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Allgemeine Zeitung, Nr. 169, 17. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] cher berufen ist ihm noch große Dienste zu erweisen, wenn es sich dazu
hergeben will
-- si elle s y prete un peu. Damit gibt er zu verstehen
Preußen werde sich herbeilassen die Bevölkerung der Rheinprovinzen zur Ab-
stimmung über ihr Verbleiben bei Deutschland oder ihr Ueberlaufen an Frank-
reich aufzufordern, welches die Rheinprovinzen nicht erobern will. Hr.
About hat süße Schmeichelworte für Preußen, aber auch schwere Drohungen.
C'est a prendre ou a laisser. Preußen soll nicht ungestraft französische
Großmuth und französische Freundschaftsdienste schnöde verschmähen. Hr. About
scheint auch in dem Irrthum befangen zu seyn daß, wenn Preußen nicht will,
die deutschen Demokraten sich dazu hergeben werden -- ilss'y prete-
ront un peu.
Ueberhaupt ist die ganze Broschüre in Bezug auf Deutschland so
nichtswürdig gedacht und geschrieben, daß sie jenseits der Vogesen einen Sturm
des Unwillens hervorrufen muß. Man kann sich nicht der Vermuthung er-
wehren daß dieselbe dazu bestimmt ist die Aufregung in Deutschland zu ver-
mehren, und den Bruch zwischen Frankreich und Deutschland zu beschleunigen.
C'est la guerre contre la Prusse. Dieß vernehme ich von allen welche die
Broschüre gelesen haben. In Deutschland wird sie kaum einen andern Ein-
druck hervorbringen. Es ist ihr übrigens schon vor ein paar Tagen eine Er-
läuterung vorausgegangen. Das in Genf erscheinende bonapartistische Blatt
L'Esperance vom 13 Jun. enthält eine Pariser Correspondenz, welche auch
versichert: Frankreich werde den Rhein nicht erobern, obgleich der Krieg mit
Preußen unverzüglich bevorsteht. Preußen wird isolirt den Krieg zu führen
haben; es wird in einer einzigen Schlacht besiegt; Frankreich wirft dem Be-
siegten großmüthig einige Kleinstaaten im nördlichen Deutschland zu, und
Preußen schätzt sich glücklich gegen eine solche Gebietsvergrößerung nach einer
Niederlage den Bewohnern der Rheinprovinzen, welche nie aufgehört haben
französisch zu denken und zu fühlen, ihre Freiheit zurückzugeben. Man sagt
mir der französische Kaiser müsse die deutsche Frage vertagen weil ein Krieg
unter den gegenwärtigen kritischen Uebergangszuständen des Handels und der
Industrie mit einer schrecklichen Finanzkr sis beginnen würde. Dagegen ist
zu erwiedern daß nach dem heutigen Bankausweis die Geschäfte ohnehin schon
so schlecht wie in Kriegszeiten gehen, und daß der Krieg die Geldmärkte nicht
mehr in Anspruch nehmen würde als es schon jetzt die verschiedenen Anlehen
thun.

Italien.

Es scheint daß man die Zeit für gekommen
glaubt wo man seinen Länderappetit nicht mehr Blatt für Blatt zu befriedigen
braucht nach Artischokenweise, sondern wo es gestattet ist mit Unterstützung
offener und heimlicher Freunde auf Ländereroberung auszuziehen und die
Halbinsel mit einemmal zu "annexiren." Man dürfte sich jedoch hierin so-
wie in der vorausgesetzten stillschweigenden Billigung des "hochherzigen
Alliirten" getäuscht haben. Denn die plötzliche Abreise des sardinischen Gesandten
Grafen Nigra von Paris, um mit dem Grafen Cavour mündlich zu conferiren,
ebenso wie die nicht minder unvermuthete plötzliche Abreise des neapolitani-
schen Gesandten in Paris, de Martino, nach Neapel werden mit der Nach-
richt in Verbindung gebracht daß der Kaiser sich aufs energischste einer Ueber-
tragung der Revolution auf den Continent widersetze, und vom König Victor
Emmanuel verlange daß er dem General Garibaldi in seiner Revolutions-
propaganda Einhalt thue. Doch wäre dieß nicht alles. Der Kaiser sey auch
durchaus nicht gewillt der Annexionslust Piemonts weiteren Vorschub zu leisten,
sondern im Gegentheil dem norditalienischen Königreich durch Gründung
eines starken süditalienischen constitutionellen Königreichs ein heilsames Gegen-
gewicht zu setzen. Deßwegen dränge derselbe in die neapolitanische Regie-
rung zur Erlassung einer Constitution, worin die getrennte Administration
der Insel Sicilien anerkannt wird, und in eine Offensiv- und Defensiv-
Allianz mit Piemont und den ihm annexirten Provinzen. Daß dieser Vor-
schlag hier nicht mundgerecht befunden wird, versteht sich von selbst. -- Im
Tagesgrauen des vergangenen 10 Jun. gieng die dritte Expedition siciliani-
scher Freiwilligen von Genua ab. Ihrer nahezu zweitausend hatten sich in
der Nacht in dem weitläufigen am Meer gelegenen Park eines lombardischen
Patriciers eingefunden. Es waren meistens Handwerker, Studenten, Künstler
und viele ausgetretene Militärs. In der Morgendämmerung wurden sie an
Bord zweier Dampfschiffe gebracht die von Marseille gekommen waren, und
zu den sechs gehören die der Dictator Garibaldi von der Marseiller Com-
pagnie Frayssinet für 3 Mill. Franken käuflich an sich gebracht hat. Führer
dieses Zugs ist der frühere Oberst der Alpenjäger Medici. Die Samm-
lungen für Garibaldi werden offen und in großem Maßstab betrieben. Warum
auch noch Heimlichkeit wenn König Victor Emmanuel, in höchsteigener Person
einer Theatervorstellung beiwohnt, deren Erträgniß zur Unterstützung Gari-
baldi's, also zu territorialer Beschädigung seines Vetters, des Königs von
Neapel, bestimmt ist, wie auf allen Zetteln und in allen Zeitungen zu lesen
war! Wenn man von oben herab so wenig Zartgesühl zeigt, was haben
dann die Massen nöthig sich vor dem Auge des Gesetzes in Acht zu nehmen?
