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Allgemeine Zeitung, Nr. 73, 13. März 1848.

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[Spaltenumbruch] gibt eine wachsende Partei die nichts mehr wissen will von dem "junke-
ri schen" Vereinigten Landtag. Die Wünsche des deutschen Volkes sind
von ganz Rheinland adoptirt und dem König mehr als Forderungen
denn als Bitten vorgetragen. Endlich scheint man auch in Berlin in
den höchsten Kreisen anzufangen die Dinge in ihrer wahren Gestalt an-
zusehen. Wenigstens soll der Prinz von Preußen beim Abschied dem
sonst so verkannten Camphausen die Hand gedrückt, und zu ihm gesagt
haben er möge ein Friedensbote seyn und seine Rheinländer beruhigen.
Aber Worte, und wären es die schönsten, genügen nicht mehr um den
Sturm der Gemüther zu beschwören. Die Rede des Königs ist, wie
es scheint, ohne genaue Kenntniß der hiesigen Verhältnisse entworfen.
Sie deutet außer der Periodicität keine Zugeständnisse an, und hat die
Aufregung vermehrt. Heute Abend ist wieder große Bürgerversammlung.
Die Zustände hier ertragen keine Dauer. Die Censur streicht fort-
während, und von allen Seiten kommen uncensirte Zeitungen an! Nie-
mand begreift wie es werden soll wenn Preußen versucht sich vom übri-
gen Deutschland abzusondern.

Der Gemeinderath hat eine Commission er-
nannt, welche mit den Arbeitgebern berathen soll wie durch sie selbst der
Arbeitslosigkeit der arbeitenden Classen entgegengewirkt werden könne.
(Aachener. Z.)

Abends 6 Uhr. Ich schreibe Ihnen aus öffentlicher
Sitzung unsrer Stadtverordneten. Die Tribüne ist zum Erdrücken gefüllt,
und weit hinaus über die Treppen, Flur, bis auf die Straßen steht die ge-
spannte Menge. Es werden zwei wichtige Petitionen berathen, welche
von hiesigen Mitbürgern bei der Stadtverordnetenversammlung einge-
reicht sind. Die eine bezieht sich auf die arbeitende Classe, von
welcher die Bittsteller bei der jetzigen Nahrungslosigkeit Gefahren be-
fürchten, welche die schlimmsten Eventualitäten in Aussicht stellen und
die ernsteste Aufmerksamkeit erheischen. Sie beantragen daher 1) eine
permanente Deputation der städtischen Behörde, welche sich unausgesetzt
mit ihrem Wohl beschäftigen soll; 2) Veranstaltung einer allgemeinen
Hauscollecte um Mittel zu beschaffen öffentliche Arbeiten, Bauten etc.
unternehmen zu können. Die berathenden Stimmen theilten sich sehr
darüber, ob der Staat oder die Stadt hier zunächst helfend einzuwirken
habe; man vereinte sich endlich dahin die Angelegenheit einer vorberathen-
den Deputation zu überweisen, der aber größte Eile empfohlen wurde. Die
zweite Petition bezog sich auf die politischen Verhältnisse. Die
Bittsteller weisen darauf hin welche Gefahren möglicherweise in näch-
ster Zukunft drohen könnten. Wie es nöthig sey Einigkeit zwischen
Fürst und Volk aufrechtzu erhalten, wie dieß aber auch bei uns nur
durch solche Concessionen geschehen könne welche die übereinstimmende
Ansicht aller Deutschen verlange. Diese Concessionen lägen in den Ver-
sprechungen die "vor, in und nach den Freiheitskriegen" ertheilt seyen.
Die Bittsteller tragen darauf an: die städtischen Behörden möchten eine
Adresse an Se. M. den König votiren, und darin die Hauptwünsche der Zeit
niederlegen, als 1) Preßfreiheit, 2) angemessenere Vertretung der Land-
und Stadtgemeinden am Landtage mit Aufhebung aller Wahlbeschrän-
kungen, 3) Vertretung des deutschen Volkes beim Bunde durch Aus-
schüsse aller deutschen Ständeversammlungen. Auch diese Angelegen-
heit wurde, nach kurzer Anregung über baldige Beseitigung einiger Com-
petenzzweifel, einer Deputation überwiesen, welche dieselbe auf das schleu-
nigste erledigen und dann sofort einer zweiten öffentlichen Sitzung, die
wenn möglich schon übermorgen Vormittag gehalten werden wird, zur
definitiven Beschlußnahme vorlegen soll. Ueber die letzten Punkte, die
Oeffentlichkeit und den beschleunigten Zeitpunkt der nächsten Versamm-
lung war die Berathung eine sehr lebhafte, zum Theil stürmische, und
durch fortwährenden Applaus, Gemurr und sonstige Zeichen der Be-
wegung der Zuhörer unterbrochen. Einige Stadtverordneten zeig-
ten nicht übel Lust die Sache auf die lange Bank zu schieben, doch muß-
ten sie sich dem moralischen Zwange der Zuhörertribüne fügen. Gleich
von vornherein erzwangen die Zuhörer gegen die Erklärung und den Be-
schluß der Stadtverordnetenversammlung das Oeffnen der Thüren nach
der Treppe. Mehreremale drohte der Vorsitzende die Tribüne räumen
zu lassen, doch war die Stimmung zu erregt um sich beschwichtigen zu
lassen; es entstand wiederholt ein wahrhaft betäubender Lärm, der die
Leidenschaftlichkeit einzelner Redner um so schärfer provocirte. Die
nächste Sitzung wird indeß voraussichtlich noch lebhafter werden. --
Heute Abend findet im Thiergarten eine große Volksversammlung statt,
zu welcher sich wahrscheinlich Tausende einfinden werden. In derselben
[Spaltenumbruch] soll eine Adresse an den König berathen werden. Die Polizei scheint da-
rum zu wissen, aber stillschweigend einzuwilligen, was offenbar das ver-
ständigste ist. Einem Preßgesetz sehen wir stündlich entgegen.

