Allgemeine Zeitung, Nr. 170, 18. Juni 1860.[Spaltenumbruch]
haldi'schen Alpenjägern. Diese Benennung ist nicht unpassend, da die Man gibt fich viel Mühe eine Art Uniform zu Stande zu bringen. Die Wenn man bedenkt daß Sicilien erst vor zwei Monaten entwaffnet Auch mit der Civilorganisation ist ein Anfang gemacht. Ein Staats- Die Stadt sieht sich friedlicher an; allmählich öffnen sich die Läden; Deutschland. Gr. Baden. Aus der Diöcese Freiburg, 13 Jun. Die Bedrängniß * Rastatt, 16 Jun. Gestern Abend um 7 Uhr ist der Kaiser Kurhessen. ** Hanau, 15 Jun. Stadtrath und Gemeindeaus- K. Sachsen. Leipzig, 15 Jun. Die Frequenz unserer Hochschule Leipzig, 12 Jun. Das hiefige Journal widerlegt die Nachricht: Thüringen. ** Koburg, 15 Jun. Das erste allgemeine deutsche [Spaltenumbruch]
haldi’ſchen Alpenjägern. Dieſe Benennung iſt nicht unpaſſend, da die Man gibt fich viel Mühe eine Art Uniform zu Stande zu bringen. Die Wenn man bedenkt daß Sicilien erſt vor zwei Monaten entwaffnet Auch mit der Civilorganiſation iſt ein Anfang gemacht. Ein Staats- Die Stadt ſieht ſich friedlicher an; allmählich öffnen ſich die Läden; Deutſchland. Gr. Baden. Aus der Diöceſe Freiburg, 13 Jun. Die Bedrängniß * Raſtatt, 16 Jun. Geſtern Abend um 7 Uhr iſt der Kaiſer Kurheſſen. ** Hanau, 15 Jun. Stadtrath und Gemeindeaus- K. Sachſen. Leipzig, 15 Jun. Die Frequenz unſerer Hochſchule Leipzig, 12 Jun. Das hiefige Journal widerlegt die Nachricht: Thüringen. ** Koburg, 15 Jun. Das erſte allgemeine deutſche <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003" n="2831"/><cb/> haldi’ſchen Alpenjägern. Dieſe Benennung iſt nicht unpaſſend, da die<lb/> Leute viel Aehnlichkeit mit dem wohl rauchenden, aber ſonſt ſehr harmloſen<lb/> Vulcan haben. Wunderbar iſt es jedenfalls daß dieſe Sicilianer beſoldet<lb/> werden, während ihre Befreier aus Norditalien nicht auf einen Heller An-<lb/> ſpruch machen.</p><lb/> <p>Man gibt fich viel Mühe eine Art Uniform zu Stande zu bringen. Die<lb/> Garibaldianer haben endlich alle rothe Flanellblouſen; die Eingebornen gehen<lb/> noch in ihren Anzügen aus braunem Barchent einher; aber da dieß die allge-<lb/> meine Landestracht iſt, thut ſie bis auf beſſere Zeiten als Uniform ganz gute<lb/> Dienſte.</p><lb/> <p>Wenn man bedenkt daß Sicilien erſt vor zwei Monaten entwaffnet<lb/> wurde, muß die Anzahl der noch im Lande vorgefundenen Gewehre über-<lb/> raſchend groß erſcheinen. Die meiſten davon ſind alte Waffen, die, im Jahr<lb/> 1848 etwa, mit Percuſſionsſchlöſſern verſehen wurden. Es iſt ganz außer-<lb/> ordentlich wie jeder Sicilianer nach dem Befitz eines Gewehres geizt. Dem<lb/> Picciotto iſt Schießbedarf was Gold dem Geizhals. Aber ungleich dieſem<lb/> verpraßt er ſeine Schätze ſo wie er ſie nur erſt gewonnen hat. Schießen, und<lb/> Lärmmachen überhaupt, ſcheint ſein größtes Vergnügen zu ſeyn. Aber auch<lb/> von dieſer Leidenſchaft werden ſie allmählich geheilt. Sie fangen an ſpar-<lb/> ſamer mit ihrem Schießpulver umzugehen, und das iſt ſchon etwas gutes.</p><lb/> <p>Auch mit der Civilorganiſation iſt ein Anfang gemacht. Ein Staats-<lb/> ſecretär iſt ernannt, der alle Decrete des Dictators gegenzeichnet, und jede<lb/> Provinz ſoll einen Gouverneur mit einem vom Volk erwählten Beirath er-<lb/> halten.