Die eigenthümlichste Weise für Garibaldi Geld zu machen dürfte wohl einer
eben so schöneu als reichen Mailänder Dame eingefallen seyn, die mit der com-
[Spaltenumbruch] petenten Bewilligung und in Gegenwart des Hrn. Ehegemahls zu Gunsten des
modernen Pelopidas -- Küsse verkauft, wirkliche Küsse auf die Stirne. Die
Dame hat deren zwei Gattungen zu verhandeln: solche die sie gibt, und solche
die sie empfängt. Erstere kosten zwanzig, letztere zehn Franken, und es sollen
nach Versicherung unseres Gewährsmannes in einer neulichen Abendgesell-
schaft auf diese Weise neunzig Franken eingegangen seyn. Die Dame sollte
mit ihrer Waare ein en gros-Geschäft betreiben.

Sie sehen daß ich gut unterrichtet war als ich Ihnen
von der Vorbereitung einer zweiten Expedition in Cagliari schrieb. Die Jour-
nale bringen jetzt die Nachricht daß von dem genannten Hafen schon zwei
Schiffe nach Sicilien mit Freiwilligen, Waffen und Munition ausgelaufen
seyen. Cagliari liegt aber auch zu diesen Unternehmungen höchst günstig. An
der Südspitze einer wenig besuchten Insel, wohin sich die öffentliche Aufmerk-
samkeit nur im geringen Grade wendet, eignet es sich durch die Nähe der sici-
lischen Küste ganz vorzüglich zu einem Depotplatz der Garibaldianer. -- Aus
Sicilien haben wir heute keine Nachrichten von Wichtigkeit. Die Blätter brin-
gen meistentheils Wiederholungen früherer Berichte oder unbedeutende Einzel-
heiten zu den letzten Kämpfen. Man schreibt indessen der Unita Italiana
vom 4 Jun. aus Palermo: "Da die Königlichen schon zum drittenmal einen
Waffenstillstand verlangten, so scheint es daß sie die Stadt ohne neue Opfer
von unserer Seite verlassen werden. Wir wissen noch nicht was Garibaldi
in der Folge thun wird; wahrscheinlich dürfte die Diplomatie interveniren.
Indessen werden wir mit ihm ausharren, solange es gilt die soldatische Lauf-
bahn (carriera di soldato) zu verfolgen. Die Stadt start von Barricaden,
der Enthustasmus des Volks ist wahrhaft großartig. Man hört daß sich
häusig Sbirren entleiben um auf diese Art der Volksrache zu entgehen, die
ihnen ein grauenhastes Entsetzen einflößt. Musikbanden durchziehen die Stadt,
denen sich ungeheure Volkshanfen mit tricoloren Fahnen unter den Rufen:
Viva l'Italia! Viva Garibaldi! auschließen. Priestec und Mönche tanzen
zur Musik, oder feuern, mit Carabinern, Pistolen und Säbeln bewaffnet, das
Volk von den Barricaden herab zum Kampf an. Es kommen fortwährend
neapolitanische Ausreißer in die Stadt, welche von einer großen Demoralisa-
tion unter den königl. Truppen berichten. Die Ossiciere, sagen sie, sind
nicht mehr im Stande sich bei ihren Untergebenen Gehorsam zu verschaffen.
Man bemerkt an vielen Punkten der Stadt Ruinen und Brandstätten, zer-
trümmerte Möbel, Erdhaufen, kurz Spuren der gräulichsten Verwüstung.