Es wird hier eine Petition an die Landes-
regierung um zeitgemäße Reform der Landesvertretung unterzeichnet.
Eine große Zahl von hiefigen Bürgern hätte es lieber gesehen wenn
man sich specieller über die Art der Reform ausgelassen und auch vom
deutschen Parlament geredet hätte. (Ch. C.)

Oesterreich.

Die Verhältnisse der Bank
wie der Sparcasse sind öffentlich bekannt gegeben worden, und au-
genblicklich hat diese Veröffentlichung den besten Eindruck hervorge-
bracht; unsere Papiere sind seit vorgestern im Steigen. Weitere finan-
zielle Darlegungen werden nicht verfehlen diese gute Wirkung zu ver-
stärken, denn man wird sehen, daß die Befürchtungen sich immer
grundloser herausstellen werden. -- Aus der Lombardei lauten die
Nachrichten viel besser! Die Rückwirkung der französischen Ereig-
nisse hat dort zu einer heilsamen Ueberlegung geführt, und die Hoff-
nung ist nicht aus der Luft gegriffen daß man auch in Sardinien
zu gleicher Erkenntniß gelangen werde. Die dortigen Reformen werden
fortgehen, und von hier natürlich weder direct noch indirect gehin-
dert werden; aber man wird vermuthlich in Sardinien bald fühlen daß
der Stützpunkt der italienischen Territorialselbständigkeit in Oester-
reich ruht. An Aggression denkt kein Mensch. -- Graf Montecuculi ist
noch nicht nach seiner Bestimmung abgereist. Er wird zuvor noch die
niederösterreichischen Stände eröffnen. Was die Eintracht zwischen
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ten deutlich erkannt und festgehalten werden. Belgien und Holland
haben mitten im Kampf der Parteien innegehalten und sich auf das
festeste um den Thron vereint, der mit ebensoviel Vertrauen sich dem
Volk hingibt. So ist es auch zu allen gefahrvollen Zeiten in Oester-
reich gewesen, so wird es hoffentlich wieder seyn!

