Allgemeine Zeitung, Nr. 167, 15. Juni 1860.[Spaltenumbruch]
Gleichberechtigung aller Nationalitäten zu erkennen vermag, der den einstigen Nur die Sprache der Correspondenz der Behörden unter einander und mit Dieß kann einer Schwierigkeit nicht unterliegen, das Publicum wird Was aber über diesen Standpunkt hinausgeht, ist unseres Ermessens Wir verwahren uns daher feierlichst gegen den Verdachtfals ob wir Wir mußten ein solches Vorgehen ernstlich bedauern, weil uns nicht Allein eben deßhalb dürfen wir uns nun auch offen dagegen aus- Wir haben bereits gesagt daß wir nicht wissen ob das Pesther Oberlandes- Wir hatten Gelegenheit von den einigen hundert Advocaten Pesth- Und wäre dem auch so: haben denn wohl die Gerichte in der Sprachen- Uns selbst sind Fälle bekannt wo die Erben eines deutschen Pesther Vor- Und wir pflichten ihnen vollkommen bei. Der Advocat ist Diener des Bei Zusammenfassung all des Gesagten glauben wir behaupten zu Und Oesterreichs Unglück ist daß dessen aufrichtige Freunde so gern Neueste Posten. Baden, 13 Jun. J. Maj. die Königin von Bayern hat sich heute Berlin, 13 Jun. Der König von Hannover traf heute Morgen halb Wien, 12 Jun. Herzog Ludwig in Bayern, Bruder der Kaiserin, Wien, 13 Jun. Die heutige Wiener Ztg. enthält eine kaiserl. Ver- *) Als Curiosum wollen wir hier ein Gerücht einschalten, wonach gelegentlich
einer Discussion ein hoher Gerichtsbeamte die Ansicht ausgesprochen haben soll: in Ungarn müßten viele Advocaten seyn weil die Nation eine kriegerische sey, und daher die Aufregung des Processes liebe. Diese Proceßsucht sey auch ein Glück gewesen, da die meisten Familien nur durch alte Urtheile ihren Adel erweisen konnten? Wird dieß außerhalb der Gränzen Ungarns jemand wohl glauben? [Spaltenumbruch]
Gleichberechtigung aller Nationalitäten zu erkennen vermag, der den einſtigen Nur die Sprache der Correſpondenz der Behörden unter einander und mit Dieß kann einer Schwierigkeit nicht unterliegen, das Publicum wird Was aber über dieſen Standpunkt hinausgeht, iſt unſeres Ermeſſens Wir verwahren uns daher feierlichſt gegen den Verdachtfals ob wir Wir mußten ein ſolches Vorgehen ernſtlich bedauern, weil uns nicht Allein eben deßhalb dürfen wir uns nun auch offen dagegen aus- Wir haben bereits geſagt daß wir nicht wiſſen ob das Peſther Oberlandes- Wir hatten Gelegenheit von den einigen hundert Advocaten Peſth- Und wäre dem auch ſo: haben denn wohl die Gerichte in der Sprachen- Uns ſelbſt ſind Fälle bekannt wo die Erben eines deutſchen Peſther Vor- Und wir pflichten ihnen vollkommen bei. Der Advocat iſt Diener des Bei Zuſammenfaſſung all des Geſagten glauben wir behaupten zu Und Oeſterreichs Unglück iſt daß deſſen aufrichtige Freunde ſo gern Neueſte Poſten. Baden, 13 Jun. J. Maj. die Königin von Bayern hat ſich heute Berlin, 13 Jun. Der König von Hannover traf heute Morgen halb Wien, 12 Jun. Herzog Ludwig in Bayern, Bruder der Kaiſerin, Wien, 13 Jun. Die heutige Wiener Ztg. enthält eine kaiſerl. Ver- *) Als Curioſum wollen wir hier ein Gerücht einſchalten, wonach gelegentlich
