Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 22. August 1914.Allgemeine Zeitung 22. August 1914. [Spaltenumbruch]
waltung, mit dessen Rechtsordnung, mit dessen Kriegsrüstungsich kein Land der Erde vergleichen kann, seit deutsche Han- dels- und Kriegsschiffe alle Ozeane befahren, seitdem ist es die Furcht des neidischen Auslandes vor der Ueberlegenheit des deutschen Wesens, was der Politik unserer Nachbarn ihren gefährlichen deutschfeindlichen Charakter gibt. Eine ewige göttliche Ordnung ist es, daß alles Große Und wofür setzen wir heute das Leben ein? Wofür eilt Und warum mußten wir noch einmal kämpfen? War Niemand vermag die ewige Tiefe des göttlichen Rat- Und doch können wir eins heute schon sagen: Haben Wer an eine göttliche Lenkung der Menschengeschicke Die Deutschen aber müßten nicht das Volk der Reforma- Und in dieser Umwandlung unseres Volkes, in dieser Eine Frage an das Gewissen der englischen Christen. Der Brief, in welchem ich eine solche Frage gestellt habe, ist München, 17. August 1914. An den Hochwürdigsten Bischof Herrn D. Dr. von Scheele Visby Schweden, Gotland. Mein Hochwürdigster und hochzuverehrender Herr Bischof! Nach einer Zeitungsnotiz, die mir leider nicht mehr zur Hand Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1914. [Spaltenumbruch]
waltung, mit deſſen Rechtsordnung, mit deſſen Kriegsrüſtungſich kein Land der Erde vergleichen kann, ſeit deutſche Han- dels- und Kriegsſchiffe alle Ozeane befahren, ſeitdem iſt es die Furcht des neidiſchen Auslandes vor der Ueberlegenheit des deutſchen Weſens, was der Politik unſerer Nachbarn ihren gefährlichen deutſchfeindlichen Charakter gibt. Eine ewige göttliche Ordnung iſt es, daß alles Große Und wofür ſetzen wir heute das Leben ein? Wofür eilt Und warum mußten wir noch einmal kämpfen? War Niemand vermag die ewige Tiefe des göttlichen Rat- Und doch können wir eins heute ſchon ſagen: Haben Wer an eine göttliche Lenkung der Menſchengeſchicke Die Deutſchen aber müßten nicht das Volk der Reforma- Und in dieſer Umwandlung unſeres Volkes, in dieſer Eine Frage an das Gewiſſen der engliſchen Chriſten. Der Brief, in welchem ich eine ſolche Frage geſtellt habe, iſt München, 17. Auguſt 1914. An den Hochwürdigſten Biſchof Herrn D. Dr. von Schéele Visby Schweden, Gotland. Mein Hochwürdigſter und hochzuverehrender Herr Biſchof! Nach einer Zeitungsnotiz, die mir leider nicht mehr zur Hand <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <p><pb facs="#f0008" n="522"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> 22. Auguſt 1914.</fw><lb/><cb/> waltung, mit deſſen Rechtsordnung, mit deſſen Kriegsrüſtung<lb/> ſich kein Land der Erde vergleichen kann, ſeit deutſche Han-<lb/> dels- und Kriegsſchiffe alle Ozeane befahren, ſeitdem iſt es<lb/> die Furcht des neidiſchen Auslandes vor der Ueberlegenheit<lb/> des deutſchen Weſens, was der Politik unſerer Nachbarn<lb/> ihren gefährlichen deutſchfeindlichen Charakter gibt.