Die Unruhe und Aufregung welche die Er-
eignisse von Paris, und die vielleicht übertriebenen Besorgnisse über de-
ren Folgen hervorgebracht hatten, fangen an sich zu legen und einer ru-
higeren Beurtheilung der Lage der Dinge Raum zu geben. -- Der Bun-
desprästdialgesandte, Graf v. Münch-Bellinghausen, ist nach Dresden
abgegangen, wo, wie es nach einem unverbürgten Gerücht heißt, ein
Ministercongreß abgehalten werden soll. An seiner Stelle hat sich Graf
Colloredo nach Frankfurt begeben. -- Ein specieller Abgesandter des
Kaisers von Rußland, Hr. v. Orloff, ist dieser Tage hier eingetroffen.
Auch der russische Gesandte, Hr. v. Medem, wird zurück erwartet. --
Der Erbprinz von Parma hat sich nach einem kurzen Aufenthalt in die-
ser Hauptstadt wieder nach Italien begeben. Hr. v. Radowitz verweilt
noch hier, und scheint mit wichtigen Aufträgen von Seite seiner Regie-
rung betraut zu seyn. Der russische Botschaftsrath, Hr. v. Fonton, ist
als Courier nach St. Petersburg gegangen. Er soll vor seiner Abreise
eine lange Unterredung auf dem auswärtigen Departement ge-
habt haben.

In einer gestern Abend hier unter dem Vor-
sitz des ungarischen Hofkanzlers abgehaltenen Conferenz der ungarischen
Reichswürdenträger wurde dem Vernehmen nach die einstimmige An-
sicht ausgesprochen: daß bei der neuen Stellung welche die Opposition in
der Ständetafel eingenommen, eine constitutionelle Berufung an die
Wähler eingelegt werden sollte. Man sieht demnach einer als-
baldigen Auflösung des ungarischen Reichstages entgegen.

Heute begibt sich der Erzherzog-Palatin nach Preßburg, und morgen
wird die Magnatentafel wahrscheinlich die Adresse der Deputirtentafel
an Se. Majestät in Verhandlung nehmen, worin diese Verantwortlich-
keit des Ministeriums, Vorlage des Budgets, Nationalbewaffnung,
Ertheilung einer Constitution für die Erbprovinzen u. s. w. verlangt.
Von dem Beschluß der Magnatentafel in dieser Angelegenheit hängt
also die nächste Zukunft Ungarns ab. Denn die Folgen einer Auflösung
in dieser bewegten Zeit wären nicht vorherzusehen, und einige der Re-
formen welche man von diesem Reichstag erwartete, sind von der Art
daß sie jetzt um so weniger einen Aufschub leiden können!

Folgende von unzähligen Unterschriften
begleitete Adresse ist gestern abgefaßt und übergeben worden: "An die
hochlöblichen Stände des Erzherzogthums Oesterreich unter der Enns
zu Handen des hochlöblichen ständischen verordneten Collegiums! Seit

[Spaltenumbruch] gibt eine wachſende Partei die nichts mehr wiſſen will von dem „junke-
ri ſchen“ Vereinigten Landtag. Die Wünſche des deutſchen Volkes ſind
von ganz Rheinland adoptirt und dem König mehr als Forderungen
denn als Bitten vorgetragen. Endlich ſcheint man auch in Berlin in
den höchſten Kreiſen anzufangen die Dinge in ihrer wahren Geſtalt an-
zuſehen. Wenigſtens ſoll der Prinz von Preußen beim Abſchied dem
ſonſt ſo verkannten Camphauſen die Hand gedrückt, und zu ihm geſagt
haben er möge ein Friedensbote ſeyn und ſeine Rheinländer beruhigen.
Aber Worte, und wären es die ſchönſten, genügen nicht mehr um den
Sturm der Gemüther zu beſchwören. Die Rede des Königs iſt, wie
es ſcheint, ohne genaue Kenntniß der hieſigen Verhältniſſe entworfen.
Sie deutet außer der Periodicität keine Zugeſtändniſſe an, und hat die
Aufregung vermehrt. Heute Abend iſt wieder große Bürgerverſammlung.
Die Zuſtände hier ertragen keine Dauer. Die Cenſur ſtreicht fort-
während, und von allen Seiten kommen uncenſirte Zeitungen an! Nie-
mand begreift wie es werden ſoll wenn Preußen verſucht ſich vom übri-
gen Deutſchland abzuſondern.

Der Gemeinderath hat eine Commiſſion er-
nannt, welche mit den Arbeitgebern berathen ſoll wie durch ſie ſelbſt der
Arbeitsloſigkeit der arbeitenden Claſſen entgegengewirkt werden könne.
(Aachener. Z.)

