Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 7. November 1914.Allgemeine Zeitung 7. November 1914. [Spaltenumbruch]
Hierzu schreibt die Frankfurter Zeitung: Die Japaner kün- Amtlich wird bekanntgegeben, daß ein indisches Truppen- Das Wolffsche Bureau läßt sich unterm 3. November aus Der "Daily Telegraph" meldet aus Peking vom 30. Okto- Leider hat auch unsere Marine wieder einen Verlust zu be- S. M. großer Kreuzer "York" ist am 4. November vormittags Die letzten Nachrichten. Vom westlichen Kriegsschauplatz. 5. November: Gestern unternahmen Belgier, unterstützt von Engländern und England. 5. November: Die "Deutsche Tageszeitung" meldet aus Genf: Der neue Dieser Tagesbefehl ist sehr charakteristisch, nicht nur für den Ueber den Ton in der Presse finden wir in dem angesehenen österreichischen Militärblatt "In welchem Tone wird von der serbischen Nicht minder widerwärtig ist der Ton, den unsere Presse Der Orient in Flammen. Bis zur Stunde, da dieses geschrieben wird, liegen zwar Kriegs- Die Ententepresse tischt ihren Lesern die Mär auf, die Hohe Allgemeine Zeitung 7. November 1914. [Spaltenumbruch]
Hierzu ſchreibt die Frankfurter Zeitung: Die Japaner kün- Amtlich wird bekanntgegeben, daß ein indiſches Truppen- Das Wolffſche Bureau läßt ſich unterm 3. November aus Der „Daily Telegraph“ meldet aus Peking vom 30. Okto- Leider hat auch unſere Marine wieder einen Verluſt zu be- S. M. großer Kreuzer „York“ iſt am 4. November vormittags Die letzten Nachrichten. Vom weſtlichen Kriegsſchauplatz. 5. November: Geſtern unternahmen Belgier, unterſtützt von Engländern und England. 5. November: Die „Deutſche Tageszeitung“ meldet aus Genf: Der neue Dieſer Tagesbefehl iſt ſehr charakteriſtiſch, nicht nur für den Ueber den Ton in der Preſſe finden wir in dem angeſehenen öſterreichiſchen Militärblatt „In welchem Tone wird von der ſerbiſchen Nicht minder widerwärtig iſt der Ton, den unſere Preſſe Der Orient in Flammen. 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Schon ſeit Wochen ſind die Serben<lb/> demoraliſiert, die ſerbiſche Artillerie meutert, Serbien hat keine<lb/> Nahrungsmittel und keine Munition, ſerbiſche Mannſchaften ſchätzen<lb/> ſich glücklich, wenn ſie in unſere Gefangenſchaft fallen, im Innern<lb/> herrſcht Revolution. Und während unſere Blätter alſo phanta-<lb/> ſieren, ſtehen ſoundſoviele Korps Tag und Nacht in heißem Kampf<lb/> den ſerbiſchen Linien gegenüber, ringen wir heldenmütig mit<lb/> einem Gegner, der an Schneid und unerbittlicher Energie kaum<lb/> zu überbieten iſt, fließen Ströme von edelſtem Blut um jeden<lb/> Fußbreit Landes. Aehnlich iſt der Ton, in dem von den Belgiern<lb/><cb/> geſprochen wird. Die Belgier ſind überhaupt nur Freibeuter,<lb/> und weil ſie ihre Neutralität nicht preisgeben wollten oder aber<lb/> weil ſie ſich aus politiſchen Gründen auf die Seite der Franzoſen<lb/> und Engländer geſchlagen hatten, ſind ſie Schurken. Man kann<lb/> aber niemand zur Liebe zwingen, und es iſt das gute Recht der<lb/> Belgier geweſen, ſich ebenſogut nach rechts wie nach links zu<lb/> ſchlagen. Als Soldaten aber müſſen wir anerkennen, daß ſich die<lb/> Belgier trotz dem notoriſch unmilitäriſchen Charakter des Landes<lb/> verhältnismäßig ſehr gut geſchlagen haben. Wir müſſen ſie ſogar<lb/> rühmen, daß ſie ihren Pflichten gegenüber Frankreich und Eng-<lb/> land noch in einem Augenblick treu blieben, da ſie die eigene Sache<lb/> bereits unweigerlich als verloren erkennen mußten.