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Allgemeine Zeitung, Nr. 43, 24. Oktober 1914.

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Seite 618. Allgemeine Zeitung 24. Oktober 1914.


[Spaltenumbruch] stücke, welche die Norddeutsche Allgemeine Zeitung in diesen
Tagen veröffentlicht hat, als einen schlagenden Beweis für
die heimtückischen Vorbereitungen, die unsere Feinde von lan-
ger Hand her getroffen haben. Die eigentlichen Verfasser
der Berichte werden nirgends genannt. Es ist aber unschwer
zu ersehen, daß es unsere Botschafter in Paris, London und
Petersburg sind. Aus diesen Aktenstücken ist nun deutlich zu
erkennen, daß sich England und Frankreich schon seit 1912 auf
die gegenseitige militärische Hilfeleistung festgelegt hatten, und
daß England und Rußland seit dem Frühjahr 1914 in Unter-
handlung über den Abschluß eines Marineabkommens stan-
den. Wenn diese Enthüllungen für uns eine freundliche Seite
haben können, so ist es diese, daß sie beweisen, daß unsere
diplomatischen Vertreter in Paris, London und Petersburg
doch nicht so ahnungslos gewesen sind, als man beim plötz-
lichen Ausbruch des Krieges annehmen mußte. Liest man
diese Dokumente und die fast täglich in den Tagesblättern
veröffentlichten Berichte über die Greuel der Kriegführung
bei unseren Feinden, die weder das Genfer Kreuz noch irgend
ein Völkerrecht respektieren, so kann man nur von ganzem
Herzen sich dem Wunsche unseres prächtigen Generalobersten
von Hindenburg anschließen, der neulich eine Feldpostkarte
mit den lapidaren Worten geschlossen hat: "Der Krieg
dauert hoffentlich so lange, bis alles sich
nach unserem Willen fügt.
"

Der Feind im Westen.

Die Einnahme von Antwerpen hat uns nebenher
eine reiche Kriegsbeute zugeführt. Brügge wurde am 14.,
Ostende am 15. Oktober von unseren Truppen besetzt.

Auch in Brügge und Ostende wurde reichlich Kriegsmaterial
erbeutet: eine große Anzahl Infanteriegewehre mit Munition und
200 gebrauchsfähige Lokomotiven.

"Nieuwe van den Dag" meldet aus Sas van Gent vom
19. Oktober: In Blankenberghe befanden sich 3000 belgische
Soldaten und 2000 Mann Bürgerwehr. Als die Deutschen ein-
trafen, wurden sie völlig überrascht, bevor sie flüchten
konnten.

20. Oktober:

Die deutschen von Ostende längs der Küste vorgehenden
Truppen stießen am Ypernabschnitt bei Nieuport auf feindliche
Kräfte, mit diesen stehen sie seit vorgestern im Gefecht.

Auch gestern wurden Angriffe des Gegners westlich Lille
unter starken Verlusten für den Angreifer abgewiesen.

21. Oktober:

Am Yserkanal stehen unsere Truppen noch in heftigem
Kampfe. Der Feind unterstützte seine Artillerie vom Meere nord-
westlich Nieuport aus. Ein englisches Torpedoboot
wurde dabei von unserer Artillerie kampfunfähig gemacht.

Die Kämpfe westlich von Lille dauern an. Unsere Truppen
gingen auch dort zur Offensive über und warfen den Feind
an mehreren Stellen zurück. Es wurden etwa 2000 Engländer
zu Gefangenen gemacht und mehrere Maschinengewehre erbeutet.

