Allgemeine Zeitung, Nr. 20, 24. Januar 1929.Donnerstag, den 24. Januar "AZ am Abend" Nr. 20 [Spaltenumbruch] Münchner Kapellmeister E. Jose Wolff im Tabarin Wenn man in Fach- oder auch Laienkreisen [Abbildung]
Wer Jose Wolff kennt und seinen Werdegang Seine ersten Studien begann er in Belgien, Im Jahre 1920 sehen wir ihn bereits an der Nun tritt der Jazz in Erscheinung, Wolff er- Mit seinem bestens eingespielten Orchester hat Das Abzahlungsgeschäft in Amerika Die Hälfte des Automobilumsatzes In den Vereinigten Staaten von Amerika Residenztheater. Am Sonntag, den 27. Januar Der Kölner Museumsskandal Die blamierte Stadtverwaltung * Der Oberbürgermeister Oberbürgermeister Dr. Adenauer, Das kann nicht hindern auszusprechen, Sittlichkeitsskandal, der innerhalb der städtischen Museumsver- Was ist geschehen? Im August 1928 wird äußersten Intimitäten gekommen war. Diese Hauptzeugen be- Auf Grund dieser Bekundungen glaubte durch eigene Beobachtungen des Ober- Herr Dr. Adenauer hielt es, offenbar un- Leider aber hatte Herr Dr. Adenauer ver- gar nicht das diffamierte Fräulein Die in ihrer weiblichen Ehre schwer ge- restlos und glänzend rehabiliert. Noch während dieses Verfahrens wollte Die Suppe, die der städtische Beigeordnete Man mißverstehe uns nicht: wir sind gebrandmarkt zu werden und müßten eigentlich dem Stadthaupt eine Der Polizeipräsident regelt den Verkehr Militärische Ordnung * 50prozentige Beschleunigung des Autoverkehrs Grower Whalen, der frühere Leiter des revolutionäre Verkehrsregelung für den Broadway- und ganzen Theater- Dieses System verbietet während der beobachteten Wahlen und ulkten ihn an. Photographen zückten ihre Kameras, Blitz- Die Schutzleute, denen höflichstes Verhal- unter Gejohle durch Wachautos nach den Polizeirevieren Jene kleinsten, ehrlichen Jener kleinsten, ehrlichen ArtistenArtisten Denk ich, die kein Ruhm belohnt, Die ihr Dasein ärmlich, fleißig fristen, Und in denen nur die Zukunft wohnt. In Programmen stehen sie bescheiden, Und das Publikum bleibt ihnen stumm. Dennoch geben sie ihr Bestes und beneiden Größere nicht. Und wissen nicht, warum. Grober Dünkel drückt sie in die Ecken. Ihre Grenze ist der Rampenschein. Aber nachts vor kleinen Mädchen recken Sie sich auf in Künstlerschwärmerein. Die ihr bleiben sollt, wo wir begonnen, Mögt ihr ruhmlos sein und unbegabt, Doch euch tröstet: Uns ist viel zerronnen Schönes, was ihr jetzt noch in euch habt. Ehrlichkeit ist Kunst und derart selten, Daß es wenig Wichtigeres gibt. Euer Schicksal wird euch reich vergelten, Daß ihr euer Schicksal habt geliebt. Ernst Rowohlt Berlin, dem soeben erschienenen Gedichtbande "Allerdings" von Joachim Ringelnatz entnommen. Deutsche Stunde in Bayern Freitag, den 25. Januar 1925 6.45 Morgengymnastik. 11.20 Schallplattenkonzert für Versuche und für 12.55--13.50 Nürnberger Sendung: Mittagskon- 14.45 Stunde der Frau. 16.00 Lesestunde. 16.30 Unterhaltungskonzert des Rundfunktrios. 17.40 Lehrerfunk der Deutschen Stunde in Bay- 18.10 Für unsere Landwirtschaft. 19.00 Die Entstehung der Erde (VII). Eine Vor- 19.15 Eine Viertelstunde Deutsche Volksgeschichte. 19.30 Zum 200. Geburtstag Gotthold Ephraim 21.40 Konzert des Rundfunkorchesters. Leitung 22.20 Abendmeldungen. Schneebericht. 22.45 Sportwochenschau. Berichterstatter Hans 23.00 Wichtige Funknachrichten. [irrelevantes Material]
Donnerstag, den 24. Januar „AZ am Abend“ Nr. 20 [Spaltenumbruch] Münchner Kapellmeiſter E. Joſé Wolff im Tabarin Wenn man in Fach- oder auch Laienkreiſen [Abbildung]
Wer Joſé Wolff kennt und ſeinen Werdegang Seine erſten Studien begann er in Belgien, Im Jahre 1920 ſehen wir ihn bereits an der Nun tritt der Jazz in Erſcheinung, Wolff er- Mit ſeinem beſtens eingeſpielten Orcheſter hat Das Abzahlungsgeſchäft in Amerika Die Hälfte des Automobilumſatzes In den Vereinigten Staaten von Amerika Reſidenztheater. Am Sonntag, den 27. Januar Der Kölner Muſeumsſkandal Die blamierte Stadtverwaltung * Der Oberbürgermeiſter Oberbürgermeiſter Dr. Adenauer, Das kann nicht hindern auszuſprechen, Sittlichkeitsſkandal, der innerhalb der ſtädtiſchen Muſeumsver- Was iſt geſchehen? Im Auguſt 1928 wird äußerſten Intimitäten gekommen war. Dieſe Hauptzeugen be- Auf Grund dieſer Bekundungen glaubte durch eigene Beobachtungen des Ober- Herr Dr. Adenauer hielt es, offenbar un- Leider aber hatte Herr Dr. Adenauer ver- gar nicht das diffamierte Fräulein Die in ihrer weiblichen Ehre ſchwer ge- reſtlos und glänzend rehabiliert. Noch während dieſes Verfahrens wollte Die Suppe, die der ſtädtiſche Beigeordnete Man mißverſtehe uns nicht: wir ſind gebrandmarkt zu werden und müßten eigentlich dem Stadthaupt eine Der Polizeipräſident regelt den Verkehr Militäriſche Ordnung * 50prozentige Beſchleunigung des Autoverkehrs Grower Whalen, der frühere Leiter des revolutionäre Verkehrsregelung für den Broadway- und