Der Krieg den die Bourbonen gegen Palermo führten, war bis jetzt ein wahr-
haft cannibalischer. Wir hoffen indessen daß es das letzte Unternehmen dieser
Art in dem schönen Lande seyn wird." -- Nach dem Pensiero, welcher mit
den verschiedenen Flüchtlingscomites in Verbindung steht, wird in London
sehr eifrig für Garibaldi geworben. Der Chartisten-Club in Newcastle on
Tyne hat 450 Pf. St. votirt, 387 Pf. St. sind von einer Gesellschaft "Friends
of Italy" aus Manchester eingegangen. In Sheffield haben sich zwei Fabri-
canten erboten dem italienischen Comite 3000 Säbel, Lanzen und Bajonnette
unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. So meldet wenigstens der Pensiero in
einer Londoner Correspondenz. -- In Marseille find zahlreiche italienische Flücht-
linge aus dem Innern Frankreichs angekommen, um sich auf den Dampfern
"l'Helvelie" und "Belzunce" nach Sicilien einzuschiffen. Diese Schiffe sind,
wie ich schon in meinem gestrigen Schreiben erwähnte, von einer "anonymen
Gesellschaft" angekauft worden. Wer mag wohl dahinterstecken?

Es hat mich wirklich gewundert daß hier die
Dinge seit der sogenannten "Volksabstimmung" über das politische Schicksal
Nizza's so ruhig verliefen. Die Parteien stehen sich zu schroff gegenüber,
die Erbitterung ist eine zu allgemeine, als daß man nicht bei dem heißblüti-
gen Charakter der Südländer Conflicte oder einen Zusammenstoß zwischen
Italienern und Franzosen erwarten sollte. Wie ich voraussah, war dieser
Waffenstillstand der Parteien von keiner langen Dauer. Die Expedition
Garibaldi's und seine in Sicilien errungenen Siege erhöhten das Selbstge-
fühl und die politische Leidenschaft seiner hiesigen Anhänger in hohem Grade,
und sie ließen den Franzosen ihren unversöhnlichen Haß bei jeder Gelegen-
heit fühlen. Seitdem nun die Einnahme Palermo's bekannt geworden --
welche von einem großen Theil italienisch gesinnter Nizzarden durch ein Ban-
kett gefeiert wurde -- kamen gewisse Symptome zum Vorschein, die nicht
unschwer eine ernstere Demonstration, oder wohl gar einen Zusammenstoß der
Parteien, vermuthen ließen. So fand man z. B. Zettel oder Maueraufschriften
welche die Worte: "Italia! Ajuto per la povera Nizza! Viva Gari-
baldi! Abbasso la Francia!"
u. dgl. trugen. Abends sangen in den
Straßen zahlreiche Trupps das bekannte Marschlied "L'Italia libera!" und
die noch fungirenden piemontesischen Gendarmen machten natürlich keine
Miene einzuschreiten. Ja, einer dieser Sängertrupps bewirthete zwei Gen-
darmen in einer Osteria der Via di S. Reperata," wobei sie auf Italien
und Victor Emmanuel Toaste ausbrachten. Es sollte indessen bald ernster
kommen. Als ich gestern Abends gegen 11 Uhr von dem "Cercle des Etran-
gers" nach Hause gehen wollte, hörte ich auf der nahegelegenen Piazza
S. Domenico ein fürchterliches Geschrei, Pfeifen und das Klirren von Fen-

[Spaltenumbruch] cher berufen iſt ihm noch große Dienſte zu erweiſen, wenn es ſich dazu
hergeben will
si elle s y prête un peu. Damit gibt er zu verſtehen
Preußen werde ſich herbeilaſſen die Bevölkerung der Rheinprovinzen zur Ab-
ſtimmung über ihr Verbleiben bei Deutſchland oder ihr Ueberlaufen an Frank-
reich aufzufordern, welches die Rheinprovinzen nicht erobern will. Hr.
About hat ſüße Schmeichelworte für Preußen, aber auch ſchwere Drohungen.
C’est à prendre ou à laisser. Preußen ſoll nicht ungeſtraft franzöſiſche
Großmuth und franzöſiſche Freundſchaftsdienſte ſchnöde verſchmähen. Hr. About
ſcheint auch in dem Irrthum befangen zu ſeyn daß, wenn Preußen nicht will,
die deutſchen Demokraten ſich dazu hergeben werdenilss’y prête-
ront un peu.
Ueberhaupt iſt die ganze Broſchüre in Bezug auf Deutſchland ſo
nichtswürdig gedacht und geſchrieben, daß ſie jenſeits der Vogeſen einen Sturm
des Unwillens hervorrufen muß. Man kann ſich nicht der Vermuthung er-
wehren daß dieſelbe dazu beſtimmt iſt die Aufregung in Deutſchland zu ver-
mehren, und den Bruch zwiſchen Frankreich und Deutſchland zu beſchleunigen.