Abends 6 Uhr. Ich ſchreibe Ihnen aus öffentlicher
Sitzung unſrer Stadtverordneten. Die Tribüne iſt zum Erdrücken gefüllt,
und weit hinaus über die Treppen, Flur, bis auf die Straßen ſteht die ge-
ſpannte Menge. Es werden zwei wichtige Petitionen berathen, welche
von hieſigen Mitbürgern bei der Stadtverordnetenverſammlung einge-
reicht ſind. Die eine bezieht ſich auf die arbeitende Claſſe, von
welcher die Bittſteller bei der jetzigen Nahrungsloſigkeit Gefahren be-
fürchten, welche die ſchlimmſten Eventualitäten in Ausſicht ſtellen und
die ernſteſte Aufmerkſamkeit erheiſchen. Sie beantragen daher 1) eine
permanente Deputation der ſtädtiſchen Behörde, welche ſich unausgeſetzt
mit ihrem Wohl beſchäftigen ſoll; 2) Veranſtaltung einer allgemeinen
Hauscollecte um Mittel zu beſchaffen öffentliche Arbeiten, Bauten ꝛc.
unternehmen zu können. Die berathenden Stimmen theilten ſich ſehr
darüber, ob der Staat oder die Stadt hier zunächſt helfend einzuwirken
habe; man vereinte ſich endlich dahin die Angelegenheit einer vorberathen-
den Deputation zu überweiſen, der aber größte Eile empfohlen wurde. Die
zweite Petition bezog ſich auf die politiſchen Verhältniſſe. Die
Bittſteller weiſen darauf hin welche Gefahren möglicherweiſe in näch-
ſter Zukunft drohen könnten. Wie es nöthig ſey Einigkeit zwiſchen
Fürſt und Volk aufrechtzu erhalten, wie dieß aber auch bei uns nur
durch ſolche Conceſſionen geſchehen könne welche die übereinſtimmende
Anſicht aller Deutſchen verlange. Dieſe Conceſſionen lägen in den Ver-
ſprechungen die „vor, in und nach den Freiheitskriegen“ ertheilt ſeyen.
Die Bittſteller tragen darauf an: die ſtädtiſchen Behörden möchten eine
Adreſſe an Se. M. den König votiren, und darin die Hauptwünſche der Zeit
niederlegen, als 1) Preßfreiheit, 2) angemeſſenere Vertretung der Land-
und Stadtgemeinden am Landtage mit Aufhebung aller Wahlbeſchrän-
kungen, 3) Vertretung des deutſchen Volkes beim Bunde durch Aus-
ſchüſſe aller deutſchen Ständeverſammlungen. Auch dieſe Angelegen-
heit wurde, nach kurzer Anregung über baldige Beſeitigung einiger Com-
petenzzweifel, einer Deputation überwieſen, welche dieſelbe auf das ſchleu-
nigſte erledigen und dann ſofort einer zweiten öffentlichen Sitzung, die
wenn möglich ſchon übermorgen Vormittag gehalten werden wird, zur
definitiven Beſchlußnahme vorlegen ſoll. Ueber die letzten Punkte, die
Oeffentlichkeit und den beſchleunigten Zeitpunkt der nächſten Verſamm-
lung war die Berathung eine ſehr lebhafte, zum Theil ſtürmiſche, und
durch fortwährenden Applaus, Gemurr und ſonſtige Zeichen der Be-
wegung der Zuhörer unterbrochen. Einige Stadtverordneten zeig-
ten nicht übel Luſt die Sache auf die lange Bank zu ſchieben, doch muß-
ten ſie ſich dem moraliſchen Zwange der Zuhörertribüne fügen. Gleich
von vornherein erzwangen die Zuhörer gegen die Erklärung und den Be-
ſchluß der Stadtverordnetenverſammlung das Oeffnen der Thüren nach
der Treppe. Mehreremale drohte der Vorſitzende die Tribüne räumen
zu laſſen, doch war die Stimmung zu erregt um ſich beſchwichtigen zu
laſſen; es entſtand wiederholt ein wahrhaft betäubender Lärm, der die
Leidenſchaftlichkeit einzelner Redner um ſo ſchärfer provocirte. Die
nächſte Sitzung wird indeß vorausſichtlich noch lebhafter werden. —
Heute Abend findet im Thiergarten eine große Volksverſammlung ſtatt,
zu welcher ſich wahrſcheinlich Tauſende einfinden werden. In derſelben
[Spaltenumbruch] ſoll eine Adreſſe an den König berathen werden. Die Polizei ſcheint da-
rum zu wiſſen, aber ſtillſchweigend einzuwilligen, was offenbar das ver-
ſtändigſte iſt. Einem Preßgeſetz ſehen wir ſtündlich entgegen.