</p><lb/> <p>Die Stadt ſieht ſich friedlicher an; allmählich öffnen ſich die Läden;<lb/> auch haben wir ſchon zwei Journale, das „Giornale ufficiale“ der proviſori-<lb/> ſchen Regierung Siciliens, und die „Unità Italiana,“ die mitſammt dem<lb/> leidigen Thunfiſch, von dem ſich hier alles nährt, auf der Straße feilge-<lb/> boten werden.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Deutſchland.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Gr. Baden.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>Aus der Diöceſe <hi rendition="#b">Freiburg,</hi> 13 Jun.</dateline> <p>Die Bedrängniß<lb/> des Papſtes hat einen kirchlichen Verein, den des „heil. Erzengels Michael,“<lb/> in das Leben gerufen, welcher von Geiſtlichen und Laien gebildet wird und<lb/> unter dem 7 März d. J. von dem Papſt genehmigt wurde. Der Zweck des-<lb/> ſelben iſt: „überhaupt für die Belebung chriſtkatholiſcher Geſinnung, insbe-<lb/> ſondere aber für die Erhaltung und Vertheidigung der unverletzlichen Rechte<lb/> des heil. Stuhls, nach Kräften zu wirken.“ Die Mitglieder ſind theils ſolche<lb/> welche dieſen Zweck nur durch Gebete fördern, theils ſolche welche dazu auch<lb/> noch Geldbeiträge fügen. In Freiburg hat ſich ein Hauptverein gebildet,<lb/> und zur Bildung von Filialvereinen iſt die Geiſtlichkeit aufgefordert. Der<lb/> periodiſche Geldbeitrag iſt auf 1 kr. monatlich feſtgeſetzt; doch ſind höhere<lb/> Beiträge willkommen. Der Vorſtand des Hauptvereins in Freiburg iſt ge-<lb/> heimer Hofrath Zell. (<hi rendition="#g">Schw.</hi> M.)</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="4"> <dateline>* <hi rendition="#b">Raſtatt,</hi> 16 Jun.</dateline> <p>Geſtern Abend um 7 Uhr iſt der Kaiſer<lb/> der Franzoſen in Baden eingetroffen. In der immer dem Publicum ver-<lb/> ſchloſſenen Halle des Bahnhofs harrte der Großherzog von Baden ſeiner An-<lb/> kunft entgegen. Der Großherzog trug ſchwarzen Civilanzug, weiße Halsbinde,<lb/> weiße Weſte, und auf letzterer den Großcordon der Ehrenlegion. An der<lb/> Seite des Großherzogs befand ſich die Herzogin v. Hamilton. Als der Extra-<lb/> zug gehalten und der Kaiſer den Wagen verlaſſen hatte, wurde er vom Groß-<lb/> herzog unbefangen und mit fürſtlichem Anſtand begrüßt. Der Kaiſer war<lb/> ebenfalls im Civilanzug, und darüber trug er einen grauen Oberrock. Ehe<lb/> er die vom Großherzog dargereichte Hand erfaßte, flog ſein forſchender Blick<lb/> blitzſchnell durch die leere Halle, und trotz der vielbeſprochenen Beherrſchung<lb/> ſeiner Gefühle, iſt es meiner Beobachtung nicht entgangen daß Geſicht und<lb/> Haltung einen Augenblick den Ausdruck getäuſchter Erwartung zeigten. Sollte<lb/> er außer dem Landesherrn auch die übrigen in Baden anweſenden Souveräne<lb/> zu ſeinem Empfang bereit erwartet haben? Nachdem der Kaiſer den Groß-<lb/> herzog begrüßt hatte, trat er auf die Herzogin v. Hamilion zu, und küßte ſie,<lb/> wobei ſein kaltes glattes Geſicht ſich zu einem Lächeln verzog, das dieſem Antlitz<lb/> fremd zu ſeyn ſcheint. Den Kaiſer ſah ich zum erſtenmal als er noch Präfi-<lb/> dent der Republik war. Er iſt ſeitdem ſehr gealtert; ſeine Haare ſind ge-<lb/> bleicht, und auf dem