C’est la guerre contre la Prusse. Dieß vernehme ich von allen welche die
Broſchüre geleſen haben. In Deutſchland wird ſie kaum einen andern Ein-
druck hervorbringen. Es iſt ihr übrigens ſchon vor ein paar Tagen eine Er-
läuterung vorausgegangen. Das in Genf erſcheinende bonapartiſtiſche Blatt
L’Eſpérance vom 13 Jun. enthält eine Pariſer Correſpondenz, welche auch
verſichert: Frankreich werde den Rhein nicht erobern, obgleich der Krieg mit
Preußen unverzüglich bevorſteht. Preußen wird iſolirt den Krieg zu führen
haben; es wird in einer einzigen Schlacht beſiegt; Frankreich wirft dem Be-
ſiegten großmüthig einige Kleinſtaaten im nördlichen Deutſchland zu, und
Preußen ſchätzt ſich glücklich gegen eine ſolche Gebietsvergrößerung nach einer
Niederlage den Bewohnern der Rheinprovinzen, welche nie aufgehört haben
franzöſiſch zu denken und zu fühlen, ihre Freiheit zurückzugeben. Man ſagt
mir der franzöſiſche Kaiſer müſſe die deutſche Frage vertagen weil ein Krieg
unter den gegenwärtigen kritiſchen Uebergangszuſtänden des Handels und der
Induſtrie mit einer ſchrecklichen Finanzkr ſis beginnen würde. Dagegen iſt
zu erwiedern daß nach dem heutigen Bankausweis die Geſchäfte ohnehin ſchon
ſo ſchlecht wie in Kriegszeiten gehen, und daß der Krieg die Geldmärkte nicht
mehr in Anſpruch nehmen würde als es ſchon jetzt die verſchiedenen Anlehen
thun.

Italien.

Es ſcheint daß man die Zeit für gekommen
glaubt wo man ſeinen Länderappetit nicht mehr Blatt für Blatt zu befriedigen
braucht nach Artiſchokenweiſe, ſondern wo es geſtattet iſt mit Unterſtützung
offener und heimlicher Freunde auf Ländereroberung auszuziehen und die
Halbinſel mit einemmal zu „annexiren.“ Man dürfte ſich jedoch hierin ſo-
wie in der vorausgeſetzten ſtillſchweigenden Billigung des „hochherzigen
Alliirten“ getäuſcht haben. Denn die plötzliche Abreiſe des ſardiniſchen Geſandten
Grafen Nigra von Paris, um mit dem Grafen Cavour mündlich zu conferiren,
ebenſo wie die nicht minder unvermuthete plötzliche Abreiſe des neapolitani-
ſchen Geſandten in Paris, de Martino, nach Neapel werden mit der Nach-
richt in Verbindung gebracht daß der Kaiſer ſich aufs energiſchſte einer Ueber-
tragung der Revolution auf den Continent widerſetze, und vom König Victor
Emmanuel verlange daß er dem General Garibaldi in ſeiner Revolutions-
propaganda Einhalt thue. Doch wäre dieß nicht alles. Der Kaiſer ſey auch
durchaus nicht gewillt der Annexionsluſt Piemonts weiteren Vorſchub zu leiſten,
ſondern im Gegentheil dem norditalieniſchen Königreich durch Gründung
eines ſtarken ſüditalieniſchen conſtitutionellen Königreichs ein heilſames Gegen-
gewicht zu ſetzen. Deßwegen dränge derſelbe in die neapolitaniſche Regie-
rung zur Erlaſſung einer Conſtitution, worin die getrennte Adminiſtration
der Inſel Sicilien anerkannt wird, und in eine Offenſiv- und Defenſiv-
Allianz mit Piemont und den ihm annexirten Provinzen. Daß dieſer Vor-
ſchlag hier nicht mundgerecht befunden wird, verſteht ſich von ſelbſt. — Im
Tagesgrauen des vergangenen 10 Jun. gieng die dritte Expedition ſiciliani-
ſcher Freiwilligen von Genua ab. Ihrer nahezu zweitauſend hatten ſich in
der Nacht in dem weitläufigen am Meer gelegenen Park eines lombardiſchen
Patriciers eingefunden. Es waren meiſtens Handwerker, Studenten, Künſtler
und viele ausgetretene Militärs. In der Morgendämmerung wurden ſie an
Bord zweier Dampfſchiffe gebracht die von Marſeille gekommen waren, und
zu den ſechs gehören die der Dictator Garibaldi von der Marſeiller Com-
pagnie Frayſſinet für 3 Mill. Franken käuflich an ſich gebracht hat. Führer
dieſes Zugs iſt der frühere Oberſt der Alpenjäger Medici. Die Samm-
lungen für Garibaldi werden offen und in großem Maßſtab betrieben. Warum
auch noch Heimlichkeit wenn König Victor Emmanuel, in höchſteigener Perſon
einer Theatervorſtellung beiwohnt, deren Erträgniß zur Unterſtützung Gari-
baldi’s, alſo zu territorialer Beſchädigung ſeines Vetters, des Königs von
Neapel, beſtimmt iſt, wie auf allen Zetteln und in allen Zeitungen zu leſen
war! Wenn man von oben herab ſo wenig Zartgeſühl zeigt, was haben
dann die Maſſen nöthig ſich vor dem Auge des Geſetzes in Acht zu nehmen?
