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Allgemeine Zeitung, Nr. 18, 22. Januar 1929.

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10 Pfennig

[Spaltenumbruch] [Abbildung]

... Pavillon Gruß
Andreozzi
spielt


Nr. 18
AZ am Abend
[Spaltenumbruch]
8-Uhr-Abendblatt
Allgemeine Zeitung
132. Jahrgang
[Spaltenumbruch] München
Dienstag
22. Januar 1929
Druck und Verlag: Allgemeine Druckerei- und Verlags-Aktien-
Gesellschaft, München, Baaderstraße 1a.
/ Redaktion: München,
Baaderstr. 1a. / Telephon 25 784, 28 784 und 297319 / Postscheckkonto
München 9370 / Verantwortlich für den gesamten Inhalte
Dr. Rolf Flügel, für Anzeigen M. Girisch, sämtliche in München
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Die "AZ" erscheint an jed. Wochentag u. kostet im Einzelverkauf 10 Pfg., im
Abonnement i. München durch d. Träg. M. 2.- monatl. bzw. 50 Pfg. wöchentl.,
außerhalb Münchens u. durch d. Post M. 2.40 monatl. / Für D. Oesterr. beträgt
der Einzelpreis 20 Grosch., d. Abonnementpreis Sch. 4.-monatl./ Anzeigen-
preis:
Die neunspaltige Millimeterzeile 15 Pfg., im Reklameteil M. 0.80


Das neue englische Rie&esr;enluftschiff
Amerikaflug mit Tanz an Bord

Fassungsraum für 100 Passagiere * Geschwindigkeit 160 Stundenkilometer

[Spaltenumbruch]

Das neue englische Riesen-
luftschiff "R 100", das für den transatlantischen
Verkehr bestimmt ist, geht seiner Vollendung ent-
gegen. Kommandeur O. D. Burney, der das
Luftschiff befehligen wird, erklärte gestern der
"Sunday Times", daß, wenn alles gut gehe, das
Luftschiff
bereits in einigen Wochen flugbereit
sein werde. Nach den notwendigen Probefahrten
in England wird es die
Reise nach Amerika
antreten. Ein genaues Datum kann natürlich
noch nicht genannt werden, aber man rechnet
doch mit diesem Frühjahr.

Die Erbauerin, die Airship Guarantee Co.,
legt Wert darauf, daß das Luftschiff nicht nur
technisch, sondern auch kommerziell ein Erfolg
sein soll. Für wirtschaftlichen Erfolg sei "R 100"
die kleinste denbare Größe, und wenn das Ex-
periment glückt, will man ein Luftschiff von dem
doppelten Ausmaß des "R 100" bauen. Einer der
wichtigsten Faktoren für die Wirtschaftlichkeit ist
die

Geschwindigkeit,



[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]

die bei dem neuen Luftkreuzer 100 Meilen (etwa
160 Kilometer) pro Stunde betragen soll. Vier
Rolls-Royce-Maschinen erzeugen 4200 PS. Be-
triebsstoff kann für 3500 Meilen mitgenommen
werden, bei
100 Passagieren und einer Mannschaft von
40 Köpfen.

[Spaltenumbruch]

Für die Passagiere sind Kabinen mit zwei und
vier Kojen vorgesehen, ferner ein Speisesaal, ein
Aufenthaltsraum und eventuell auch ein Tanz-
boden. Es sind Angebote bis zu 100 Pfund Ster-
ling gemacht worden von Personen, die die erste
Transatlantikreise mitmachen wollen.



Habibullahs politische Pläne
Der treue Diener Englands

Damit wäre die Rolle Englands bei dem Aufstand genügend erwiesen


Wie aus Herat ge-
meldet wird, ist in Kabul, wo Habib-
ullah
die Macht ausübt, noch keine neue
Regierung gebildet worden. Voraussichtlich
wird das Unterrichts- und das Justizmini-
sterium aufgehoben werden. Die weltlichen
Schulen sollen geschlossen und Kadi-Gerichte
eingeführt werden. Die Frage des Weiter-
bestehens des Außenministeriums ist noch
nicht geklärt, da bei der Regierung die Nei-
gung besteht,

alle Beziehungen zu den auswärtigen
Staaten mit Ausnahme Englands ab-
zubrechen und den Staat wieder in die
Lage zurückzuversetzen, die vor der Ver-
kündigung der afghanischen Unabhängig-
keit bestand.