Scheitel beginnen ſie zu ſchwinden. An körperlichem<lb/> Umfang hat er zugenommen, aber ſein Gang iſt ſchleppend. Wer den Kaiſer<lb/> nicht kennt, auf den wird ſeine Erſcheinung den Eindruck eines gewöhnlichen<lb/> Bourgeois machen. Nur die kalte erdfahle Geſichtsmaske iſt ein Räthſel<lb/> welches zur Betrachtung und zum Studium verlockt.... Außerhalb des Bahn-<lb/> hofs waren viele Neugierige verſammelt. Als der Kaiſer an denſelben vor-<lb/> überfuhr, ließen nicht allein Franzoſen, ſondern auch einige bezahlte Haus-<lb/> knechte und Garçons den Ruf erſchallen: <hi rendition="#aq">„Vive l’Empereur!“</hi> worauf<lb/> jedesmal ein ſehr vernehmliches Ziſchen erfolgte. Indeſſen freuen wir uns<lb/> jetzt ſchon darauf wie die franzöfiſche Preſſe dieſes armſelige bezahlte <hi rendition="#aq">„Vive<lb/> l’Empereur!“</hi> verarbeiten wird....</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Kurheſſen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>** <hi rendition="#b">Hanau,</hi> 15 Jun.</dateline> <p>Stadtrath und Gemeindeaus-<lb/> ſchuß berathen gegenwärtig: in welcher Weiſe ſie gegen die Verfaſſung vom<lb/><cb/> 30 Mai ihre Rechtsverwahrung einlegen ſollen? Wie man hört, will man<lb/> dem Beiſpiel der Kaffeler <hi rendition="#g">nicht</hi> folgen, und ſtatt eines Proteſtes an die Bun-<lb/> desverſammlung in einer Adreſſe an den Kurfürſten die Ungültigkeit der neuen<lb/> Verfaſſung darlegen. — Das vorgeſtern abgehaltene Volksfeſt im Lamboi-<lb/> Walde verlief in der ſchönſten Ordnung, und ſind die von der Polizei befürch-<lb/> teten politiſchen Kundgebungen ausgeblieben. — Die von der franzöſiſchen<lb/> Gemeinde wegen der Verfaſſungsangelegenheit beſchloſſene Adreſſe und Rechts-<lb/> verwahrung an den Kurfürſten iſt bereits entworfen, und wird in dieſen Tagen<lb/> ſchon in Berathung genommen werden.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>K. <hi rendition="#g">Sachſen.</hi></head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Leipzig,</hi> 15 Jun.</dateline> <p>Die Frequenz unſerer Hochſchule<lb/> hat ſich in dieſem Semeſter dem Neunhundert wieder mehr genähert, wir haben<lb/> 874 Studierende gegen 848 im Winter. Seit fünfzehn Jahren war die<lb/> Ziffer der Jura Studierenden nicht ſo niedrig als heuer; ſie iſt gegen das<lb/> Sommerſemeſter 1849 um beinahe 200 geſunken, beträgt 258 und entſpricht<lb/> nunmehr beſſer den Verhältniſſen und geringen Ausſichten der Juriſten in<lb/> Sachſen. — Geheimerath v. Wächter, der derzeitige Rector Magnificus, be-<lb/> findet ſich noch immer auf Urlaub; Domherr Prof. Tuch, der Exrector, ver-<lb/> tritt ihn. Ebenſo ſind ein paar andere Mitglieder des Senats, der hoch-<lb/> bejahrte Ordinarius der Juriſtenfacultät Geheimerath C. G. Günther und<lb/><hi rendition="#aq">Dr.