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Allgemeine Zeitung, Nr. 36, 5. September 1914.

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Allgemeine Zeitung 5. September 1914.
[Spaltenumbruch] Dank "für das hilfsbereite freundliche Entgegenkommen gelegent-
lich der Einquartierung des Stabes" ausgesprochen.



Seit dem Erscheinen unserer letzten Nummer hat der Siegeslauf
unserer Armee in West und Ost keinen Augenblick eingehalten.
Eine stolze Freude muß jeden Deutschen in tiefster Seele erfüllen,
wenn er fast jeden Tag neue, in ihrer soldatischen Knappheit doch so
vielsagende offizielle Meldungen aus dem Hauptquartier liest.



Der Feind im Westen

ist auf der ganzen Linie im Zurückweichen. Der schon mehrfach
genannte Generalquartiermeister v. Stein gibt nun in zwei vom
27. und vom 31. August aus dem Großen Hauptquartier datierten
Verlautbarungen eine vielsagende Uebersicht über die erreichten
Erfolge:

Das deutsche Westheer drang neun Tage nach Beendigung
seines Aufmarsches unter fortgesetzten siegreichen Kämpfen in fran-
zösisches Gebiet ein. Von Cambrai bis zu den Südvogesen wurde
der Feind überall geschlagen und befindet sich in vollem Rückzuge.
Die Größe seiner Verluste an Gefallenen, Gefangenen und Trophäen
läßt sich bei der gewaltigen Ausdehnung der Schlachtfelder in dem
zum Teil unübersichtlichen Wald- und Gebirgsgelände noch nicht
annähernd übersehen.

Die Armee des Generalobersten v. Kluck warf die englische
Armee bei Maubeuge und griff sie heute südwestlich von
Maubeuge unter Umfassung erneut an.

Die Armeen des Generalobersten v. Bülow und des General-
obersten Freiherrn v. Hausen schlugen etwa acht Armeekorps
französischer und belgischer Truppen zwischen der Sambre, Namur
und der Maas in mehrtägigen Kämpfen vollständig und verfolgen
sie jetzt östlich von Maubeuge vorbei.

Namur fiel nach zweitägiger Beschießung. Der Angriff auf
Maubeuge ist eingeleitet.

Die Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg ver-
folgte den geschlagenen Feind über den Semois und überschritt die
Maas.

Die Armee des deutschen Kronprinzen nahm die be-
festigte Stellung des Feindes vorwärts von Longwy und wies einen
starken Angriff des aus Verdun gegen die Maas vorgehenden
Feindes ab. Longwy ist gefallen.

Die Armee des Kronprinzen von Bayern wurde bei
ihrer Verfolgung in Lothringen von neuen feindlichen Kräften aus
einer Position von Nancy und aus südlicher Richtung angegriffen.
Sie wies den Angriff zurück.

Die Armee des Generalobersten v. Heeringen setzt die Ver-
folgung in den Vogesen nach dem Süden fort. Elsaß ist vom
Feinde geräumt.



Die Armee des Generalobersten v. Kluck hat den durch
schwache französische Kräfte unternommenen Versuch eines Flanken-
angriffes in der Gegend von Combles durch ein Armeekorps
zurückgeschlagen.

Die Armee des Generalobersten v. Bülow hat eine über-
legene französische Armee bei St. Quentin vollständig geschlagen,
nachdem sie im Vormarsch bereits ein englisches Jnfanterie-Bataillon
gefangen genommen hatte.

Die Armee des Generalobersten v. Hausen hat den Gegner
auf die Aisne bei Rethel zurückgedrängt.

Die Armee des Herzogs von Württemberg hatte bei Fort-
setzung des Ueberganges über die Maas den Feind zunächst mit
Vortruppen überrannt, mußte aber beim Vorgehen stärkerer feind-
licher Kräfte teilweise wieder über die Maas zurück. Die Armee
hat dann die Maasübergänge wieder gewonnen und befindet sich
im Vorgehen gegen die Aisne. Das Fort Les Ayvelles hinter
dieser Armee ist gefallen.

Die Armee des deutschen Kronprinzen setzt den Vor-
marsch gegen und über die Maas fort. Nachdem der Kommandant
von Montmedy mit der ganzen Besatzung bei einem Ausfall
gefangen worden war, ist die Festung gefallen.

Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des
Generalobersten v. Heeringen stehen noch im fortgesetzten
Kampf in Französisch-Lothringen.



[Spaltenumbruch]

Zur Stunde, wo wir diese Chronik schließen, ist das stärkste
Sperrfort Frankreichs, Manonviller, in deutschen Besitz, Lille ge-
räumt und Paris in täglich wachsender Angst vor dem Einzuge der
Deutschen. Der französische Ministerrat unter dem Vorsitze des Prä-
sidenten hat zwar einen Aufruf der neuen Regierung an die Be-
völkerung gerichtet, der die herkömmlichen Phrasen mühsam auf-
recht erhält, aber inzwischen hat schon ein deutscher Flieger ein
paar Bomben als ersten Gruß über Paris fallen lassen, die die
wahre Sachlage den Franzosen mit einem Schlage klarer zu Gemüt
geführt haben wird, als es die längsten Proklamationen tun könnten.
Jnzwischen ist der Beweis erbracht worden, daß die Franzosen die
völkerrechtswidrigen Dum-Dum-Geschosse gebrauchen. Ein Tele-
gramm des Wolffschen Bureaus verbreitet darüber nachstehende
Mitteilung:

Jn Longwy ist eine maschinelle Einrichtung vorgefunden
worden, die dazu dient, Gewehr- und Karabinergeschosse oben ab-
zuplatten und mit einer von der Spitze ausgehenden trichterförmigen
Ausbohrung zu versehen In den Taschen französischer und engli-
scher Soldaten fand man bereits zahlreiche Dum-Dum-Ge-
schosse,
d. h. Hohl- und Bleispitzengeschosse. Durch die Entfernung
eines Teiles der aus Hartmetall bestehenden Geschoßmantelspitze
tritt beim Aufschlagen der weichere Geschoßkern nach vorne, schlägt
sich breit und verursacht besonders grausame, mit unnötigen Leiden
verbundene Verwundungen. Deutschland sieht sich genötigt, mit
allerschärfsten Maßregeln vorzugehen,
wenn diese
durch das Völkerrecht (vergl. insbesondere Artikel 23, Absatz 1 e
der Haager Landkriegsordnung) verbotenen Geschosse von unseren
Feinden noch weiter verwendet werden sollten.

Am Sedantag wird ergänzend aus dem Großen Hauptquartier
über unsere Siege gemeldet:

Die mittleren Heeresgruppen der Franzosen, etwa zehn Armee-
korps, wurden gestern zwischen Reims und Verdun von unseren
Truppen zurückgeworfen. Die Verfolgung wird fortgesetzt. Fran-
zösische Vorstöße aus Verdun wurden abgewiesen.

Se. Majestät der Kaiser befand sich während des Gefechtes
bei der Armee des Kronprinzen und verblieb die Nacht in-
mitten der Truppen.

Inzwischen hat die französische Regierung in Paris
selbst das Feld geräumt und sich nach Bordeaux begeben. Sie
sucht ihre Flucht durch ein Manifest an das Land zu decken, das von
jenen Phrasen strotzt, die wir bei ihren Verlautbarungen schon
kennen, das aber doch die Angst und Verlegenheit nicht ganz ver-
bergenen kann.



Aus Antwerpen machten vier belgische Divisionen gestern
und vorgestern einen Angriff gegen unsere Verbindungen in der
Richtung auf Brüssel. Die zur Abschließung Antwerpens zurück-
gelassenen Kräfte schlugen diese belgischen Truppen, machten viele
Gefangene und erbeuteten Geschütze. Die belgische Bevölkerung
beteiligte sich fast überall an den Kämpfen. Daher wurden strengste
Maßnahmen zur Unterdrückung des Franktireurbandenwesens an-
gewandt.

Die Sicherung der Etappenlinien mußte bisher den
Armeen überlassen bleiben. Da wir aber für den weiteren Vor-
marsch die zu diesem Zweck zurückgelassenen Kräfte notwendig in
der Front brauchen, befahl der Kaiser die Mobilmachung des
Landsturms. Der Landsturm wird zur Sicherung der Etappen-
linien und zur Besetzung Belgiens mit herangezogen. Dieses unter
deutsche Verwaltung tretende Land soll für die Heeresbedürfnisse
aller Art ausgenützt werden, um das Heimatgebiet zu entlasten.