einer Discuſſion ein hoher Gerichtsbeamte die Anſicht ausgeſprochen haben ſoll: in Ungarn müßten viele Advocaten ſeyn weil die Nation eine kriegeriſche ſey, und daher die Aufregung des Proceſſes liebe. Dieſe Proceßſucht ſey auch ein Glück geweſen, da die meiſten Familien nur durch alte Urtheile ihren Adel erweiſen konnten? 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Gepreßt wird ja<lb/> zum Staatsdienſt niemand; wer ſich demſelben aus freieigenem Antrieb wid-<lb/> met, übernimmt wohl auch freiwillig die damit verbundenen Verpflichtungen.</p><lb/> <p>Was aber über dieſen Standpunkt hinausgeht, iſt unſeres Ermeſſens<lb/> vom Uebel!</p><lb/> <p>Wir verwahren uns daher feierlichſt gegen den Verdachtfals ob wir<lb/> zu Gunſten der Einführung der deutſchen, als alleinigen Geſchäftsſprache<lb/> bei allen öſterreichiſchen Gerichten ohne Ausnahme, das Wort führen woll-<lb/> ten. Im Gegentheil haben wir ſtets lebhaftes Unbehagen gefühlt wenn wir<lb/> ſehen mußten wie ſo manche, gewiß gegen die Abſicht der Regierung,<lb/> aus übertriebenem Dienſteifer und vielleicht aus Schöndienerei, bei den Ge-<lb/> richten der deutſchen Sprache ein Monopol zu verſchaffen ſuchten. Leider<lb/> kamen auch ſolche Fälle häuſig vor. Wir kennen Gerichtshöfe bei welchen<lb/> ſelbſt in Strafſachen, wo es ſich alſo um die Ehre, um die Freiheit, ja oft<lb/> um das Leben der Staatsbürger handelt, Anklagebeſchlüſſe, obgleich der Be-<lb/> ſchuldigte kein deutſches Wort verſtand, in deutſcher Sprache abgefaßt wur-<lb/> den, und es dann dem mehr oder minder guten Willen eines oft ſehr unter-<lb/> geordneten Gerichtsmitgliedes, dem hiezu nicht ſelten auch die nöthige Be-<lb/> fähigung mangelte, überlaſſen blieb den für den Betroſſenen ſo wichtigen<lb/> Beſchluß gut oder ſchlecht zu verdolmetſchen. Wir haben Kenntniß von<lb/> Schlußverhandlungen bei welchen, obwohl auf der Anklagebank ein Magyar<lb/> oder Slave ſaß, der Staatsanwalt den auf Verurtheilung lautenden Schluß-<lb/> antrag in deutſcher Sprache ſtellte und begründete, und hierauf der auf der<lb/> Anklagebank ſchwitzende Inquiſit mit vieler Salbung befragt wurde, wodurch<lb/> er die ſchöne Rede des Hrn. Staatsanwaltes, von welcher Inculpat kein<lb/> Wort verſtanden hatte, entkräften könne.</p><lb/> <p>Wir mußten ein ſolches Vorgehen ernſtlich bedauern, weil uns nicht<lb/> entgieng daß eben diejenigen die auf ſolche Weiſe den Intereſſen der Regie-<lb/> rung treu zu dienen wähnten, dieſelbe in den Geruch brachten dem laut ver-<lb/> kündeten Grundſatz der Gleichberechtigung aller Nationalitäten untreu zu<lb/> ſeyn, und ſo zu der nun ſo beliebten Anſchuldigung, daß Oeſterreichs Regie-<lb/> rung ſich zur Aufgabe geſtellt habe einzelne Nationalitäten zu vernichten, An-<lb/> laß boten.</p><lb/> <p>Allein <hi rendition="#g">eben deßhalb</hi> dürfen wir uns nun auch offen dagegen aus-<lb/> ſprechen, wenn — von welcher Seite immer, von rechts oder von links — der<lb/> Verſuch gemacht werden will der magyariſchen Sprache jene Rolle zuzu-<lb/> weiſen welche ſpielen zu wollen der deutſchen Sprache wahrlich nur fälſchlich<lb/> angedichtet wurde.