</hi> Friedrich Zarncke, Profeſſor der deutſchen Sprache und Litteratur, zur<lb/> Reconvalescenz auf längere Zeit im Ausland. Im Schooße der philoſophi-<lb/> ſchen Facultät ſollen, wie verlautet, Verſchärfungen der Doctorexamina im<lb/> Werke ſeyn. Unſer Hiſtoriker <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Heinrich Wuttke iſt der Zeit Dekan. —<lb/> Frhrn. v. Brucks Denkſchrift „Die Aufgaben Oeſterreichs“ iſt, obgleich ihr<lb/> nach einer Correſpondenz der Nationalzeitung der öfterreichiſche Markt noch<lb/> immer verſchloſſen iſt, in erſter Auflage vergriffen und liegt in einem zweiten<lb/> Abdruck vor. — Guizots Denkwürdigkeiten find im Druck bis auf die letzten<lb/> wenigen Vogen fertig, und erſcheinen demnach nächſter Tage. Hauptinhalt<lb/> des dritten Bandes iſt die Geſchichte von Guizots Leitung des Unterrichts-<lb/> miniſteriums im Cabinet vom 11 Oct. 1832 (1832 bis 1837), woran ſich eine<lb/> Darftellung der innern Politik in demſelben Zeitraum ſchließt. — v. Quandt’s<lb/> hinterlaſſene Kupferſtichſammlung befindet ſich ſeit Dienſtag unter dem<lb/> Hammer, und erzielt, da zahlreiche Concurrenten aus allen Theilen von<lb/> Deutſchland und ſelbſt aus Frankreich ſich die werthvollſten Stücke der koft-<lb/> baren Sammlung ſtreitig machen, bedeutende Preiſe. Die große Maria von<lb/> Einſiedeln, 1466, von Meiſter „E. S.“ in der erſten Mappe gieng z. B. für<lb/> 600 Thlr. weg. — Der hieſige Generalconſul Clauß hat dieſer Tage unſerm<lb/> ſtädtiſchen Muſeum ſeine ererbte ſchöne Gemäldegallerie — 106 Bilder —<lb/> abgetreten. 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In<lb/> dem langen bunten Zug konnte man mehr als 50 oft ſehr prächtige und ſinnige<lb/> Banner von Turnvereinen ꝛc. zählen, und es war eine Luſt die ſchmucken<lb/> Reihen der kräftigen, friſchen Jünglinge nach dem Tact der Muſik und unter<lb/> dem nicht enden wollenden Jubelrufen von Einheimiſchen und Fremden —<lb/> und von letztern wimmelt die ganze Stadt — durch die mit Fahnen und<lb/> Kränzen geſchmückten Straßen der Stadt nach dem Schloß- und Theaterplatz<lb/> ziehen zu ſehen, wo die herzogliche Reitbahn, die zu einer prächtigen Feſthalle<lb/> hergerichtet iſt, die Schaaren mit ihren Bannern aufnahm. In den nächſten<lb/> Stunden des Nachmittags werden die Gäſte aus nah und fern in ihre Quar-<lb/> tiere vertheilt, und die altbewährte Gaſtfreundſchaft Koburgs zeigt ſich auch<lb/> jetzt wieder im ſchönſten Glanz. Heute Abend zieht alles nach der Veſte<lb/> hinauf, die, ſo lange in feuchte Wolken gehüllt, jetzt im herrlichſten Sonnen-<lb/> ſchein ſtrahlt, und ihrem alten Namen, der „fränkiſchen Leuchte,“ alle Ehre<lb/> macht. Dort oben wird in Stuben und Sälen, in Höfen und Winkeln, auf<lb/> Vorſprüngen und Terraſſen tüchtig gezecht werden, und den Schluß ſoll ein<lb/> großes Feuerwerk bilden, das weit hinaus nach Thüringen und Franken ver-<lb/> künden wird welch ein ſchönes deutſches Feſt heute hier ſeinen Anfang ge-<lb/> nommen hat.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2831/0003]
haldi’ſchen Alpenjägern. Dieſe Benennung iſt nicht unpaſſend, da die
Leute viel Aehnlichkeit mit dem wohl rauchenden, aber ſonſt ſehr harmloſen
Vulcan haben. Wunderbar iſt es jedenfalls daß dieſe Sicilianer beſoldet
werden, während ihre Befreier aus Norditalien nicht auf einen Heller An-
ſpruch machen.
Man gibt fich viel Mühe eine Art Uniform zu Stande zu bringen. Die
Garibaldianer haben endlich alle rothe Flanellblouſen; die Eingebornen gehen
noch in ihren Anzügen aus braunem Barchent einher; aber da dieß die allge-
meine Landestracht iſt, thut ſie bis auf beſſere Zeiten als Uniform ganz gute
Dienſte.
