Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 6. Februar 1850.[Spaltenumbruch]
erfolgte die Auflösung des Parlaments und die gleichzeitige Octroyirung v. Müllers dritte wissenschaftliche Expedition nach # Alexandrien, 17 Jan. Centralafrika. Dr. Frhr. J. W. v. Müllers dritte Diesem zufolge sollte sie auf dem rothen Meere bis Suakin gehen, Eine neue Aera wird für die Kenntniß jener Länder und für den Ver- [irrelevantes Material] [Spaltenumbruch]
erfolgte die Auflöſung des Parlaments und die gleichzeitige Octroyirung v. Müllers dritte wiſſenſchaftliche Expedition nach # Alexandrien, 17 Jan. Centralafrika. Dr. Frhr. J. W. v. Müllers dritte Dieſem zufolge ſollte ſie auf dem rothen Meere bis Suakin gehen, Eine neue Aera wird für die Kenntniß jener Länder und für den Ver- [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <div type="jAnnouncements" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <p><pb facs="#f0014" n="590"/><cb/> erfolgte die Auflöſung des Parlaments und die gleichzeitige Octroyirung<lb/> der Verfaſſung, welche als Fundamentalſatz die Einheit der Monarchie<lb/> aufſtellte mit allen harten Conſequenzen fur die nicht erbländiſchen<lb/> Kronen. Das Verbot der Koſſuthnoten in Wien und die Giltigkeitser-<lb/> klärung für Ungarn durch den Fürſten Windiſch-Grätz folgten ebenſo<lb/> raſch, als andrerſeits die Siege Bems in Siebenbürgen, das Vorrücken<lb/> der Ungarn über die Theiß und die Abberufung des Fürſten Alfred.<lb/> Der ſonſt gefürchtete Alterego wurde jetzt öffentlich ziemlich unglimpf-<lb/> lich behandelt, und der Charakter des ungariſchen Kampfes änderte ſich<lb/> weſentlich theils durch die großartigen Siege Radetzky’s über Piemont,<lb/> theils durch die Debrecziner Unabhängigskeiterklärung. Der eiſerne<lb/> Haynau trat an die Spitze der Armee, und man war entſchloſſen den Re-<lb/> bellen nicht mehr Pardon zu geben. Neuerdings wurden die Urtheile<lb/> über den Fürſten Alfred ſehr ungeſtimmt, es fehlte ihm nicht an Ver-<lb/> theidigern aller politiſchen Farben, der conſervativen wie der liberalen.<lb/> Man billigte ſein Zögern in Peſth, lobte es ſogar als ſtaatsmänniſche<lb/> Klugheit, man wollte das Kriegsglück der Ungarn im April mehr der<lb/> in Folge der Märzverfaſſung entflammten Begeiſterung der Magyaren<lb/> zuſchreiben, als der gewährten Friſt innerhalb welcher die Revolution<lb/> in Oſten des Landes ſich erholen konnte. Man berief ſich auf Görgey,<lb/> welcher jedem Kampf ein Ende gemacht ſobald er den Einfluß der Polen<lb/> verdrängt hatte. Wäre alſo damals die Conterrevolution ausgebrochen,<lb/> ſo hätte man ſich die großen Kriegskoſten und das mißliche Bündniß mit<lb/> Rußland erſparen können. Das Verbot der Koſſuthnoten habe aber<lb/> dem Kaiſerſtaat ebenſo gut geſchadet als der Revolution. Kurz, der<lb/> Krieg ſey beendet, die Verfaſſung werde in den Rathhäuſern und von<lb/> der Kanzel verkündet, allein die Ungarn lebten nach wie vor in ihren<lb/> alten Begriffen; der ungariſche Adel, der allein Einfluß auf das Volk<lb/> beſäße, weigere ſich eine politiſche Beamtenſtelle anzunehmen, es leg-<lb/> ten im Gegentheil die Altconſervativen von Anſehen ihre Stellen nieder und<lb/> es entwickele ſich ein ſolcher bewegungsloſer Widerſtand daß das Staatsleben<lb/> vollſtändig ſtocke und Ungarn