In afghanischen Kreisen wird behauptet,
daß der englische Gesandte bereits einen
entsprechenden Vorschlag gemacht habe, und
daß die Unterzeichnung einer Vereinbarung
vorliege, nach der
[Spaltenumbruch] England wie früher an die Emire
Subventionen zahlen

werde. Die Verwirklichung dieser Pläne
stößt auf den Widerstand der Geistlichkeit
und der Kaufmannschaft. Bezeichnend ist,
daß sich Habibullah in seinem anläßlich sei-
ner Thronbesteigung an die Bevölkerung
gerichteten Erlaß nicht Padischah (König),
wie die afghanischen Herrscher bis zum
Jahre 1925, sondern Emir nennt.

Amanullah
widerruft seinen Rücktritt

Nach einer Mel-
dung aus Herat hat Amanullah in Hinblick
auf die Absetzung Ynajatullahs in Kandahar
die Erklärung veröffentlicht, daß er seine Ab-
dankung für nichtig erklärt und die Herr-
schaft wieder übernimmt.



Das Lawinenunglück
an der Hohen Galve

An den Verletzungen gestorben


Die Bergwacht teilt mit:
Der an der Hohen Salve bei Hopf-
garten
von einer Lawine verschüttete Münch-
ner Skiläufer Slack wurde am Montag nach-
mittag 1/24 Uhr von einer Expedition der
Rettungsstelle Hopfgarten des Deutschen und
Oesterreichischen Alpenvereins noch lebend auf-
gefunden. Infolge der erlittenen schweren Ver-
letzungen und Erfrierungen ist er jedoch während
des Transports zu Tal verschieden.

Die Rettungsexpedition, die von Kitzbühel
zur Bergung des am Schwarzkogel von einer
Schneewächte verschütteten Skifahrers abgegangen
ist, konnte bis Montag abend nur den Rucksack
finden. Die Nachforschungen werden fortgesetzt.

Wetterbericht

Zunächst weitere Schneefälle, in tieferen Lagen
zeitweise in Regen übergehend; dann wieder Auf-
klaren und Nachtfrost.

[Spaltenumbruch]


K. o. in 62 Sekunden
Max Schmeling siegt weiter in Amerika

Der
deutsche Boxer Max Schmeling siegte in dem
Kampf gegen Pietro Corri in der ersten
Runde nach 62 Sekunden durch k. o.



Neue Klage wegen des bayerschen
Wahlrechts

Nachdem die Klage
der Demokratischen Partei Bayerns vom
Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich
abgelehnt worden war, da er sich nicht für
zuständig erklären konnte, reichte die Deutsche
Demokratische Partei eine Klage beim
Bayerischen Staatsgerichtshof wegen des
bayerischen Wahlrechts ein.

[Spaltenumbruch]
Die "Kardinal"-Frage

Neuordnung der Lehrervorbildung

Es war zu erwarten, daß Kardinal Faul-
haber
in Bälde sich die Gelegenheit geben
lassen würde, um zu der endgültigen Erledi-
gung drängenden Frage der Neuordnung
der Lehrerbildung
in Bayern öffentlich
Stellung nehmen zu können. Daß diese Stellung-
nahme den schroffsten Gegensatz zu den diesbe-
züglichen Bestrebungen des Bayerischen
Lehrervereins
zum Ausdruck bringen
würde, war ebenfalls keine Ueberraschung, denn
was kann von dieser Seite anderes kommen? Die
Gegner des Kopernikus sind doch auch heute noch
keine Freunde der voraussetzungslosen Wissen-
schaft und des geistigen, kulturellen und wirt-
schaftlichen Fortschrittes, dem jene den Weg be-
reitet. Sodann ist es ja schon lange kein Ge-
heimnis mehr, daß in dem Münchner Kirchen-
fürsten bei allen revolutionären Allüren, die sich
-- tempora mutantur -- heute in einer Art de-
mokratischer Mentalität zu gefallen scheinen, das
unstillbare Bedürfnis lebt, gegenüber der bayer.
Staatsregierung die letzten Endes selbstwillige
Stellung eines bayerischen Königs einzunehmen.
Doch das sind alles spezifische Eigentümlichkeiten
der neuzeitlichen Eigenstaatlichkeit Bayerns, die
uns heute weniger interessieren.