ganzen Theater- Dieſes Syſtem verbietet während der beobachteten Wahlen und ulkten ihn an. Photographen zückten ihre Kameras, Blitz- Die Schutzleute, denen höflichſtes Verhal- unter Gejohle durch Wachautos nach den Polizeirevieren Jene kleinſten, ehrlichen Jener kleinſten, ehrlichen ArtiſtenArtiſten Denk ich, die kein Ruhm belohnt, Die ihr Daſein ärmlich, fleißig friſten, Und in denen nur die Zukunft wohnt. In Programmen ſtehen ſie beſcheiden, Und das Publikum bleibt ihnen ſtumm. Dennoch geben ſie ihr Beſtes und beneiden Größere nicht. Und wiſſen nicht, warum. Grober Dünkel drückt ſie in die Ecken. Ihre Grenze iſt der Rampenſchein. Aber nachts vor kleinen Mädchen recken Sie ſich auf in Künſtlerſchwärmerein. Die ihr bleiben ſollt, wo wir begonnen, Mögt ihr ruhmlos ſein und unbegabt, Doch euch tröſtet: Uns iſt viel zerronnen Schönes, was ihr jetzt noch in euch habt. Ehrlichkeit iſt Kunſt und derart ſelten, Daß es wenig Wichtigeres gibt. Euer Schickſal wird euch reich vergelten, Daß ihr euer Schickſal habt geliebt. Ernſt Rowohlt Berlin, dem ſoeben erſchienenen Gedichtbande „Allerdings“ von Joachim Ringelnatz entnommen. Deutſche Stunde in Bayern Freitag, den 25. Januar 1925 6.45 Morgengymnaſtik. 11.20 Schallplattenkonzert für Verſuche und für 12.55—13.50 Nürnberger Sendung: Mittagskon- 14.45 Stunde der Frau. 16.00 Leſeſtunde. 16.30 Unterhaltungskonzert des Rundfunktrios. 17.40 Lehrerfunk der Deutſchen Stunde in Bay- 18.10 Für unſere Landwirtſchaft. 19.00 Die Entſtehung der Erde (VII). Eine Vor- 19.15 Eine Viertelſtunde Deutſche Volksgeſchichte. 19.30 Zum 200. Geburtstag Gotthold Ephraim 21.40 Konzert des Rundfunkorcheſters. Leitung 22.20 Abendmeldungen. Schneebericht. 22.45 Sportwochenſchau. Berichterſtatter Hans 23.00 Wichtige Funknachrichten. [irrelevantes Material]
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0009" n="9"/> <fw place="top" type="header">Donnerstag, den 24. Januar „AZ am Abend“ Nr. 20</fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Münchner Kapellmeiſter<lb/> E. Joſé Wolff im Tabarin</hi> </head><lb/> <byline>Text und Zeichnung von Rolf Brand.</byline><lb/> <p>Wenn man in Fach- oder auch Laienkreiſen<lb/> von moderner Jazz-Muſik ſpricht, muß man in<lb/> erſter Reihe Joſé Wolff nennen. Er gehört zu<lb/> jenen ſehr wenigen, die ſich rühmen dürfen, dem<lb/> Jazz bei uns Heimatsrecht geſchaffen zu haben.<lb/> Aber nicht nur dies allein, denn Joſé Wolff hat<lb/> noch ein Weiteres, Bedeutungsvolleres geleiſtet,<lb/> er hat dieſe modernſte der modernen Tanzmuſi-<lb/> ken zur Höhe der Symphonie erhoben.</p><lb/> <figure/> <p>Wer Joſé Wolff kennt und ſeinen Werdegang<lb/> nur einigermaßen verfolgt hat, den darf dies<lb/> gar nicht wundern. Denn wir wiſſen ſehr wohl,<lb/> daß er im letzten Sine des Wortes ein Muſiker<lb/> von außergewöhnlicher Begabung iſt. Ein Vir-<lb/> tuoſe in ſeinem Fach, aber ein Virtuoſe von<lb/> künſtleriſch reifer Intuition und Selbſtkritik, der<lb/> mit ernſtem Eifer über das rein Techniſche das<lb/> Weſentliche nicht vergißt.</p><lb/> <p>Seine erſten Studien begann er in Belgien,<lb/> wo er erzogen wurde. Mit 6 Jahren wandte er<lb/> ſich ſchon dem Muſikſtudium zu, und als 12jähri-<lb/> ger beſuchte er die Muſikakademie in Antwerpen,<lb/> wo er ſehr bald Aufmerkſamkeit auf ſich lenkte.<lb/> Nach zweijährigem Studium mußte er wegen des<lb/> Kriegsausbruches aus Belgien flüchten, kam nach<lb/> Deutſchland und ſetzte ſeine Studien in Bochum<lb/> bei Prof. Mailand fort, der das Talent ſeines<lb/> Lieblingsſchülers in beſter Weiſe förderte. Mit<lb/> dem Erfolge, daß der kaum 15jährige Wolff ſchon<lb/> eigene, ſelbſtändige Konzerte geben konnte. Und<lb/> die geſamte Kritik ſtimmte darin überein, daß<lb/> man da einen bereits vollreifen Künſtler vor ſich<lb/> habe, der über ſeine jungen Jahre weit hinaus-<lb/> gewachſen iſt.</p><lb/> <p>Im Jahre 1920 ſehen wir ihn bereits an der<lb/> Spitze eines großen Enſembles, und als Leiter<lb/> desſelben erweiſt ſich Wolff als feinſinniger und<lb/> temperamentvoller Dirigent.</p><lb/> <p>Nun tritt der Jazz in Erſcheinung, Wolff er-<lb/> kennt ſofort die Bedeutung dieſer neuen Rich-<lb/> tung, fühlt ſich von ihr angezogen und wendet<lb/> ſich ihr begeiſtert zu.</p><lb/> <p>Mit ſeinem beſtens eingeſpielten Orcheſter hat<lb/> Wolff im In- und Ausland Triumphe gefeiert.<lb/> Ueberall wo er ſich hören ließ ſiegte er in gro-<lb/> ßem Stil und ſein Erfolg im Tabarin iſt nicht<lb/> minder groß, darum wollen wir nicht verſäumen<lb/> Herrn Direktor Keckeiſen unſeren Dank auszu-<lb/> ſprechen, denn ihm verdanken wir es, Joſé Wolff<lb/> in München zu haben. Und wenn man heute von<lb/> ihm ſagt, er zähle zu den bekannteſten und be-<lb/> liebteſten Jazz-Symphonie-Orcheſters, ſo iſt damit<lb/> ſein weitverbreiteter Ruhm nur angedeutet.