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Allgemeine Zeitung, Nr. 77, 17. März 1848.

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Die Nachricht von dem Einmarsch von
3000 Oesterreichern in die Bundesfestung Ulm muß dahin reducirt
werden daß darin nicht etwa eine außerordentliche Maßregel zu er-
blicken, vielmehr die Besetzung der Festung durch jene Truppen längst
durch den Bundestag bestimmt ist. Jm übrigen hat die Regierung be-
reits die nöthigen Schritte gethan um den Einmarsch der Oesterreicher
im jetzigen Augenblick, wo derselbe nur neue Aufregung zu verbreiten
geeignet wäre, zu verhindern. (Beobachter.)


Von hier aus ist eine zweite Adresse nach
Stuttgart gegegangen, welche nach dem Entwurf, den Prof. Fallati in
einer von Uhland präsidirten Versammlung vorlegte, auf bestimmte
Zusicherung der Mitwirkung zu Errichtung eines deutschen Parlaments,
Aufhebung der Bundesbeschlüsse von 1819, 1832, 1834, Beeidigung
des Militärs auf die Verfassung dringt, und die entschiedenste Protesta-
tion gegen ein russisches Bündniß enthält. (Schw. M.)


Heute reisten mehrere höhere Beamte
von Hechingen hier durch. Das Volk soll ihnen gestern Abend bedeutet
haben, "wenn sie heute nicht gehen so komme es morgen Abend wieder
vor ihre Häuser." Ebenso flüchten sich viele Judenfamilien hieher. Es
ist zu bedauern wenn durch solche rohe, für unser Jahrhundert nicht
mehr passende Excesse die Sache des Fortschritts gebrandmarkt wird.
Die Hechinger scheinen sehr weit zu gehen. Der Fürst mußte 21 Punkte
concessioniren, und zwar schwarz auf weiß. Der Fürst soll erklärt ha-
ben er werde abdanken und sich auf seine auswärtigen Güter zurückzie-
ben. Das wollen die Hechinger denn doch nicht. (Südd. pol. Z.)

Gr. Baden.

Gestern Abend wurde, wie ich
aus guter Quelle höre, im Staatsrath beschlossen die Gesandtschaftsstelle
am Bundestage durch den Abg. Hofrath Welcker zu besetzen, und ihm
den Abg. Baffermann beizugeben. Peter ist zum Regierungsdirector
des Seekreises ernannt, und gestern Abend noch auf seinen Posten ab-
gereist, nachdem ihm Mathy, der Abg. von Constanz, mit zwei andern
Abgeordneten aus dem Hegau vorausgeeilt war, um die, wie es heißt,
durch Fickler, Redacteur der Seeblätter, irregeleiteten Gemüther der dor-
tigen Bewohner wieder auf den rechten Weg zu bringen. Nächsten Sonn-
tag wird in Offenburg*) eine Volksversammlung stattfinden, auf deren
Ausgang man gespannt ist; es soll dieselbe von dem ganzen Lande be-
schickt werden, von Karlsruhe wird der Bürgermeister an der Spitze
einer Deputation von 30 Einwohnern, denen sich ohne Zweifel eine
Menge Freiwillige anschließen werden, dahin abgehen. Die Unruhen
im Odenwald find fast ganz beschwichtigt.

Die Karlsruher Ztg. enthält folgende zwei Decrete.

I. Leo-
pold
von Gottes Gnaden, Großherzog von Baden, Herzog von Zäh-
ringen. Wir finden Uns bewogen die Verordnungen vom 16 Febr.
1837 und vom 7 Dec. 1837, wodurch einige Standesherren und die
Mitglieder des ehemaligen Reichsadels von den Bestimmungen der
Gemeindeordnung vom 31 Dec. 1831 hinsichtlich der Bürgermeister-
wahlen, Bürgerannahmen und Gemeindeumlagen als ausgenommen
erklärt wurden, wieder außer Wirksamkeit zu setzen. Gegeben zu Karls-
ruhe in Unserem Staatsministerium den 14 März 1848. Leopold. --
II. Se. königl. Hoheit der Großherzog haben unter dem 14 d. M.
allergnädigst geruht: den Hofrath Karl Welcker zu allerhöchstihrem
Bundestagsgesandten zu ernennen; ferner haben Allerböchstdieselben,
nach Ansicht des Bundesbeschlusses vom 10 d. M., fiebenzehnte Si-
tzung §. 140, den Abgeordneten der zweiten Kammer der Ständever-
sammlung, Friedrich Bassermann, nach Frankfurt zu der Bundesver-
sammlung zu entsenden allergnädigst beschlossen, um nach Maßgabe
des erwähnten Bundesbeschlusses bei der Revision der Bundesverfassung
auf nationaler Grundlage, einverständlich mit allerhöchihrem Gesand-
ten, mitzuwirken.