Es wird hier eine Petition an die Landes-
regierung um zeitgemäße Reform der Landesvertretung unterzeichnet.
Eine große Zahl von hiefigen Bürgern hätte es lieber geſehen wenn
man ſich ſpecieller über die Art der Reform ausgelaſſen und auch vom
deutſchen Parlament geredet hätte. (Ch. C.)

Oeſterreich.

Die Verhältniſſe der Bank
wie der Sparcaſſe ſind öffentlich bekannt gegeben worden, und au-
genblicklich hat dieſe Veröffentlichung den beſten Eindruck hervorge-
bracht; unſere Papiere ſind ſeit vorgeſtern im Steigen. Weitere finan-
zielle Darlegungen werden nicht verfehlen dieſe gute Wirkung zu ver-
ſtärken, denn man wird ſehen, daß die Befürchtungen ſich immer
grundloſer herausſtellen werden. — Aus der Lombardei lauten die
Nachrichten viel beſſer! Die Rückwirkung der franzöſiſchen Ereig-
niſſe hat dort zu einer heilſamen Ueberlegung geführt, und die Hoff-
nung iſt nicht aus der Luft gegriffen daß man auch in Sardinien
zu gleicher Erkenntniß gelangen werde. Die dortigen Reformen werden
fortgehen, und von hier natürlich weder direct noch indirect gehin-
dert werden; aber man wird vermuthlich in Sardinien bald fühlen daß
der Stützpunkt der italieniſchen Territorialſelbſtändigkeit in Oeſter-
reich ruht. An Aggreſſion denkt kein Menſch. — Graf Montecuculi iſt
noch nicht nach ſeiner Beſtimmung abgereist. Er wird zuvor noch die
niederöſterreichiſchen Stände eröffnen. Was die Eintracht zwiſchen
Regierung und Volk fördern kann, wird hoffentlich von beiden Sei-
ten deutlich erkannt und feſtgehalten werden. Belgien und Holland
haben mitten im Kampf der Parteien innegehalten und ſich auf das
feſteſte um den Thron vereint, der mit ebenſoviel Vertrauen ſich dem
Volk hingibt. So iſt es auch zu allen gefahrvollen Zeiten in Oeſter-
reich geweſen, ſo wird es hoffentlich wieder ſeyn!

Die Unruhe und Aufregung welche die Er-
eigniſſe von Paris, und die vielleicht übertriebenen Beſorgniſſe über de-
ren Folgen hervorgebracht hatten, fangen an ſich zu legen und einer ru-
higeren Beurtheilung der Lage der Dinge Raum zu geben. — Der Bun-
despräſtdialgeſandte, Graf v. Münch-Bellinghauſen, iſt nach Dresden
abgegangen, wo, wie es nach einem unverbürgten Gerücht heißt, ein
Miniſtercongreß abgehalten werden ſoll. An ſeiner Stelle hat ſich Graf
Colloredo nach Frankfurt begeben. — Ein ſpecieller Abgeſandter des
Kaiſers von Rußland, Hr. v. Orloff, iſt dieſer Tage hier eingetroffen.
Auch der ruſſiſche Geſandte, Hr. v. Medem, wird zurück erwartet. —
Der Erbprinz von Parma hat ſich nach einem kurzen Aufenthalt in die-
ſer Hauptſtadt wieder nach Italien begeben. Hr. v. Radowitz verweilt
noch hier, und ſcheint mit wichtigen Aufträgen von Seite ſeiner Regie-
rung betraut zu ſeyn. Der ruſſiſche Botſchaftsrath, Hr. v. Fonton, iſt
als Courier nach St. Petersburg gegangen. Er ſoll vor ſeiner Abreiſe
eine lange Unterredung auf dem auswärtigen Departement ge-
habt haben.

In einer geſtern Abend hier unter dem Vor-
ſitz des ungariſchen Hofkanzlers abgehaltenen Conferenz der ungariſchen
Reichswürdenträger wurde dem Vernehmen nach die einſtimmige An-
ſicht ausgeſprochen: daß bei der neuen Stellung welche die Oppoſition in
der Ständetafel eingenommen, eine conſtitutionelle Berufung an die
Wähler eingelegt werden ſollte. Man ſieht demnach einer als-
baldigen Auflöſung des ungariſchen Reichstages entgegen.