</p><lb/> <p>Wir haben bereits geſagt daß wir nicht wiſſen ob das Peſther Oberlandes-<lb/> gericht eine ſolche Motion, wie behauptet wird, wirklich ſtellen wolle; da uns<lb/> jedoch erzählt wurde Anlaß zu dieſem Gerede habe ein Operat gegeben in<lb/> welchem hervorgehoben ward daß die meiſten der in dem Peſther Ober-<lb/> landesgerichtsſprengel wohnhaften Advocaten der deutſchen Sprache nicht<lb/> mächtig ſeyen; da uns ferner aus einer ſonſt ſtets wohlunterrichteten Quelle<lb/> verſichert wurde daß die Advocaten zu Peſth, oder doch der größte Theil der-<lb/> ſelben, der in dem oberwähnten Elaborat entwickelten Anſicht dadurch Nach-<lb/> druck zu geben beabſichtigen daß ſie beſchloſſen: von da an ſelbſt bei dem<lb/> Handelsgericht in Peſth, bei welchem, eben im Intereſſe der faſt ausſchließlich<lb/> aus Deutſchen beſtehenden Handelswelt Peſth-Ofens, bis jetzt in deutſcher<lb/> Sprache amtirt wurde, <hi rendition="#g">nur</hi> noch ungariſche Eingaben zu überreichen, ſo<lb/> glauben wir auch hierüber einige Bemerkungen machen zu dürfen.</p><lb/> <p>Wir hatten Gelegenheit von den einigen hundert Advocaten Peſth-<lb/> Ofens<note place="foot" n="*)">Als Curioſum wollen wir hier ein Gerücht einſchalten, wonach gelegentlich<lb/> einer Discuſſion ein hoher Gerichtsbeamte die Anſicht ausgeſprochen haben ſoll:<lb/> in Ungarn <hi rendition="#g">müßten</hi> viele Advocaten ſeyn weil die Nation eine kriegeriſche ſey,<lb/> und daher die Aufregung des Proceſſes liebe. 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Wird wohl den deutſchen Bewohnern Ofens, der Thereſien, Joſeph-<lb/> und Franzſtadt in Peſth, den Serben der Inſel R<hi rendition="#aq">á</hi>czkeve, den Slaven von<lb/> Cſömör u. ſ. w. mit Beſcheiden in einer Sprache gedient ſeyn welche ſie nicht<lb/> verſtehen?</p><lb/> <p>Uns ſelbſt ſind Fälle bekannt wo die Erben eines deutſchen Peſther Vor-<lb/> ſtadtbewohners mit der Verlaſſenſchaftseinantwortungsurkunde, jener Schrift<lb/> alſo welche die Grundlage ihres künftigen Habens bilden ſollte, ganz verdutzt<lb/> bei Gericht erſchienen, und frugen was ſie denn mit dieſem ungariſchen<lb/> Schreiben, welches ſie nicht verſtünden, anfangen ſollten, und als ihnen dann<lb/> erklärt wurde es habe <hi rendition="#g">müſſen</hi> die bezügliche Urkunde deßhalb ungariſch aus-<lb/> gefertigt werden weil ihr Advocat die hierauf bezughabenden Eingaben eben-<lb/> falls ungariſch verfaßt hatte, ſich nicht allzu zart dahin äußerten: es ſey doch<lb/> ſonderbar daß jener Herr der mit ihnen ſo geläufig deutſch geſprochen hatte,<lb/> und der wußte daß ſie <hi rendition="#g">nur</hi> deutſch verſtünden, ihnen nun doch dieſen Scha-<lb/> bernack geſpielt habe.</p><lb/> <p>Und wir pflichten ihnen vollkommen bei. Der Advocat iſt Diener des<lb/> Publicums. Es iſt wohl billig daß der Advocat die Sprache jener Leute von<lb/> welchen er lebt ſpreche, und <hi rendition="#g">wenn</hi> er ſie nicht kann, ſie <hi rendition="#g">erlerne.</hi></p><lb/> <p>Bei Zuſammenfaſſung all des Geſagten glauben wir behaupten zu<lb/> dürfen daß der Agitation in der Sprachenfrage, welche in Ungarn in neueſter<lb/> Zeit wieder das Loſungswort zu werden beginnt, nicht ein wahres Bedürfniß<lb/> des großen Publicums zu Grunde liegt, ſondern daß ſie nur von jenen an-<lb/> geregt wurde denen Oeſterreich als Großmacht ein Dorn im Auge iſt. Es<lb/> muß fort und fort nach neuen Mittelchen geforſcht werden welche geeignet er-<lb/> ſcheinen eine künſtliche Erregung anzufachen oder zu erhalten.