Karlsruhe. An das badische Volk. Die freiheitlichen
Bestrebungen des badischen Volkes entbehren der Einigung. Die Auf-
regung äußert sich theilweise in beklagenswerthen Ausbrüchen. Die
Feinde der Freiheit und des Vaterlandes treten zwar im Augenblick nicht
offen auf, können aber leicht wieder ihre Macht entwickeln. Unter diesen
Umständen ist zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der Rechte des
Volkes ein Zusammentreten aller Freunde des Vaterlandes nothwendig,
wenn sich nicht der gute Geist zersplittern oder gar von feindseligen Um-
trieben unterdrückt sehen soll. Von diesen Erwägungen geleitet laden
[Spaltenumbruch] die Unterzeichneten alle badischen Staatsbürger, welche das Recht ha-
ben Wahlmänner zu wählen, auf Sonntag den 19 l. M. Vormittags
10 Uhr zu einer allgemeinen Versammlung nach Offenburg ein, wo das
weitere berathen und beschlossen werden wird.



Gestern fand zu Hegne (Schloß am Un-
tersee, zwei Stunden von hier) eine weitere Volksversammlung statt,
welche größtentheils von Bauern besucht war. Dieselben wurden auf
eine fabelhafte Weise haranguirt. Unter anderm was wir des Anstan-
des halber verschweigen, wurde aufgefordert keine Steuern mehr zu be-
zahlen und die Bewaffnung zu beschleunigen; sich indessen ruhig zu ver-
halten bis man zu den Waffen rufe: dann werde die Republik procla-
mirt. Es hat alles, natürlich mit Berücksichtigung der verschie denen
Zeit, eine überraschende Aehnlichkeit mit den Zeiten des Bauernkriegs.
Fast in den nämlichen Gegenden ging es damals los, und alle übrigen
Nebenumstände gleichen sich auf das Haar. Einige Beamte haben ihre
Habe nach der Schweiz geflüchtet. Wir können diesen Schritt nicht bil-
ligen; denn bis jetzt ist weder Person noch Eigenthum bedroht worden,
und wird es, Dank der Fürsorge der Bürger, nicht werden; die Repu-
blicaner müssen ja selbst am besten einsehen daß im andern Falle ihre
Sache von vornherein verloren wäre. Ferner gilt es jetzt gerade eini-
gen Muth zu zeigen; die Bewohner unsrer Gegend find keine grundsätz-
lichen Republicaner; der ganze wohlhabende Mittelstand mag nichts da-
von wissen, und ist nur eingeschüchtert; wenn deßhalb nur der rechte
Mann aufträte, welcher die Bewegung in das richtige Geleis brächte, so
ginge alles gut. Wir müßten sehr wünschen daß einige Deputirte von
Karlsruhe hieher reisten.*) (Tagesh.)

Die Karlsruher Zeitung schreibt daß in einer Volksver-
sammlung zu Stockach Fickler, der Redacteur der Sceblätter, eine deut-
sche Republik, angeblich im Sinn der Heidelberger Versammlung, bean-
tragt habe. Dieselbe sey aber bei den anwesenden Bürgern und Bauern
nicht durchgedrungen. Denselben Antrag habe Fickler in der Sitzung
des Bürgerausschusses zu Constanz wiederholt, sey aber vom Bürger-
meister Huetlin und Decan Kuenzer kräftig bekämpft worden. "Nur
recht drauf losgestürmt (ruft der Stuttgarter Beobachter aus) und
über das Ziel des Vorwärts hinausgehauen, dann wird die Reaction
bald wieder Meister seyn. Wer zu viel will, der will nichts."