</p><lb/> <p>Eine ewige göttliche Ordnung iſt es, daß alles Große<lb/> und Bedeutende im Leben ſich nur <hi rendition="#g">im Kampfe</hi> ſtählt und<lb/> entwickelt. 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Schon ſehen unſere Feinde mit Staunen,<lb/> welche gewaltige innere Wandlung ſich in den Deutſchen in<lb/> dieſen Tagen vollzogen hat. Alles drängt bei uns heute<lb/> zur Vertiefung, zur Veredlung, zu Glauben und Religion,<lb/> zu nationaler Einheit und Geſchloſſenheit. Man kennt das<lb/> Volk nicht wieder, das noch vor wenigen Monaten ſich in<lb/> gehäſſigen Parteikämpfen zerfleiſchte, dem man den Hohn<lb/> der Maſſenaustritte aus der Kirche zu bieten wagte.</p><lb/> <p>Und in dieſer Umwandlung unſeres Volkes, in dieſer<lb/> innerlichen großen Erneuerung liegt die ſchönſte Gewähr<lb/> unſeres Sieges, unſerer nationalen Zukunft.</p><lb/> <byline> <hi rendition="#g">Wolfgang Eiſenhart.</hi> </byline> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Frage an das Gewiſſen der engliſchen<lb/> Chriſten.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <p>Der Brief, in welchem ich eine ſolche Frage geſtellt habe, iſt<lb/> ſehr verſchieden beurteilt worden; die Stimmen darüber, ſo weit<lb/> ſie mir zu Gehör gekommen ſind, bewegen ſich von „begeiſterter<lb/> Zuſtimmung“ bis zu herbem, z. 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Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1914.
waltung, mit deſſen Rechtsordnung, mit deſſen Kriegsrüſtung
ſich kein Land der Erde vergleichen kann, ſeit deutſche Han-
dels- und Kriegsſchiffe alle Ozeane befahren, ſeitdem iſt es
die Furcht des neidiſchen Auslandes vor der Ueberlegenheit
des deutſchen Weſens, was der Politik unſerer Nachbarn
ihren gefährlichen deutſchfeindlichen Charakter gibt.
Eine ewige göttliche Ordnung iſt es, daß alles Große
und Bedeutende im Leben ſich nur im Kampfe ſtählt und
entwickelt. Alles, was beſtimmt iſt, in der Entwicklung der
Menſchheitsgeſchichte eine hervorragende Rolle zu ſpielen,
das hat ſtets zuvor in einem Kampf auf Tod und Leben
ſeine Kraft erproben, ſeine innere Miſſion zu einer großen
Beſtimmung darlegen müſſen. Vor den Ruhm haben nicht
nur, wie die alten Griechen ſchon ſagten, die Götter den
Schweiß geſetzt. Nein der göttliche ewige Ratſchluß verlangt
auch die volle Hingabe der Perſon, das Einſetzen von Gut
und Blut, von Leib und Leben von jedem, der zu großen
Dingen ſich berufen fühlt. Wer für ein Ideal kämpft, dem
gilt das Wort unſeres großen Dichters, das wir einſt beim
Ausbruch des Krieges 1870 zum Thema unſeres Abiturien-
tenaufſatzes bekamen: „Und ſetzt ihr nicht das Leben ein, nie
wird euch das Leben gewonnen ſein.“
Und wofür ſetzen wir heute das Leben ein? Wofür eilt
die Jugend begeiſtert in den Kampf? Für welches Ideal
iſt das deutſche Volk bereit, Hab und Gut, ſeinen Frieden,
ſein materielles Gedeihen und ſeinen Wohlſtand zu opfern?