nur deßwegen noch öſterreichiſch ſey weil<lb/> öſterreichiſche Garniſonen in den Städten lägen. Sie ſehen, ich rede noch im-<lb/> mer in indirecter Weiſe. Der Schluß wäre nun mit Händen zu greifen,<lb/> Fürſt Alfred würde Miniſterpräſident, die Märzverfaſſung erlitte eine<lb/> Umarbeitung im Sinne der frühern Perſonalunionen, die Woiwodina<lb/> würde zu den Vätern verſammelt und den deutſchen Gedanken in Mün-<lb/> chen käme man ſchon auf halbem Wege entgegen. Der Rücktritt des<lb/> Einheitsminiſters wäre nur eine Sache die ſich von ſelbſt verſtände, wir<lb/> hätten dann das alte Kaiſerreich wieder mit den beiden nach Weſten und<lb/> nach Oſten gekehrten Adlerköpfen, und der Märzgedanke hätte ein ähn-<lb/> liches Schickſal gehabt wie die Plane des Kaiſers Joſeph, der in edler<lb/> Hitze raſch durchſetzen wollte was ſeine vorſichtige Mutter durch zarte<lb/> Bande verſucht hatte, mit ſanften ſeidenen Fäden die anfangs ſchmei-<lb/> chelnd, dann veroppelt und verzehntfacht, nach und nach zu unentrinnbaren<lb/> Feſſeln geworden wären. Um es mit wenigen Worten ſcharf auszudrü-<lb/> cken: ein Miniſterium Windiſch-Grätz wäre die gänzliche Vernichtung<lb/> des ſtaatsrechtlichen Neubaues in Oeſterreich und die Pyramidalſorm<lb/> der Märzverfaſſung würde zu einer anziehenden hiſtoriſchen Erſcheinung,<lb/> worüber wir und unſre Nachkommen eine Fülle gelehrter Abhandlungen<lb/> zu leſen bekämen. Es läßt ſich nicht läugnen daß ſeit einiger Zeit<lb/> Fürſt Alfred wieder für die Welt und namentlich die Zeitungsſchreiber<lb/> zu leben beginnt. Im vorigen Sommer ließ er nur aus den böhmiſchen<lb/> Bädern über ſeine Liebenswürdigkeit berichten, ſpäter gab die Heirath<lb/> ſeines Sohnes mit einer mecklenburgiſchen Prinzeſſin verſchiedenen Stoff,<lb/> und kürzlich wird dem Fürſten ein filberner Lorberkranz von loyalen<lb/> Pragern übergeben. Es heißt jetzt daß Fürſt Windiſch-Grätz einen be-<lb/> deutenden Poſten bei Hof zu bekleiden auserſehen ſey, und man muß<lb/> darin eine Milderung des allgemeinen Urtheils über die ungariſchen<lb/><cb/> Vorgänge ſehen. Daß der Fürſt einmal in Wien nicht ohne perſönlichen<lb/> Einfluß auf die Politik bleiben würde, verſteht ſich beſſer wenn man an<lb/> ſeine hohe Stellung als an ſeine Schwägerſchaft mit unſerm jetzigen Ca-<lb/> binetspräfidenten denkt, deſſen Perſönlichkeit fremden Einfluß auf eigne<lb/> Entſchlüſſe fern zu halten weiß. Dieß alles haben nun die Altconſerva-<lb/> tiven gewußt, und daraus jene Combinationen erſonnen wie ich ſie hier<lb/> geſchildert, und darum war auch jenes Gerücht eine weitere Erörterung<lb/> werth, weil wir im Hintergrund die Wünſche und Plane einer kleinen<lb/> aber ſehr mächtigen Partei erkennen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jCulturalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">v. Müllers dritte wiſſenſchaftliche Expedition nach<lb/> Centralafrika.</hi> </head><lb/> <dateline># <hi rendition="#b">Alexandrien,</hi> 17 Jan.</dateline> <p><hi rendition="#aq">Dr.</hi> Frhr. J. W. v. Müllers dritte<lb/> wiſſenſchaftliche Expedition nach Centralafrika hat hier unter dem Chef<lb/> Alfred Brehm Sohn des bekannten Ornithologen in Renthendorf, ſeit<lb/> vielen Monaten großartige, auf mehrere Jahre berechnete Vorbereitungen<lb/> gemacht, und iſt am 10 d. unter öſterreichiſcher Flagge von hier nach Ober-<lb/> ägypten abgeſegelt, nachdem ſich die neuen Mitglieder, der wackere<lb/><hi rendition="#aq">Dr. med.