Gewähr für die vollkommen freie und unabhängige Ausübung auch ſeines kirchlichen Oberhirtenamtes über die geſammte katholiſche Chriſtenheit liege. Am unangenehmſten aber, weil gerade von dieſer Seite am wenigſten erwartet, kam dem Grafen Cavour die Haltung Rußlands gegenüber der ſardiniſchen Einverleibungspolitik. Auch nach St. Petersburg war die Notiſication der vollbrachten Einverleibungen ergangen. Allein das ruſſiſche Cabinet verweigerte ſogar die Annahme dieſer Notiſication, und eine Antwort darauf ſiel ſomit von ſelbſt weg. △ Genua, 6 Jun. Es läßt ſich leicht denken daß hier alles in größ- ter Auſregung iſt. Die Via nuova, Carlo Alberto und andere Straßen und Plätze prangen im Feſtſchmuck. Ueberall Fahnen, Blumen, Inſchriften, Teppiche u. dgl.; ſeit zwei Abenden iſt der größte Theil der Stadt beleuchtet. Der „Movimento“ bringt die Nachricht daß der Dampfer „Utile“ mit 800 M. für Garibaldi bei Marſala gelandet habe. Andererſeits verſichert man daß binnen wenigen Tagen von hier eine zweite Expedition nach Sicilien abgehen wird, an deren Spitze Oberſt Medici ſtehen ſoll. Zwei amerikaniſche Dampfer welche hier im Hafen liegen — ſagt man mir weiter — ſeyen zu Aufnahme der Freiſchaaren beſtimmt, und die Schiffe ſtarren bereits von Munition und Waffen. Oberſt Zambianchi ſoll bloß verhaftet worden ſeyn, weil er es gar zu öffentlich trieb. Indeſſen meldet man aus Turin daß er ſchon auf freiem Fuß ſey. Die Stadt wimmelt von „Geſtalten“ in Garibaldihüten und Blouſen. Die „Garibaldi-Subſcription“ hat im Lauf der letzten Tage ſehr bedeutende Beiträge erhalten. Man iſt hier der allgemeinen Anſicht daß nach der Revolution in Sicilien die in Neapel an die Reihe kommen ſoll. Der letzte Stoß würde der weltlichen Herrſchaft des Papſtes gelten, der bloß auf die Stadt Rom beſchränkt bliebe. In Turin ſoll eine „reactionäre“ Ver- ſchwörung entdeckt worden ſeyn. Man habe, heißt es, viele Verhaftungen vorgenommen und wichtige Papiere mit Beſchlag belegt. □ Aus Nordſavoyen, 7 Jun. Der Senat in Turin ſcheint gottesſürchtiger zu ſeyn als die zweite Kammer. Geſtern war der kaiſerliche Commiſſarius Laity in Chambery angelangt um den Nachmittag des heutigen volksreichen Fronleichnamstags noch zu einem Volksfeſt ob der Annexions- ratiſication zu ſtempeln. Da berichtete der Telegraph daß die erſte Kammer wegen des Kirchenfeſtes erſt morgen Sitzung halte, und die Savoyarden haben nun das Unglück bis zum nächſten Sonntag nur erſt halb der großen Nation anzugehören. Wie man hört, werden die Senatoren Pallavicini- Trivulzio und Linati gegen die Annexirung ſprechen. Unter der Gränzberei- nigungscommiſſion herrſcht Uneinigkeit. Es verbreitet ſich neuerdings das Gerücht: die franzöſiſche Regierung habe der Schweiz den Fetzen Land von St. Gingolph bis Meillerie angeboten. Die Antwort darauf läßt ſich vorausſehen. Von den 160 Oſficieren der ſavoyiſchen Brigade verbleiben 42 in italieniſchen Dienſten; an die ausſcheidenden iſt der Lazarusorden ſehr freigebig ertheilt worden. Bei der Erledigung des Bisthums Annecy hat ein Schweizer Geiſt- licher, der Abt und Weihbiſchof von St. Moriz, die dießjährige Firmelung auf dem linken Lemanufer vorgenommen. Auf den erſten Juli veranſtaltet die „Prinzeſſin“ Solms ein Volksfeſt nebſt Armentheater in Aix le Bains. Die Intendanz hofft dadurch die Badeliſte zu mehren, auf welcher gegenwärtig die Mutter der genannten Napoleonidin, eine Tochter Lucians, paradirt; deßgleichen einige Phanarioten und Türken. Ob dieſes Vortreten der Prin- zeſſin mit oder gegen den Willen des kaiſerlichen Vetters geſchieht, läßt ſich bei der häuſigen Spannung zwiſchen dem Imperator und der Schriftſtellerin nicht wohl ermitteln. × Mailand, 6 Jun. Geſtern reiste