Ueber die Stimmung in Amsterdam

erhielt die Kölnische Zeitung eine Zuschrift von dort, die wie oben
bemerkt, zu der bisherigen Anschauung in einem scharfen und
nicht eben erfreulichen Gegensatz steht. Mit Weglassung der per-
sönlichen Eingangszeilen lautet die Zuschrift:

Die Stimmung ist überhaupt wenig deutschfreundlich. Wie kann
es auch anders sein! An deutschen illustrierten Zeitungen sieht
man höchstens von Zeit zu Zeit die Woche und die Meggendorfer-
Blätter in den Schaufenstern der Buchhandlungen und zwar nicht
offen, sondern geschlossen. Die holländischen illustrierten Blätter
und die englische Graphic-Sketch, die französische Illustration prangt
dagegen aufgeschlagen in allen Fenstern. Die Dumdum-Geschosse,
die in deutschen Zeitungen abgebildet waren, findet man auch hier
gedruckt, aber mit der Unterschrift: Deutsche Dumdum-
Geschosse,
hergestellt in der Geschoßfabrik Obersdorf. Heute
morgen sah ich ein Bild, welches drei Reihen kniender Zivilisten
darstellt, auf deren Schultern deutsche Infanteristen ihre Gewehre
gelegt hatten, um auf den Feind zu zielen und so durch die
Zivilisten Deckung zu erhalten. Darunter stand: "Und für solche
Taten fleht der Kaiser Gottes Segen an."
[Spaltenumbruch] Das englische Generalkonsulat gibt fast jeden Tag ein offizielles
Bulletin aus, die Engländer verteilen diese Mitteilungen auf der
Straße in Tausenden von Exemplaren. Am Rembrandtplatz (dem
Zentrum des Fremdenverkehrs), der durch ein Eisengitter umfriedigt
ist, werden sie auf die Gitterspitzen gespießt: da kann sich denn
jeder, der vorbeigeht, eine solche "Mededeeling" mit nach Hause
nehmen. Und was geschieht von deutscher Seite? In den acht
Tagen, die ich nun hier bin, habe ich eine einzige deutsche
Konsulatsmitteilung gesehen, die an einer einzigen Stelle
ausgehängt war.
Sie baten mich, Ihren Kunden ... einmal zu besuchen, das
habe ich getan. Der Mann empfing mich ziemlich mürrisch, dann
aber taute er allmählich etwas auf. Ich benützte dann die Ge-
legenheit einer politischen und Kriegs-Konversation, ihm ein
Privatissimum über Geschichte zu halten, und fragte ihn, ob er
nicht wisse, daß seine Freunde, die Engländer, die Vorherrschaft
Hollands zur See zerstört und den Holländern drei Viertel ihrer
Kolonien gemaust hätten, daß die lieben Franzosen 1832 durch
Unterstützung der Belgier und Eroberung Antwerpens die Tren-
nung Belgiens von Holland zu Werke gebracht hätten -- usw., daß
in Paris auf der Place Clichy ein Siegesdenkmal stehe, welches
den Fall Antwerpens 1832 und den Sieg der Franzosen über seine
Landsleute (die Holländer) verherrliche -- usw. Da gingen dem
Manne die Augen auf, er bot mir eine Zigarre und meinte: "Wenn
das wahr wäre, dann müßten doch eigentlich die Engländer Hiebe
haben und die Franzosen erst recht!" Ich gewinne immer mehr und
mehr die Ueberzeugung, daß von deutscher Seite zu wenig für die
Aufklärung im Auslande getan worden ist, ein Versäumnis, welches
jetzt böse Früchte zeitigt, aber hoffentlich eine andere Taktik für die
Zukunft erstehen läßt.

In Frankreich selbst dauern die Kämpfe fort, ohne bis jetzt
zu einer Entscheidung geführt zu haben. Unter dem 17. d. M.
meldet die Kölnische Zeitung aus Zürich: Die vorgeschobenen
Stellungen der Franzosen östlich von Belfort wurden schon
Dienstag mit schweren deutschen Mörsern angegriffen. Die deut-
schen Truppen gewannen schrittweise an Boden.