Was uns an der Rede, die der Herr Kardinal
in der von einem Lehrer einer bayerischen simul-
tanen Mittelschule geleiteten Versammlung und in
Anwesenheit des exterritorialen Herrn Vertreters
Seiner Heiligkeit des Papstes im Münchner
Odeonsaale gehalten hat, interessiert, und gewiß
auch alle übrigen bayerischen Staatsbürger inter-
essiert, die noch in einem durch die Mitwirkung
ihrer Abgeordneten einst zustandegekommenen
Verfassungsstaat zu leben glauben, das ist die trotz
der so sehr [betonten] Friedfertigkeit und "Staats-
frommheit öffentlich gegen die bayerische
Staatsregierung gerichtete Drohung, eigene
freie katholische Schulen zu gründen, wenn der
Staat die Forderungen des katholischen Episko-
pates hinsichtlich des katholisch-konfessionellen
Charakters der Volksschule (sc. in ihrem gesamten
Unterrichtsstoff) und einer katholisch-konfessionellen
Lehrerbildung (konfessionelle Mittelschul- und kon-
fessionelle Hochschulbildung, für den Volksschul-
lehrer) nicht erfülle. Selbst wenn die Aufzeigung
dieser Alternative nur ein diplomatischer Schach-
zug ist, um der Staatsregierung den Weg zu
Konzessionen an die gegnerische Zweidrittelmehr-
heit zu verbauen, so ist die Drohung des Herrn
Kardinals denn doch eine Kampfansage gegen
den Staat, die an Schroffheit, Unduldsamkeit
und staatsunfreundlicher Einstellung
nichts zu wünschen übrig läßt und, abgesehen von
der humoristischen Kuriosität, daß der Eigenstaat-
lichkeit Bayerns durch diesen Angriff auf das
kulturelle staatliche Hoheitsgebiet der Schule ein
klerikales Bein gestellt wird, nicht geeignet ist, der
koalitionsgebundenen bayerischen Staatsregierung
das an und sich schon schwierige Leben zu erleich-
tern, wenn es sich hiebei personell auch nur um
das Schicksal des Kultusministers oder um jenes
des Finanzministers handele.

Die Kardinalfrage ist demgegenüber, ob der
Bayerische Landtag die Widerstandsfähig-
keit besitzt, um die Rechte des in seinem Wesen
unabänderlich paritätischen Staates
der Gegenwart auf die Schule und die Lehrer-
bildung mit Erfolg zu schützen, und die kulturelle
Perspektive zu wahren gewillt ist, die es verhin-
dert, daß Bayerns Schulwesen und kulturelle Gel-
tung in immer größerem Abstande hinter jenem
der übrigen deutschen Länder zurückbleibt, wie in
der "AZ" vor einiger Zeit schon mit Recht her-
vorgehoben worden ist.

Die stete Klage in bayerischen Zeitungen der
verschiedensten Anschauungsrichtungen über den
Niedergang Münchens hat bisher noch
nie an den innersten Grund dieser bedauerlichen

[irrelevantes Material]

[Abbildung]

10 Pfennig

[Spaltenumbruch] [Abbildung]

... Pavillon Gruß
Andreozzi
ſpielt


Nr. 18
AZ am Abend
[Spaltenumbruch]
8-Uhr-Abendblatt
Allgemeine Zeitung
132. Jahrgang
[Spaltenumbruch] München
Dienstag
22. Januar 1929
Druck und Verlag: Allgemeine Druckerei- und Verlags-Aktien-
Geſellſchaft, München, Baaderſtraße 1a.
/ Redaktion: München,
Baaderſtr. 1a. / Telephon 25 784, 28 784 und 297319 / Poſtſcheckkonto
München 9370 / Verantwortlich für den geſamten Inhalte
Dr. Rolf Flügel, für Anzeigen M. Giriſch, ſämtliche in München
[Abbildung]
Die „AZ“ erſcheint an jed. Wochentag u. koſtet im Einzelverkauf 10 Pfg., im
Abonnement i. München durch d. Träg. M. 2.- monatl. bzw. 50 Pfg. wöchentl.,
außerhalb Münchens u. durch d. Poſt M. 2.40 monatl. / Für D. Oeſterr. beträgt
der Einzelpreis 20 Groſch., d. Abonnementpreis Sch. 4.-monatl./ Anzeigen-
preis:
Die neunſpaltige Millimeterzeile 15 Pfg., im Reklameteil M. 0.80