Marſchall Baillant mit meh- reren Officieren ſeines Generalſtabs nach Venedig ab. Seine Rückkehr wird noch in dieſer Woche erfolgen. — Graf Annoni ſoll ſeine Entlaſſung als General der Nationalgarde Mailands eingereicht haben. Dieſer Vorfall macht|hier ſehr viel von ſich reden. — Nach einer Depeſche aus Turin faßte das Parlament in der Sitzung vom 5 d. folgende Beſchlüſſe: 1) die Regie- rung des Königs iſt ermächtigt die Aushebung der Altersclaffe 1839 in den alten Provinzen des Staats, in den Provinzen Bologna, Ferrara, Forli und Ravenna vorzunehmen; 2) im Fall drohender Gefahr iſt die Regierung des Königs ermächtigt auch das Contingent der Altersclaſſe 1840 in jenen Provinzen auszuheben in welchen dieſe Aushebung noch nicht geſchehen; 3) das Contingent der genannten Provinzen für das Jahr 1839 iſt auf 70,000 Mann feſtgeſetzt, das Contingent für 1840 auf 17,000 Mann. Dieſe Be- ſchlüſſe erſtrecken ſich alſo nicht auf Toscana, Parma, Modena und die Lombardei. Dänemark. × Aus Dänemark, 6 Jun. Die von 100 Reichstagsmännern aus- gegangene Beifallsadreſſe für die Minorität der ſchleswigiſchen Ständever- ſammlung ſoll jetzt, nachdem die ausgeſandten Exemplare rings aus dem Lande größtentheils eingegangen ſind, an Lauritz Skau zur Mittheilung an ſeine Genoſſen geſchickt werden; ſie hat aus dem ganzen Lande gegen 50,000 Unterſchriften erhalten. — Die geſtrige Feier der Grundgeſetzverleihung ward vom ſchönſten Wetter begünſtigt. Vom frühen Morgen an war in den Straßen Kopenhagens große Bewegung; Muſikcorps zogen umher, und unter den öffentlichen Plätzen war vorzüglich der Königsneumarkt ſchön mit Fahnen und Flaggen ausgeſchmückt. Nachmittags halb 4 Uhr verließ der von dem Ar- beiterverein in Verbindung mit den „Waffenbrüdern“ angeordnete große Feſtzug den Exercierplatz, und begab ſich auf ſeinem Weg nach Tivoli vor das Chri- ſtiansborger Schloß, um dem König den Dank des Volks für die Gabe der freien Verſaſſung zu bringen. Die Reden hatten dießmal einen paſſenden Gegenſtand in den „politiſchen Briefen,“ welche den Vortheil gewähren daß die Redner|nicht nöthig haben aus Mangel an anderm Stoff die ſkandinavi- ſchen und die deutſchfeindlichen Gefühle anzuregen, und daß die Schmähungen gegen Wahlgeſetz und Volksthing zu eingehenden Betrachtungen über die An- wendung der verliehenen Freiheit geradezu herausfordern. — In der Nr. 155 der Allg. Zeitung leſe ich in einer der D. A. Z. entnommenen Correſpondenz aus Flensburg die Aeußerung: „Die meiſten däniſchen tonangebenden Blätter ſchwärmen für das Bündniß mit Napoleon.“ Dieß iſt mehr als Uebertrei- bung. Aus täglichem Leſen der „tonangebenden Blätter“ kann ich verſichern daß ſich dieſelben überhaupt nur ſehr wenig und mit großer Zurückhaltung über ein Bündniß mit Napoleon ausgeſprochen haben; daß die wenigen Aeuße- rungen von dem Gefühl des Schwärmens weit entfernt geweſen ſind, viel- mehr die betreffenden Blätter nur von einem unter Umſtänden möglichen An- ſchluß an Frankreich geſprochen, und die große Gefahr welche in der offenen Herausforderung Deutſchlands liegen würde keineswegs verkannt haben. So toll iſt denn doch keiner der tonangebenden Zeitungsredactoren daß er nicht ein friedliches Vernehmen mit Deutſchland unter erträglichen Bedingungen einem Kriege mit demſelben auf Leben und Tod, der jenem Bündniß in der Zeiten Erfüllung entſpringen würde, vorzöge, namentlich da die große Maſſe des Volks bis jetzt noch keine Luſt zu einem neuen Kriege gezeigt hat. Daß mancher trotzdem, bei der Bewegung die in Deutſchland in Folge der Nach-

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 163, 11. Juni 1860, S. 2719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine163_1860/7>, abgerufen am 23.11.2024.