</p><lb/> <p>Und Oeſterreichs Unglück iſt daß deſſen aufrichtige Freunde ſo gern<lb/> ſchweigen, ſo gern das Reden nur den Feinden Oeſterreichs überlaſſen! 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Schloß hier ab, und wird in einem beſonders ge-<lb/> mietheten Haus abſteigen. Der Herzog von Sachſen-Koburg wird am 15 d. M.<lb/> Mittags hier eintreffen, um einige Tage hier zu verweilen. (<hi rendition="#g">Karlsr. Ztg.</hi>)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 13 Jun.</dateline> <p>Der König von Hannover traf heute Morgen halb<lb/> 8 Uhr in Begleitung ſeines Adjutanten Oberſt v. Boddien ganz unerwartet<lb/> hier ein, und begab ſich bald nach einem auf dem Potsdamer Bahnhof einge-<lb/> nommenen Frühſtück in der Uniform ſeines preußiſchen Huſarenregiments zu<lb/> einem Beſuch bei dem Prinz-Regenten, wo der König bis gegen 10 Uhr ver-<lb/> blieb, und ſich alsdann nach der hannoveriſchen Geſandtſchaft begab. 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Herbert u. a. m., begeben ſich heute auf einige Tage in ihre Heimath.<lb/> Am Samſtag überreichte die Staatsſchuldencommiſſion dem Kaiſer ihren<lb/> Hauptbericht über den geſammten Stand der öſterreichiſchen Staatsſchuld in<lb/> einer beſondern Audienz. Zufolge der im §. 11 des kaiſerl. Patents vom<lb/> 23 Dec. 1859 enthaltenen Beſtimmung iſt nunmehr der Beröffentlichung<lb/> dieſes Berichts entgegenzuſehen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 13 Jun.</dateline> <p>Die heutige <hi rendition="#g">Wiener Ztg.</hi> enthält eine kaiſerl. Ver-<lb/> ordnung welche der lombardo-venetianiſchen Congregation ſtatt des berathen-<lb/> den Einfluſſes das Entſcheidungsrecht einräumt — ausgenommen die die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [2792/0012]
Gleichberechtigung aller Nationalitäten zu erkennen vermag, der den einſtigen
magyariſch-croatiſchen, höchſt unerquicklichen Sprachenſtreit mit erlebte.
Nur die Sprache der Correſpondenz der Behörden unter einander und mit
den vorgeſetzten Organen muß unſeres Erachtens, ſoll das jus supremae
inspectionis der Regierung nicht auch hierin, wie ſchon in der Proteſtanten-
frage geſchah, in Frage gezogen werden, in der ganzen Monarchie eine und
dieſelbe ſeyn, und dieſe kann, nachdem Oeſterreichs Regierung eine deutſche
iſt, und, ſolange als Oeſterreich nicht ſelbſt auf die Stellung einer Groß-
macht freiwillig Verzicht leiſten will, eine deutſche bleiben muß, wenn das
oben angedeutete Recht der Regierung gewahrt bleiben ſoll, nur die deutſche
Sprache ſeyn.
Dieß kann einer Schwierigkeit nicht unterliegen, das Publicum wird
hiedurch nicht berührt, und vom Staatsdiener darf wohl die Regierung
welche ihn anſtellt fordern daß er |ihre Sprache erlerne. Gepreßt wird ja
zum Staatsdienſt niemand; wer ſich demſelben aus freieigenem Antrieb wid-
met, übernimmt wohl auch freiwillig die damit verbundenen Verpflichtungen.
Was aber über dieſen Standpunkt hinausgeht, iſt unſeres Ermeſſens
vom Uebel!