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Abzahlungsgeſchäft<lb/> in Amerika</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Die Hälfte des Automobilumſatzes<lb/> auf Abzahlung</hi> </p> </argument><lb/> <p>In den Vereinigten Staaten von Amerika<lb/> blüht das Abzahlungsgeſchäft wie in keinem an-<lb/> deren Lande. Im vergangenen Jahre ſind<lb/> ſchätzungsweiſe 24 Milliarden Mark auf dieſe<lb/> Weiſe umgeſetzt worden. Davon entfallen etwa<lb/> 30 Prozent auf die Anzahlung. Der Reſt wird im<lb/> Laufe von acht Monaten bis zu einem Jahre ab-<lb/> getragen. Erfahrungsgemäß tragen 10 Prozent<lb/> der Käufer ihre Verpflichtungen ſchon vor dem<lb/> Ablauf der Zahlfriſt ab. Man kann alſo anneh-<lb/> men, daß der Kredit, der durch das Abzahlungs-<lb/> geſchäft gebunden iſt, ſich auf etwa acht Milliarden<lb/> Mark beläuft. Am meiſten wird der Abzahlungs-<lb/> kredit von den Käufern von Automobilen in An-<lb/> ſpruch genommen. Man ſchätzt, daß die Ameri-<lb/> kaner im verfloſſenen Jahre etwa 8,5 Millionen<lb/> neue und gebrauchte Automobile kauften. Die<lb/> Hälfte davon wurde auf Abzahlung angeſchafft.<lb/> Man bringt mit dem Abzahlungsſyſtem in Ame-<lb/> rika viele ſoziale Fortſchritte in Verbindung. So<lb/> ermöglicht der Ankauf von Automobilen es vielen<lb/> Leuten, die auf dem Lande wohnen und in der<lb/> Stadt ihrem Berufe nachzugehen. Zu einer ſo ge-<lb/> waltigen Ausdehnung des Abzahlungsgeſchäftes<lb/> gehören aber auch die blühenden wirtſchaftlichen<lb/> Verhältniſſe, wie ſie in Amerika beſtehen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Reſidenztheater.</hi> </head><lb/> <p>Am Sonntag, den 27. Januar<lb/> findet eine Morgenveranſtaltung mit Bläſer-<lb/> kammermuſik ſtatt. Zur Aufführung gelangen<lb/> zwei in München ſeit langer Zeit nicht mehr zu<lb/> Gehör gebrachte Bläſerwerke von Ludwig Spohr<lb/> und Richard Strauß. Mitwirkende: 15 Bläſer des<lb/> Bayeriſchen Staatstheaterorcheſters. Muſikaliſche<lb/> Leitung: Dr. Hallaſch.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Kölner Muſeumsſkandal</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Die blamierte Stadtverwaltung * Der Oberbürgermeiſter<lb/> auf dem Beobachtungsſtand</hi> </p> </argument><lb/> <cb/> <p>Oberbürgermeiſter Dr. <hi rendition="#g">Adenauer,</hi><lb/> Kölns Stadtgewaltiger, iſt zweifelsohne<lb/> unter den deutſchen Kommunalpolitikern die<lb/> ſtärkſte, um nicht zu ſagen genialſte Perſön-<lb/> lichkeit. Die Metropole am Rhein hat ihm<lb/> unendlich viel für ihre glänzende Entwick-<lb/> lung zu danken.</p><lb/> <p>Das kann nicht hindern auszuſprechen,<lb/> daß Dr. Adenauer ſich in dem</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Sittlichkeitsſkandal,</hi> </hi> </p><lb/> <p>der innerhalb der ſtädtiſchen Muſeumsver-<lb/> waltung aufgedeckt wurde, und über den<lb/> wir berichteten, nicht nur in der Wahl der<lb/> Mittel arg vergriffen, ſondern auch nach der<lb/> gerichtlichen Klarſtellung der Vorgänge eine<lb/> moraliſche Niederlage von ziemlichen Aus-<lb/> maßen erlitten hat. Es iſt nicht angenehm,<lb/> einem Manne von der hohen Bedeutung<lb/> des Kölner Oberbürgermeiſters ſagen zu<lb/> müſſen, daß er in der Geſellſchaft von<lb/> Muckern und Sittlichkeitsſchnüfflern keine<lb/> beſonders glückliche Figur gemacht hat.</p><lb/> <p>Was iſt geſchehen? Im Auguſt 1928 wird<lb/> durch Beamte des Muſeums der Stadtver-<lb/> waltung in einer Anzeige Kenntnis davon<lb/> gegeben, daß im Arbeitszimmer des Direk-<lb/> tors Profeſſor Dr. Sch. ſich Vorgänge abge-<lb/> ſpielt hätten, die dadurch ein beſonderes<lb/> großes Aergernis erregen mußten, daß ſie<lb/> beinahe in aller Oeffentlichkeit zu beobachten<lb/> waren. Von einer dem Muſeum gegenüber-<lb/> liegenden Wohnung hatte ein Ehepaar D.<lb/> unzählige Male beobachtet, daß Direktor<lb/> Profeſſor Dr. Sch. eine Dame in ſeinem Ar-<lb/> beitszimmer empfing, wobei es zu den</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">äußerſten Intimitäten</hi> </hi> </p><lb/> <p>gekommen war. Dieſe Hauptzeugen be-<lb/> haupteten mit einer durch nichts zu erſchüt-<lb/> ternden Sicherheit, es habe ſich bei der be-<lb/> treffenden Dame um Fräulein Dr. M., eine<lb/> wiſſenſchaftliche Hilfsarbeiterin des Mu-<lb/> ſeums, gehandelt.</p><lb/> <p>Auf Grund dieſer Bekundungen glaubte<lb/> ſich die Stadtverwaltung im Recht, ſowohl<lb/> dem Direktor wie Fräulein Dr. M. ihre<lb/> Stellungen aufzukündigen. Zu dieſem Be-<lb/> ſchluß kam die Stadtverwaltung nicht nur<lb/> auf Grund der erwähnten Zeugenausſagen<lb/> des Poſtſchaffner-Ehepaares D., nein, mehr<lb/> noch</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">durch eigene Beobachtungen des Ober-<lb/> bürgermeiſters ſelbſt.