Der Feind im Osten.

Bekanntlich waren die Russen ein ziemlich bedeutendes Stück
zwischen Gilgenburg in Ostpreußen eingedrungen. Man scheint
nicht ohne Absicht diesen Einbruch fürs Nächste auf sich beruhen ge-
lassen zu haben, denn es zeigt sich nun, daß die Russen dabei nur
in eine große Falle gegangen sind. Der heute zu meldende Sieg
unserer Truppen an der Ostgrenze ist nämlich zum größten und
umfassendsten des ganzen bisherigen Krieges geworden:

Unsere Truppen in Preußen unter Führung des General-
obersten v. Hindenburg haben die vom Narew vorgegangene
russische Armee in Stärke von fünf Armeekorps und drei Kavallerie-
Divisionen in dreitägiger Schlacht in der Gegend von Gilgendurg-
Ortelsburg geschlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

Allgemeine Zeitung 5. September 1914.
[Spaltenumbruch] Dank „für das hilfsbereite freundliche Entgegenkommen gelegent-
lich der Einquartierung des Stabes“ ausgeſprochen.



Seit dem Erſcheinen unſerer letzten Nummer hat der Siegeslauf
unſerer Armee in Weſt und Oſt keinen Augenblick eingehalten.
Eine ſtolze Freude muß jeden Deutſchen in tiefſter Seele erfüllen,
wenn er faſt jeden Tag neue, in ihrer ſoldatiſchen Knappheit doch ſo
vielſagende offizielle Meldungen aus dem Hauptquartier lieſt.



Der Feind im Weſten

iſt auf der ganzen Linie im Zurückweichen. Der ſchon mehrfach
genannte Generalquartiermeiſter v. Stein gibt nun in zwei vom
27. und vom 31. Auguſt aus dem Großen Hauptquartier datierten
Verlautbarungen eine vielſagende Ueberſicht über die erreichten
Erfolge:

Das deutſche Weſtheer drang neun Tage nach Beendigung
ſeines Aufmarſches unter fortgeſetzten ſiegreichen Kämpfen in fran-
zöſiſches Gebiet ein. Von Cambrai bis zu den Südvogeſen wurde
der Feind überall geſchlagen und befindet ſich in vollem Rückzuge.
Die Größe ſeiner Verluſte an Gefallenen, Gefangenen und Trophäen
läßt ſich bei der gewaltigen Ausdehnung der Schlachtfelder in dem
zum Teil unüberſichtlichen Wald- und Gebirgsgelände noch nicht
annähernd überſehen.

Die Armee des Generaloberſten v. Kluck warf die engliſche
Armee bei Maubeuge und griff ſie heute ſüdweſtlich von
Maubeuge unter Umfaſſung erneut an.

Die Armeen des Generaloberſten v. Bülow und des General-
oberſten Freiherrn v. Hauſen ſchlugen etwa acht Armeekorps
franzöſiſcher und belgiſcher Truppen zwiſchen der Sambre, Namur
und der Maas in mehrtägigen Kämpfen vollſtändig und verfolgen
ſie jetzt öſtlich von Maubeuge vorbei.

Namur fiel nach zweitägiger Beſchießung. Der Angriff auf
Maubeuge iſt eingeleitet.

Die Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg ver-
folgte den geſchlagenen Feind über den Semois und überſchritt die
Maas.

Die Armee des deutſchen Kronprinzen nahm die be-
feſtigte Stellung des Feindes vorwärts von Longwy und wies einen
ſtarken Angriff des aus Verdun gegen die Maas vorgehenden
Feindes ab. Longwy iſt gefallen.

Die Armee des Kronprinzen von Bayern wurde bei
ihrer Verfolgung in Lothringen von neuen feindlichen Kräften aus
einer Poſition von Nancy und aus ſüdlicher Richtung angegriffen.
Sie wies den Angriff zurück.

Die Armee des Generaloberſten v. Heeringen ſetzt die Ver-
folgung in den Vogeſen nach dem Süden fort. Elſaß iſt vom
Feinde geräumt.



Die Armee des Generaloberſten v. Kluck hat den durch
ſchwache franzöſiſche Kräfte unternommenen Verſuch eines Flanken-
angriffes in der Gegend von Combles durch ein Armeekorps
zurückgeſchlagen.