</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>Nicht minder widerwärtig iſt der Ton, den unſere Preſſe<lb/> gegenüber den Ruſſen anſchlägt. Die „moskowitiſchen Horden“<lb/> ſind in Wirklichkeit Armeen braver, tüchtiger Soldaten, die der<lb/> Ueberzeugung ſind, daß die Sache des Zars heilig und gerecht ſei.<lb/> Wir natürlich ſind der Ueberzeugung, daß die Sache des Zars<lb/> weder gerecht noch heilig iſt und wir tragen heute unſere Haut<lb/> im Dienſte dieſer Ueberzeugung zu Markte. Wir beſchimpfen des-<lb/> wegen aber nicht die uns gegenüberſtehenden gewaltigen Heere,<lb/> wir geſtehen ſogar, daß dieſe Armeen gut geführt, trefflich aus-<lb/> gerüſtet, vorzüglich bewaffnet ſind; wir merken gar nichts von<lb/> den angeblichen Diebſtählen der Generäle. Im einzelnen wurde<lb/> das Rote Kreuz mißachtet; man hört von gelegentlichen Plün-<lb/> derungen — in der Mehrheit aber haben wir einen ehrlichen und<lb/> ritterlichen Gegner vor uns.“</quote> </cit> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Orient in Flammen.</hi> </head><lb/> <p>Bis zur Stunde, da dieſes geſchrieben wird, liegen zwar Kriegs-<lb/> erklärungen zwiſchen der Türkei und den Mächten des Ententerings<lb/> nicht vor. Aber die allſeitige Räumung der Botſchaften der be-<lb/> teiligten Regierungen und der Beginn der Seekämpfe ſowohl im<lb/> Schwarzen Meer wie im Mittelmeer laſſen es nicht zweifelhaft er-<lb/> ſcheinen, daß der Tag der großen Entſcheidung gekommen iſt: da<lb/> der „Weltkrieg“, der bislang in Wirklichkeit doch nur ein Ringen<lb/> der europäiſchen Völker war, im eigentlichen Sinne des Wortes zu<lb/> einem Zuſammenprall aller Mächte der Erde mit einziger vor-<lb/> läufiger Ausnahme der Nationen der Neuen Welt wird, da in den<lb/> blutigen Strom der Kämpfe des Weſtens die gewaltige Flut der<lb/> militäriſchen, politiſchen und moraliſchen Kräfte des Orients ſich<lb/> ergießt, um eine Brandung von unabſehbarer Kriſen- und Kata-<lb/> ſtrophenſtärke zu erzeugen, da all’ die verwickelten Probleme des<lb/> Oſtens, die ſeit Jahrhunderten eine drückende Sorgenlaſt Europas<lb/> geweſen ſind und für die auch die letzte greuelvolle Balkantragödie<lb/> nur eine Scheinlöſung hat finden können, vor das Weltgericht in<lb/> letzter urteilkündenden Inſtanz gebracht werden. Es hat nicht nur<lb/> ein neuer Abſchnitt im Krieg des Dreiverbands und ſeiner Schild-<lb/> genoſſen gegen die deutſchen Mächte begonnen, es bahnt ſich viel-<lb/> mehr eine ſäkulare politiſche Götterdämmerung an, welche die Schick-<lb/> ſale aller europäiſchen und aſiatiſchen Länder und Völker zuſam-<lb/> menſchweißt und das Nahen einer neuen Zeit der Weltgeſchichte<lb/> mit durchaus veränderten Machtgeſetzen ankündet.</p><lb/> <p>Die Ententepreſſe tiſcht ihren Leſern die Mär auf, die Hohe<lb/> Pforte handle, indem ſie Rußland den Fehdehandſchuh hingeworfen,<lb/> als Werkzeug Deutſchlands und bezeuge durch dieſe ihren Unter-<lb/> gang beſiegelnde Vermeſſenheit und Torheit, daß ſie alle politiſche<lb/> Selbſtändigkeit dank ihrer Verbrüderung mit Berlin verloren habe.