Der französische Bericht vom selben Tage lautet: Auf unserer
linken Linie dauert ein heftiger Kampf an. In Ypern halten wir
aus. An gewissen Stellen gewannen wir Boden und besetzten
namentlich Lavantie östlich von Estraires in der Richtung von
Lille. Von den übrigen Fronten ist kein nennenswerter Zwischen-
fall zu melden außer einem fruchtlosen Angriff der Deutschen im
Gebiete von Malancourt, nordwestlich von Verdun.

Am 19. Oktober aber meldet das Wolffsche Bureau aus dem
Großen Hauptquartier:

Angriffsversuche des Feindes in der Gegend westlich und
nordwestlich von Lille wurden von unseren Truppen unter
starken Verlusten für den Gegner abgewiesen.

Sämtliche Angriffe der Franzosen in der Gegend nordwestlich
von Reims wurden abgewiesen.

Die Franzosen melden in ihren amtlichen Bekanntmachungen,
daß sie an verschiedenen Stellen der Front, z. B. bei Berry an Bac,
nordwestlich von Reims, merkliche Fortschritt gemacht hätten. Diese
Meldungen entsprechen in keiner Weise den Tatsachen.

Eine Denkschrift der deutschen Regierung.

Die fortwährende Verletzung der Genferkonvention durch
französische Truppen und Freischärler hat die deutsche Regierung
veranlaßt, einen kräftigen Protest an die französische Regierung,
sowie an jene der neutralen Mächte ergehen zu lassen, und zwar
in dem amtlichen Teil des Reichsanzeigers. Die Denkschrift ist
so ausführlich, daß wir vom Abdruck des ganzen Wortlautes leider
absehen müssen, insbesondere von dem der acht Beilagen. Der
entscheidende Haupttext aber hat nachstehenden Wortlaut:

Die kaiserliche Regierung ließ nachstehende Denkschrift über
die Verletzung der Genfer Konvention vom 6. Juli 1906 durch
französische Truppen und Freischärler, worin gegen deren völker-
rechtswidriges Verhalten scharfer Protest erhoben wird, der fran-
zösischen Regierung, sowie den Regierungen der neutralen Mächte
zugehen.
In dem gegenwärtigen Kriege haben französische Truppen und
Freischärler die zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und
Kranken bei im Felde stehenden Heeren getroffenen Bestimmungen

Seite 618. Allgemeine Zeitung 24. Oktober 1914.


[Spaltenumbruch] ſtücke, welche die Norddeutſche Allgemeine Zeitung in dieſen
Tagen veröffentlicht hat, als einen ſchlagenden Beweis für
die heimtückiſchen Vorbereitungen, die unſere Feinde von lan-
ger Hand her getroffen haben. Die eigentlichen Verfaſſer
der Berichte werden nirgends genannt. Es iſt aber unſchwer
zu erſehen, daß es unſere Botſchafter in Paris, London und
Petersburg ſind. Aus dieſen Aktenſtücken iſt nun deutlich zu
erkennen, daß ſich England und Frankreich ſchon ſeit 1912 auf
die gegenſeitige militäriſche Hilfeleiſtung feſtgelegt hatten, und
daß England und Rußland ſeit dem Frühjahr 1914 in Unter-
handlung über den Abſchluß eines Marineabkommens ſtan-
den. Wenn dieſe Enthüllungen für uns eine freundliche Seite
haben können, ſo iſt es dieſe, daß ſie beweiſen, daß unſere
diplomatiſchen Vertreter in Paris, London und Petersburg
doch nicht ſo ahnungslos geweſen ſind, als man beim plötz-
lichen Ausbruch des Krieges annehmen mußte. Lieſt man
dieſe Dokumente und die faſt täglich in den Tagesblättern
veröffentlichten Berichte über die Greuel der Kriegführung
bei unſeren Feinden, die weder das Genfer Kreuz noch irgend
ein Völkerrecht reſpektieren, ſo kann man nur von ganzem
Herzen ſich dem Wunſche unſeres prächtigen Generaloberſten
von Hindenburg anſchließen, der neulich eine Feldpoſtkarte
mit den lapidaren Worten geſchloſſen hat: „Der Krieg
dauert hoffentlich ſo lange, bis alles ſich
nach unſerem Willen fügt.