Im badischen Seekreise gährt
es auf sehr bedenkliche Weise. Die überspanntesten Forderungen treten
an den Tag. An folgenden Orten find große Volksversamm-
lungen ausgeschrieben: den 15ten in Singen und Altdorf, den
16ten in Bondorf und Lenzkirch, den 17ten in Villingen und Föh-
renbach, den 18ten in Bieberach und Lahr. Jn Hegne (bei Kon-
ftanz) war am 13 Volksversammlung von mehr als 2000 Männern.
Die Beschlüsse waren: allgemeine Bewaffnung, in Ermanglung der
Gewehre mit Sensen! Bildung politischer Comites in jeder Gemeinde,
in Verbindung mit dem Hauptcomite in Constanz; mit Gut und Blut
einzustehen für Erringung der Bürger- und Menschentechte; gewärtig
zu seyn und sogleich zu erscheinen wenn der Ruf zu den Wassen ertönt,
die deutsche Republik proclamirt und eine provisorische Regierung ein-
gesetzt seyn werde; diese Beschlüsse sogleich durch Namensunterschrift
zu bekräftigen. Nach heutigen Privatbriefen sollen in Wien bedeutende
Unruhen ausgebrochen seyn.


Mit dem Karlsruher Bahnzug war
Lola Montez, mit einer Kammerjungfer und zwei Bedienten hier
angekommen und im Hotel Schneider in der Nähe des Bahnhofes ab-
gestiegen um mit dem nächsten Zuge nach Frankfurt abzureisen. Un-
glücklicherweise für sie ist jener Gasthof in den ersten Nachmittagsstunden
auch sehr von Studirenden besucht. Kaum verlautete die Kunde von
der Ankunft der Gräfin in der Stadt, so strömten noch Hunderte von Stu-
denten und von andern Neugierigen herbei, und es begann ein Schreien
und Tumultuiren, welches nicht eher endete als bis die Spanierin nach
3 Uhr mit dem Frankfurter Zuge abgefahren, nachdem sie nur mit Le-
bensgefahr das Wartzimmer des Bahnhofs**) erreicht hatte.

*) Jn der gestrigen Allg. Zeitung ist in den ersten Abzügen einigemal Of-
fenbach statt Offenburg stehen geblieben.
*) Wie wir vernehmen ist der Abgeordnete Mathy nach Constanz abgegan-
gen. A. d. R. d. K. Z.
**) Wie wir hören haben gestern aus dem Badischen gekommene Reisende
erzählt, sie hätten die Gräfin von Karlsruhe (oder Heidelberg?) unter
großem Tumult abfahren sehen. Wie wird sich dieses Räthsel lösen?
[Spaltenumbruch]

Die Nachricht von dem Einmarſch von
3000 Oeſterreichern in die Bundesfeſtung Ulm muß dahin reducirt
werden daß darin nicht etwa eine außerordentliche Maßregel zu er-
blicken, vielmehr die Beſetzung der Feſtung durch jene Truppen längſt
durch den Bundestag beſtimmt iſt. Jm übrigen hat die Regierung be-
reits die nöthigen Schritte gethan um den Einmarſch der Oeſterreicher
im jetzigen Augenblick, wo derſelbe nur neue Aufregung zu verbreiten
geeignet wäre, zu verhindern. (Beobachter.)


Von hier aus iſt eine zweite Adreſſe nach
Stuttgart gegegangen, welche nach dem Entwurf, den Prof. Fallati in
einer von Uhland präſidirten Verſammlung vorlegte, auf beſtimmte
Zuſicherung der Mitwirkung zu Errichtung eines deutſchen Parlaments,
Aufhebung der Bundesbeſchlüſſe von 1819, 1832, 1834, Beeidigung
des Militärs auf die Verfaſſung dringt, und die entſchiedenſte Proteſta-
tion gegen ein ruſſiſches Bündniß enthält. (Schw. M.)


Heute reisten mehrere höhere Beamte
von Hechingen hier durch. Das Volk ſoll ihnen geſtern Abend bedeutet
haben, „wenn ſie heute nicht gehen ſo komme es morgen Abend wieder
vor ihre Häuſer.“ Ebenſo flüchten ſich viele Judenfamilien hieher. Es
iſt zu bedauern wenn durch ſolche rohe, für unſer Jahrhundert nicht
mehr paſſende Exceſſe die Sache des Fortſchritts gebrandmarkt wird.
Die Hechinger ſcheinen ſehr weit zu gehen. Der Fürſt mußte 21 Punkte
conceſſioniren, und zwar ſchwarz auf weiß. Der Fürſt ſoll erklärt ha-
ben er werde abdanken und ſich auf ſeine auswärtigen Güter zurückzie-
ben. Das wollen die Hechinger denn doch nicht. (Südd. pol. Z.)