<lb/> Auch das iſt nur ein neuer Aufguß auf den Trichter der vielen<lb/> Geſchichtsklitterungen und -fälſchungen, durch welche man in Lon-<lb/> don, Paris, Petersburg das wahre Weſen des kriegeriſchen Ant-<lb/> litzes der Gegenwart zu verdunkeln ſucht. Wohl hat Habsburg<lb/> als deutſche Vormacht ſeit der Schlacht von Mohacz Jahrhunderte<lb/> lang dem Andrang des Osmanentums heldenmütigen und nach<lb/> wechſelnden Erfolgen ſchließlich durchſchlagenden Widerſtand ge-<lb/> leiſtet, indeſſen nur ſo lange, als die Türken in ihrem damaligen<lb/> Eroberungsdrang und als Triariertruppe des Islam die chriſtliche<lb/> Kultur in Europa gefährdeten. Dann aber, als dieſe Drohung<lb/> abgewendet war, verſtand es Rußland, die Früchte des deutſchen<lb/> Heldenkampfes für ſich einzuheimſen und bediente ſich dazu eines<lb/> doppelten Mittels: des verlogenen Schlagworts von der geſchicht-<lb/> lichen Sendung, die das zariſche Reich als Beſchützer und Befreier<lb/> der ſüdſlawiſchen Völker auf dem Balkan zu erfüllen habe, und des<lb/> Syſtems, die im Schutz des Halbmonds lebenden chriſtlichen Völker<lb/> im Namen der moskowitiſchen Zäſaropapie gegen Konſtantinopel<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [650/0006]
Allgemeine Zeitung 7. November 1914.
Hierzu ſchreibt die Frankfurter Zeitung: Die Japaner kün-
digten bereits vor längerer Zeit an, daß ſie am Namenstage des
Mikado, am 31. Oktober, dem Herrſcher als Ehrengeſchenk die
eroberte Feſtung Tſingtau darbieten wollten. Dieſer Wunſch war
wohl auch der leitende Gedanke bei der Herausgabe des vorliegen-
den Telegramms, das Havas zu verbreiten ſich natürlich eilfertig
bemühte; doch iſt es offenbar unrichtig.
Amtlich wird bekanntgegeben, daß ein indiſches Truppen-
kontingent ſich mit den engliſchen und japaniſchen Streit-
kräften vor Tſingtau vereinigt hat.
Das Wolffſche Bureau läßt ſich unterm 3. November aus
London melden:
Der „Daily Telegraph“ meldet aus Peking vom 30. Okto-
ber: Chineſiſche Preſſemeldungen aus Schantung berichten,
daß das deutſche Artilleriefeuer planmäßig alle vorgeſchobenen
japaniſchen Verſchanzungen vernichtet hat und damit jeden Angriff
auf unbeſtimmte Zeit hinausſchiebt. Das geſamte Glacis hinter
Tſingtau iſt mit Minen überſät, die elektriſch geleitet werden.
Leider hat auch unſere Marine wieder einen Verluſt zu be-
klagen. Das Wolffſche Bureau verbreitet unter dem 4. November
nachſtehende lakoniſche Meldung des ſtellvertretenden Chefs des
Generalſtabs Behncke:
S. M. großer Kreuzer „York“ iſt am 4. November vormittags
in der Jade auf eine Hafen-Minenſperre geraten und geſunken.
Nach bisherigen Angaben ſind 382 Mann, d. i. mehr als die Hälfte
der Beſatzung, gerettet. Die Rettungsarbeiten wurden durch den
dicken Nebel erſchwert.
Die letzten Nachrichten.
Vom weſtlichen Kriegsſchauplatz.
5. November:
Geſtern unternahmen Belgier, unterſtützt von Engländern und
Franzoſen, einen heftigen Ausfall über Nieuport zwiſchen
dem Meere und dem Ueberſchwemmungsgebiet. Sie wurden
mühelos abgewieſen. — Bei Ypern und ſüdweſtlich Lille ſo-
wie ſüdlich Berry-au Bac, in den Argonnen und in den
Vogeſen ſchritten unſere Angriffe vorwärts.