Das neue englische Rie&eſr;enluftschiff
Amerikaflug mit Tanz an Bord

Faſſungsraum für 100 Paſſagiere * Geſchwindigkeit 160 Stundenkilometer

[Spaltenumbruch]

Das neue engliſche Rieſen-
luftſchiff „R 100“, das für den transatlantiſchen
Verkehr beſtimmt iſt, geht ſeiner Vollendung ent-
gegen. Kommandeur O. D. Burney, der das
Luftſchiff befehligen wird, erklärte geſtern der
„Sunday Times“, daß, wenn alles gut gehe, das
Luftſchiff
bereits in einigen Wochen flugbereit
ſein werde. Nach den notwendigen Probefahrten
in England wird es die
Reiſe nach Amerika
antreten. Ein genaues Datum kann natürlich
noch nicht genannt werden, aber man rechnet
doch mit dieſem Frühjahr.

Die Erbauerin, die Airſhip Guarantee Co.,
legt Wert darauf, daß das Luftſchiff nicht nur
techniſch, ſondern auch kommerziell ein Erfolg
ſein ſoll. Für wirtſchaftlichen Erfolg ſei „R 100“
die kleinſte denbare Größe, und wenn das Ex-
periment glückt, will man ein Luftſchiff von dem
doppelten Ausmaß des „R 100“ bauen. Einer der
wichtigſten Faktoren für die Wirtſchaftlichkeit iſt
die

Geſchwindigkeit,



[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]

die bei dem neuen Luftkreuzer 100 Meilen (etwa
160 Kilometer) pro Stunde betragen ſoll. Vier
Rolls-Royce-Maſchinen erzeugen 4200 PS. Be-
triebsſtoff kann für 3500 Meilen mitgenommen
werden, bei
100 Paſſagieren und einer Mannſchaft von
40 Köpfen.

[Spaltenumbruch]

Für die Paſſagiere ſind Kabinen mit zwei und
vier Kojen vorgeſehen, ferner ein Speiſeſaal, ein
Aufenthaltsraum und eventuell auch ein Tanz-
boden. Es ſind Angebote bis zu 100 Pfund Ster-
ling gemacht worden von Perſonen, die die erſte
Transatlantikreiſe mitmachen wollen.



Habibullahs politische Pläne
Der treue Diener Englands

Damit wäre die Rolle Englands bei dem Aufſtand genügend erwieſen


Wie aus Herat ge-
meldet wird, iſt in Kabul, wo Habib-
ullah
die Macht ausübt, noch keine neue
Regierung gebildet worden. Vorausſichtlich
wird das Unterrichts- und das Juſtizmini-
ſterium aufgehoben werden. Die weltlichen
Schulen ſollen geſchloſſen und Kadi-Gerichte
eingeführt werden. Die Frage des Weiter-
beſtehens des Außenminiſteriums iſt noch
nicht geklärt, da bei der Regierung die Nei-
gung beſteht,

alle Beziehungen zu den auswärtigen
Staaten mit Ausnahme Englands ab-
zubrechen und den Staat wieder in die
Lage zurückzuverſetzen, die vor der Ver-
kündigung der afghaniſchen Unabhängig-
keit beſtand.

In afghaniſchen Kreiſen wird behauptet,
daß der engliſche Geſandte bereits einen
entſprechenden Vorſchlag gemacht habe, und
daß die Unterzeichnung einer Vereinbarung
vorliege, nach der
[Spaltenumbruch] England wie früher an die Emire
Subventionen zahlen

werde. Die Verwirklichung dieſer Pläne
ſtößt auf den Widerſtand der Geiſtlichkeit
und der Kaufmannſchaft. Bezeichnend iſt,
daß ſich Habibullah in ſeinem anläßlich ſei-
ner Thronbeſteigung an die Bevölkerung
gerichteten Erlaß nicht Padiſchah (König),
wie die afghaniſchen Herrſcher bis zum
Jahre 1925, ſondern Emir nennt.