Heute begibt ſich der Erzherzog-Palatin nach Preßburg, und morgen
wird die Magnatentafel wahrſcheinlich die Adreſſe der Deputirtentafel
an Se. Majeſtät in Verhandlung nehmen, worin dieſe Verantwortlich-
keit des Miniſteriums, Vorlage des Budgets, Nationalbewaffnung,
Ertheilung einer Conſtitution für die Erbprovinzen u. ſ. w. verlangt.
Von dem Beſchluß der Magnatentafel in dieſer Angelegenheit hängt
alſo die nächſte Zukunft Ungarns ab. Denn die Folgen einer Auflöſung
in dieſer bewegten Zeit wären nicht vorherzuſehen, und einige der Re-
formen welche man von dieſem Reichstag erwartete, ſind von der Art
daß ſie jetzt um ſo weniger einen Aufſchub leiden können!

Folgende von unzähligen Unterſchriften
begleitete Adreſſe iſt geſtern abgefaßt und übergeben worden: „An die
hochlöblichen Stände des Erzherzogthums Oeſterreich unter der Enns
zu Handen des hochlöblichen ſtändiſchen verordneten Collegiums! Seit

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[1157/0005] gibt eine wachſende Partei die nichts mehr wiſſen will von dem „junke- ri ſchen“ Vereinigten Landtag. Die Wünſche des deutſchen Volkes ſind von ganz Rheinland adoptirt und dem König mehr als Forderungen denn als Bitten vorgetragen. Endlich ſcheint man auch in Berlin in den höchſten Kreiſen anzufangen die Dinge in ihrer wahren Geſtalt an- zuſehen. Wenigſtens ſoll der Prinz von Preußen beim Abſchied dem ſonſt ſo verkannten Camphauſen die Hand gedrückt, und zu ihm geſagt haben er möge ein Friedensbote ſeyn und ſeine Rheinländer beruhigen. Aber Worte, und wären es die ſchönſten, genügen nicht mehr um den Sturm der Gemüther zu beſchwören. Die Rede des Königs iſt, wie es ſcheint, ohne genaue Kenntniß der hieſigen Verhältniſſe entworfen. Sie deutet außer der Periodicität keine Zugeſtändniſſe an, und hat die Aufregung vermehrt. Heute Abend iſt wieder große Bürgerverſammlung. Die Zuſtände hier ertragen keine Dauer. Die Cenſur ſtreicht fort- während, und von allen Seiten kommen uncenſirte Zeitungen an! Nie- mand begreift wie es werden ſoll wenn Preußen verſucht ſich vom übri- gen Deutſchland abzuſondern. Elberfeld, 6 März.Der Gemeinderath hat eine Commiſſion er- nannt, welche mit den Arbeitgebern berathen ſoll wie durch ſie ſelbſt der Arbeitsloſigkeit der arbeitenden Claſſen entgegengewirkt werden könne. (Aachener. Z.) ** Berlin, 9 März,Abends 6 Uhr. Ich ſchreibe Ihnen aus öffentlicher Sitzung unſrer Stadtverordneten. Die Tribüne iſt zum Erdrücken gefüllt, und weit hinaus über die Treppen, Flur, bis auf die Straßen ſteht die ge- ſpannte Menge. Es werden zwei wichtige Petitionen berathen, welche von hieſigen Mitbürgern bei der Stadtverordnetenverſammlung einge- reicht ſind. Die eine bezieht ſich auf die arbeitende Claſſe, von welcher die Bittſteller bei der jetzigen Nahrungsloſigkeit Gefahren be- fürchten, welche die ſchlimmſten Eventualitäten in Ausſicht ſtellen und die ernſteſte Aufmerkſamkeit erheiſchen. Sie beantragen daher 1) eine permanente Deputation der ſtädtiſchen Behörde, welche ſich unausgeſetzt mit ihrem Wohl beſchäftigen ſoll; 2) Veranſtaltung einer allgemeinen Hauscollecte um Mittel zu beſchaffen öffentliche Arbeiten, Bauten ꝛc. unternehmen zu können. Die berathenden Stimmen theilten ſich ſehr darüber, ob der Staat oder die Stadt hier zunächſt helfend einzuwirken habe; man vereinte ſich endlich dahin die Angelegenheit einer vorberathen- den Deputation zu überweiſen, der aber größte Eile empfohlen wurde. Die zweite Petition bezog ſich auf die