England.
5. November:
Die „Deutſche Tageszeitung“ meldet aus Genf: Der neue
Admiral der engliſchen Flotte, Lord Fiſher, erließ an ſeine
Untergebenen drei Befehle als Richtſchnur ihres Handelns. Seine
Leitſätze ſind folgende: „Aeußerſte Kraftanſtrengung und brutalſte
Energie ſind Grundbedingungen jedes Krieges. Mäßigung und
menſchliche Rückſichtnahme iſt unverzeihliche Dummheit und
Schwäche. Schlagt endlich los, ſchlagt als erſte los und ſchlagt
auf das kräftigſte überall los!“
Dieſer Tagesbefehl iſt ſehr charakteriſtiſch, nicht nur für den
Verfaſſer, ſondern auch für den engliſchen Charakter. Selbſt in
einer geſchlagenen deutſchen Marine wäre er einfach unmöglich.
Es muß alſo ſchon ſchlimm ſtehen um die öffentliche Meinung in
England über die bisherigen Leiſtungen der engliſchen Flotte,
wenn ſo rohe Mittel zur Hebung des Vertrauens nötig ſind.
Ueber den Ton in der Preſſe
finden wir in dem angeſehenen öſterreichiſchen Militärblatt
„Danzers Armeezeitung“ u. a. nachſtehende Betrachtung, die gewiß
der Beachtung würdig iſt:
„In welchem Tone wird von der ſerbiſchen
Armee geſprochen! Schon ſeit Wochen ſind die Serben
demoraliſiert, die ſerbiſche Artillerie meutert, Serbien hat keine
Nahrungsmittel und keine Munition, ſerbiſche Mannſchaften ſchätzen
ſich glücklich, wenn ſie in unſere Gefangenſchaft fallen, im Innern
herrſcht Revolution. Und während unſere Blätter alſo phanta-
ſieren, ſtehen ſoundſoviele Korps Tag und Nacht in heißem Kampf
den ſerbiſchen Linien gegenüber, ringen wir heldenmütig mit
einem Gegner, der an Schneid und unerbittlicher Energie kaum
zu überbieten iſt, fließen Ströme von edelſtem Blut um jeden
Fußbreit Landes. Aehnlich iſt der Ton, in dem von den Belgiern
geſprochen wird. Die Belgier ſind überhaupt nur Freibeuter,
und weil ſie ihre Neutralität nicht preisgeben wollten oder aber
weil ſie ſich aus politiſchen Gründen auf die Seite der Franzoſen
und Engländer geſchlagen hatten, ſind ſie Schurken. Man kann
aber niemand zur Liebe zwingen, und es iſt das gute Recht der
Belgier geweſen, ſich ebenſogut nach rechts wie nach links zu
ſchlagen. Als Soldaten aber müſſen wir anerkennen, daß ſich die
Belgier trotz dem notoriſch unmilitäriſchen Charakter des Landes
verhältnismäßig ſehr gut geſchlagen haben. Wir müſſen ſie ſogar
rühmen, daß ſie ihren Pflichten gegenüber Frankreich und Eng-
land noch in einem Augenblick treu blieben, da ſie die eigene Sache
bereits unweigerlich als verloren erkennen mußten.
Nicht minder widerwärtig iſt der Ton, den unſere Preſſe
gegenüber den Ruſſen anſchlägt. Die „moskowitiſchen Horden“
ſind in Wirklichkeit Armeen braver, tüchtiger Soldaten, die der
Ueberzeugung ſind, daß die Sache des Zars heilig und gerecht ſei.
Wir natürlich ſind der Ueberzeugung, daß die Sache des Zars
weder gerecht noch heilig iſt und wir tragen heute unſere Haut
im Dienſte dieſer Ueberzeugung zu Markte. Wir beſchimpfen des-
wegen aber nicht die uns gegenüberſtehenden gewaltigen Heere,
wir geſtehen ſogar, daß dieſe Armeen gut geführt, trefflich aus-
gerüſtet, vorzüglich bewaffnet ſind; wir merken gar nichts von
den angeblichen Diebſtählen der Generäle. Im einzelnen wurde
das Rote Kreuz mißachtet; man hört von gelegentlichen Plün-
derungen — in der Mehrheit aber haben wir einen ehrlichen und
ritterlichen Gegner vor uns.“
Der Orient in Flammen.