Gr. Baden.

Geſtern Abend wurde, wie ich
aus guter Quelle höre, im Staatsrath beſchloſſen die Geſandtſchaftsſtelle
am Bundestage durch den Abg. Hofrath Welcker zu beſetzen, und ihm
den Abg. Baffermann beizugeben. Peter iſt zum Regierungsdirector
des Seekreiſes ernannt, und geſtern Abend noch auf ſeinen Poſten ab-
gereist, nachdem ihm Mathy, der Abg. von Conſtanz, mit zwei andern
Abgeordneten aus dem Hegau vorausgeeilt war, um die, wie es heißt,
durch Fickler, Redacteur der Seeblätter, irregeleiteten Gemüther der dor-
tigen Bewohner wieder auf den rechten Weg zu bringen. Nächſten Sonn-
tag wird in Offenburg*) eine Volksverſammlung ſtattfinden, auf deren
Ausgang man geſpannt iſt; es ſoll dieſelbe von dem ganzen Lande be-
ſchickt werden, von Karlsruhe wird der Bürgermeiſter an der Spitze
einer Deputation von 30 Einwohnern, denen ſich ohne Zweifel eine
Menge Freiwillige anſchließen werden, dahin abgehen. Die Unruhen
im Odenwald find faſt ganz beſchwichtigt.

Die Karlsruher Ztg. enthält folgende zwei Decrete.

I. Leo-
pold
von Gottes Gnaden, Großherzog von Baden, Herzog von Zäh-
ringen. Wir finden Uns bewogen die Verordnungen vom 16 Febr.
1837 und vom 7 Dec. 1837, wodurch einige Standesherren und die
Mitglieder des ehemaligen Reichsadels von den Beſtimmungen der
Gemeindeordnung vom 31 Dec. 1831 hinſichtlich der Bürgermeiſter-
wahlen, Bürgerannahmen und Gemeindeumlagen als ausgenommen
erklärt wurden, wieder außer Wirkſamkeit zu ſetzen. Gegeben zu Karls-
ruhe in Unſerem Staatsminiſterium den 14 März 1848. Leopold. —
II. Se. königl. Hoheit der Großherzog haben unter dem 14 d. M.
allergnädigſt geruht: den Hofrath Karl Welcker zu allerhöchſtihrem
Bundestagsgeſandten zu ernennen; ferner haben Allerböchſtdieſelben,
nach Anſicht des Bundesbeſchluſſes vom 10 d. M., fiebenzehnte Si-
tzung §. 140, den Abgeordneten der zweiten Kammer der Ständever-
ſammlung, Friedrich Baſſermann, nach Frankfurt zu der Bundesver-
ſammlung zu entſenden allergnädigſt beſchloſſen, um nach Maßgabe
des erwähnten Bundesbeſchluſſes bei der Reviſion der Bundesverfaſſung
auf nationaler Grundlage, einverſtändlich mit allerhöchihrem Geſand-
ten, mitzuwirken.

Karlsruhe. An das badiſche Volk. Die freiheitlichen
Beſtrebungen des badiſchen Volkes entbehren der Einigung. Die Auf-
regung äußert ſich theilweiſe in beklagenswerthen Ausbrüchen. Die
Feinde der Freiheit und des Vaterlandes treten zwar im Augenblick nicht
offen auf, können aber leicht wieder ihre Macht entwickeln. Unter dieſen
Umſtänden iſt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der Rechte des
Volkes ein Zuſammentreten aller Freunde des Vaterlandes nothwendig,
wenn ſich nicht der gute Geiſt zerſplittern oder gar von feindſeligen Um-
trieben unterdrückt ſehen ſoll. Von dieſen Erwägungen geleitet laden
[Spaltenumbruch] die Unterzeichneten alle badiſchen Staatsbürger, welche das Recht ha-
ben Wahlmänner zu wählen, auf Sonntag den 19 l. M. Vormittags
10 Uhr zu einer allgemeinen Verſammlung nach Offenburg ein, wo das
weitere berathen und beſchloſſen werden wird.