Die eigenthümlichſte Weiſe für Garibaldi Geld zu machen dürfte wohl einer
eben ſo ſchöneu als reichen Mailänder Dame eingefallen ſeyn, die mit der com-
[Spaltenumbruch] petenten Bewilligung und in Gegenwart des Hrn. Ehegemahls zu Gunſten des
modernen Pelopidas — Küſſe verkauft, wirkliche Küſſe auf die Stirne. Die
Dame hat deren zwei Gattungen zu verhandeln: ſolche die ſie gibt, und ſolche
die ſie empfängt. Erſtere koſten zwanzig, letztere zehn Franken, und es ſollen
nach Verſicherung unſeres Gewährsmannes in einer neulichen Abendgeſell-
ſchaft auf dieſe Weiſe neunzig Franken eingegangen ſeyn. Die Dame ſollte
mit ihrer Waare ein en gros-Geſchäft betreiben.

Sie ſehen daß ich gut unterrichtet war als ich Ihnen
von der Vorbereitung einer zweiten Expedition in Cagliari ſchrieb. Die Jour-
nale bringen jetzt die Nachricht daß von dem genannten Hafen ſchon zwei
Schiffe nach Sicilien mit Freiwilligen, Waffen und Munition ausgelaufen
ſeyen. Cagliari liegt aber auch zu dieſen Unternehmungen höchſt günſtig. An
der Südſpitze einer wenig beſuchten Inſel, wohin ſich die öffentliche Aufmerk-
ſamkeit nur im geringen Grade wendet, eignet es ſich durch die Nähe der ſici-
liſchen Küſte ganz vorzüglich zu einem Depotplatz der Garibaldianer. — Aus
Sicilien haben wir heute keine Nachrichten von Wichtigkeit. Die Blätter brin-
gen meiſtentheils Wiederholungen früherer Berichte oder unbedeutende Einzel-
heiten zu den letzten Kämpfen. Man ſchreibt indeſſen der Unità Italiana
vom 4 Jun. aus Palermo: „Da die Königlichen ſchon zum drittenmal einen
Waffenſtillſtand verlangten, ſo ſcheint es daß ſie die Stadt ohne neue Opfer
von unſerer Seite verlaſſen werden. Wir wiſſen noch nicht was Garibaldi
in der Folge thun wird; wahrſcheinlich dürfte die Diplomatie interveniren.
Indeſſen werden wir mit ihm ausharren, ſolange es gilt die ſoldatiſche Lauf-
bahn (carriera di soldato) zu verfolgen. Die Stadt ſtart von Barricaden,
der Enthuſtasmus des Volks iſt wahrhaft großartig. Man hört daß ſich
häuſig Sbirren entleiben um auf dieſe Art der Volksrache zu entgehen, die
ihnen ein grauenhaſtes Entſetzen einflößt. Muſikbanden durchziehen die Stadt,
denen ſich ungeheure Volkshanfen mit tricoloren Fahnen unter den Rufen:
Viva l’Italia! Viva Garibaldi! auſchließen. Prieſtec und Mönche tanzen
zur Muſik, oder feuern, mit Carabinern, Piſtolen und Säbeln bewaffnet, das
Volk von den Barricaden herab zum Kampf an. Es kommen fortwährend
neapolitaniſche Ausreißer in die Stadt, welche von einer großen Demoraliſa-
tion unter den königl. Truppen berichten. Die Oſſiciere, ſagen ſie, ſind
nicht mehr im Stande ſich bei ihren Untergebenen Gehorſam zu verſchaffen.
Man bemerkt an vielen Punkten der Stadt Ruinen und Brandſtätten, zer-
trümmerte Möbel, Erdhaufen, kurz Spuren der gräulichſten Verwüſtung.
Der Krieg den die Bourbonen gegen Palermo führten, war bis jetzt ein wahr-
haft cannibaliſcher. Wir hoffen indeſſen daß es das letzte Unternehmen dieſer
Art in dem ſchönen Lande ſeyn wird.“ — Nach dem Penſiero, welcher mit
den verſchiedenen Flüchtlingscomités in Verbindung ſteht, wird in London
ſehr eifrig für Garibaldi geworben. Der Chartiſten-Club in Newcaſtle on
Tyne hat 450 Pf. St. votirt, 387 Pf. St. ſind von einer Geſellſchaft „Friends
of Italy“ aus Mancheſter eingegangen. In Sheffield haben ſich zwei Fabri-
canten erboten dem italieniſchen Comité 3000 Säbel, Lanzen und Bajonnette
unentgeltlich zur Verfügung zu ſtellen. So meldet wenigſtens der Penſiero in
einer Londoner Correſpondenz. — In Marſeille find zahlreiche italieniſche Flücht-
linge aus dem Innern Frankreichs angekommen, um ſich auf den Dampfern
„l’Helvélie“ und „Belzunce“ nach Sicilien einzuſchiffen. Dieſe Schiffe ſind,
wie ich ſchon in meinem geſtrigen Schreiben erwähnte, von einer „anonymen
Geſellſchaft“ angekauft worden. Wer mag wohl dahinterſtecken?