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Herr Dr. Adenauer hielt es, offenbar un-<lb/> ter dem Druck der katholiſchen Frauen-<lb/> organiſationen in Köln, die zwar im Kar-<lb/> neval beide Augen zudrücken, ſonſt aber<lb/> von äußerſter Empfindlichkeit im Punkte<lb/> Sittlichkeit ſind, nicht für unter ſeiner<lb/> Würde, in höchſt eigener Perſon in der Poſt-<lb/> ſchaffnerswohnung den Beobachtungsſtand<lb/> zu beziehen und höchſt intereſſiert in das<lb/> galante Direktionszimmer unbemerkt Ein-<lb/> blick zu tun. In der Tat, es war zuviel,<lb/> was ſich ſeinen Augen dort darbot, und das<lb/> ſittenſtrenge Herz des Oberbürgermeiſters<lb/> erbebte in gerechter Entrüſtung. Damit war<lb/><cb/> die Anklage gegen das verliebte Pärchen, das<lb/> das Direktionszimmer zu richtigen „Schä-<lb/> fer“-Stunden zu benutzen wagte, beſiegelt.</p><lb/> <p>Leider aber hatte Herr Dr. Adenauer ver-<lb/> abſäumt, auf ſeinen Beobachtungspoſten<lb/> einen guten Feldſtecher mitzunehmen. Hätte<lb/> er dies getan, ſo wäre ihm wahrſcheinlich<lb/> nicht entgangen, daß die amouröſe Dame,<lb/> die ſich mit Profeſſor Sch. ſo ungeniert<lb/> ſchnäbelte</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">gar nicht das diffamierte Fräulein<lb/> Dr. M. geweſen war.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Die in ihrer weiblichen Ehre ſchwer ge-<lb/> kränkte junge Dame konnte ihrerſeits auf<lb/> Grund der friſtloſen Entlaſſung Klage beim<lb/> Arbeitsgericht erheben, und ſiehe da, die<lb/> Kölner Richter mußten ihr beſcheinigen, daß<lb/> ihre Tugend ganz zu Unrecht angezweifelt<lb/> war. Das Gericht ſtellte feſt, daß die Zeu-<lb/> gen ſich zwar nicht über die Vorgänge im<lb/> Direktorzimmer, wohl aber in dem wichtigen<lb/> Punkt, nämlich in der Perſon des weiblichen<lb/> Partners des Profeſſors Sch. grundlegend<lb/> geirrt hätten. Auch in zweiter Inſtanz, vor<lb/> dem Landesarbeitsgericht, wurde das be-<lb/> leidigte Fräulein Dr. M.</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">reſtlos und glänzend rehabiliert.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Noch während dieſes Verfahrens wollte<lb/> die Stadtverwaltung ihr Unrecht nicht ein-<lb/> ſehen und legte ſo großen Wert auf die Be-<lb/> laſtungszeugen, daß man dieſe ſogar in<lb/> ſtädtiſchen Automobilen zur Gerichtsver-<lb/> handlung fuhr.</p><lb/> <p>Die Suppe, die der ſtädtiſche Beigeordnete<lb/> Dr. Berndorff ſeinem Schwager Adenauer<lb/> eingebrockt hatte, mußte alſo zur Neige aus-<lb/> gelöffelt werden und endete mit der ekla-<lb/> tanten Niederlage der Stadtverwaltung.<lb/> Dieſe hat jetzt in einer langatmigen Erklä-<lb/> rung ihr Verhalten zu rechtfertigen verſucht<lb/> und gleichzeitig mitgeteilt, daß Fräulein Dr.<lb/> M. mit dem Rang einer Aſſiſtentin wieder<lb/> in ſtädtiſchen Dienſten angeſtellt ſei. Die<lb/> Dame iſt alſo ſozuſagen die Treppe hinauf-<lb/> gefallen.</p><lb/> <p>Man mißverſtehe uns nicht: wir ſind<lb/> durchaus nicht der Meinung, daß die Stadt-<lb/> verwaltung nicht berechtigt und verpflichtet<lb/> geweſen wäre, die peinlichen Vorgänge, die<lb/> auf Rechnung des Muſeumsdirektors, Pro-<lb/> feſſor Dr. Sch. kommen, gründlich zu unter-<lb/> ſuchen. Wir halten auch die Entlaſſung die-<lb/> ſes Beamten für gerechtfertigt und ſchlechter-<lb/> dings unumgänglich. Aber die Methoden,<lb/> mit der man einer jungen Dame von makel-<lb/> loſem Ruf und aus beſter Familie in dieſem<lb/> Falle zu Leibe ging, verdienen durchaus</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">gebrandmarkt zu werden</hi> </hi> </p><lb/> <p>und müßten eigentlich dem Stadthaupt eine<lb/> gute Lehre ſein, nicht ſo folgſam im Fahr-<lb/> waſſer ſpießeriſcher Sittlichkeitsſchnüffler zu<lb/> ſchwimmen. Dr. Adenauer, den wir unge-<lb/> mein ſchätzen, ſollte nicht vergeſſen, welchen<lb/> Namen er aufs Spiel zu ſetzen hat. Denn<lb/> auch der glänzendſte Name verträgt mora-<lb/> liſche Niederlagen, wie die jetzt im Mu-<lb/> ſeumsſkandal erlittene, auf die Dauer nicht.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Polizeipräſident<lb/> regelt den Verkehr</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Militäriſche Ordnung * 50prozentige Beſchleunigung des Autoverkehrs</hi> </p> </argument><lb/> <cb/> <p>Grower Whalen, der frühere Leiter des<lb/> ſtädtiſchen Empfangskomitees in Neuyork,<lb/> der unzählige Prominente aus aller Welt<lb/> in Bürgermeiſter Walkers Namen begrüßt<lb/> hat und ſeit kurzer Zeit Neuyorker Polizei-<lb/> präſident iſt, ſetzte am letzten Montag abend<lb/> eine</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">revolutionäre Verkehrsregelung</hi> </hi> </p><lb/> <p>für den Broadway- und ganzen Theater-<lb/> diſtrikt in Kraft. Wo bislang ein unbe-<lb/> ſchreibliches Gedränge von Privatwagen,<lb/> Taxis, von Hunderttauſenden von Theater-<lb/> beſuchern und Spaziergängern herrſchte,<lb/> herrſcht jetzt militäriſche Ordnung. Von<lb/> hohen Verkehrstürmen herab unter Zuhilfe-<lb/> nahme von etwa tauſend Poliziſten, Berit-<lb/> tenen und Motorradſchwadronen dirigierte<lb/> Whalen in einem dicken Sweater das neue,<lb/> von ihm ausgearbeitete Verkehrsſyſtem.