Amanullah
widerruft ſeinen Rücktritt

Nach einer Mel-
dung aus Herat hat Amanullah in Hinblick
auf die Abſetzung Ynajatullahs in Kandahar
die Erklärung veröffentlicht, daß er ſeine Ab-
dankung für nichtig erklärt und die Herr-
ſchaft wieder übernimmt.



Das Lawinenunglück
an der Hohen Galve

An den Verletzungen geſtorben


Die Bergwacht teilt mit:
Der an der Hohen Salve bei Hopf-
garten
von einer Lawine verſchüttete Münch-
ner Skiläufer Slack wurde am Montag nach-
mittag ½4 Uhr von einer Expedition der
Rettungsſtelle Hopfgarten des Deutſchen und
Oeſterreichiſchen Alpenvereins noch lebend auf-
gefunden. Infolge der erlittenen ſchweren Ver-
letzungen und Erfrierungen iſt er jedoch während
des Transports zu Tal verſchieden.

Die Rettungsexpedition, die von Kitzbühel
zur Bergung des am Schwarzkogel von einer
Schneewächte verſchütteten Skifahrers abgegangen
iſt, konnte bis Montag abend nur den Ruckſack
finden. Die Nachforſchungen werden fortgeſetzt.

Wetterbericht

Zunächſt weitere Schneefälle, in tieferen Lagen
zeitweiſe in Regen übergehend; dann wieder Auf-
klaren und Nachtfroſt.

[Spaltenumbruch]


K. o. in 62 Sekunden
Max Schmeling ſiegt weiter in Amerika

Der
deutſche Boxer Max Schmeling ſiegte in dem
Kampf gegen Pietro Corri in der erſten
Runde nach 62 Sekunden durch k. o.



Neue Klage wegen des bayerſchen
Wahlrechts

Nachdem die Klage
der Demokratiſchen Partei Bayerns vom
Staatsgerichtshof für das Deutſche Reich
abgelehnt worden war, da er ſich nicht für
zuſtändig erklären konnte, reichte die Deutſche
Demokratiſche Partei eine Klage beim
Bayeriſchen Staatsgerichtshof wegen des
bayeriſchen Wahlrechts ein.

[Spaltenumbruch]
Die „Kardinal“-Frage

Neuordnung der Lehrervorbildung

Es war zu erwarten, daß Kardinal Faul-
haber
in Bälde ſich die Gelegenheit geben
laſſen würde, um zu der endgültigen Erledi-
gung drängenden Frage der Neuordnung
der Lehrerbildung
in Bayern öffentlich
Stellung nehmen zu können. Daß dieſe Stellung-
nahme den ſchroffſten Gegenſatz zu den diesbe-
züglichen Beſtrebungen des Bayeriſchen
Lehrervereins
zum Ausdruck bringen
würde, war ebenfalls keine Ueberraſchung, denn
was kann von dieſer Seite anderes kommen? Die
Gegner des Kopernikus ſind doch auch heute noch
keine Freunde der vorausſetzungsloſen Wiſſen-
ſchaft und des geiſtigen, kulturellen und wirt-
ſchaftlichen Fortſchrittes, dem jene den Weg be-
reitet. Sodann iſt es ja ſchon lange kein Ge-
heimnis mehr, daß in dem Münchner Kirchen-
fürſten bei allen revolutionären Allüren, die ſich
tempora mutantur — heute in einer Art de-
mokratiſcher Mentalität zu gefallen ſcheinen, das
unſtillbare Bedürfnis lebt, gegenüber der bayer.
Staatsregierung die letzten Endes ſelbſtwillige
Stellung eines bayeriſchen Königs einzunehmen.
Doch das ſind alles ſpezifiſche Eigentümlichkeiten
der neuzeitlichen Eigenſtaatlichkeit Bayerns, die
uns heute weniger intereſſieren.