Wenn man bedenkt daß Sicilien erſt vor zwei Monaten entwaffnet
wurde, muß die Anzahl der noch im Lande vorgefundenen Gewehre über-
raſchend groß erſcheinen. Die meiſten davon ſind alte Waffen, die, im Jahr
1848 etwa, mit Percuſſionsſchlöſſern verſehen wurden. Es iſt ganz außer-
ordentlich wie jeder Sicilianer nach dem Befitz eines Gewehres geizt. Dem
Picciotto iſt Schießbedarf was Gold dem Geizhals. Aber ungleich dieſem
verpraßt er ſeine Schätze ſo wie er ſie nur erſt gewonnen hat. Schießen, und
Lärmmachen überhaupt, ſcheint ſein größtes Vergnügen zu ſeyn. Aber auch
von dieſer Leidenſchaft werden ſie allmählich geheilt. Sie fangen an ſpar-
ſamer mit ihrem Schießpulver umzugehen, und das iſt ſchon etwas gutes.
Auch mit der Civilorganiſation iſt ein Anfang gemacht. Ein Staats-
ſecretär iſt ernannt, der alle Decrete des Dictators gegenzeichnet, und jede
Provinz ſoll einen Gouverneur mit einem vom Volk erwählten Beirath er-
halten.
Die Stadt ſieht ſich friedlicher an; allmählich öffnen ſich die Läden;
auch haben wir ſchon zwei Journale, das „Giornale ufficiale“ der proviſori-
ſchen Regierung Siciliens, und die „Unità Italiana,“ die mitſammt dem
leidigen Thunfiſch, von dem ſich hier alles nährt, auf der Straße feilge-
boten werden.
Deutſchland.
Gr. Baden.
Aus der Diöceſe Freiburg, 13 Jun. Die Bedrängniß
des Papſtes hat einen kirchlichen Verein, den des „heil. Erzengels Michael,“
in das Leben gerufen, welcher von Geiſtlichen und Laien gebildet wird und
unter dem 7 März d. J. von dem Papſt genehmigt wurde. Der Zweck des-
ſelben iſt: „überhaupt für die Belebung chriſtkatholiſcher Geſinnung, insbe-
ſondere aber für die Erhaltung und Vertheidigung der unverletzlichen Rechte
des heil. Stuhls, nach Kräften zu wirken.“ Die Mitglieder ſind theils ſolche
welche dieſen Zweck nur durch Gebete fördern, theils ſolche welche dazu auch
noch Geldbeiträge fügen. In Freiburg hat ſich ein Hauptverein gebildet,
und zur Bildung von Filialvereinen iſt die Geiſtlichkeit aufgefordert. Der
periodiſche Geldbeitrag iſt auf 1 kr. monatlich feſtgeſetzt; doch ſind höhere
Beiträge willkommen. Der Vorſtand des Hauptvereins in Freiburg iſt ge-
heimer Hofrath Zell. (Schw. M.)
* Raſtatt, 16 Jun. Geſtern Abend um 7 Uhr iſt der Kaiſer
der Franzoſen in Baden eingetroffen. In der immer dem Publicum ver-
ſchloſſenen Halle des Bahnhofs harrte der Großherzog von Baden ſeiner An-
kunft entgegen. Der Großherzog trug ſchwarzen Civilanzug, weiße Halsbinde,
weiße Weſte, und auf letzterer den Großcordon der Ehrenlegion. An der
Seite des Großherzogs befand ſich die Herzogin v. Hamilton. Als der Extra-
zug gehalten und der Kaiſer den Wagen verlaſſen hatte, wurde er vom Groß-
herzog unbefangen und mit fürſtlichem Anſtand begrüßt. Der Kaiſer war
ebenfalls im Civilanzug, und darüber trug er einen grauen Oberrock. Ehe
er die vom Großherzog dargereichte Hand erfaßte, flog ſein forſchender Blick
blitzſchnell durch die leere Halle, und trotz der vielbeſprochenen Beherrſchung
ſeiner Gefühle, iſt es meiner Beobachtung nicht entgangen daß Geſicht und
Haltung einen Augenblick den Ausdruck getäuſchter Erwartung zeigten. Sollte
er außer dem Landesherrn auch die übrigen in Baden anweſenden Souveräne
zu ſeinem Empfang bereit erwartet haben? Nachdem der Kaiſer den Groß-
herzog begrüßt hatte, trat er auf die Herzogin v. Hamilion zu, und küßte ſie,
wobei ſein kaltes glattes Geſicht ſich zu einem Lächeln verzog, das dieſem Antlitz
fremd zu ſeyn ſcheint. Den Kaiſer ſah ich zum erſtenmal als er noch Präfi-
dent der Republik war. Er iſt ſeitdem ſehr gealtert; ſeine Haare ſind ge-
bleicht, und auf dem Scheitel beginnen ſie zu ſchwinden. An körperlichem
Umfang hat er zugenommen, aber ſein Gang iſt ſchleppend. Wer den Kaiſer
nicht kennt, auf den wird ſeine Erſcheinung den Eindruck eines gewöhnlichen
Bourgeois machen. Nur die kalte erdfahle Geſichtsmaske iſt ein Räthſel
welches zur Betrachtung und zum Studium verlockt.... Außerhalb des Bahn-
hofs waren viele Neugierige verſammelt. Als der Kaiſer an denſelben vor-
überfuhr, ließen nicht allein Franzoſen, ſondern auch einige bezahlte Haus-
knechte und Garçons den Ruf erſchallen: „Vive l’Empereur!“ worauf
jedesmal ein ſehr vernehmliches Ziſchen erfolgte. Indeſſen freuen wir uns
jetzt ſchon darauf wie die franzöfiſche Preſſe dieſes armſelige bezahlte „Vive
l’Empereur!“ verarbeiten wird....