Wir verwahren uns daher feierlichſt gegen den Verdachtfals ob wir
zu Gunſten der Einführung der deutſchen, als alleinigen Geſchäftsſprache
bei allen öſterreichiſchen Gerichten ohne Ausnahme, das Wort führen woll-
ten. Im Gegentheil haben wir ſtets lebhaftes Unbehagen gefühlt wenn wir
ſehen mußten wie ſo manche, gewiß gegen die Abſicht der Regierung,
aus übertriebenem Dienſteifer und vielleicht aus Schöndienerei, bei den Ge-
richten der deutſchen Sprache ein Monopol zu verſchaffen ſuchten. Leider
kamen auch ſolche Fälle häuſig vor. Wir kennen Gerichtshöfe bei welchen
ſelbſt in Strafſachen, wo es ſich alſo um die Ehre, um die Freiheit, ja oft
um das Leben der Staatsbürger handelt, Anklagebeſchlüſſe, obgleich der Be-
ſchuldigte kein deutſches Wort verſtand, in deutſcher Sprache abgefaßt wur-
den, und es dann dem mehr oder minder guten Willen eines oft ſehr unter-
geordneten Gerichtsmitgliedes, dem hiezu nicht ſelten auch die nöthige Be-
fähigung mangelte, überlaſſen blieb den für den Betroſſenen ſo wichtigen
Beſchluß gut oder ſchlecht zu verdolmetſchen. Wir haben Kenntniß von
Schlußverhandlungen bei welchen, obwohl auf der Anklagebank ein Magyar
oder Slave ſaß, der Staatsanwalt den auf Verurtheilung lautenden Schluß-
antrag in deutſcher Sprache ſtellte und begründete, und hierauf der auf der
Anklagebank ſchwitzende Inquiſit mit vieler Salbung befragt wurde, wodurch
er die ſchöne Rede des Hrn. Staatsanwaltes, von welcher Inculpat kein
Wort verſtanden hatte, entkräften könne.
Wir mußten ein ſolches Vorgehen ernſtlich bedauern, weil uns nicht
entgieng daß eben diejenigen die auf ſolche Weiſe den Intereſſen der Regie-
rung treu zu dienen wähnten, dieſelbe in den Geruch brachten dem laut ver-
kündeten Grundſatz der Gleichberechtigung aller Nationalitäten untreu zu
ſeyn, und ſo zu der nun ſo beliebten Anſchuldigung, daß Oeſterreichs Regie-
rung ſich zur Aufgabe geſtellt habe einzelne Nationalitäten zu vernichten, An-
laß boten.
Allein eben deßhalb dürfen wir uns nun auch offen dagegen aus-
ſprechen, wenn — von welcher Seite immer, von rechts oder von links — der
Verſuch gemacht werden will der magyariſchen Sprache jene Rolle zuzu-
weiſen welche ſpielen zu wollen der deutſchen Sprache wahrlich nur fälſchlich
angedichtet wurde.
Wir haben bereits geſagt daß wir nicht wiſſen ob das Peſther Oberlandes-
gericht eine ſolche Motion, wie behauptet wird, wirklich ſtellen wolle; da uns
jedoch erzählt wurde Anlaß zu dieſem Gerede habe ein Operat gegeben in
welchem hervorgehoben ward daß die meiſten der in dem Peſther Ober-
landesgerichtsſprengel wohnhaften Advocaten der deutſchen Sprache nicht
mächtig ſeyen; da uns ferner aus einer ſonſt ſtets wohlunterrichteten Quelle
verſichert wurde daß die Advocaten zu Peſth, oder doch der größte Theil der-
ſelben, der in dem oberwähnten Elaborat entwickelten Anſicht dadurch Nach-
druck zu geben beabſichtigen daß ſie beſchloſſen: von da an ſelbſt bei dem
Handelsgericht in Peſth, bei welchem, eben im Intereſſe der faſt ausſchließlich
aus Deutſchen beſtehenden Handelswelt Peſth-Ofens, bis jetzt in deutſcher
Sprache amtirt wurde, nur noch ungariſche Eingaben zu überreichen, ſo
glauben wir auch hierüber einige Bemerkungen machen zu dürfen.