Die Armee des Generaloberſten v. Bülow hat eine über-
legene franzöſiſche Armee bei St. Quentin vollſtändig geſchlagen,
nachdem ſie im Vormarſch bereits ein engliſches Jnfanterie-Bataillon
gefangen genommen hatte.

Die Armee des Generaloberſten v. Hauſen hat den Gegner
auf die Aisne bei Réthel zurückgedrängt.

Die Armee des Herzogs von Württemberg hatte bei Fort-
ſetzung des Ueberganges über die Maas den Feind zunächſt mit
Vortruppen überrannt, mußte aber beim Vorgehen ſtärkerer feind-
licher Kräfte teilweiſe wieder über die Maas zurück. Die Armee
hat dann die Maasübergänge wieder gewonnen und befindet ſich
im Vorgehen gegen die Aisne. Das Fort Les Ayvelles hinter
dieſer Armee iſt gefallen.

Die Armee des deutſchen Kronprinzen ſetzt den Vor-
marſch gegen und über die Maas fort. Nachdem der Kommandant
von Montmedy mit der ganzen Beſatzung bei einem Ausfall
gefangen worden war, iſt die Feſtung gefallen.

Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des
Generaloberſten v. Heeringen ſtehen noch im fortgeſetzten
Kampf in Franzöſiſch-Lothringen.



[Spaltenumbruch]

Zur Stunde, wo wir dieſe Chronik ſchließen, iſt das ſtärkſte
Sperrfort Frankreichs, Manonviller, in deutſchen Beſitz, Lille ge-
räumt und Paris in täglich wachſender Angſt vor dem Einzuge der
Deutſchen. Der franzöſiſche Miniſterrat unter dem Vorſitze des Prä-
ſidenten hat zwar einen Aufruf der neuen Regierung an die Be-
völkerung gerichtet, der die herkömmlichen Phraſen mühſam auf-
recht erhält, aber inzwiſchen hat ſchon ein deutſcher Flieger ein
paar Bomben als erſten Gruß über Paris fallen laſſen, die die
wahre Sachlage den Franzoſen mit einem Schlage klarer zu Gemüt
geführt haben wird, als es die längſten Proklamationen tun könnten.
Jnzwiſchen iſt der Beweis erbracht worden, daß die Franzoſen die
völkerrechtswidrigen Dum-Dum-Geſchoſſe gebrauchen. Ein Tele-
gramm des Wolffſchen Bureaus verbreitet darüber nachſtehende
Mitteilung:

Jn Longwy iſt eine maſchinelle Einrichtung vorgefunden
worden, die dazu dient, Gewehr- und Karabinergeſchoſſe oben ab-
zuplatten und mit einer von der Spitze ausgehenden trichterförmigen
Ausbohrung zu verſehen In den Taſchen franzöſiſcher und engli-
ſcher Soldaten fand man bereits zahlreiche Dum-Dum-Ge-
ſchoſſe,
d. h. Hohl- und Bleiſpitzengeſchoſſe. Durch die Entfernung
eines Teiles der aus Hartmetall beſtehenden Geſchoßmantelſpitze
tritt beim Aufſchlagen der weichere Geſchoßkern nach vorne, ſchlägt
ſich breit und verurſacht beſonders grauſame, mit unnötigen Leiden
verbundene Verwundungen. Deutſchland ſieht ſich genötigt, mit
allerſchärfſten Maßregeln vorzugehen,
wenn dieſe
durch das Völkerrecht (vergl. insbeſondere Artikel 23, Abſatz 1 e
der Haager Landkriegsordnung) verbotenen Geſchoſſe von unſeren
Feinden noch weiter verwendet werden ſollten.

Am Sedantag wird ergänzend aus dem Großen Hauptquartier
über unſere Siege gemeldet:

Die mittleren Heeresgruppen der Franzoſen, etwa zehn Armee-
korps, wurden geſtern zwiſchen Reims und Verdun von unſeren
Truppen zurückgeworfen. Die Verfolgung wird fortgeſetzt. Fran-
zöſiſche Vorſtöße aus Verdun wurden abgewieſen.