Was uns an der Rede, die der Herr Kardinal
in der von einem Lehrer einer bayeriſchen ſimul-
tanen Mittelſchule geleiteten Verſammlung und in
Anweſenheit des exterritorialen Herrn Vertreters
Seiner Heiligkeit des Papſtes im Münchner
Odeonſaale gehalten hat, intereſſiert, und gewiß
auch alle übrigen bayeriſchen Staatsbürger inter-
eſſiert, die noch in einem durch die Mitwirkung
ihrer Abgeordneten einſt zuſtandegekommenen
Verfaſſungsſtaat zu leben glauben, das iſt die trotz
der ſo ſehr [betonten] Friedfertigkeit und „Staats-
frommheit öffentlich gegen die bayeriſche
Staatsregierung gerichtete Drohung, eigene
freie katholiſche Schulen zu gründen, wenn der
Staat die Forderungen des katholiſchen Epiſko-
pates hinſichtlich des katholiſch-konfeſſionellen
Charakters der Volksſchule (ſc. in ihrem geſamten
Unterrichtsſtoff) und einer katholiſch-konfeſſionellen
Lehrerbildung (konfeſſionelle Mittelſchul- und kon-
feſſionelle Hochſchulbildung, für den Volksſchul-
lehrer) nicht erfülle. Selbſt wenn die Aufzeigung
dieſer Alternative nur ein diplomatiſcher Schach-
zug iſt, um der Staatsregierung den Weg zu
Konzeſſionen an die gegneriſche Zweidrittelmehr-
heit zu verbauen, ſo iſt die Drohung des Herrn
Kardinals denn doch eine Kampfanſage gegen
den Staat, die an Schroffheit, Unduldſamkeit
und ſtaatsunfreundlicher Einſtellung
nichts zu wünſchen übrig läßt und, abgeſehen von
der humoriſtiſchen Kurioſität, daß der Eigenſtaat-
lichkeit Bayerns durch dieſen Angriff auf das
kulturelle ſtaatliche Hoheitsgebiet der Schule ein
klerikales Bein geſtellt wird, nicht geeignet iſt, der
koalitionsgebundenen bayeriſchen Staatsregierung
das an und ſich ſchon ſchwierige Leben zu erleich-
tern, wenn es ſich hiebei perſonell auch nur um
das Schickſal des Kultusminiſters oder um jenes
des Finanzminiſters handele.

Die Kardinalfrage iſt demgegenüber, ob der
Bayeriſche Landtag die Widerſtandsfähig-
keit beſitzt, um die Rechte des in ſeinem Weſen
unabänderlich paritätiſchen Staates
der Gegenwart auf die Schule und die Lehrer-
bildung mit Erfolg zu ſchützen, und die kulturelle
Perſpektive zu wahren gewillt iſt, die es verhin-
dert, daß Bayerns Schulweſen und kulturelle Gel-
tung in immer größerem Abſtande hinter jenem
der übrigen deutſchen Länder zurückbleibt, wie in
der „AZ“ vor einiger Zeit ſchon mit Recht her-
vorgehoben worden iſt.

Die ſtete Klage in bayeriſchen Zeitungen der
verſchiedenſten Anſchauungsrichtungen über den
Niedergang Münchens hat bisher noch
nie an den innerſten Grund dieſer bedauerlichen