Der Feind im Weſten.

Die Einnahme von Antwerpen hat uns nebenher
eine reiche Kriegsbeute zugeführt. Brügge wurde am 14.,
Oſtende am 15. Oktober von unſeren Truppen beſetzt.

Auch in Brügge und Oſtende wurde reichlich Kriegsmaterial
erbeutet: eine große Anzahl Infanteriegewehre mit Munition und
200 gebrauchsfähige Lokomotiven.

„Nieuwe van den Dag“ meldet aus Sas van Gent vom
19. Oktober: In Blankenberghe befanden ſich 3000 belgiſche
Soldaten und 2000 Mann Bürgerwehr. Als die Deutſchen ein-
trafen, wurden ſie völlig überraſcht, bevor ſie flüchten
konnten.

20. Oktober:

Die deutſchen von Oſtende längs der Küſte vorgehenden
Truppen ſtießen am Ypernabſchnitt bei Nieuport auf feindliche
Kräfte, mit dieſen ſtehen ſie ſeit vorgeſtern im Gefecht.

Auch geſtern wurden Angriffe des Gegners weſtlich Lille
unter ſtarken Verluſten für den Angreifer abgewieſen.

21. Oktober:

Am Yſerkanal ſtehen unſere Truppen noch in heftigem
Kampfe. Der Feind unterſtützte ſeine Artillerie vom Meere nord-
weſtlich Nieuport aus. Ein engliſches Torpedoboot
wurde dabei von unſerer Artillerie kampfunfähig gemacht.

Die Kämpfe weſtlich von Lille dauern an. Unſere Truppen
gingen auch dort zur Offenſive über und warfen den Feind
an mehreren Stellen zurück. Es wurden etwa 2000 Engländer
zu Gefangenen gemacht und mehrere Maſchinengewehre erbeutet.

Ueber die Stimmung in Amſterdam

erhielt die Kölniſche Zeitung eine Zuſchrift von dort, die wie oben
bemerkt, zu der bisherigen Anſchauung in einem ſcharfen und
nicht eben erfreulichen Gegenſatz ſteht. Mit Weglaſſung der per-
ſönlichen Eingangszeilen lautet die Zuſchrift:

Die Stimmung iſt überhaupt wenig deutſchfreundlich. Wie kann
es auch anders ſein! An deutſchen illuſtrierten Zeitungen ſieht
man höchſtens von Zeit zu Zeit die Woche und die Meggendorfer-
Blätter in den Schaufenſtern der Buchhandlungen und zwar nicht
offen, ſondern geſchloſſen. Die holländiſchen illuſtrierten Blätter
und die engliſche Graphic-Sketch, die franzöſiſche Illuſtration prangt
dagegen aufgeſchlagen in allen Fenſtern. Die Dumdum-Geſchoſſe,
die in deutſchen Zeitungen abgebildet waren, findet man auch hier
gedruckt, aber mit der Unterſchrift: Deutſche Dumdum-
Geſchoſſe,
hergeſtellt in der Geſchoßfabrik Obersdorf. Heute
morgen ſah ich ein Bild, welches drei Reihen kniender Ziviliſten
darſtellt, auf deren Schultern deutſche Infanteriſten ihre Gewehre
gelegt hatten, um auf den Feind zu zielen und ſo durch die
Ziviliſten Deckung zu erhalten. Darunter ſtand: „Und für ſolche
Taten fleht der Kaiſer Gottes Segen an.“
[Spaltenumbruch] Das engliſche Generalkonſulat gibt faſt jeden Tag ein offizielles
Bulletin aus, die Engländer verteilen dieſe Mitteilungen auf der
Straße in Tauſenden von Exemplaren. Am Rembrandtplatz (dem
Zentrum des Fremdenverkehrs), der durch ein Eiſengitter umfriedigt
iſt, werden ſie auf die Gitterſpitzen geſpießt: da kann ſich denn
jeder, der vorbeigeht, eine ſolche „Mededeeling“ mit nach Hauſe
nehmen. Und was geſchieht von deutſcher Seite? In den acht
Tagen, die ich nun hier bin, habe ich eine einzige deutſche
Konſulatsmitteilung geſehen, die an einer einzigen Stelle
ausgehängt war.
Sie baten mich, Ihren Kunden ... einmal zu beſuchen, das
habe ich getan. Der Mann empfing mich ziemlich mürriſch, dann
aber taute er allmählich etwas auf. Ich benützte dann die Ge-
legenheit einer politiſchen und Kriegs-Konverſation, ihm ein
Privatiſſimum über Geſchichte zu halten, und fragte ihn, ob er
nicht wiſſe, daß ſeine Freunde, die Engländer, die Vorherrſchaft
Hollands zur See zerſtört und den Holländern drei Viertel ihrer
Kolonien gemauſt hätten, daß die lieben Franzoſen 1832 durch
Unterſtützung der Belgier und Eroberung Antwerpens die Tren-
nung Belgiens von Holland zu Werke gebracht hätten — uſw., daß
in Paris auf der Place Clichy ein Siegesdenkmal ſtehe, welches
den Fall Antwerpens 1832 und den Sieg der Franzoſen über ſeine
Landsleute (die Holländer) verherrliche — uſw. Da gingen dem
Manne die Augen auf, er bot mir eine Zigarre und meinte: „Wenn
das wahr wäre, dann müßten doch eigentlich die Engländer Hiebe
haben und die Franzoſen erſt recht!“ Ich gewinne immer mehr und
mehr die Ueberzeugung, daß von deutſcher Seite zu wenig für die
Aufklärung im Auslande getan worden iſt, ein Verſäumnis, welches
jetzt böſe Früchte zeitigt, aber hoffentlich eine andere Taktik für die
Zukunft erſtehen läßt.

In Frankreich ſelbſt dauern die Kämpfe fort, ohne bis jetzt
zu einer Entſcheidung geführt zu haben. Unter dem 17. d. M.
meldet die Kölniſche Zeitung aus Zürich: Die vorgeſchobenen
Stellungen der Franzoſen öſtlich von Belfort wurden ſchon
Dienstag mit ſchweren deutſchen Mörſern angegriffen. Die deut-
ſchen Truppen gewannen ſchrittweiſe an Boden.

Der franzöſiſche Bericht vom ſelben Tage lautet: Auf unſerer
linken Linie dauert ein heftiger Kampf an. In Ypern halten wir
aus. An gewiſſen Stellen gewannen wir Boden und beſetzten
namentlich Lavantie öſtlich von Eſtraires in der Richtung von
Lille. Von den übrigen Fronten iſt kein nennenswerter Zwiſchen-
fall zu melden außer einem fruchtloſen Angriff der Deutſchen im
Gebiete von Malancourt, nordweſtlich von Verdun.

Am 19. Oktober aber meldet das Wolffſche Bureau aus dem
Großen Hauptquartier:

Angriffsverſuche des Feindes in der Gegend weſtlich und
nordweſtlich von Lille wurden von unſeren Truppen unter
ſtarken Verluſten für den Gegner abgewieſen.

Sämtliche Angriffe der Franzoſen in der Gegend nordweſtlich
von Reims wurden abgewieſen.

Die Franzoſen melden in ihren amtlichen Bekanntmachungen,
daß ſie an verſchiedenen Stellen der Front, z. B. bei Berry an Bac,
nordweſtlich von Reims, merkliche Fortſchritt gemacht hätten. Dieſe
Meldungen entſprechen in keiner Weiſe den Tatſachen.

Eine Denkſchrift der deutſchen Regierung.