Se. Majeſtät der Kaiſer befand ſich während des Gefechtes
bei der Armee des Kronprinzen und verblieb die Nacht in-
mitten der Truppen.

Inzwiſchen hat die franzöſiſche Regierung in Paris
ſelbſt das Feld geräumt und ſich nach Bordeaux begeben. Sie
ſucht ihre Flucht durch ein Manifeſt an das Land zu decken, das von
jenen Phraſen ſtrotzt, die wir bei ihren Verlautbarungen ſchon
kennen, das aber doch die Angſt und Verlegenheit nicht ganz ver-
bergenen kann.



Aus Antwerpen machten vier belgiſche Diviſionen geſtern
und vorgeſtern einen Angriff gegen unſere Verbindungen in der
Richtung auf Brüſſel. Die zur Abſchließung Antwerpens zurück-
gelaſſenen Kräfte ſchlugen dieſe belgiſchen Truppen, machten viele
Gefangene und erbeuteten Geſchütze. Die belgiſche Bevölkerung
beteiligte ſich faſt überall an den Kämpfen. Daher wurden ſtrengſte
Maßnahmen zur Unterdrückung des Franktireurbandenweſens an-
gewandt.

Die Sicherung der Etappenlinien mußte bisher den
Armeen überlaſſen bleiben. Da wir aber für den weiteren Vor-
marſch die zu dieſem Zweck zurückgelaſſenen Kräfte notwendig in
der Front brauchen, befahl der Kaiſer die Mobilmachung des
Landſturms. Der Landſturm wird zur Sicherung der Etappen-
linien und zur Beſetzung Belgiens mit herangezogen. Dieſes unter
deutſche Verwaltung tretende Land ſoll für die Heeresbedürfniſſe
aller Art ausgenützt werden, um das Heimatgebiet zu entlaſten.



Der Feind im Oſten.

Bekanntlich waren die Ruſſen ein ziemlich bedeutendes Stück
zwiſchen Gilgenburg in Oſtpreußen eingedrungen. Man ſcheint
nicht ohne Abſicht dieſen Einbruch fürs Nächſte auf ſich beruhen ge-
laſſen zu haben, denn es zeigt ſich nun, daß die Ruſſen dabei nur
in eine große Falle gegangen ſind. Der heute zu meldende Sieg
unſerer Truppen an der Oſtgrenze iſt nämlich zum größten und
umfaſſendſten des ganzen bisherigen Krieges geworden:

Unſere Truppen in Preußen unter Führung des General-
oberſten v. Hindenburg haben die vom Narew vorgegangene
ruſſiſche Armee in Stärke von fünf Armeekorps und drei Kavallerie-
Diviſionen in dreitägiger Schlacht in der Gegend von Gilgendurg-
Ortelsburg geſchlagen und verfolgen ſie jetzt über die Grenze.