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[0001] [Abbildung 10 Pfennig] [Abbildung ... Pavillon Gruß Andreozzi ſpielt] Nr. 18 AZ am Abend 8-Uhr-Abendblatt Allgemeine Zeitung 132. Jahrgang München Dienstag 22. Januar 1929 Druck und Verlag: Allgemeine Druckerei- und Verlags-Aktien- Geſellſchaft, München, Baaderſtraße 1a. / Redaktion: München, Baaderſtr. 1a. / Telephon 25 784, 28 784 und 297319 / Poſtſcheckkonto München 9370 / Verantwortlich für den geſamten Inhalte Dr. Rolf Flügel, für Anzeigen M. Giriſch, ſämtliche in München [Abbildung] Die „AZ“ erſcheint an jed. Wochentag u. koſtet im Einzelverkauf 10 Pfg., im Abonnement i. München durch d. Träg. M. 2.- monatl. bzw. 50 Pfg. wöchentl., außerhalb Münchens u. durch d. Poſt M. 2.40 monatl. / Für D. Oeſterr. beträgt der Einzelpreis 20 Groſch., d. Abonnementpreis Sch. 4.-monatl./ Anzeigen- preis: Die neunſpaltige Millimeterzeile 15 Pfg., im Reklameteil M. 0.80 Das neue englische Rie&eſr;enluftschiff Amerikaflug mit Tanz an Bord Faſſungsraum für 100 Paſſagiere * Geſchwindigkeit 160 Stundenkilometer London, 22 Jan. Das neue engliſche Rieſen- luftſchiff „R 100“, das für den transatlantiſchen Verkehr beſtimmt iſt, geht ſeiner Vollendung ent- gegen. Kommandeur O. D. Burney, der das Luftſchiff befehligen wird, erklärte geſtern der „Sunday Times“, daß, wenn alles gut gehe, das Luftſchiff bereits in einigen Wochen flugbereit ſein werde. Nach den notwendigen Probefahrten in England wird es die Reiſe nach Amerika antreten. Ein genaues Datum kann natürlich noch nicht genannt werden, aber man rechnet doch mit dieſem Frühjahr. Die Erbauerin, die Airſhip Guarantee Co., legt Wert darauf, daß das Luftſchiff nicht nur techniſch, ſondern auch kommerziell ein Erfolg ſein ſoll. 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Wie aus Herat ge- meldet wird, iſt in Kabul, wo Habib- ullah die Macht ausübt, noch keine neue Regierung gebildet worden. Vorausſichtlich wird das Unterrichts- und das Juſtizmini- ſterium aufgehoben werden. Die weltlichen Schulen ſollen geſchloſſen und Kadi-Gerichte eingeführt werden. Die Frage des Weiter- beſtehens des Außenminiſteriums iſt noch nicht geklärt, da bei der Regierung die Nei- gung beſteht, alle Beziehungen zu den auswärtigen Staaten mit Ausnahme Englands ab- zubrechen und den Staat wieder in die Lage zurückzuverſetzen, die vor der Ver- kündigung der afghaniſchen Unabhängig- keit beſtand. In afghaniſchen Kreiſen wird behauptet, daß der engliſche Geſandte bereits einen entſprechenden Vorſchlag gemacht habe, und daß die Unterzeichnung einer Vereinbarung vorliege, nach der England wie früher an die Emire Subventionen zahlen werde. Die Verwirklichung dieſer Pläne ſtößt auf den Widerſtand der Geiſtlichkeit und der Kaufmannſchaft. 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Die Rettungsexpedition, die von Kitzbühel zur Bergung des am Schwarzkogel von einer Schneewächte verſchütteten Skifahrers abgegangen iſt, konnte bis Montag abend nur den Ruckſack finden. Die Nachforſchungen werden fortgeſetzt. Wetterbericht Zunächſt weitere Schneefälle, in tieferen Lagen zeitweiſe in Regen übergehend; dann wieder Auf- klaren und Nachtfroſt. K. o. in 62 Sekunden Max Schmeling ſiegt weiter in Amerika Newark (New Jerſey), 22. Jan. Der deutſche Boxer Max Schmeling ſiegte in dem Kampf gegen Pietro Corri in der erſten Runde nach 62 Sekunden durch k. o. Neue Klage wegen des bayerſchen Wahlrechts München, 22. Januar. Nachdem die Klage der Demokratiſchen Partei Bayerns vom Staatsgerichtshof für das Deutſche Reich abgelehnt worden war, da er ſich nicht für zuſtändig erklären konnte, reichte die Deutſche Demokratiſche Partei eine Klage beim Bayeriſchen Staatsgerichtshof wegen des bayeriſchen Wahlrechts ein. Die „Kardinal“-Frage Neuordnung der Lehrervorbildung Es war zu erwarten, daß Kardinal