politiſchen Verhältniſſe. Die Bittſteller weiſen darauf hin welche Gefahren möglicherweiſe in näch- ſter Zukunft drohen könnten. Wie es nöthig ſey Einigkeit zwiſchen Fürſt und Volk aufrechtzu erhalten, wie dieß aber auch bei uns nur durch ſolche Conceſſionen geſchehen könne welche die übereinſtimmende Anſicht aller Deutſchen verlange. Dieſe Conceſſionen lägen in den Ver- ſprechungen die „vor, in und nach den Freiheitskriegen“ ertheilt ſeyen. Die Bittſteller tragen darauf an: die ſtädtiſchen Behörden möchten eine Adreſſe an Se. M. den König votiren, und darin die Hauptwünſche der Zeit niederlegen, als 1) Preßfreiheit, 2) angemeſſenere Vertretung der Land- und Stadtgemeinden am Landtage mit Aufhebung aller Wahlbeſchrän- kungen, 3) Vertretung des deutſchen Volkes beim Bunde durch Aus- ſchüſſe aller deutſchen Ständeverſammlungen. Auch dieſe Angelegen- heit wurde, nach kurzer Anregung über baldige Beſeitigung einiger Com- petenzzweifel, einer Deputation überwieſen, welche dieſelbe auf das ſchleu- nigſte erledigen und dann ſofort einer zweiten öffentlichen Sitzung, die wenn möglich ſchon übermorgen Vormittag gehalten werden wird, zur definitiven Beſchlußnahme vorlegen ſoll. Ueber die letzten Punkte, die Oeffentlichkeit und den beſchleunigten Zeitpunkt der nächſten Verſamm- lung war die Berathung eine ſehr lebhafte, zum Theil ſtürmiſche, und durch fortwährenden Applaus, Gemurr und ſonſtige Zeichen der Be- wegung der Zuhörer unterbrochen. Einige Stadtverordneten zeig- ten nicht übel Luſt die Sache auf die lange Bank zu ſchieben, doch muß- ten ſie ſich dem moraliſchen Zwange der Zuhörertribüne fügen. Gleich von vornherein erzwangen die Zuhörer gegen die Erklärung und den Be- ſchluß der Stadtverordnetenverſammlung das Oeffnen der Thüren nach der Treppe. Mehreremale drohte der Vorſitzende die Tribüne räumen zu laſſen, doch war die Stimmung zu erregt um ſich beſchwichtigen zu laſſen; es entſtand wiederholt ein wahrhaft betäubender Lärm, der die Leidenſchaftlichkeit einzelner Redner um ſo ſchärfer provocirte. Die nächſte Sitzung wird indeß vorausſichtlich noch lebhafter werden. — Heute Abend findet im Thiergarten eine große Volksverſammlung ſtatt, zu welcher ſich wahrſcheinlich Tauſende einfinden werden. In derſelben ſoll eine Adreſſe an den König berathen werden. Die Polizei ſcheint da- rum zu wiſſen, aber ſtillſchweigend einzuwilligen, was offenbar das ver- ſtändigſte iſt. Einem Preßgeſetz ſehen wir ſtündlich entgegen. Wismar, 5 März.Es wird hier eine Petition an die Landes- regierung um zeitgemäße Reform der Landesvertretung unterzeichnet. Eine große Zahl von hiefigen Bürgern hätte es lieber geſehen wenn man ſich ſpecieller über die Art der Reform ausgelaſſen und auch vom deutſchen Parlament geredet hätte. (Ch. C.) Oeſterreich. = Wien, 9 März.Die Verhältniſſe der Bank wie der Sparcaſſe ſind öffentlich bekannt gegeben worden, und au- genblicklich hat dieſe Veröffentlichung den beſten Eindruck hervorge- bracht; unſere Papiere ſind ſeit vorgeſtern im Steigen. Weitere finan- zielle Darlegungen werden nicht verfehlen dieſe gute Wirkung zu ver- ſtärken, denn man wird ſehen, daß die Befürchtungen ſich immer grundloſer herausſtellen werden. — Aus der Lombardei lauten die Nachrichten viel beſſer! Die Rückwirkung der franzöſiſchen Ereig- niſſe hat dort zu einer heilſamen Ueberlegung geführt, und die Hoff- nung iſt nicht aus der Luft gegriffen daß man auch in Sardinien zu gleicher Erkenntniß gelangen werde. Die dortigen