</p><lb/> <p>Dieſes Syſtem verbietet während der<lb/> Theaterzeit jeglichen Laſtkraſtwagenverkehr,<lb/> ſowie das Wagenparken im Theaterdiſtrikt,<lb/> Auto, die in den Theaterdiſtrikt einfahren,<lb/> dürfen weder Rechts- noch Linkswendung<lb/> machen, ſondern müſſen in der eingeſchlage-<lb/> nen Richtung durchfahren. Die Fußgänger-<lb/> maſſen, die bisher unbekümmert um die<lb/><cb/> Signallichter die Straßen überfluteten, wer-<lb/> den an jeder Ecke von einem großen Poli-<lb/> ziſtenaufgebot beim roten Signal zurückge-<lb/> halten. Das Publikum nahm den neuen<lb/> Verkehrsplan gutgelaunt auf. Tauſende<lb/> ſtauten ſich auf den Bürgerſteigen,</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">beobachteten Wahlen und ulkten ihn an.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Photographen zückten ihre Kameras, Blitz-<lb/> lichter flammten auf; es war an dieſem<lb/> erſten Tage, als ob der Karneval in Neu-<lb/> york ſeinen Einzug gehalten hätte.</p><lb/> <p>Die Schutzleute, denen höflichſtes Verhal-<lb/> ten eingeſchärft war, packten unachtſame<lb/> Fußgänger am Schlafittchen. Zwei Dutzend<lb/> Privatautos, die im Diſtrikt parkend vor-<lb/> gefunden wurden, wurden</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">unter Gejohle</hi> </hi> </p><lb/> <p>durch Wachautos nach den Polizeirevieren<lb/> abgeſchleppt. Die Garagen innerhalb des<lb/> Diſtrikts erhöhten ihre Unterſtellgebühren<lb/> um einen halben Dollar auf drei Viertel bis<lb/> einen Dollar. Der Erfolg des erſten Tages<lb/> der neuen Regelung iſt eine 50prozentige<lb/> Beſchleunigung des Autoverkehrs, der ſich<lb/> bisher nur im Schneckentempo abwickelte.<lb/> Das Syſtem, das verſuchsweiſe für 14 Tage<lb/> angeordnet iſt, verſpricht alſo Erfolg.</p> </div><lb/> <cb/> <div n="2"> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Jene kleinſten, ehrlichen<lb/> Artiſten</hi> </head><lb/> <byline> <hi rendition="#b">Von Joachim Ringelnatz</hi> </byline><lb/> <l> <hi rendition="#b">Jener kleinſten, ehrlichen Artiſten</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Denk ich, die kein Ruhm belohnt,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Die ihr Daſein ärmlich, fleißig friſten,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Und in denen nur die Zukunft wohnt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">In Programmen ſtehen ſie beſcheiden,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Und das Publikum bleibt ihnen ſtumm.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Dennoch geben ſie ihr Beſtes und beneiden</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Größere nicht. Und wiſſen nicht, warum.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Grober Dünkel drückt ſie in die Ecken.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Ihre Grenze iſt der Rampenſchein.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Aber nachts vor kleinen Mädchen recken</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Sie ſich auf in Künſtlerſchwärmerein.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Die ihr bleiben ſollt, wo wir begonnen,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Mögt ihr ruhmlos ſein und unbegabt,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Doch euch tröſtet: Uns iſt viel zerronnen</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Schönes, was ihr jetzt noch in euch habt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Ehrlichkeit iſt Kunſt und derart ſelten,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Daß es wenig Wichtigeres gibt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Euer Schickſal wird euch reich vergelten,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#b">Daß ihr euer Schickſal habt geliebt.</hi> </l> </lg><lb/> <note>Mit beſonderer Genehmigung des Verlags<lb/> Ernſt Rowohlt Berlin, dem ſoeben erſchienenen<lb/> Gedichtbande „<hi rendition="#g">Allerdings</hi>“ von Joachim<lb/> Ringelnatz entnommen.</note> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Deutſche Stunde in Bayern</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#g">Freitag, den 25. 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Donnerstag, den 24. Januar „AZ am Abend“ Nr. 20
Münchner Kapellmeiſter
E. Joſé Wolff im Tabarin
Text und Zeichnung von Rolf Brand.
Wenn man in Fach- oder auch Laienkreiſen
von moderner Jazz-Muſik ſpricht, muß man in
erſter Reihe Joſé Wolff nennen. Er gehört zu
jenen ſehr wenigen, die ſich rühmen dürfen, dem
Jazz bei uns Heimatsrecht geſchaffen zu haben.
Aber nicht nur dies allein, denn Joſé Wolff hat
noch ein Weiteres, Bedeutungsvolleres geleiſtet,
er hat dieſe modernſte der modernen Tanzmuſi-
ken zur Höhe der Symphonie erhoben.