Faul- haber in Bälde ſich die Gelegenheit geben laſſen würde, um zu der endgültigen Erledi- gung drängenden Frage der Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern öffentlich Stellung nehmen zu können. Daß dieſe Stellung- nahme den ſchroffſten Gegenſatz zu den diesbe- züglichen Beſtrebungen des Bayeriſchen Lehrervereins zum Ausdruck bringen würde, war ebenfalls keine Ueberraſchung, denn was kann von dieſer Seite anderes kommen? Die Gegner des Kopernikus ſind doch auch heute noch keine Freunde der vorausſetzungsloſen Wiſſen- ſchaft und des geiſtigen, kulturellen und wirt- ſchaftlichen Fortſchrittes, dem jene den Weg be- reitet. Sodann iſt es ja ſchon lange kein Ge- heimnis mehr, daß in dem Münchner Kirchen- fürſten bei allen revolutionären Allüren, die ſich — tempora mutantur — heute in einer Art de- mokratiſcher Mentalität zu gefallen ſcheinen, das unſtillbare Bedürfnis lebt, gegenüber der bayer. Staatsregierung die letzten Endes ſelbſtwillige Stellung eines bayeriſchen Königs einzunehmen. Doch das ſind alles ſpezifiſche Eigentümlichkeiten der neuzeitlichen Eigenſtaatlichkeit Bayerns, die uns heute weniger intereſſieren. Was uns an der Rede, die der Herr Kardinal in der von einem Lehrer einer bayeriſchen ſimul- tanen Mittelſchule geleiteten Verſammlung und in Anweſenheit des exterritorialen Herrn Vertreters Seiner Heiligkeit des Papſtes im Münchner Odeonſaale gehalten hat, intereſſiert, und gewiß auch alle übrigen bayeriſchen Staatsbürger inter- eſſiert, die noch in einem durch die Mitwirkung ihrer Abgeordneten einſt zuſtandegekommenen Verfaſſungsſtaat zu leben glauben, das iſt die trotz der ſo ſehr betonten Friedfertigkeit und „Staats- frommheit öffentlich gegen die bayeriſche Staatsregierung gerichtete Drohung, eigene freie katholiſche Schulen zu gründen, wenn der Staat die Forderungen des katholiſchen Epiſko- pates hinſichtlich des katholiſch-konfeſſionellen Charakters der Volksſchule (ſc. in ihrem geſamten Unterrichtsſtoff) und einer katholiſch-konfeſſionellen Lehrerbildung (konfeſſionelle Mittelſchul- und kon- feſſionelle Hochſchulbildung, für den Volksſchul- lehrer) nicht erfülle. Selbſt wenn die Aufzeigung dieſer Alternative nur ein diplomatiſcher Schach- zug iſt, um der Staatsregierung den Weg zu Konzeſſionen an die gegneriſche Zweidrittelmehr- heit zu verbauen, ſo iſt die Drohung des Herrn Kardinals denn doch eine Kampfanſage gegen den Staat, die an Schroffheit, Unduldſamkeit und ſtaatsunfreundlicher Einſtellung nichts zu wünſchen übrig läßt und, abgeſehen von der humoriſtiſchen Kurioſität, daß der Eigenſtaat- lichkeit Bayerns durch dieſen Angriff auf das kulturelle ſtaatliche Hoheitsgebiet der Schule ein klerikales Bein geſtellt wird, nicht geeignet iſt, der koalitionsgebundenen bayeriſchen Staatsregierung das an und ſich ſchon ſchwierige Leben zu erleich- tern, wenn es ſich hiebei perſonell auch nur um das Schickſal des Kultusminiſters oder um jenes des Finanzminiſters handele. Die Kardinalfrage iſt demgegenüber, ob der Bayeriſche Landtag die Widerſtandsfähig- keit beſitzt, um die Rechte des in ſeinem Weſen unabänderlich paritätiſchen Staates der Gegenwart auf die Schule und die Lehrer- bildung mit Erfolg zu ſchützen, und die kulturelle Perſpektive zu wahren gewillt iſt, die es verhin- dert, daß Bayerns Schulweſen und kulturelle Gel- tung in immer größerem Abſtande hinter jenem der übrigen deutſchen Länder zurückbleibt, wie in der „AZ“ vor einiger Zeit ſchon mit Recht her- vorgehoben worden iſt. Die ſtete Klage in bayeriſchen Zeitungen der verſchiedenſten Anſchauungsrichtungen über den Niedergang Münchens hat bisher noch nie an den innerſten Grund dieſer bedauerlichen _

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 18, 22. Januar 1929, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine18_1929/1>, abgerufen am 21.11.2024.