Für die Zukunft unſeres Vaterlandes, für
ſeine Freiheit und ſeine ihm von der göttlichen Vorſehung
unter den Völkern der Erde gewieſene weltgeſchichtliche
Miſſion. Wir kämpfen für alles, was groß und herrlich iſt
in unſerem deutſchen Vaterlande. Wir kämpfen für unſere
edle deutſche, im Chriſtentum verankerte Kultur, wir kämpfen
für den Segen und die Ehre der deutſchen Arbeit. Wir
kämpfen für den geheiligten Boden unſeres deutſchen Vater-
landes, auf dem eine tauſendjährige Geſchichte ohnegleichen
ſich entwickelte. Wir kämpfen für unſer deutſches Staats-
weſen, für dieſes herrliche Werk, das deutſcher Idealismus,
deutſche Vaterlandsliebe, deutſche kriegeriſche Kraft und deut-
ſches Heldentum vor vierundvierzig Jahren ſchufen. Wir
kämpfen um unſer deutſches Volkstum, unſere deutſche Art
und Sitte. Wir kämpfen um unſer deutſches wiedererſtan-
denes Kaiſertum, wir kämpfen für die uns teuren deutſchen
Dynaſtien. —
Und warum mußten wir noch einmal kämpfen? War
es nicht genug mit den blutigen Siegen des Jahres 1870, die
uns die deutſche Einheit, das deutſche Kaiſertum brachten?
Warum dieſe neue Saat von Blut und Tränen?
Niemand vermag die ewige Tiefe des göttlichen Rat-
ſchluſſes zu ergründen. Der Menſch, auch der größte unſeres
Geſchlechtes, ſelbſt der die Völkergeſchichte ſcheinbar lenkende
Staatsmann kann, wie Heinrich von Treitſchke einmal
ſagt, nur mit Demut den Pfaden folgen, welche die göttliche
Weltregierung der Entwicklung der Menſchheitsgeſchichte
nach einem ewigen Plane vorgezeichnet hat. Eine höhere
Hand als die ſchwache irdiſche Hand der Könige und Staats-
männer lenkt die Geſchicke der Völker und wir können nichts
tun, als uns in Demut beugen vor dem Ueberirdiſchen und
Unerklärbaren.
Und doch können wir eins heute ſchon ſagen: Haben
die deutſchen Patrioten, haben nicht alle wahren Volks-
freunde ſo oft ſchon in den letzten Jahren bange und ſorgen-
erfüllt die Frage aufgeworfen, ob nicht auch bei uns Deut-
ſchen viele Erſcheinungen ſich gezeigt haben, die unſer Volk
mit Niedergang, mit Schwinden ſeines inneren Wertes, mit
Erſchütterung ſeiner alten ſittlichen Ideale bedrohten?
Mußten wir es nicht erleben, wie die einzige wahre Quelle
aller menſchlichen Tüchtigkeit, der religiöſe Glaube, weiten
Kreiſen unſeres Volkes zu verſiegen begann? Hatten wir
nicht zu klagen über eine laxer werdende Moral, die vieles
für erlaubt hielt, was das alte Geſchlecht verabſcheut hatte?
War nicht ſtatt der ſchönen Einheit von 1870 wieder der alte
deutſche Parteigeiſt und Parteihader erwacht? Wie viele
Schichten unſeres Volkes haben zuletzt unſerem Vaterlande
ſtatt eines warmherzigen, echt deutſchen Idealismus Gleich-
gültigkeit und ſtumpfe Teilnahmsloſigkeit entgegengebracht!
Mußte man nicht mit ſchwerer Sorge fragen, wohin es mit
Deutſchland kommen würde, wenn es noch zehn oder zwanzig
Jahre ſo weiter ging, wenn der höchſte Beſitz, den ein Volk
ſein eigen nennen kann, die feſten ſittlichen Ueberzeugungen
immer mehr ins Wanken gekommen wären?
Wer an eine göttliche Lenkung der Menſchengeſchicke
glaubt, wer in den Nöten, den großen Erſchütterungen des
Völkerlebens das Walten einer überirdiſchen Macht erkennt,
die durch ſie unſer Geſchlecht zur Selbſtbeſinnung, zur
inneren Vertiefung und ſittlichen Läuterung führen will, der
wird auch in dem furchtbaren Kriege, den uns heute der
Haß des Auslandes aufdrängt, die Hand einer höheren
Macht demütig erkennen, die unſer deutſches Volk zurückreißt
von drohendem Verfall, von Glaubensloſigkeit und ſittlichem
Niedergange.