Kurheſſen.
** Hanau, 15 Jun. Stadtrath und Gemeindeaus-
ſchuß berathen gegenwärtig: in welcher Weiſe ſie gegen die Verfaſſung vom
30 Mai ihre Rechtsverwahrung einlegen ſollen? Wie man hört, will man
dem Beiſpiel der Kaffeler nicht folgen, und ſtatt eines Proteſtes an die Bun-
desverſammlung in einer Adreſſe an den Kurfürſten die Ungültigkeit der neuen
Verfaſſung darlegen. — Das vorgeſtern abgehaltene Volksfeſt im Lamboi-
Walde verlief in der ſchönſten Ordnung, und ſind die von der Polizei befürch-
teten politiſchen Kundgebungen ausgeblieben. — Die von der franzöſiſchen
Gemeinde wegen der Verfaſſungsangelegenheit beſchloſſene Adreſſe und Rechts-
verwahrung an den Kurfürſten iſt bereits entworfen, und wird in dieſen Tagen
ſchon in Berathung genommen werden.
K. Sachſen.
Leipzig, 15 Jun. Die Frequenz unſerer Hochſchule
hat ſich in dieſem Semeſter dem Neunhundert wieder mehr genähert, wir haben
874 Studierende gegen 848 im Winter. Seit fünfzehn Jahren war die
Ziffer der Jura Studierenden nicht ſo niedrig als heuer; ſie iſt gegen das
Sommerſemeſter 1849 um beinahe 200 geſunken, beträgt 258 und entſpricht
nunmehr beſſer den Verhältniſſen und geringen Ausſichten der Juriſten in
Sachſen. — Geheimerath v. Wächter, der derzeitige Rector Magnificus, be-
findet ſich noch immer auf Urlaub; Domherr Prof. Tuch, der Exrector, ver-
tritt ihn. Ebenſo ſind ein paar andere Mitglieder des Senats, der hoch-
bejahrte Ordinarius der Juriſtenfacultät Geheimerath C. G. Günther und
Dr. Friedrich Zarncke, Profeſſor der deutſchen Sprache und Litteratur, zur
Reconvalescenz auf längere Zeit im Ausland. Im Schooße der philoſophi-
ſchen Facultät ſollen, wie verlautet, Verſchärfungen der Doctorexamina im
Werke ſeyn. Unſer Hiſtoriker Dr. Heinrich Wuttke iſt der Zeit Dekan. —
Frhrn. v. Brucks Denkſchrift „Die Aufgaben Oeſterreichs“ iſt, obgleich ihr
nach einer Correſpondenz der Nationalzeitung der öfterreichiſche Markt noch
immer verſchloſſen iſt, in erſter Auflage vergriffen und liegt in einem zweiten
Abdruck vor. — Guizots Denkwürdigkeiten find im Druck bis auf die letzten
wenigen Vogen fertig, und erſcheinen demnach nächſter Tage. Hauptinhalt
des dritten Bandes iſt die Geſchichte von Guizots Leitung des Unterrichts-
miniſteriums im Cabinet vom 11 Oct. 1832 (1832 bis 1837), woran ſich eine
Darftellung der innern Politik in demſelben Zeitraum ſchließt. — v. Quandt’s
hinterlaſſene Kupferſtichſammlung befindet ſich ſeit Dienſtag unter dem
Hammer, und erzielt, da zahlreiche Concurrenten aus allen Theilen von
Deutſchland und ſelbſt aus Frankreich ſich die werthvollſten Stücke der koft-
baren Sammlung ſtreitig machen, bedeutende Preiſe. Die große Maria von
Einſiedeln, 1466, von Meiſter „E. S.“ in der erſten Mappe gieng z. B. für
600 Thlr. weg. — Der hieſige Generalconſul Clauß hat dieſer Tage unſerm
ſtädtiſchen Muſeum ſeine ererbte ſchöne Gemäldegallerie — 106 Bilder —
abgetreten. Sie ſoll eine eigene Abtheilung unſeres Muſeums bilden, und
nach ſeinem Tod Eigenthum der Stadt werden.