Geſtern fand zu Hegne (Schloß am Un-
terſee, zwei Stunden von hier) eine weitere Volksverſammlung ſtatt,
welche größtentheils von Bauern beſucht war. Dieſelben wurden auf
eine fabelhafte Weiſe haranguirt. Unter anderm was wir des Anſtan-
des halber verſchweigen, wurde aufgefordert keine Steuern mehr zu be-
zahlen und die Bewaffnung zu beſchleunigen; ſich indeſſen ruhig zu ver-
halten bis man zu den Waffen rufe: dann werde die Republik procla-
mirt. Es hat alles, natürlich mit Berückſichtigung der verſchie denen
Zeit, eine überraſchende Aehnlichkeit mit den Zeiten des Bauernkriegs.
Faſt in den nämlichen Gegenden ging es damals los, und alle übrigen
Nebenumſtände gleichen ſich auf das Haar. Einige Beamte haben ihre
Habe nach der Schweiz geflüchtet. Wir können dieſen Schritt nicht bil-
ligen; denn bis jetzt iſt weder Perſon noch Eigenthum bedroht worden,
und wird es, Dank der Fürſorge der Bürger, nicht werden; die Repu-
blicaner müſſen ja ſelbſt am beſten einſehen daß im andern Falle ihre
Sache von vornherein verloren wäre. Ferner gilt es jetzt gerade eini-
gen Muth zu zeigen; die Bewohner unſrer Gegend find keine grundſätz-
lichen Republicaner; der ganze wohlhabende Mittelſtand mag nichts da-
von wiſſen, und iſt nur eingeſchüchtert; wenn deßhalb nur der rechte
Mann aufträte, welcher die Bewegung in das richtige Geleis brächte, ſo
ginge alles gut. Wir müßten ſehr wünſchen daß einige Deputirte von
Karlsruhe hieher reisten.*) (Tagesh.)

Die Karlsruher Zeitung ſchreibt daß in einer Volksver-
ſammlung zu Stockach Fickler, der Redacteur der Sceblätter, eine deut-
ſche Republik, angeblich im Sinn der Heidelberger Verſammlung, bean-
tragt habe. Dieſelbe ſey aber bei den anweſenden Bürgern und Bauern
nicht durchgedrungen. Denſelben Antrag habe Fickler in der Sitzung
des Bürgerausſchuſſes zu Conſtanz wiederholt, ſey aber vom Bürger-
meiſter Huetlin und Decan Kuenzer kräftig bekämpft worden. „Nur
recht drauf losgeſtürmt (ruft der Stuttgarter Beobachter aus) und
über das Ziel des Vorwärts hinausgehauen, dann wird die Reaction
bald wieder Meiſter ſeyn. Wer zu viel will, der will nichts.“


Im badiſchen Seekreiſe gährt
es auf ſehr bedenkliche Weiſe. Die überſpannteſten Forderungen treten
an den Tag. An folgenden Orten find große Volksverſamm-
lungen ausgeſchrieben: den 15ten in Singen und Altdorf, den
16ten in Bondorf und Lenzkirch, den 17ten in Villingen und Föh-
renbach, den 18ten in Bieberach und Lahr. Jn Hegne (bei Kon-
ftanz) war am 13 Volksverſammlung von mehr als 2000 Männern.
Die Beſchlüſſe waren: allgemeine Bewaffnung, in Ermanglung der
Gewehre mit Senſen! Bildung politiſcher Comités in jeder Gemeinde,
in Verbindung mit dem Hauptcomité in Conſtanz; mit Gut und Blut
einzuſtehen für Erringung der Bürger- und Menſchentechte; gewärtig
zu ſeyn und ſogleich zu erſcheinen wenn der Ruf zu den Waſſen ertönt,
die deutſche Republik proclamirt und eine proviſoriſche Regierung ein-
geſetzt ſeyn werde; dieſe Beſchlüſſe ſogleich durch Namensunterſchrift
zu bekräftigen. Nach heutigen Privatbriefen ſollen in Wien bedeutende
Unruhen ausgebrochen ſeyn.