Reformen werden fortgehen, und von hier natürlich weder direct noch indirect gehin- dert werden; aber man wird vermuthlich in Sardinien bald fühlen daß der Stützpunkt der italieniſchen Territorialſelbſtändigkeit in Oeſter- reich ruht. An Aggreſſion denkt kein Menſch. — Graf Montecuculi iſt noch nicht nach ſeiner Beſtimmung abgereist. Er wird zuvor noch die niederöſterreichiſchen Stände eröffnen. Was die Eintracht zwiſchen Regierung und Volk fördern kann, wird hoffentlich von beiden Sei- ten deutlich erkannt und feſtgehalten werden. Belgien und Holland haben mitten im Kampf der Parteien innegehalten und ſich auf das feſteſte um den Thron vereint, der mit ebenſoviel Vertrauen ſich dem Volk hingibt. So iſt es auch zu allen gefahrvollen Zeiten in Oeſter- reich geweſen, ſo wird es hoffentlich wieder ſeyn! * † Wien, 9 März.Die Unruhe und Aufregung welche die Er- eigniſſe von Paris, und die vielleicht übertriebenen Beſorgniſſe über de- ren Folgen hervorgebracht hatten, fangen an ſich zu legen und einer ru- higeren Beurtheilung der Lage der Dinge Raum zu geben. — Der Bun- despräſtdialgeſandte, Graf v. Münch-Bellinghauſen, iſt nach Dresden abgegangen, wo, wie es nach einem unverbürgten Gerücht heißt, ein Miniſtercongreß abgehalten werden ſoll. An ſeiner Stelle hat ſich Graf Colloredo nach Frankfurt begeben. — Ein ſpecieller Abgeſandter des Kaiſers von Rußland, Hr. v. Orloff, iſt dieſer Tage hier eingetroffen. Auch der ruſſiſche Geſandte, Hr. v. Medem, wird zurück erwartet. — Der Erbprinz von Parma hat ſich nach einem kurzen Aufenthalt in die- ſer Hauptſtadt wieder nach Italien begeben. Hr. v. Radowitz verweilt noch hier, und ſcheint mit wichtigen Aufträgen von Seite ſeiner Regie- rung betraut zu ſeyn. Der ruſſiſche Botſchaftsrath, Hr. v. Fonton, iſt als Courier nach St. Petersburg gegangen. Er ſoll vor ſeiner Abreiſe eine lange Unterredung auf dem auswärtigen Departement ge- habt haben. × Wien, 10 März.In einer geſtern Abend hier unter dem Vor- ſitz des ungariſchen Hofkanzlers abgehaltenen Conferenz der ungariſchen Reichswürdenträger wurde dem Vernehmen nach die einſtimmige An- ſicht ausgeſprochen: daß bei der neuen Stellung welche die Oppoſition in der Ständetafel eingenommen, eine conſtitutionelle Berufung an die Wähler eingelegt werden ſollte. Man ſieht demnach einer als- baldigen Auflöſung des ungariſchen Reichstages entgegen. Heute begibt ſich der Erzherzog-Palatin nach Preßburg, und morgen wird die Magnatentafel wahrſcheinlich die Adreſſe der Deputirtentafel an Se. Majeſtät in Verhandlung nehmen, worin dieſe Verantwortlich- keit des Miniſteriums, Vorlage des Budgets, Nationalbewaffnung, Ertheilung einer Conſtitution für die Erbprovinzen u. ſ. w. verlangt. Von dem Beſchluß der Magnatentafel in dieſer Angelegenheit hängt alſo die nächſte Zukunft Ungarns ab. Denn die Folgen einer Auflöſung in dieſer bewegten Zeit wären nicht vorherzuſehen, und einige der Re- formen welche man von dieſem Reichstag erwartete, ſind von der Art daß ſie jetzt um ſo weniger einen Aufſchub leiden können! &#xfffc; Wien, 10 März.Folgende von unzähligen Unterſchriften begleitete Adreſſe iſt geſtern abgefaßt und übergeben worden: „An die hochlöblichen Stände des Erzherzogthums Oeſterreich unter der Enns zu Handen des hochlöblichen ſtändiſchen verordneten Collegiums! Seit

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 73, 13. März 1848, S. 1157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine73_1848/5>, abgerufen am 21.11.2024.