</hi> Vierthaler aus Köthen und der Chemiker Oskar Brehm, mit<lb/> ihr vereinigt hatten. An dem See Möris wird ſie ſammeln, bis die in<lb/> kurzem erwarteten nachträglichen Weiſungen des Eigenthümers angelangt<lb/> ſeyn werden. Der Umſtand nämlich daß Frhr. v. Müller von der öſter-<lb/> reichiſchen Regierung zum k. k. Conſul für Centrafrika ernannt worden<lb/> iſt, dürfte einige Modificationen in dem früher der Expedition vorgezeich-<lb/> neten Reiſeplane veranlaſſen.</p><lb/> <p>Dieſem zufolge ſollte ſie auf dem rothen Meere bis Suakin gehen,<lb/> um von da den nördlichen Theil von Abyſfinien zu erforſchen, und von<lb/> dort, ſtets in weſtlicher Richtung fortſchreitend, an den blauen Fluß zu<lb/> gelangen, deſſen Lauf die Reiſenden bis Chartum verfolgen ſollten. In<lb/> Chartum ſollen die zur Beſchiffung des weißen Fluſſes geeigneten Barken<lb/> conſtruirt werden. Im nächſten Frühling würde der Baron v. Müller<lb/> auf dem Nil ſelbſt dorthin reiſen und ſich an die Spitze ſeiner Expedition<lb/> ſtellen, deren Hauptzweck es iſt die Nilquellen, reſp. die des weißen Fluſſes,<lb/> aufzuſuchen. Die auf ſeiner Reiſe nach Centralafrika in den Jahren 1847 und<lb/> 1848 mit vielſachen Opfern errungenen Erfahrungen und die jetzige vorzüg-<lb/> liche Ausrüſtung feiner Expedition dienen dieſem eifrigen Naturforſcher als<lb/> Bürgen für Erreichung deſſen was ſo viele ſeiner Vorgänger vergeblich<lb/> ſuchten; gewiß darf ſich die Wiſſenſchaft glücklich ſchätzen in dieſem Mann<lb/> einen ebenſo unermüdlichen als talentvollen Jünger zu beſitzen. In ſeiner<lb/> neuen Stellung als k. k. öſterreichiſcher Conſul wird es ihm um ſo leichter<lb/> werden noch manches reine Goldkörnlein aus den geheimnißvollen Schachten<lb/> Centralafrika's zu Tage zu förden; und die gebildete Welt wird der öſter-<lb/> reichiſchen Regierung Dank wiſſen daß ſie vor allen andern europäiſchen<lb/> Potenzen den <hi rendition="#g">erſten</hi> Conſul in Centralafrika, <hi rendition="#g">doppelten</hi> Dank daß ſie<lb/> ihn in der Perſon des Frhrn. v. 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erfolgte die Auflöſung des Parlaments und die gleichzeitige Octroyirung
der Verfaſſung, welche als Fundamentalſatz die Einheit der Monarchie
aufſtellte mit allen harten Conſequenzen fur die nicht erbländiſchen
Kronen. Das Verbot der Koſſuthnoten in Wien und die Giltigkeitser-
klärung für Ungarn durch den Fürſten Windiſch-Grätz folgten ebenſo
raſch, als andrerſeits die Siege Bems in Siebenbürgen, das Vorrücken
der Ungarn über die Theiß und die Abberufung des Fürſten Alfred.
Der ſonſt gefürchtete Alterego wurde jetzt öffentlich ziemlich unglimpf-
lich behandelt, und der Charakter des ungariſchen Kampfes änderte ſich
weſentlich theils durch die großartigen Siege Radetzky’s über Piemont,
theils durch die Debrecziner Unabhängigskeiterklärung. Der eiſerne
Haynau trat an die Spitze der Armee, und man war entſchloſſen den Re-
bellen nicht mehr Pardon zu geben. Neuerdings wurden die Urtheile
über den Fürſten Alfred ſehr ungeſtimmt, es fehlte ihm nicht an Ver-
theidigern aller politiſchen Farben, der conſervativen wie der liberalen.