Bis zur Stunde, da dieſes geſchrieben wird, liegen zwar Kriegs-
erklärungen zwiſchen der Türkei und den Mächten des Ententerings
nicht vor. Aber die allſeitige Räumung der Botſchaften der be-
teiligten Regierungen und der Beginn der Seekämpfe ſowohl im
Schwarzen Meer wie im Mittelmeer laſſen es nicht zweifelhaft er-
ſcheinen, daß der Tag der großen Entſcheidung gekommen iſt: da
der „Weltkrieg“, der bislang in Wirklichkeit doch nur ein Ringen
der europäiſchen Völker war, im eigentlichen Sinne des Wortes zu
einem Zuſammenprall aller Mächte der Erde mit einziger vor-
läufiger Ausnahme der Nationen der Neuen Welt wird, da in den
blutigen Strom der Kämpfe des Weſtens die gewaltige Flut der
militäriſchen, politiſchen und moraliſchen Kräfte des Orients ſich
ergießt, um eine Brandung von unabſehbarer Kriſen- und Kata-
ſtrophenſtärke zu erzeugen, da all’ die verwickelten Probleme des
Oſtens, die ſeit Jahrhunderten eine drückende Sorgenlaſt Europas
geweſen ſind und für die auch die letzte greuelvolle Balkantragödie
nur eine Scheinlöſung hat finden können, vor das Weltgericht in
letzter urteilkündenden Inſtanz gebracht werden. Es hat nicht nur
ein neuer Abſchnitt im Krieg des Dreiverbands und ſeiner Schild-
genoſſen gegen die deutſchen Mächte begonnen, es bahnt ſich viel-
mehr eine ſäkulare politiſche Götterdämmerung an, welche die Schick-
ſale aller europäiſchen und aſiatiſchen Länder und Völker zuſam-
menſchweißt und das Nahen einer neuen Zeit der Weltgeſchichte
mit durchaus veränderten Machtgeſetzen ankündet.
Die Ententepreſſe tiſcht ihren Leſern die Mär auf, die Hohe
Pforte handle, indem ſie Rußland den Fehdehandſchuh hingeworfen,
als Werkzeug Deutſchlands und bezeuge durch dieſe ihren Unter-
gang beſiegelnde Vermeſſenheit und Torheit, daß ſie alle politiſche
Selbſtändigkeit dank ihrer Verbrüderung mit Berlin verloren habe.
Auch das iſt nur ein neuer Aufguß auf den Trichter der vielen
Geſchichtsklitterungen und -fälſchungen, durch welche man in Lon-
don, Paris, Petersburg das wahre Weſen des kriegeriſchen Ant-
litzes der Gegenwart zu verdunkeln ſucht. Wohl hat Habsburg
als deutſche Vormacht ſeit der Schlacht von Mohacz Jahrhunderte
lang dem Andrang des Osmanentums heldenmütigen und nach
wechſelnden Erfolgen ſchließlich durchſchlagenden Widerſtand ge-
leiſtet, indeſſen nur ſo lange, als die Türken in ihrem damaligen
Eroberungsdrang und als Triariertruppe des Islam die chriſtliche
Kultur in Europa gefährdeten. Dann aber, als dieſe Drohung
abgewendet war, verſtand es Rußland, die Früchte des deutſchen
Heldenkampfes für ſich einzuheimſen und bediente ſich dazu eines
doppelten Mittels: des verlogenen Schlagworts von der geſchicht-
lichen Sendung, die das zariſche Reich als Beſchützer und Befreier
der ſüdſlawiſchen Völker auf dem Balkan zu erfüllen habe, und des
Syſtems, die im Schutz des Halbmonds lebenden chriſtlichen Völker
im Namen der moskowitiſchen Zäſaropapie gegen Konſtantinopel
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(2023-04-27T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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