Die fortwährende Verletzung der Genferkonvention durch
franzöſiſche Truppen und Freiſchärler hat die deutſche Regierung
veranlaßt, einen kräftigen Proteſt an die franzöſiſche Regierung,
ſowie an jene der neutralen Mächte ergehen zu laſſen, und zwar
in dem amtlichen Teil des Reichsanzeigers. Die Denkſchrift iſt
ſo ausführlich, daß wir vom Abdruck des ganzen Wortlautes leider
abſehen müſſen, insbeſondere von dem der acht Beilagen. Der
entſcheidende Haupttext aber hat nachſtehenden Wortlaut:

Die kaiſerliche Regierung ließ nachſtehende Denkſchrift über
die Verletzung der Genfer Konvention vom 6. Juli 1906 durch
franzöſiſche Truppen und Freiſchärler, worin gegen deren völker-
rechtswidriges Verhalten ſcharfer Proteſt erhoben wird, der fran-
zöſiſchen Regierung, ſowie den Regierungen der neutralen Mächte
zugehen.
In dem gegenwärtigen Kriege haben franzöſiſche Truppen und
Freiſchärler die zur Verbeſſerung des Loſes der Verwundeten und
Kranken bei im Felde ſtehenden Heeren getroffenen Beſtimmungen
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[618/0002] Seite 618. Allgemeine Zeitung 24. Oktober 1914. ſtücke, welche die Norddeutſche Allgemeine Zeitung in dieſen Tagen veröffentlicht hat, als einen ſchlagenden Beweis für die heimtückiſchen Vorbereitungen, die unſere Feinde von lan- ger Hand her getroffen haben. Die eigentlichen Verfaſſer der Berichte werden nirgends genannt. Es iſt aber unſchwer zu erſehen, daß es unſere Botſchafter in Paris, London und Petersburg ſind. Aus dieſen Aktenſtücken iſt nun deutlich zu erkennen, daß ſich England und Frankreich ſchon ſeit 1912 auf die gegenſeitige militäriſche Hilfeleiſtung feſtgelegt hatten, und daß England und Rußland ſeit dem Frühjahr 1914 in Unter- handlung über den Abſchluß eines Marineabkommens ſtan- den. Wenn dieſe Enthüllungen für uns eine freundliche Seite haben können, ſo iſt es dieſe, daß ſie beweiſen, daß unſere diplomatiſchen Vertreter in Paris, London und Petersburg doch nicht ſo ahnungslos geweſen ſind, als man beim plötz- lichen Ausbruch des Krieges annehmen mußte. Lieſt man dieſe Dokumente und die faſt täglich in den Tagesblättern veröffentlichten Berichte über die Greuel der Kriegführung bei unſeren Feinden, die weder das Genfer Kreuz noch irgend ein Völkerrecht reſpektieren, ſo kann man nur von ganzem Herzen ſich dem Wunſche unſeres prächtigen Generaloberſten von Hindenburg anſchließen, der neulich eine Feldpoſtkarte mit den lapidaren Worten geſchloſſen hat: „Der Krieg dauert hoffentlich ſo lange, bis alles ſich nach unſerem Willen fügt.“ Der Feind im Weſten. Die Einnahme von Antwerpen hat uns nebenher eine reiche Kriegsbeute zugeführt. Brügge wurde am 14., Oſtende am 15. Oktober von unſeren Truppen beſetzt. Auch in Brügge und Oſtende wurde reichlich Kriegsmaterial erbeutet: eine große Anzahl Infanteriegewehre mit Munition und 200 gebrauchsfähige Lokomotiven. „Nieuwe van den Dag“ meldet aus Sas van Gent vom 19. Oktober: In Blankenberghe befanden ſich 3000 belgiſche Soldaten und 2000 Mann Bürgerwehr. Als die Deutſchen ein- trafen, wurden ſie völlig überraſcht, bevor ſie flüchten konnten. 