Man billigte ſein Zögern in Peſth, lobte es ſogar als ſtaatsmänniſche
Klugheit, man wollte das Kriegsglück der Ungarn im April mehr der
in Folge der Märzverfaſſung entflammten Begeiſterung der Magyaren
zuſchreiben, als der gewährten Friſt innerhalb welcher die Revolution
in Oſten des Landes ſich erholen konnte. Man berief ſich auf Görgey,
welcher jedem Kampf ein Ende gemacht ſobald er den Einfluß der Polen
verdrängt hatte. Wäre alſo damals die Conterrevolution ausgebrochen,
ſo hätte man ſich die großen Kriegskoſten und das mißliche Bündniß mit
Rußland erſparen können. Das Verbot der Koſſuthnoten habe aber
dem Kaiſerſtaat ebenſo gut geſchadet als der Revolution. Kurz, der
Krieg ſey beendet, die Verfaſſung werde in den Rathhäuſern und von
der Kanzel verkündet, allein die Ungarn lebten nach wie vor in ihren
alten Begriffen; der ungariſche Adel, der allein Einfluß auf das Volk
beſäße, weigere ſich eine politiſche Beamtenſtelle anzunehmen, es leg-
ten im Gegentheil die Altconſervativen von Anſehen ihre Stellen nieder und
es entwickele ſich ein ſolcher bewegungsloſer Widerſtand daß das Staatsleben
vollſtändig ſtocke und Ungarn nur deßwegen noch öſterreichiſch ſey weil
öſterreichiſche Garniſonen in den Städten lägen. Sie ſehen, ich rede noch im-
mer in indirecter Weiſe. Der Schluß wäre nun mit Händen zu greifen,
Fürſt Alfred würde Miniſterpräſident, die Märzverfaſſung erlitte eine
Umarbeitung im Sinne der frühern Perſonalunionen, die Woiwodina
würde zu den Vätern verſammelt und den deutſchen Gedanken in Mün-
chen käme man ſchon auf halbem Wege entgegen. Der Rücktritt des
Einheitsminiſters wäre nur eine Sache die ſich von ſelbſt verſtände, wir
hätten dann das alte Kaiſerreich wieder mit den beiden nach Weſten und
nach Oſten gekehrten Adlerköpfen, und der Märzgedanke hätte ein ähn-
liches Schickſal gehabt wie die Plane des Kaiſers Joſeph, der in edler
Hitze raſch durchſetzen wollte was ſeine vorſichtige Mutter durch zarte
Bande verſucht hatte, mit ſanften ſeidenen Fäden die anfangs ſchmei-
chelnd, dann veroppelt und verzehntfacht, nach und nach zu unentrinnbaren
Feſſeln geworden wären. Um es mit wenigen Worten ſcharf auszudrü-
cken: ein Miniſterium Windiſch-Grätz wäre die gänzliche Vernichtung
des ſtaatsrechtlichen Neubaues in Oeſterreich und die Pyramidalſorm
der Märzverfaſſung würde zu einer anziehenden hiſtoriſchen Erſcheinung,
worüber wir und unſre Nachkommen eine Fülle gelehrter Abhandlungen
zu leſen bekämen. Es läßt ſich nicht läugnen daß ſeit einiger Zeit
Fürſt Alfred wieder für die Welt und namentlich die Zeitungsſchreiber
zu leben beginnt. Im vorigen Sommer ließ er nur aus den böhmiſchen
Bädern über ſeine Liebenswürdigkeit berichten, ſpäter gab die Heirath
ſeines Sohnes mit einer mecklenburgiſchen Prinzeſſin verſchiedenen Stoff,
und kürzlich wird dem Fürſten ein filberner Lorberkranz von loyalen
Pragern übergeben. Es heißt jetzt daß Fürſt Windiſch-Grätz einen be-
deutenden Poſten bei Hof zu bekleiden auserſehen ſey, und man muß
darin eine Milderung des allgemeinen Urtheils über die ungariſchen
Vorgänge ſehen. Daß der Fürſt einmal in Wien nicht ohne perſönlichen
Einfluß auf die Politik bleiben würde, verſteht ſich beſſer wenn man an
ſeine hohe Stellung als an ſeine Schwägerſchaft mit unſerm jetzigen Ca-
binetspräfidenten denkt, deſſen Perſönlichkeit fremden Einfluß auf eigne
Entſchlüſſe fern zu halten weiß. Dieß alles haben nun die Altconſerva-
tiven gewußt, und daraus jene Combinationen erſonnen wie ich ſie hier
geſchildert, und darum war auch jenes Gerücht eine weitere Erörterung
werth, weil wir im Hintergrund die Wünſche und Plane einer kleinen
aber ſehr mächtigen Partei erkennen.
v. Müllers dritte wiſſenſchaftliche Expedition nach
Centralafrika.