Leipzig, 12 Jun. Das hiefige Journal widerlegt die Nachricht:
„die ſächſiſche Regierung habe in einem Rundſchreiben an die Regierungen
zu gemeinſamen Maßregeln aufgefordert, damit nicht durch die anwachſenden
Capitalien der Schillerſtiftungen dem Schriftſtellerthum eine zu ſelbſtändige
und große Macht in die Hände gegeben ſey.“ Letztere Beſorgniß hat die
ſächſiſche Regierung nie gehegt, wohl aber hat ſie die doppelte Frage erwogen
wie die einzelnen Schillerſtiftungen ſich gegenſeitig am beſten anemander an-
ſchließen können um die Kräfte nicht zu zerſplittern, ſowie in welcher Weiſe
verhindert werden könne daß die Capitalien nicht ihrem wahren Zweck ent-
zogen, und etwa bloß Parteigenoffen zugewendet werden können. Dafür hat
ſie die Ertheilung von Corporationsrechten mit Vorbehalt der Staatsaufficht
fürs beſte gehalten. Mehr that Sachſen nicht.
Thüringen.
** Koburg, 15 Jun. Das erſte allgemeine deutſche
Turnfeſt hat heute unter den ſchönſten Auſpicien begonnen, obwohl die bis
zum Morgen dieſes Tags andauernde ungünſtige Witterung faſt alle Hoff-
nungen getrübt hatte. Soeben, Nachmittags 4 Uhr, iſt unter dem Jubelruf
vieler Tauſende und beim hellſten Glanz der Sonne eine Schaar von vielen
Hunderten aus allen Theilen Deutſchlands in unſere Stadt eingezogen. In
dem langen bunten Zug konnte man mehr als 50 oft ſehr prächtige und ſinnige
Banner von Turnvereinen ꝛc. zählen, und es war eine Luſt die ſchmucken
Reihen der kräftigen, friſchen Jünglinge nach dem Tact der Muſik und unter
dem nicht enden wollenden Jubelrufen von Einheimiſchen und Fremden —
und von letztern wimmelt die ganze Stadt — durch die mit Fahnen und
Kränzen geſchmückten Straßen der Stadt nach dem Schloß- und Theaterplatz
ziehen zu ſehen, wo die herzogliche Reitbahn, die zu einer prächtigen Feſthalle
hergerichtet iſt, die Schaaren mit ihren Bannern aufnahm. In den nächſten
Stunden des Nachmittags werden die Gäſte aus nah und fern in ihre Quar-
tiere vertheilt, und die altbewährte Gaſtfreundſchaft Koburgs zeigt ſich auch
jetzt wieder im ſchönſten Glanz. Heute Abend zieht alles nach der Veſte
hinauf, die, ſo lange in feuchte Wolken gehüllt, jetzt im herrlichſten Sonnen-
ſchein ſtrahlt, und ihrem alten Namen, der „fränkiſchen Leuchte,“ alle Ehre
macht. Dort oben wird in Stuben und Sälen, in Höfen und Winkeln, auf
Vorſprüngen und Terraſſen tüchtig gezecht werden, und den Schluß ſoll ein
großes Feuerwerk bilden, das weit hinaus nach Thüringen und Franken ver-
künden wird welch ein ſchönes deutſches Feſt heute hier ſeinen Anfang ge-
nommen hat.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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