20. Oktober: Die deutſchen von Oſtende längs der Küſte vorgehenden Truppen ſtießen am Ypernabſchnitt bei Nieuport auf feindliche Kräfte, mit dieſen ſtehen ſie ſeit vorgeſtern im Gefecht. Auch geſtern wurden Angriffe des Gegners weſtlich Lille unter ſtarken Verluſten für den Angreifer abgewieſen. 21. Oktober: Am Yſerkanal ſtehen unſere Truppen noch in heftigem Kampfe. Der Feind unterſtützte ſeine Artillerie vom Meere nord- weſtlich Nieuport aus. Ein engliſches Torpedoboot wurde dabei von unſerer Artillerie kampfunfähig gemacht. Die Kämpfe weſtlich von Lille dauern an. Unſere Truppen gingen auch dort zur Offenſive über und warfen den Feind an mehreren Stellen zurück. Es wurden etwa 2000 Engländer zu Gefangenen gemacht und mehrere Maſchinengewehre erbeutet. Ueber die Stimmung in Amſterdam erhielt die Kölniſche Zeitung eine Zuſchrift von dort, die wie oben bemerkt, zu der bisherigen Anſchauung in einem ſcharfen und nicht eben erfreulichen Gegenſatz ſteht. Mit Weglaſſung der per- ſönlichen Eingangszeilen lautet die Zuſchrift: Die Stimmung iſt überhaupt wenig deutſchfreundlich. Wie kann es auch anders ſein! An deutſchen illuſtrierten Zeitungen ſieht man höchſtens von Zeit zu Zeit die Woche und die Meggendorfer- Blätter in den Schaufenſtern der Buchhandlungen und zwar nicht offen, ſondern geſchloſſen. Die holländiſchen illuſtrierten Blätter und die engliſche Graphic-Sketch, die franzöſiſche Illuſtration prangt dagegen aufgeſchlagen in allen Fenſtern. Die Dumdum-Geſchoſſe, die in deutſchen Zeitungen abgebildet waren, findet man auch hier gedruckt, aber mit der Unterſchrift: Deutſche Dumdum- Geſchoſſe, hergeſtellt in der Geſchoßfabrik Obersdorf. Heute morgen ſah ich ein Bild, welches drei Reihen kniender Ziviliſten darſtellt, auf deren Schultern deutſche Infanteriſten ihre Gewehre gelegt hatten, um auf den Feind zu zielen und ſo durch die Ziviliſten Deckung zu erhalten. Darunter ſtand: „Und für ſolche Taten fleht der Kaiſer Gottes Segen an.“ Das engliſche Generalkonſulat gibt faſt jeden Tag ein offizielles Bulletin aus, die Engländer verteilen dieſe Mitteilungen auf der Straße in Tauſenden von Exemplaren. Am Rembrandtplatz (dem Zentrum des Fremdenverkehrs), der durch ein Eiſengitter umfriedigt iſt, werden ſie auf die Gitterſpitzen geſpießt: da kann ſich denn jeder, der vorbeigeht, eine ſolche „Mededeeling“ mit nach Hauſe nehmen. Und was geſchieht von deutſcher Seite? In den acht Tagen, die ich nun hier bin, habe ich eine einzige deutſche Konſulatsmitteilung geſehen, die an einer einzigen Stelle ausgehängt war. Sie baten mich, Ihren Kunden ... einmal zu beſuchen, das habe ich getan. Der Mann empfing mich ziemlich mürriſch, dann aber taute er allmählich etwas auf. Ich benützte dann die Ge- legenheit einer politiſchen und Kriegs-Konverſation, ihm ein Privatiſſimum über Geſchichte zu halten, und fragte ihn, ob er nicht wiſſe, daß ſeine Freunde, die Engländer, die Vorherrſchaft Hollands zur See zerſtört und den Holländern drei Viertel ihrer Kolonien gemauſt hätten, daß die lieben Franzoſen 1832 durch Unterſtützung der Belgier und Eroberung Antwerpens die Tren- nung Belgiens von Holland zu Werke gebracht hätten — uſw., daß in Paris auf der Place Clichy ein Siegesdenkmal ſtehe, welches den Fall Antwerpens 1832 und den Sieg der Franzoſen über ſeine Landsleute (die Holländer) verherrliche — uſw. Da gingen dem Manne die Augen auf, er bot mir eine Zigarre und meinte: „Wenn das wahr wäre, dann müßten doch eigentlich die Engländer Hiebe haben und die Franzoſen erſt recht!