Wir hatten Gelegenheit von den einigen hundert Advocaten Peſth-
Ofens *) wohl zwei Drittheile mehr oder minder kennen zu lernen; kennen
aber darunter keinen welcher der deutſchen Sprache nicht mächtig wäre, wohl
aber viele die derſelben in neueſter Zeit nicht mächtig ſeyn wollen.
Und wäre dem auch ſo: haben denn wohl die Gerichte in der Sprachen-
frage das Intereſſe der Advocaten oder jenes des Publicums ins Auge zu
faſſen? Wird wohl den deutſchen Bewohnern Ofens, der Thereſien, Joſeph-
und Franzſtadt in Peſth, den Serben der Inſel Ráczkeve, den Slaven von
Cſömör u. ſ. w. mit Beſcheiden in einer Sprache gedient ſeyn welche ſie nicht
verſtehen?
Uns ſelbſt ſind Fälle bekannt wo die Erben eines deutſchen Peſther Vor-
ſtadtbewohners mit der Verlaſſenſchaftseinantwortungsurkunde, jener Schrift
alſo welche die Grundlage ihres künftigen Habens bilden ſollte, ganz verdutzt
bei Gericht erſchienen, und frugen was ſie denn mit dieſem ungariſchen
Schreiben, welches ſie nicht verſtünden, anfangen ſollten, und als ihnen dann
erklärt wurde es habe müſſen die bezügliche Urkunde deßhalb ungariſch aus-
gefertigt werden weil ihr Advocat die hierauf bezughabenden Eingaben eben-
falls ungariſch verfaßt hatte, ſich nicht allzu zart dahin äußerten: es ſey doch
ſonderbar daß jener Herr der mit ihnen ſo geläufig deutſch geſprochen hatte,
und der wußte daß ſie nur deutſch verſtünden, ihnen nun doch dieſen Scha-
bernack geſpielt habe.
Und wir pflichten ihnen vollkommen bei. Der Advocat iſt Diener des
Publicums. Es iſt wohl billig daß der Advocat die Sprache jener Leute von
welchen er lebt ſpreche, und wenn er ſie nicht kann, ſie erlerne.
Bei Zuſammenfaſſung all des Geſagten glauben wir behaupten zu
dürfen daß der Agitation in der Sprachenfrage, welche in Ungarn in neueſter
Zeit wieder das Loſungswort zu werden beginnt, nicht ein wahres Bedürfniß
des großen Publicums zu Grunde liegt, ſondern daß ſie nur von jenen an-
geregt wurde denen Oeſterreich als Großmacht ein Dorn im Auge iſt. Es
muß fort und fort nach neuen Mittelchen geforſcht werden welche geeignet er-
ſcheinen eine künſtliche Erregung anzufachen oder zu erhalten.
Und Oeſterreichs Unglück iſt daß deſſen aufrichtige Freunde ſo gern
ſchweigen, ſo gern das Reden nur den Feinden Oeſterreichs überlaſſen! Wird
denn dieſe Indolenz, welche ſtets bereit iſt die Walſtatt ohne verſuchten Kampf
in tiefunterthänigſter Demuth zu räumen, nie enden?
Neueſte Poſten.
Baden, 13 Jun. J. Maj. die Königin von Bayern hat ſich heute
Vormittag zum Beſuch der Kaiſerin-Mutter von Rußland nach Wildbad be-
geben, von wo Höchſtdieſelbe die Reiſe nach München fortſetzen wird. Louis
Napoleon wird am 15 d. M. Abends hier eintreffen, am 16 und 17 hier ver-
weilen, und am 17 Abends nach Straßburg zurückkehren. Der franzöſiſche
Kaiſer reist in ſtrengem Incognito, und hat ſich wiederholt ausdrücklich jed-
weden officiellen Empfang verbeten. Eben deßhalb lehnte er auch die ange-
botene Wohnung im großh. Schloß hier ab, und wird in einem beſonders ge-
mietheten Haus abſteigen. Der Herzog von Sachſen-Koburg wird am 15 d. M.