Mit dem Karlsruher Bahnzug war
Lola Montez, mit einer Kammerjungfer und zwei Bedienten hier
angekommen und im Hotel Schneider in der Nähe des Bahnhofes ab-
geſtiegen um mit dem nächſten Zuge nach Frankfurt abzureiſen. Un-
glücklicherweiſe für ſie iſt jener Gaſthof in den erſten Nachmittagsſtunden
auch ſehr von Studirenden beſucht. Kaum verlautete die Kunde von
der Ankunft der Gräfin in der Stadt, ſo ſtrömten noch Hunderte von Stu-
denten und von andern Neugierigen herbei, und es begann ein Schreien
und Tumultuiren, welches nicht eher endete als bis die Spanierin nach
3 Uhr mit dem Frankfurter Zuge abgefahren, nachdem ſie nur mit Le-
bensgefahr das Wartzimmer des Bahnhofs**) erreicht hatte.

*) Jn der geſtrigen Allg. Zeitung iſt in den erſten Abzügen einigemal Of-
fenbach ſtatt Offenburg ſtehen geblieben.
*) Wie wir vernehmen iſt der Abgeordnete Mathy nach Conſtanz abgegan-
gen. A. d. R. d. K. Z.
**) Wie wir hören haben geſtern aus dem Badiſchen gekommene Reiſende
erzählt, ſie hätten die Gräfin von Karlsruhe (oder Heidelberg?) unter
großem Tumult abfahren ſehen. Wie wird ſich dieſes Räthſel löſen?
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[0004] Stuttgart, 15 März. Die Nachricht von dem Einmarſch von 3000 Oeſterreichern in die Bundesfeſtung Ulm muß dahin reducirt werden daß darin nicht etwa eine außerordentliche Maßregel zu er- blicken, vielmehr die Beſetzung der Feſtung durch jene Truppen längſt durch den Bundestag beſtimmt iſt. Jm übrigen hat die Regierung be- reits die nöthigen Schritte gethan um den Einmarſch der Oeſterreicher im jetzigen Augenblick, wo derſelbe nur neue Aufregung zu verbreiten geeignet wäre, zu verhindern. (Beobachter.) Tübingen, 10 März. Von hier aus iſt eine zweite Adreſſe nach Stuttgart gegegangen, welche nach dem Entwurf, den Prof. Fallati in einer von Uhland präſidirten Verſammlung vorlegte, auf beſtimmte Zuſicherung der Mitwirkung zu Errichtung eines deutſchen Parlaments, Aufhebung der Bundesbeſchlüſſe von 1819, 1832, 1834, Beeidigung des Militärs auf die Verfaſſung dringt, und die entſchiedenſte Proteſta- tion gegen ein ruſſiſches Bündniß enthält. (Schw. M.) Tübingen, 12 März. Heute reisten mehrere höhere Beamte von Hechingen hier durch. Das Volk ſoll ihnen geſtern Abend bedeutet haben, „wenn ſie heute nicht gehen ſo komme es morgen Abend wieder vor ihre Häuſer.“ Ebenſo flüchten ſich viele Judenfamilien hieher. Es iſt zu bedauern wenn durch ſolche rohe, für unſer Jahrhundert nicht mehr paſſende Exceſſe die Sache des Fortſchritts gebrandmarkt wird. Die Hechinger ſcheinen ſehr weit zu gehen. Der Fürſt mußte 21 Punkte conceſſioniren, und zwar ſchwarz auf weiß. Der Fürſt ſoll erklärt ha- ben er werde abdanken und ſich auf ſeine auswärtigen Güter zurückzie- ben. Das wollen die Hechinger denn doch nicht. (Südd. pol. Z.) Gr. Baden. § Karlsruhe, 15 März. Geſtern Abend wurde, wie ich aus guter Quelle höre, im Staatsrath beſchloſſen die Geſandtſchaftsſtelle am Bundestage durch den Abg. Hofrath Welcker zu beſetzen, und ihm den Abg. Baffermann beizugeben. Peter iſt zum Regierungsdirector des Seekreiſes ernannt, und geſtern Abend noch auf ſeinen Poſten ab- gereist, nachdem ihm Mathy, der Abg. von Conſtanz, mit zwei andern Abgeordneten aus dem Hegau vorausgeeilt war, um die, wie es heißt, durch Fickler, Redacteur der Seeblätter, irregeleiteten Gemüther der dor- tigen Bewohner wieder auf den rechten Weg zu bringen. Nächſten Sonn- tag wird in Offenburg *) eine Volksverſammlung ſtattfinden, auf