“ Ich gewinne immer mehr und mehr die Ueberzeugung, daß von deutſcher Seite zu wenig für die Aufklärung im Auslande getan worden iſt, ein Verſäumnis, welches jetzt böſe Früchte zeitigt, aber hoffentlich eine andere Taktik für die Zukunft erſtehen läßt. In Frankreich ſelbſt dauern die Kämpfe fort, ohne bis jetzt zu einer Entſcheidung geführt zu haben. Unter dem 17. d. M. meldet die Kölniſche Zeitung aus Zürich: Die vorgeſchobenen Stellungen der Franzoſen öſtlich von Belfort wurden ſchon Dienstag mit ſchweren deutſchen Mörſern angegriffen. Die deut- ſchen Truppen gewannen ſchrittweiſe an Boden. Der franzöſiſche Bericht vom ſelben Tage lautet: Auf unſerer linken Linie dauert ein heftiger Kampf an. In Ypern halten wir aus. An gewiſſen Stellen gewannen wir Boden und beſetzten namentlich Lavantie öſtlich von Eſtraires in der Richtung von Lille. Von den übrigen Fronten iſt kein nennenswerter Zwiſchen- fall zu melden außer einem fruchtloſen Angriff der Deutſchen im Gebiete von Malancourt, nordweſtlich von Verdun. Am 19. Oktober aber meldet das Wolffſche Bureau aus dem Großen Hauptquartier: Angriffsverſuche des Feindes in der Gegend weſtlich und nordweſtlich von Lille wurden von unſeren Truppen unter ſtarken Verluſten für den Gegner abgewieſen. Sämtliche Angriffe der Franzoſen in der Gegend nordweſtlich von Reims wurden abgewieſen. Die Franzoſen melden in ihren amtlichen Bekanntmachungen, daß ſie an verſchiedenen Stellen der Front, z. B. bei Berry an Bac, nordweſtlich von Reims, merkliche Fortſchritt gemacht hätten. Dieſe Meldungen entſprechen in keiner Weiſe den Tatſachen. Eine Denkſchrift der deutſchen Regierung. Die fortwährende Verletzung der Genferkonvention durch franzöſiſche Truppen und Freiſchärler hat die deutſche Regierung veranlaßt, einen kräftigen Proteſt an die franzöſiſche Regierung, ſowie an jene der neutralen Mächte ergehen zu laſſen, und zwar in dem amtlichen Teil des Reichsanzeigers. Die Denkſchrift iſt ſo ausführlich, daß wir vom Abdruck des ganzen Wortlautes leider abſehen müſſen, insbeſondere von dem der acht Beilagen. Der entſcheidende Haupttext aber hat nachſtehenden Wortlaut: Die kaiſerliche Regierung ließ nachſtehende Denkſchrift über die Verletzung der Genfer Konvention vom 6. Juli 1906 durch franzöſiſche Truppen und Freiſchärler, worin gegen deren völker- rechtswidriges Verhalten ſcharfer Proteſt erhoben wird, der fran- zöſiſchen Regierung, ſowie den Regierungen der neutralen Mächte zugehen. In dem gegenwärtigen Kriege haben franzöſiſche Truppen und Freiſchärler die zur Verbeſſerung des Loſes der Verwundeten und Kranken bei im Felde ſtehenden Heeren getroffenen Beſtimmungen

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 43, 24. Oktober 1914, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine43_1914/2>, abgerufen am 23.11.2024.