Mittags hier eintreffen, um einige Tage hier zu verweilen. (Karlsr. Ztg.)
Berlin, 13 Jun. Der König von Hannover traf heute Morgen halb
8 Uhr in Begleitung ſeines Adjutanten Oberſt v. Boddien ganz unerwartet
hier ein, und begab ſich bald nach einem auf dem Potsdamer Bahnhof einge-
nommenen Frühſtück in der Uniform ſeines preußiſchen Huſarenregiments zu
einem Beſuch bei dem Prinz-Regenten, wo der König bis gegen 10 Uhr ver-
blieb, und ſich alsdann nach der hannoveriſchen Geſandtſchaft begab. Der
König wird ſich heute Nachmitag zu einem Beſuch nach Sansſouci
und von dort nach Hannover zurückbegeben. — Wie die N. Preuß.
Zeitung hört, iſt die Reiſe des Königs eine Folge der Mittheilungen
die ſeitens des preußiſchen Cabinets den deutſchen Regierungen gemacht
ſind über die Verhandlungen wegen der bevorſtehenden Zuſammenkunft mit
dem Kaiſer der Franzoſen. Der König von Hannover will dem Prinz-Regen-
ten ſelbſt ſeinen Dank ausſprechen für die bundesfreundliche Rückſichtnahme
mit welcher Se. k. Hoheit gegen die deutſchen Souveräne verfahren ſey. Aehn-
liche Erklärungen ſind auch von anderen deutſchen Regierungen ſchon hier ein-
gegangen. Unter dem Vorſitz des Fürſten von Hohenzollern fand heute Vor-
mittag im Gebäude des Staatsminiſteriums ein Miniſterrath ſtatt, nach
deſſen Schluß ſich der Fürſt und der Miniſter v. Schleinitz in den Palaſt des
Prinz-Regenten begaben. Nach den Abendblättern befand ſich der Fürſt von
Hohenzollern nicht im Gefolge des heute Abend abgereisten Prinz-Regenten.
Wien, 12 Jun. Herzog Ludwig in Bayern, Bruder der Kaiſerin,
iſt am Samſtag hier angekommen, und wird mehrere Wochen in Laxenburg
verweilen. Der Gouverneur von Siebenbürgen, Feldmarſchall-Lieutenant
Fürſt Liechtenſtein, iſt geſtern nach Hermannſtadt zurückgereist. Der ſäch-
ſiſche außerordentliche Geſandte am franzöſiſchen Hof, Frhr. v. Seebach, iſt
geſtern hier angekommen und hat heute dem Miniſterpräſidenten Graf Rechberg
einen Beſuch abgeſtattet. Mehrere der Reichsräthe, worunter Graf Auersperg,
Frhr. v. Herbert u. a. m., begeben ſich heute auf einige Tage in ihre Heimath.
Am Samſtag überreichte die Staatsſchuldencommiſſion dem Kaiſer ihren
Hauptbericht über den geſammten Stand der öſterreichiſchen Staatsſchuld in
einer beſondern Audienz. Zufolge der im §. 11 des kaiſerl. Patents vom
23 Dec. 1859 enthaltenen Beſtimmung iſt nunmehr der Beröffentlichung
dieſes Berichts entgegenzuſehen.
Wien, 13 Jun. Die heutige Wiener Ztg. enthält eine kaiſerl. Ver-
ordnung welche der lombardo-venetianiſchen Congregation ſtatt des berathen-
den Einfluſſes das Entſcheidungsrecht einräumt — ausgenommen die die
*) Als Curioſum wollen wir hier ein Gerücht einſchalten, wonach gelegentlich
einer Discuſſion ein hoher Gerichtsbeamte die Anſicht ausgeſprochen haben ſoll:
in Ungarn müßten viele Advocaten ſeyn weil die Nation eine kriegeriſche ſey,
und daher die Aufregung des Proceſſes liebe. Dieſe Proceßſucht ſey auch ein
Glück geweſen, da die meiſten Familien nur durch alte Urtheile ihren Adel
erweiſen konnten? Wird dieß außerhalb der Gränzen Ungarns jemand wohl
glauben?
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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