# Alexandrien, 17 Jan. Dr. Frhr. J. W. v. Müllers dritte
wiſſenſchaftliche Expedition nach Centralafrika hat hier unter dem Chef
Alfred Brehm Sohn des bekannten Ornithologen in Renthendorf, ſeit
vielen Monaten großartige, auf mehrere Jahre berechnete Vorbereitungen
gemacht, und iſt am 10 d. unter öſterreichiſcher Flagge von hier nach Ober-
ägypten abgeſegelt, nachdem ſich die neuen Mitglieder, der wackere
Dr. med. Vierthaler aus Köthen und der Chemiker Oskar Brehm, mit
ihr vereinigt hatten. An dem See Möris wird ſie ſammeln, bis die in
kurzem erwarteten nachträglichen Weiſungen des Eigenthümers angelangt
ſeyn werden. Der Umſtand nämlich daß Frhr. v. Müller von der öſter-
reichiſchen Regierung zum k. k. Conſul für Centrafrika ernannt worden
iſt, dürfte einige Modificationen in dem früher der Expedition vorgezeich-
neten Reiſeplane veranlaſſen.
Dieſem zufolge ſollte ſie auf dem rothen Meere bis Suakin gehen,
um von da den nördlichen Theil von Abyſfinien zu erforſchen, und von
dort, ſtets in weſtlicher Richtung fortſchreitend, an den blauen Fluß zu
gelangen, deſſen Lauf die Reiſenden bis Chartum verfolgen ſollten. In
Chartum ſollen die zur Beſchiffung des weißen Fluſſes geeigneten Barken
conſtruirt werden. Im nächſten Frühling würde der Baron v. Müller
auf dem Nil ſelbſt dorthin reiſen und ſich an die Spitze ſeiner Expedition
ſtellen, deren Hauptzweck es iſt die Nilquellen, reſp. die des weißen Fluſſes,
aufzuſuchen. Die auf ſeiner Reiſe nach Centralafrika in den Jahren 1847 und
1848 mit vielſachen Opfern errungenen Erfahrungen und die jetzige vorzüg-
liche Ausrüſtung feiner Expedition dienen dieſem eifrigen Naturforſcher als
Bürgen für Erreichung deſſen was ſo viele ſeiner Vorgänger vergeblich
ſuchten; gewiß darf ſich die Wiſſenſchaft glücklich ſchätzen in dieſem Mann
einen ebenſo unermüdlichen als talentvollen Jünger zu beſitzen. In ſeiner
neuen Stellung als k. k. öſterreichiſcher Conſul wird es ihm um ſo leichter
werden noch manches reine Goldkörnlein aus den geheimnißvollen Schachten
Centralafrika's zu Tage zu förden; und die gebildete Welt wird der öſter-
reichiſchen Regierung Dank wiſſen daß ſie vor allen andern europäiſchen
Potenzen den erſten Conſul in Centralafrika, doppelten Dank daß ſie
ihn in der Perſon des Frhrn. v. Müller ernannt hat.
Eine neue Aera wird für die Kenntniß jener Länder und für den Ver-
kehr mit ihnen anbrechen wenn einmal eine Colonie gebildeter Männer ſich
dort niedergelaſſen, wie dieß unter den Auſpicien des neu errichteten
Conſulats der Fall ſeyn wird. Was wir bis jetzt über Centralafrika
wiſſen, iſt mehr oder weniger Stückwerk; der Verkehr mit Europa iſt —
den Handel mit Elephantenzähnen, Gummi ꝛc. abgerechnet — gleich Null.
Die berühmteſten unſerer vaterländiſchen Reiſenden, wie Hofrath Ruß-
egger, Dr. Rüppell, denen wir ſo umfaſſende Aufſchlüſſe über jene Län-
der verdanken, hielten ſich zu kurze Zeit daſelbſt auf um einen praktiſchen
Einfluß auf die Geſittung jener Länder, auf Hervorruſung von commer-
ciellen Verbindungen ꝛc. erlangen zu können; außerdem war dieß nicht
der Zweck dieſer Herren. Ihr Verdienſt bleibt darum nicht weniger groß.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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