[Abbildung]
Wer Joſé Wolff kennt und ſeinen Werdegang
nur einigermaßen verfolgt hat, den darf dies
gar nicht wundern. Denn wir wiſſen ſehr wohl,
daß er im letzten Sine des Wortes ein Muſiker
von außergewöhnlicher Begabung iſt. Ein Vir-
tuoſe in ſeinem Fach, aber ein Virtuoſe von
künſtleriſch reifer Intuition und Selbſtkritik, der
mit ernſtem Eifer über das rein Techniſche das
Weſentliche nicht vergißt.
Seine erſten Studien begann er in Belgien,
wo er erzogen wurde. Mit 6 Jahren wandte er
ſich ſchon dem Muſikſtudium zu, und als 12jähri-
ger beſuchte er die Muſikakademie in Antwerpen,
wo er ſehr bald Aufmerkſamkeit auf ſich lenkte.
Nach zweijährigem Studium mußte er wegen des
Kriegsausbruches aus Belgien flüchten, kam nach
Deutſchland und ſetzte ſeine Studien in Bochum
bei Prof. Mailand fort, der das Talent ſeines
Lieblingsſchülers in beſter Weiſe förderte. Mit
dem Erfolge, daß der kaum 15jährige Wolff ſchon
eigene, ſelbſtändige Konzerte geben konnte. Und
die geſamte Kritik ſtimmte darin überein, daß
man da einen bereits vollreifen Künſtler vor ſich
habe, der über ſeine jungen Jahre weit hinaus-
gewachſen iſt.
Im Jahre 1920 ſehen wir ihn bereits an der
Spitze eines großen Enſembles, und als Leiter
desſelben erweiſt ſich Wolff als feinſinniger und
temperamentvoller Dirigent.
Nun tritt der Jazz in Erſcheinung, Wolff er-
kennt ſofort die Bedeutung dieſer neuen Rich-
tung, fühlt ſich von ihr angezogen und wendet
ſich ihr begeiſtert zu.
Mit ſeinem beſtens eingeſpielten Orcheſter hat
Wolff im In- und Ausland Triumphe gefeiert.
Ueberall wo er ſich hören ließ ſiegte er in gro-
ßem Stil und ſein Erfolg im Tabarin iſt nicht
minder groß, darum wollen wir nicht verſäumen
Herrn Direktor Keckeiſen unſeren Dank auszu-
ſprechen, denn ihm verdanken wir es, Joſé Wolff
in München zu haben. Und wenn man heute von
ihm ſagt, er zähle zu den bekannteſten und be-
liebteſten Jazz-Symphonie-Orcheſters, ſo iſt damit
ſein weitverbreiteter Ruhm nur angedeutet.
Das Abzahlungsgeſchäft
in Amerika
Die Hälfte des Automobilumſatzes
auf Abzahlung
In den Vereinigten Staaten von Amerika
blüht das Abzahlungsgeſchäft wie in keinem an-
deren Lande. Im vergangenen Jahre ſind
ſchätzungsweiſe 24 Milliarden Mark auf dieſe
Weiſe umgeſetzt worden. Davon entfallen etwa
30 Prozent auf die Anzahlung. Der Reſt wird im
Laufe von acht Monaten bis zu einem Jahre ab-
getragen. Erfahrungsgemäß tragen 10 Prozent
der Käufer ihre Verpflichtungen ſchon vor dem
Ablauf der Zahlfriſt ab. Man kann alſo anneh-
men, daß der Kredit, der durch das Abzahlungs-
geſchäft gebunden iſt, ſich auf etwa acht Milliarden
Mark beläuft. Am meiſten wird der Abzahlungs-
kredit von den Käufern von Automobilen in An-
ſpruch genommen. Man ſchätzt, daß die Ameri-
kaner im verfloſſenen Jahre etwa 8,5 Millionen
neue und gebrauchte Automobile kauften. Die
Hälfte davon wurde auf Abzahlung angeſchafft.
Man bringt mit dem Abzahlungsſyſtem in Ame-
rika viele ſoziale Fortſchritte in Verbindung. So
ermöglicht der Ankauf von Automobilen es vielen
Leuten, die auf dem Lande wohnen und in der
Stadt ihrem Berufe nachzugehen. Zu einer ſo ge-
waltigen Ausdehnung des Abzahlungsgeſchäftes
gehören aber auch die blühenden wirtſchaftlichen
Verhältniſſe, wie ſie in Amerika beſtehen.
Reſidenztheater.
Am Sonntag, den 27. Januar
findet eine Morgenveranſtaltung mit Bläſer-
kammermuſik ſtatt. Zur Aufführung gelangen
zwei in München ſeit langer Zeit nicht mehr zu
Gehör gebrachte Bläſerwerke von Ludwig Spohr
und Richard Strauß. Mitwirkende: 15 Bläſer des
Bayeriſchen Staatstheaterorcheſters. Muſikaliſche
Leitung: Dr. Hallaſch.
Der Kölner Muſeumsſkandal
Die blamierte Stadtverwaltung * Der Oberbürgermeiſter
auf dem Beobachtungsſtand
Oberbürgermeiſter Dr. Adenauer,
Kölns Stadtgewaltiger, iſt zweifelsohne
unter den deutſchen Kommunalpolitikern die
ſtärkſte, um nicht zu ſagen genialſte Perſön-
lichkeit. Die Metropole am Rhein hat ihm
unendlich viel für ihre glänzende Entwick-
lung zu danken.
Das kann nicht hindern auszuſprechen,
daß Dr. Adenauer ſich in dem
Sittlichkeitsſkandal,
der innerhalb der ſtädtiſchen Muſeumsver-
waltung aufgedeckt wurde, und über den
wir berichteten, nicht nur in der Wahl der
Mittel arg vergriffen, ſondern auch nach der
gerichtlichen Klarſtellung der Vorgänge eine
moraliſche Niederlage von ziemlichen Aus-
maßen erlitten hat. Es iſt nicht angenehm,
einem Manne von der hohen Bedeutung
des Kölner Oberbürgermeiſters ſagen zu
müſſen, daß er in der Geſellſchaft von
Muckern und Sittlichkeitsſchnüfflern keine
beſonders glückliche Figur gemacht hat.