Es hat mich wirklich gewundert daß hier die
Dinge ſeit der ſogenannten „Volksabſtimmung“ über das politiſche Schickſal
Nizza’s ſo ruhig verliefen. Die Parteien ſtehen ſich zu ſchroff gegenüber,
die Erbitterung iſt eine zu allgemeine, als daß man nicht bei dem heißblüti-
gen Charakter der Südländer Conflicte oder einen Zuſammenſtoß zwiſchen
Italienern und Franzoſen erwarten ſollte. Wie ich vorausſah, war dieſer
Waffenſtillſtand der Parteien von keiner langen Dauer. Die Expedition
Garibaldi’s und ſeine in Sicilien errungenen Siege erhöhten das Selbſtge-
fühl und die politiſche Leidenſchaft ſeiner hieſigen Anhänger in hohem Grade,
und ſie ließen den Franzoſen ihren unverſöhnlichen Haß bei jeder Gelegen-
heit fühlen. Seitdem nun die Einnahme Palermo’s bekannt geworden —
welche von einem großen Theil italieniſch geſinnter Nizzarden durch ein Ban-
kett gefeiert wurde — kamen gewiſſe Symptome zum Vorſchein, die nicht
unſchwer eine ernſtere Demonſtration, oder wohl gar einen Zuſammenſtoß der
Parteien, vermuthen ließen. So fand man z. B. Zettel oder Maueraufſchriften
welche die Worte: „Italia! Ajuto per la povera Nizza! Viva Gari-
baldi! Abbasso la Francia!“
u. dgl. trugen. Abends ſangen in den
Straßen zahlreiche Trupps das bekannte Marſchlied „L’Italia libera!“ und
die noch fungirenden piemonteſiſchen Gendarmen machten natürlich keine
Miene einzuſchreiten. Ja, einer dieſer Sängertrupps bewirthete zwei Gen-
darmen in einer Oſteria der Via di S. Reperata,“ wobei ſie auf Italien
und Victor Emmanuel Toaſte ausbrachten. Es ſollte indeſſen bald ernſter
kommen. Als ich geſtern Abends gegen 11 Uhr von dem „Cercle des Etran-
gers“ nach Hauſe gehen wollte, hörte ich auf der nahegelegenen Piazza
S. Domenico ein fürchterliches Geſchrei, Pfeifen und das Klirren von Fen-

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[2819/0007] cher berufen iſt ihm noch große Dienſte zu erweiſen, wenn es ſich dazu hergeben will — si elle s y prête un peu. Damit gibt er zu verſtehen Preußen werde ſich herbeilaſſen die Bevölkerung der Rheinprovinzen zur Ab- ſtimmung über ihr Verbleiben bei Deutſchland oder ihr Ueberlaufen an Frank- reich aufzufordern, welches die Rheinprovinzen nicht erobern will. Hr. About hat ſüße Schmeichelworte für Preußen, aber auch ſchwere Drohungen. C’est à prendre ou à laisser. Preußen ſoll nicht ungeſtraft franzöſiſche Großmuth und franzöſiſche Freundſchaftsdienſte ſchnöde verſchmähen. Hr. About ſcheint auch in dem Irrthum befangen zu ſeyn daß, wenn Preußen nicht will, die deutſchen Demokraten ſich dazu hergeben werden — ilss’y prête- ront un peu. Ueberhaupt iſt die ganze Broſchüre in Bezug auf Deutſchland ſo nichtswürdig gedacht und geſchrieben, daß ſie jenſeits der Vogeſen einen Sturm des Unwillens hervorrufen muß. Man kann ſich nicht der Vermuthung er- wehren daß dieſelbe dazu beſtimmt iſt die Aufregung in Deutſchland zu ver- mehren, und den Bruch zwiſchen Frankreich und Deutſchland zu beſchleunigen. C’est la guerre contre la Prusse. Dieß vernehme ich von allen welche die Broſchüre geleſen haben. In Deutſchland wird ſie kaum einen andern Ein- druck hervorbringen. Es iſt ihr übrigens ſchon vor ein paar Tagen eine Er- läuterung vorausgegangen. Das in Genf erſcheinende bonapartiſtiſche Blatt L’Eſpérance vom 13 Jun. enthält eine Pariſer Correſpondenz, welche auch verſichert: Frankreich werde den Rhein nicht erobern, obgleich der Krieg mit Preußen unverzüglich bevorſteht. Preußen wird iſolirt den Krieg zu führen haben; es wird in einer einzigen Schlacht beſiegt; Frankreich wirft dem Be- ſiegten großmüthig einige Kleinſtaaten im nördlichen Deutſchland zu, und Preußen ſchätzt ſich glücklich gegen eine ſolche Gebietsvergrößerung nach einer Niederlage den Bewohnern der Rheinprovinzen, welche nie aufgehört haben franzöſiſch zu denken und zu fühlen, ihre Freiheit zurückzugeben. Man ſagt mir der franzöſiſche Kaiſer müſſe die deutſche Frage vertagen weil ein Krieg unter den gegenwärtigen kritiſchen Uebergangszuſtänden des