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[540/0002] Allgemeine Zeitung 5. September 1914. Dank „für das hilfsbereite freundliche Entgegenkommen gelegent- lich der Einquartierung des Stabes“ ausgeſprochen. Seit dem Erſcheinen unſerer letzten Nummer hat der Siegeslauf unſerer Armee in Weſt und Oſt keinen Augenblick eingehalten. Eine ſtolze Freude muß jeden Deutſchen in tiefſter Seele erfüllen, wenn er faſt jeden Tag neue, in ihrer ſoldatiſchen Knappheit doch ſo vielſagende offizielle Meldungen aus dem Hauptquartier lieſt. Der Feind im Weſten iſt auf der ganzen Linie im Zurückweichen. Der ſchon mehrfach genannte Generalquartiermeiſter v. Stein gibt nun in zwei vom 27. und vom 31. Auguſt aus dem Großen Hauptquartier datierten Verlautbarungen eine vielſagende Ueberſicht über die erreichten Erfolge: Das deutſche Weſtheer drang neun Tage nach Beendigung ſeines Aufmarſches unter fortgeſetzten ſiegreichen Kämpfen in fran- zöſiſches Gebiet ein. Von Cambrai bis zu den Südvogeſen wurde der Feind überall geſchlagen und befindet ſich in vollem Rückzuge. Die Größe ſeiner Verluſte an Gefallenen, Gefangenen und Trophäen läßt ſich bei der gewaltigen Ausdehnung der Schlachtfelder in dem zum Teil unüberſichtlichen Wald- und Gebirgsgelände noch nicht annähernd überſehen. Die Armee des Generaloberſten v. Kluck warf die engliſche Armee bei Maubeuge und griff ſie heute ſüdweſtlich von Maubeuge unter Umfaſſung erneut an. Die Armeen des Generaloberſten v. Bülow und des General- oberſten Freiherrn v. Hauſen ſchlugen etwa acht Armeekorps franzöſiſcher und belgiſcher Truppen zwiſchen der Sambre, Namur und der Maas in mehrtägigen Kämpfen vollſtändig und verfolgen ſie jetzt öſtlich von Maubeuge vorbei. Namur fiel nach zweitägiger Beſchießung. Der Angriff auf Maubeuge iſt eingeleitet. Die Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg ver- folgte den geſchlagenen Feind über den Semois und überſchritt die Maas. Die Armee des deutſchen Kronprinzen nahm die be- feſtigte Stellung des Feindes vorwärts von Longwy und wies einen ſtarken Angriff des aus Verdun gegen die Maas vorgehenden Feindes ab. Longwy iſt gefallen. Die Armee des Kronprinzen von Bayern wurde bei ihrer Verfolgung in Lothringen von neuen feindlichen Kräften aus einer Poſition von Nancy und aus ſüdlicher Richtung angegriffen. Sie wies den Angriff zurück. Die Armee des Generaloberſten v. Heeringen ſetzt die Ver- folgung in den Vogeſen nach dem Süden fort. Elſaß iſt vom Feinde geräumt. Die Armee des Generaloberſten v. Kluck hat den durch ſchwache franzöſiſche Kräfte unternommenen Verſuch eines Flanken- angriffes in der Gegend von Combles durch ein Armeekorps zurückgeſchlagen. Die Armee des Generaloberſten v. Bülow hat eine über- legene franzöſiſche Armee bei St. Quentin vollſtändig geſchlagen, nachdem ſie im Vormarſch bereits ein engliſches Jnfanterie-Bataillon gefangen genommen hatte. Die Armee des Generaloberſten v. Hauſen hat den Gegner auf die Aisne bei Réthel zurückgedrängt. Die Armee des Herzogs von Württemberg hatte bei Fort- ſetzung des Ueberganges über die Maas den Feind zunächſt mit Vortruppen überrannt, mußte aber beim Vorgehen ſtärkerer feind- licher Kräfte teilweiſe wieder über die Maas zurück. Die Armee hat dann die Maasübergänge wieder gewonnen und befindet ſich im Vorgehen gegen die Aisne. Das Fort Les Ayvelles hinter dieſer Armee iſt gefallen. Die Armee des deutſchen Kronprinzen ſetzt den Vor- marſch gegen und über die Maas fort. Nachdem der Kommandant von Montmedy mit der ganzen Beſatzung bei einem Ausfall gefangen worden war, iſt die Feſtung gefallen. Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des Generaloberſten v. Heeringen ſtehen noch im fortgeſetzten Kampf in Franzöſiſch-Lothringen. Zur Stunde, wo wir dieſe Chronik ſchließen, iſt das ſtärkſte Sperrfort Frankreichs, Manonviller, in deutſchen Beſitz, Lille ge- räumt und Paris in täglich wachſender Angſt vor dem Einzuge der Deutſchen. Der franzöſiſche Miniſterrat unter dem Vorſitze des Prä- ſidenten hat zwar einen Aufruf der neuen Regierung an die Be- völkerung gerichtet, der die herkömmlichen Phraſen mühſam auf- recht erhält, aber inzwiſchen hat ſchon ein deutſcher Flieger ein paar Bomben als erſten Gruß über Paris fallen laſſen, die die wahre Sachlage den Franzoſen mit einem Schlage klarer zu Gemüt geführt haben wird, als es die längſten Proklamationen tun könnten. Jnzwiſchen iſt der Beweis erbracht worden, daß die Franzoſen die völkerrechtswidrigen Dum-Dum-Geſchoſſe gebrauchen. Ein Tele- gramm des Wolffſchen Bureaus verbreitet darüber nachſtehende Mitteilung: Jn Longwy iſt eine maſchinelle Einrichtung vorgefunden worden, die dazu dient, Gewehr- und Karabinergeſchoſſe oben ab- zuplatten und mit einer von der Spitze ausgehenden trichterförmigen Ausbohrung zu verſehen In den Taſchen franzöſiſcher und engli- ſcher Soldaten fand man bereits zahlreiche Dum-Dum-Ge- ſchoſſe, d. h. Hohl- und Bleiſpitzengeſchoſſe. Durch die Entfernung eines Teiles der aus Hartmetall beſtehenden Geſchoßmantelſpitze tritt beim Aufſchlagen der weichere Geſchoßkern nach vorne, ſchlägt ſich breit und verurſacht beſonders grauſame, mit unnötigen Leiden verbundene Verwundungen. Deutſchland ſieht ſich genötigt, mit allerſchärfſten Maßregeln vorzugehen, wenn dieſe durch das Völkerrecht (vergl. insbeſondere Artikel 23, Abſatz 1 e der Haager Landkriegsordnung) verbotenen Geſchoſſe von unſeren Feinden noch weiter verwendet werden ſollten. Am Sedantag wird ergänzend aus dem Großen Hauptquartier über unſere Siege gemeldet: Die mittleren Heeresgruppen der Franzoſen, etwa zehn Armee- korps, wurden geſtern zwiſchen Reims und Verdun von unſeren Truppen zurückgeworfen. Die Verfolgung wird fortgeſetzt. Fran- zöſiſche Vorſtöße aus Verdun wurden abgewieſen. Se. Majeſtät der Kaiſer befand ſich während des Gefechtes bei der Armee des Kronprinzen und verblieb die Nacht in- mitten der Truppen. Inzwiſchen hat die franzöſiſche Regierung in Paris ſelbſt das Feld geräumt und ſich nach Bordeaux begeben. Sie ſucht ihre Flucht durch ein Manifeſt an das Land zu decken, das von jenen Phraſen ſtrotzt, die wir bei ihren Verlautbarungen ſchon kennen, das aber doch die Angſt und Verlegenheit nicht ganz ver- bergenen kann. Aus Antwerpen machten vier belgiſche Diviſionen geſtern und vorgeſtern einen Angriff gegen unſere Verbindungen in der Richtung auf Brüſſel. Die zur Abſchließung Antwerpens zurück- gelaſſenen Kräfte ſchlugen dieſe belgiſchen Truppen, machten viele Gefangene und erbeuteten Geſchütze. Die belgiſche Bevölkerung beteiligte ſich faſt überall an den Kämpfen. Daher wurden ſtrengſte Maßnahmen zur Unterdrückung des Franktireurbandenweſens an- gewandt. Die Sicherung der Etappenlinien mußte bisher den Armeen überlaſſen bleiben. Da wir aber für den weiteren Vor- marſch die zu dieſem Zweck zurückgelaſſenen Kräfte notwendig in der Front brauchen, befahl der Kaiſer die Mobilmachung des Landſturms. Der Landſturm wird zur Sicherung der Etappen- linien und zur Beſetzung Belgiens mit herangezogen. Dieſes unter deutſche Verwaltung tretende Land ſoll für die Heeresbedürfniſſe aller Art ausgenützt werden, um das Heimatgebiet zu entlaſten. Der Feind im Oſten. Bekanntlich waren die Ruſſen ein ziemlich bedeutendes Stück zwiſchen Gilgenburg in Oſtpreußen eingedrungen. Man ſcheint nicht ohne Abſicht dieſen Einbruch fürs Nächſte auf ſich beruhen ge- laſſen zu haben, denn es zeigt ſich nun, daß die Ruſſen dabei nur in eine große Falle gegangen ſind. Der heute zu meldende Sieg unſerer Truppen an der Oſtgrenze iſt nämlich zum größten und umfaſſendſten des ganzen bisherigen Krieges geworden: Unſere Truppen in Preußen unter Führung des General- oberſten v. Hindenburg haben die vom Narew vorgegangene ruſſiſche Armee in Stärke von fünf Armeekorps und drei Kavallerie- Diviſionen in dreitägiger Schlacht in der Gegend von Gilgendurg- Ortelsburg geſchlagen und verfolgen ſie jetzt über die Grenze.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 36, 5. September 1914, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine36_1914/2>, abgerufen am 21.11.2024.