Die Deutſchen aber müßten nicht das Volk der Reforma-
tion ſein, nicht das ideale Volk der Dichter und Denker, wenn
der eherne Ruf des Krieges, wenn die bevorſtehenden furcht-
baren Opfer des Kampfes es nicht zur inneren Vertiefung
führen ſollten. Schon ſehen unſere Feinde mit Staunen,
welche gewaltige innere Wandlung ſich in den Deutſchen in
dieſen Tagen vollzogen hat. Alles drängt bei uns heute
zur Vertiefung, zur Veredlung, zu Glauben und Religion,
zu nationaler Einheit und Geſchloſſenheit. Man kennt das
Volk nicht wieder, das noch vor wenigen Monaten ſich in
gehäſſigen Parteikämpfen zerfleiſchte, dem man den Hohn
der Maſſenaustritte aus der Kirche zu bieten wagte.
Und in dieſer Umwandlung unſeres Volkes, in dieſer
innerlichen großen Erneuerung liegt die ſchönſte Gewähr
unſeres Sieges, unſerer nationalen Zukunft.
Wolfgang Eiſenhart.
Eine Frage an das Gewiſſen der engliſchen
Chriſten.
Der Brief, in welchem ich eine ſolche Frage geſtellt habe, iſt
ſehr verſchieden beurteilt worden; die Stimmen darüber, ſo weit
ſie mir zu Gehör gekommen ſind, bewegen ſich von „begeiſterter
Zuſtimmung“ bis zu herbem, z. T. ſchroff abſprechendem Tadel.
Ich habe immer wieder gewiſſenhaft geprüft, kann aber nicht finden,
daß ich Grund hätte, irgend ein Wort zurückzunehmen oder auch
nur abzuſchwächen. Doch trägt es vielleicht zur Verſtändigung bei,
wenn ich nun auch das Begleitſchreiben veröffentliche, mit welchem
ich den Brief an den Biſchof von Visby, Herrn D. Dr. v. Schéele,
geſandt habe, ſowie eine kurze Erwiderung, die ich der Augsburger
Poſtzeitung habe zugehen laſſen. Auf die Kritik der letzteren hin haben
auch gute Freunde den Kopf geſchüttelt, die nun aber beruhigt und
völlig einverſtanden ſind, ſeitdem ſie den Brief ſelber kennen.
Einer davon ſchickt den Brief an einen mit ihm befreundeten
Profeſſor der Theologie in Chriſtiania.
München, 20. Auguſt 1914.
D. Wilhelm Frhr. v. Pechmann.
München, 17. Auguſt 1914.
An den Hochwürdigſten Biſchof
Herrn D. Dr. von Schéele
Visby
Schweden, Gotland.
Mein Hochwürdigſter und hochzuverehrender Herr Biſchof!
Nach einer Zeitungsnotiz, die mir leider nicht mehr zur Hand
iſt, hat der neuernannte Erzbiſchof von Upſala Herr D. Dr. N.
Söderblom an den Erzbiſchof von Canterbury ein Schreiben
gerichtet, das die Kriegserklärung Englands an das Deutſche Reich
zum Gegenſtand hat.
Nun kenne ich zwar die Schriften des Hochwürdigſten Herrn
Erzbiſchofs, von welchem ich mir die neueſte, ſeine „Natürliche
Theologie und allgemeine Religionsgeſchichte“, gerade zurechtgelegt
hatte, als der Krieg ausbrach, der für ſolche Studien nichts mehr
übrig läßt. Aber ich habe nicht die Ehre, den Herrn Erzbiſchof
perſönlich zu kennen und ihm bekannt zu ſein. So erlaube ich mir,
Ihnen, Hochwürdigſter Herr Biſchof, einige Exemplare eines
Briefes zu ſchicken, den ich an den bisherigen engliſchen Geiſtlichen
in München Rev. Cowling geſchrieben und der Münchener
„Allgemeinen Zeitung“ auf Wunſch ihres Chefredakteurs zum Ab-
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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