Handels und der Induſtrie mit einer ſchrecklichen Finanzkr ſis beginnen würde. Dagegen iſt zu erwiedern daß nach dem heutigen Bankausweis die Geſchäfte ohnehin ſchon ſo ſchlecht wie in Kriegszeiten gehen, und daß der Krieg die Geldmärkte nicht mehr in Anſpruch nehmen würde als es ſchon jetzt die verſchiedenen Anlehen thun. Italien. ↓ Turin, 13 Jun. Es ſcheint daß man die Zeit für gekommen glaubt wo man ſeinen Länderappetit nicht mehr Blatt für Blatt zu befriedigen braucht nach Artiſchokenweiſe, ſondern wo es geſtattet iſt mit Unterſtützung offener und heimlicher Freunde auf Ländereroberung auszuziehen und die Halbinſel mit einemmal zu „annexiren.“ Man dürfte ſich jedoch hierin ſo- wie in der vorausgeſetzten ſtillſchweigenden Billigung des „hochherzigen Alliirten“ getäuſcht haben. Denn die plötzliche Abreiſe des ſardiniſchen Geſandten Grafen Nigra von Paris, um mit dem Grafen Cavour mündlich zu conferiren, ebenſo wie die nicht minder unvermuthete plötzliche Abreiſe des neapolitani- ſchen Geſandten in Paris, de Martino, nach Neapel werden mit der Nach- richt in Verbindung gebracht daß der Kaiſer ſich aufs energiſchſte einer Ueber- tragung der Revolution auf den Continent widerſetze, und vom König Victor Emmanuel verlange daß er dem General Garibaldi in ſeiner Revolutions- propaganda Einhalt thue. Doch wäre dieß nicht alles. Der Kaiſer ſey auch durchaus nicht gewillt der Annexionsluſt Piemonts weiteren Vorſchub zu leiſten, ſondern im Gegentheil dem norditalieniſchen Königreich durch Gründung eines ſtarken ſüditalieniſchen conſtitutionellen Königreichs ein heilſames Gegen- gewicht zu ſetzen. Deßwegen dränge derſelbe in die neapolitaniſche Regie- rung zur Erlaſſung einer Conſtitution, worin die getrennte Adminiſtration der Inſel Sicilien anerkannt wird, und in eine Offenſiv- und Defenſiv- Allianz mit Piemont und den ihm annexirten Provinzen. Daß dieſer Vor- ſchlag hier nicht mundgerecht befunden wird, verſteht ſich von ſelbſt. — Im Tagesgrauen des vergangenen 10 Jun. gieng die dritte Expedition ſiciliani- ſcher Freiwilligen von Genua ab. Ihrer nahezu zweitauſend hatten ſich in der Nacht in dem weitläufigen am Meer gelegenen Park eines lombardiſchen Patriciers eingefunden. Es waren meiſtens Handwerker, Studenten, Künſtler und viele ausgetretene Militärs. In der Morgendämmerung wurden ſie an Bord zweier Dampfſchiffe gebracht die von Marſeille gekommen waren, und zu den ſechs gehören die der Dictator Garibaldi von der Marſeiller Com- pagnie Frayſſinet für 3 Mill. Franken käuflich an ſich gebracht hat. Führer dieſes Zugs iſt der frühere Oberſt der Alpenjäger Medici. Die Samm- lungen für Garibaldi werden offen und in großem Maßſtab betrieben. Warum auch noch Heimlichkeit wenn König Victor Emmanuel, in höchſteigener Perſon einer Theatervorſtellung beiwohnt, deren Erträgniß zur Unterſtützung Gari- baldi’s, alſo zu territorialer Beſchädigung ſeines Vetters, des Königs von Neapel, beſtimmt iſt, wie auf allen Zetteln und in allen Zeitungen zu leſen war! Wenn man von oben herab ſo wenig Zartgeſühl zeigt, was haben dann die Maſſen nöthig ſich vor dem Auge des Geſetzes in Acht zu nehmen? Die eigenthümlichſte Weiſe für Garibaldi Geld zu machen dürfte wohl einer eben ſo ſchöneu als reichen Mailänder Dame eingefallen ſeyn, die mit der com- petenten Bewilligung und in Gegenwart des Hrn. Ehegemahls zu Gunſten des modernen Pelopidas — Küſſe verkauft, wirkliche Küſſe auf die Stirne. Die Dame hat deren zwei Gattungen zu verhandeln: ſolche die ſie gibt, und ſolche die ſie empfängt. Erſtere koſten zwanzig, letztere zehn Franken, und es ſollen nach Verſicherung unſeres Gewährsmannes in einer neulichen Abendgeſell- ſchaft auf dieſe Weiſe neunzig Franken eingegangen ſeyn. Die Dame ſollte mit ihrer Waare ein en gros-Geſchäft betreiben. Δ Genua, 12 Jun. Sie ſehen daß ich gut unterrichtet war als ich Ihnen von der Vorbereitung einer zweiten Expedition in Cagliari ſchrieb. Die Jour- nale bringen jetzt die Nachricht daß von dem genannten Hafen