Was iſt geſchehen? Im Auguſt 1928 wird
durch Beamte des Muſeums der Stadtver-
waltung in einer Anzeige Kenntnis davon
gegeben, daß im Arbeitszimmer des Direk-
tors Profeſſor Dr. Sch. ſich Vorgänge abge-
ſpielt hätten, die dadurch ein beſonderes
großes Aergernis erregen mußten, daß ſie
beinahe in aller Oeffentlichkeit zu beobachten
waren. Von einer dem Muſeum gegenüber-
liegenden Wohnung hatte ein Ehepaar D.
unzählige Male beobachtet, daß Direktor
Profeſſor Dr. Sch. eine Dame in ſeinem Ar-
beitszimmer empfing, wobei es zu den
äußerſten Intimitäten
gekommen war. Dieſe Hauptzeugen be-
haupteten mit einer durch nichts zu erſchüt-
ternden Sicherheit, es habe ſich bei der be-
treffenden Dame um Fräulein Dr. M., eine
wiſſenſchaftliche Hilfsarbeiterin des Mu-
ſeums, gehandelt.
Auf Grund dieſer Bekundungen glaubte
ſich die Stadtverwaltung im Recht, ſowohl
dem Direktor wie Fräulein Dr. M. ihre
Stellungen aufzukündigen. Zu dieſem Be-
ſchluß kam die Stadtverwaltung nicht nur
auf Grund der erwähnten Zeugenausſagen
des Poſtſchaffner-Ehepaares D., nein, mehr
noch
durch eigene Beobachtungen des Ober-
bürgermeiſters ſelbſt.
Herr Dr. Adenauer hielt es, offenbar un-
ter dem Druck der katholiſchen Frauen-
organiſationen in Köln, die zwar im Kar-
neval beide Augen zudrücken, ſonſt aber
von äußerſter Empfindlichkeit im Punkte
Sittlichkeit ſind, nicht für unter ſeiner
Würde, in höchſt eigener Perſon in der Poſt-
ſchaffnerswohnung den Beobachtungsſtand
zu beziehen und höchſt intereſſiert in das
galante Direktionszimmer unbemerkt Ein-
blick zu tun. In der Tat, es war zuviel,
was ſich ſeinen Augen dort darbot, und das
ſittenſtrenge Herz des Oberbürgermeiſters
erbebte in gerechter Entrüſtung. Damit war
die Anklage gegen das verliebte Pärchen, das
das Direktionszimmer zu richtigen „Schä-
fer“-Stunden zu benutzen wagte, beſiegelt.
Leider aber hatte Herr Dr. Adenauer ver-
abſäumt, auf ſeinen Beobachtungspoſten
einen guten Feldſtecher mitzunehmen. Hätte
er dies getan, ſo wäre ihm wahrſcheinlich
nicht entgangen, daß die amouröſe Dame,
die ſich mit Profeſſor Sch. ſo ungeniert
ſchnäbelte
gar nicht das diffamierte Fräulein
Dr. M. geweſen war.
Die in ihrer weiblichen Ehre ſchwer ge-
kränkte junge Dame konnte ihrerſeits auf
Grund der friſtloſen Entlaſſung Klage beim
Arbeitsgericht erheben, und ſiehe da, die
Kölner Richter mußten ihr beſcheinigen, daß
ihre Tugend ganz zu Unrecht angezweifelt
war. Das Gericht ſtellte feſt, daß die Zeu-
gen ſich zwar nicht über die Vorgänge im
Direktorzimmer, wohl aber in dem wichtigen
Punkt, nämlich in der Perſon des weiblichen
Partners des Profeſſors Sch. grundlegend
geirrt hätten. Auch in zweiter Inſtanz, vor
dem Landesarbeitsgericht, wurde das be-
leidigte Fräulein Dr. M.
reſtlos und glänzend rehabiliert.
Noch während dieſes Verfahrens wollte
die Stadtverwaltung ihr Unrecht nicht ein-
ſehen und legte ſo großen Wert auf die Be-
laſtungszeugen, daß man dieſe ſogar in
ſtädtiſchen Automobilen zur Gerichtsver-
handlung fuhr.
Die Suppe, die der ſtädtiſche Beigeordnete
Dr. Berndorff ſeinem Schwager Adenauer
eingebrockt hatte, mußte alſo zur Neige aus-
gelöffelt werden und endete mit der ekla-
tanten Niederlage der Stadtverwaltung.
Dieſe hat jetzt in einer langatmigen Erklä-
rung ihr Verhalten zu rechtfertigen verſucht
und gleichzeitig mitgeteilt, daß Fräulein Dr.
M. mit dem Rang einer Aſſiſtentin wieder
in ſtädtiſchen Dienſten angeſtellt ſei. Die
Dame iſt alſo ſozuſagen die Treppe hinauf-
gefallen.
Man mißverſtehe uns nicht: wir ſind
durchaus nicht der Meinung, daß die Stadt-
verwaltung nicht berechtigt und verpflichtet
geweſen wäre, die peinlichen Vorgänge, die
auf Rechnung des Muſeumsdirektors, Pro-
feſſor Dr. Sch. kommen, gründlich zu unter-
ſuchen. Wir halten auch die Entlaſſung die-
ſes Beamten für gerechtfertigt und ſchlechter-
dings unumgänglich. Aber die Methoden,
mit der man einer jungen Dame von makel-
loſem Ruf und aus beſter Familie in dieſem
Falle zu Leibe ging, verdienen durchaus
gebrandmarkt zu werden
und müßten eigentlich dem Stadthaupt eine
gute Lehre ſein, nicht ſo folgſam im Fahr-
waſſer ſpießeriſcher Sittlichkeitsſchnüffler zu
ſchwimmen. Dr. Adenauer, den wir unge-
mein ſchätzen, ſollte nicht vergeſſen, welchen
Namen er aufs Spiel zu ſetzen hat. Denn
auch der glänzendſte Name verträgt mora-
liſche Niederlagen, wie die jetzt im Mu-
ſeumsſkandal erlittene, auf die Dauer nicht.