deren Ausgang man geſpannt iſt; es ſoll dieſelbe von dem ganzen Lande be- ſchickt werden, von Karlsruhe wird der Bürgermeiſter an der Spitze einer Deputation von 30 Einwohnern, denen ſich ohne Zweifel eine Menge Freiwillige anſchließen werden, dahin abgehen. Die Unruhen im Odenwald find faſt ganz beſchwichtigt. Die Karlsruher Ztg. enthält folgende zwei Decrete. I. Leo- pold von Gottes Gnaden, Großherzog von Baden, Herzog von Zäh- ringen. Wir finden Uns bewogen die Verordnungen vom 16 Febr. 1837 und vom 7 Dec. 1837, wodurch einige Standesherren und die Mitglieder des ehemaligen Reichsadels von den Beſtimmungen der Gemeindeordnung vom 31 Dec. 1831 hinſichtlich der Bürgermeiſter- wahlen, Bürgerannahmen und Gemeindeumlagen als ausgenommen erklärt wurden, wieder außer Wirkſamkeit zu ſetzen. Gegeben zu Karls- ruhe in Unſerem Staatsminiſterium den 14 März 1848. Leopold. — II. Se. königl. Hoheit der Großherzog haben unter dem 14 d. M. allergnädigſt geruht: den Hofrath Karl Welcker zu allerhöchſtihrem Bundestagsgeſandten zu ernennen; ferner haben Allerböchſtdieſelben, nach Anſicht des Bundesbeſchluſſes vom 10 d. M., fiebenzehnte Si- tzung §. 140, den Abgeordneten der zweiten Kammer der Ständever- ſammlung, Friedrich Baſſermann, nach Frankfurt zu der Bundesver- ſammlung zu entſenden allergnädigſt beſchloſſen, um nach Maßgabe des erwähnten Bundesbeſchluſſes bei der Reviſion der Bundesverfaſſung auf nationaler Grundlage, einverſtändlich mit allerhöchihrem Geſand- ten, mitzuwirken. Karlsruhe. An das badiſche Volk. Die freiheitlichen Beſtrebungen des badiſchen Volkes entbehren der Einigung. Die Auf- regung äußert ſich theilweiſe in beklagenswerthen Ausbrüchen. Die Feinde der Freiheit und des Vaterlandes treten zwar im Augenblick nicht offen auf, können aber leicht wieder ihre Macht entwickeln. Unter dieſen Umſtänden iſt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der Rechte des Volkes ein Zuſammentreten aller Freunde des Vaterlandes nothwendig, wenn ſich nicht der gute Geiſt zerſplittern oder gar von feindſeligen Um- trieben unterdrückt ſehen ſoll. Von dieſen Erwägungen geleitet laden die Unterzeichneten alle badiſchen Staatsbürger, welche das Recht ha- ben Wahlmänner zu wählen, auf Sonntag den 19 l. M. Vormittags 10 Uhr zu einer allgemeinen Verſammlung nach Offenburg ein, wo das weitere berathen und beſchloſſen werden wird. Karlsruhe, den 9 März 1848. Dr. Hecker. v. Jtzſtein. Soiron. Peter. Richter. Straub. Struve. Sachs. Mez. Welcker. Kapp. J. P. Grohe. E. Eller. Val. Streuber. H. Hoff.“ Konſtanz, 13 März. Geſtern fand zu Hegne (Schloß am Un- terſee, zwei Stunden von hier) eine weitere Volksverſammlung ſtatt, welche größtentheils von Bauern beſucht war. Dieſelben wurden auf eine fabelhafte Weiſe haranguirt. Unter anderm was wir des Anſtan- des halber verſchweigen, wurde aufgefordert keine Steuern mehr zu be- zahlen und die Bewaffnung zu beſchleunigen; ſich indeſſen ruhig zu ver- halten bis man zu den Waffen rufe: dann werde die Republik procla- mirt. Es hat alles, natürlich mit Berückſichtigung der verſchie denen Zeit, eine überraſchende Aehnlichkeit mit den Zeiten des Bauernkriegs. Faſt in den nämlichen Gegenden ging es damals los, und alle übrigen Nebenumſtände gleichen ſich auf das Haar. Einige Beamte haben ihre Habe nach der Schweiz geflüchtet. Wir können dieſen Schritt nicht bil- ligen; denn bis jetzt iſt weder Perſon noch Eigenthum bedroht worden, und wird es, Dank der Fürſorge der Bürger, nicht werden; die