ſchon zwei Schiffe nach Sicilien mit Freiwilligen, Waffen und Munition ausgelaufen ſeyen. Cagliari liegt aber auch zu dieſen Unternehmungen höchſt günſtig. An der Südſpitze einer wenig beſuchten Inſel, wohin ſich die öffentliche Aufmerk- ſamkeit nur im geringen Grade wendet, eignet es ſich durch die Nähe der ſici- liſchen Küſte ganz vorzüglich zu einem Depotplatz der Garibaldianer. — Aus Sicilien haben wir heute keine Nachrichten von Wichtigkeit. Die Blätter brin- gen meiſtentheils Wiederholungen früherer Berichte oder unbedeutende Einzel- heiten zu den letzten Kämpfen. Man ſchreibt indeſſen der Unità Italiana vom 4 Jun. aus Palermo: „Da die Königlichen ſchon zum drittenmal einen Waffenſtillſtand verlangten, ſo ſcheint es daß ſie die Stadt ohne neue Opfer von unſerer Seite verlaſſen werden. Wir wiſſen noch nicht was Garibaldi in der Folge thun wird; wahrſcheinlich dürfte die Diplomatie interveniren. Indeſſen werden wir mit ihm ausharren, ſolange es gilt die ſoldatiſche Lauf- bahn (carriera di soldato) zu verfolgen. 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Wir hoffen indeſſen daß es das letzte Unternehmen dieſer Art in dem ſchönen Lande ſeyn wird.“ — Nach dem Penſiero, welcher mit den verſchiedenen Flüchtlingscomités in Verbindung ſteht, wird in London ſehr eifrig für Garibaldi geworben. Der Chartiſten-Club in Newcaſtle on Tyne hat 450 Pf. St. votirt, 387 Pf. St. ſind von einer Geſellſchaft „Friends of Italy“ aus Mancheſter eingegangen. In Sheffield haben ſich zwei Fabri- canten erboten dem italieniſchen Comité 3000 Säbel, Lanzen und Bajonnette unentgeltlich zur Verfügung zu ſtellen. So meldet wenigſtens der Penſiero in einer Londoner Correſpondenz. — In Marſeille find zahlreiche italieniſche Flücht- linge aus dem Innern Frankreichs angekommen, um ſich auf den Dampfern „l’Helvélie“ und „Belzunce“ nach Sicilien einzuſchiffen. Dieſe Schiffe ſind, wie ich ſchon in meinem geſtrigen Schreiben erwähnte, von einer „anonymen Geſellſchaft“ angekauft worden. Wer mag wohl dahinterſtecken? ⊙ Nizza, 10 Jun. Es hat mich wirklich gewundert daß hier die Dinge ſeit der ſogenannten „Volksabſtimmung“ über das politiſche Schickſal Nizza’s ſo ruhig verliefen. Die Parteien ſtehen ſich zu ſchroff gegenüber, die Erbitterung iſt eine zu allgemeine, als daß man nicht bei dem heißblüti- gen Charakter der Südländer Conflicte oder einen Zuſammenſtoß zwiſchen Italienern und Franzoſen erwarten ſollte. Wie ich vorausſah, war dieſer Waffenſtillſtand der Parteien von keiner langen Dauer. Die Expedition Garibaldi’s und ſeine in Sicilien errungenen Siege erhöhten das Selbſtge- fühl und die politiſche Leidenſchaft ſeiner hieſigen Anhänger in hohem Grade, und ſie ließen den Franzoſen ihren unverſöhnlichen Haß bei jeder Gelegen- heit fühlen. Seitdem nun die Einnahme Palermo’s bekannt geworden — welche von einem großen Theil italieniſch geſinnter Nizzarden durch ein Ban- kett gefeiert wurde — kamen gewiſſe Symptome zum Vorſchein, die nicht unſchwer eine ernſtere Demonſtration, oder wohl gar einen Zuſammenſtoß der Parteien, vermuthen ließen. So fand man z. B. Zettel oder Maueraufſchriften welche die Worte: „Italia! Ajuto per la povera Nizza! Viva Gari- baldi! Abbasso la Francia!“ u. dgl. trugen. Abends ſangen in den Straßen zahlreiche Trupps das bekannte Marſchlied „L’Italia libera!“ und die noch fungirenden piemonteſiſchen Gendarmen machten natürlich keine Miene einzuſchreiten. Ja, einer dieſer Sängertrupps bewirthete zwei Gen- darmen in einer Oſteria der Via di S. Reperata,“ wobei ſie auf Italien und Victor Emmanuel Toaſte ausbrachten. Es ſollte indeſſen bald ernſter kommen. Als ich geſtern Abends gegen 11 Uhr von dem „Cercle des Etran- gers“ nach Hauſe gehen wollte, hörte ich auf der nahegelegenen Piazza S. 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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 169, 17. Juni 1860, S. 2819. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine169_1860/7>, abgerufen am 21.11.2024.