Der Polizeipräſident
regelt den Verkehr
Militäriſche Ordnung * 50prozentige Beſchleunigung des Autoverkehrs
Grower Whalen, der frühere Leiter des
ſtädtiſchen Empfangskomitees in Neuyork,
der unzählige Prominente aus aller Welt
in Bürgermeiſter Walkers Namen begrüßt
hat und ſeit kurzer Zeit Neuyorker Polizei-
präſident iſt, ſetzte am letzten Montag abend
eine
revolutionäre Verkehrsregelung
für den Broadway- und ganzen Theater-
diſtrikt in Kraft. Wo bislang ein unbe-
ſchreibliches Gedränge von Privatwagen,
Taxis, von Hunderttauſenden von Theater-
beſuchern und Spaziergängern herrſchte,
herrſcht jetzt militäriſche Ordnung. Von
hohen Verkehrstürmen herab unter Zuhilfe-
nahme von etwa tauſend Poliziſten, Berit-
tenen und Motorradſchwadronen dirigierte
Whalen in einem dicken Sweater das neue,
von ihm ausgearbeitete Verkehrsſyſtem.
Dieſes Syſtem verbietet während der
Theaterzeit jeglichen Laſtkraſtwagenverkehr,
ſowie das Wagenparken im Theaterdiſtrikt,
Auto, die in den Theaterdiſtrikt einfahren,
dürfen weder Rechts- noch Linkswendung
machen, ſondern müſſen in der eingeſchlage-
nen Richtung durchfahren. Die Fußgänger-
maſſen, die bisher unbekümmert um die
Signallichter die Straßen überfluteten, wer-
den an jeder Ecke von einem großen Poli-
ziſtenaufgebot beim roten Signal zurückge-
halten. Das Publikum nahm den neuen
Verkehrsplan gutgelaunt auf. Tauſende
ſtauten ſich auf den Bürgerſteigen,
beobachteten Wahlen und ulkten ihn an.
Photographen zückten ihre Kameras, Blitz-
lichter flammten auf; es war an dieſem
erſten Tage, als ob der Karneval in Neu-
york ſeinen Einzug gehalten hätte.
Die Schutzleute, denen höflichſtes Verhal-
ten eingeſchärft war, packten unachtſame
Fußgänger am Schlafittchen. Zwei Dutzend
Privatautos, die im Diſtrikt parkend vor-
gefunden wurden, wurden
unter Gejohle
durch Wachautos nach den Polizeirevieren
abgeſchleppt. Die Garagen innerhalb des
Diſtrikts erhöhten ihre Unterſtellgebühren
um einen halben Dollar auf drei Viertel bis
einen Dollar. Der Erfolg des erſten Tages
der neuen Regelung iſt eine 50prozentige
Beſchleunigung des Autoverkehrs, der ſich
bisher nur im Schneckentempo abwickelte.
Das Syſtem, das verſuchsweiſe für 14 Tage
angeordnet iſt, verſpricht alſo Erfolg.
Jene kleinſten, ehrlichen
Artiſten
Von Joachim Ringelnatz
Jener kleinſten, ehrlichen Artiſten
Denk ich, die kein Ruhm belohnt,
Die ihr Daſein ärmlich, fleißig friſten,
Und in denen nur die Zukunft wohnt.
In Programmen ſtehen ſie beſcheiden,
Und das Publikum bleibt ihnen ſtumm.
Dennoch geben ſie ihr Beſtes und beneiden
Größere nicht. Und wiſſen nicht, warum.
Grober Dünkel drückt ſie in die Ecken.
Ihre Grenze iſt der Rampenſchein.
Aber nachts vor kleinen Mädchen recken
Sie ſich auf in Künſtlerſchwärmerein.
Die ihr bleiben ſollt, wo wir begonnen,
Mögt ihr ruhmlos ſein und unbegabt,
Doch euch tröſtet: Uns iſt viel zerronnen
Schönes, was ihr jetzt noch in euch habt.
Ehrlichkeit iſt Kunſt und derart ſelten,
Daß es wenig Wichtigeres gibt.
Euer Schickſal wird euch reich vergelten,
Daß ihr euer Schickſal habt geliebt.
Mit beſonderer Genehmigung des Verlags
Ernſt Rowohlt Berlin, dem ſoeben erſchienenen
Gedichtbande „Allerdings“ von Joachim
Ringelnatz entnommen.
Deutſche Stunde in Bayern
Freitag, den 25. Januar 1925
6.45 Morgengymnaſtik.
11.20 Schallplattenkonzert für Verſuche und für
die Induſtrie.
12.55—13.50 Nürnberger Sendung: Mittagskon-
zert des Künſtlertrlos Philipp Wiemer.
14.45 Stunde der Frau.
16.00 Leſeſtunde.
16.30 Unterhaltungskonzert des Rundfunktrios.
17.40 Lehrerfunk der Deutſchen Stunde in Bay-
ern. Eignungsprüfungen, ihre Notwendig-
keit und ihr Umfang. Vortrag von Studien-
rat H. Keſſelring, Kaiſerslautern.
18.10 Für unſere Landwirtſchaft.
19.00 Die Entſtehung der Erde (VII). Eine Vor-
tragsreihe von Geheimrat Profeſſor Dr.
Erich Kaiſer.
19.15 Eine Viertelſtunde Deutſche Volksgeſchichte.
19.30 Zum 200. Geburtstag Gotthold Ephraim
Leſſing (geb. 22. Januar 1729). Dr. Tim
Klein: Leſſing. „Emilia Galotti“. Ein
Trauerſpiel in fünf Aufzügen von Gotthold
Ephraim Leſſing. Spielleitung Rudolf Hoch.
21.40 Konzert des Rundfunkorcheſters. Leitung
Hans A. Winter.
22.20 Abendmeldungen. Schneebericht.
22.45 Sportwochenſchau. Berichterſtatter Hans
Priehäußer.
23.00 Wichtige Funknachrichten.
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(2023-01-02T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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