Repu- blicaner müſſen ja ſelbſt am beſten einſehen daß im andern Falle ihre Sache von vornherein verloren wäre. Ferner gilt es jetzt gerade eini- gen Muth zu zeigen; die Bewohner unſrer Gegend find keine grundſätz- lichen Republicaner; der ganze wohlhabende Mittelſtand mag nichts da- von wiſſen, und iſt nur eingeſchüchtert; wenn deßhalb nur der rechte Mann aufträte, welcher die Bewegung in das richtige Geleis brächte, ſo ginge alles gut. Wir müßten ſehr wünſchen daß einige Deputirte von Karlsruhe hieher reisten. *) (Tagesh.) Die Karlsruher Zeitung ſchreibt daß in einer Volksver- ſammlung zu Stockach Fickler, der Redacteur der Sceblätter, eine deut- ſche Republik, angeblich im Sinn der Heidelberger Verſammlung, bean- tragt habe. Dieſelbe ſey aber bei den anweſenden Bürgern und Bauern nicht durchgedrungen. Denſelben Antrag habe Fickler in der Sitzung des Bürgerausſchuſſes zu Conſtanz wiederholt, ſey aber vom Bürger- meiſter Huetlin und Decan Kuenzer kräftig bekämpft worden. „Nur recht drauf losgeſtürmt (ruft der Stuttgarter Beobachter aus) und über das Ziel des Vorwärts hinausgehauen, dann wird die Reaction bald wieder Meiſter ſeyn. Wer zu viel will, der will nichts.“ ♂ Vom Bodenſee, 15 März. Im badiſchen Seekreiſe gährt es auf ſehr bedenkliche Weiſe. Die überſpannteſten Forderungen treten an den Tag. An folgenden Orten find große Volksverſamm- lungen ausgeſchrieben: den 15ten in Singen und Altdorf, den 16ten in Bondorf und Lenzkirch, den 17ten in Villingen und Föh- renbach, den 18ten in Bieberach und Lahr. Jn Hegne (bei Kon- ftanz) war am 13 Volksverſammlung von mehr als 2000 Männern. Die Beſchlüſſe waren: allgemeine Bewaffnung, in Ermanglung der Gewehre mit Senſen! Bildung politiſcher Comités in jeder Gemeinde, in Verbindung mit dem Hauptcomité in Conſtanz; mit Gut und Blut einzuſtehen für Erringung der Bürger- und Menſchentechte; gewärtig zu ſeyn und ſogleich zu erſcheinen wenn der Ruf zu den Waſſen ertönt, die deutſche Republik proclamirt und eine proviſoriſche Regierung ein- geſetzt ſeyn werde; dieſe Beſchlüſſe ſogleich durch Namensunterſchrift zu bekräftigen. Nach heutigen Privatbriefen ſollen in Wien bedeutende Unruhen ausgebrochen ſeyn. ♎ Heidelberg, 14 März. Mit dem Karlsruher Bahnzug war Lola Montez, mit einer Kammerjungfer und zwei Bedienten hier angekommen und im Hotel Schneider in der Nähe des Bahnhofes ab- geſtiegen um mit dem nächſten Zuge nach Frankfurt abzureiſen. Un- glücklicherweiſe für ſie iſt jener Gaſthof in den erſten Nachmittagsſtunden auch ſehr von Studirenden beſucht. Kaum verlautete die Kunde von der Ankunft der Gräfin in der Stadt, ſo ſtrömten noch Hunderte von Stu- denten und von andern Neugierigen herbei, und es begann ein Schreien und Tumultuiren, welches nicht eher endete als bis die Spanierin nach 3 Uhr mit dem Frankfurter Zuge abgefahren, nachdem ſie nur mit Le- bensgefahr das Wartzimmer des Bahnhofs **) erreicht hatte. *) Jn der geſtrigen Allg. Zeitung iſt in den erſten Abzügen einigemal Of- fenbach ſtatt Offenburg ſtehen geblieben. *) Wie wir vernehmen iſt der Abgeordnete Mathy nach Conſtanz abgegan- gen. A. d. R. d. K. Z. **) Wie wir hören haben geſtern aus dem Badiſchen gekommene Reiſende erzählt, ſie hätten die Gräfin von Karlsruhe (oder Heidelberg?) unter großem Tumult abfahren ſehen. Wie wird ſich dieſes Räthſel löſen?

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 77, 17. März 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine77_1848/4>, abgerufen am 21.11.2024.