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Allgemeine Zeitung, Nr. 82, 22. März 1848.

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[Spaltenumbruch] che der Regierung so große Verlegenheiten bereiten, zur Ausführung
dieser Ansiedlungsplane verwendet werden.

Die Verfügung der provisorischen
Regierung daß die Bankbillette den Curs der gesetzlichen
Münze
haben, hat einen sehr günstigen Eindruck gemacht, indem da-
durch unser Bankcomptoir in den Stand gesetzt ist den zahlreichen Dis-
contobegehren mit größerer Bereitwilligkeit entgegenzukommen und den
Baarfonds nicht weiter auf eine so mißliche Weise zu schwächen, wie
dieß in der letzten Woche der Fall war. Die Maßregel der Bank wird
zugleich einen sehr günstigen Einfluß auf die benachbarten Wechselplätze
Deutschlands üben. -- Das 30ste Linieninfanterieregiment, welches in
Romainville lagert, hat Befehl erhalten zur Verstärkung unserer Be-
satzung hieher zu marschiren.

Niederland.

Der König hat durch ein De-
cret vom 17 eine Commission niedergesetzt, welche einen Entwurf zu ei-
ner vollständigen Grundgesetzänderung vorlegen soll. Die Mitglieder
derselben sind, wie sich unter den jetzigen Umständen erwarten läßt, ent-
schiedene Oppositionsmänner, nämlich Dirk Denker Curtier, de Kem-
penaer, Luzac, Storm und Thorbecke. -- Aus Portugal ist Nachricht
eingegangen daß Prinz Alexander, zweiter Sohn des Königs, auf Ma-
deira seiner Krankheit erlegen ist; er war am 2 Aug. 1818 geboren,
also noch nicht völlig 30 Jahr alt.

Schweiz.

In dem öffent-
lichen Leben am Vorort hat sich bis zum 11 d. M. noch nichts weiter
entwickelt; es ist dort fast unheimlich still, und uns fehlen hier unsere
gewohnten Nachrichten aus Genf. Dagegen fallen die fortwährend aus
dem Sundgau über die Gränze strömenden Juden sehr beschwerlich; man
weiß in Bern nicht was mit ihnen anfangen; die von mir im letzten
Schreiben erwähnten Symptome im Jura aber sind bedenklicher gewor-
den. In Pruntrut war die dreifarbige Fahne mit der Inschrift: a bas
les freyschäler! vive la Republique francaise!
aufgepflanzt worden
und der Präfect verlangte dringend Truppenverstärkung. Die Truppen
aber verlangen gar keine neuen Lorbeern, sie sind mit den erworbenen
vollkommen zufrieden; währenddie ganze Sache sehr unbequem ist, da der
Schweizer gut rechnet und jetzt schon mit Schmerzen rechnet was die un-
vermeidliche Gränzbesetzung kosten wird, wo es keine Klöster gibt. Und
doch muß Hülfe geleistet werden; denn schon früher hat der jetzige
Regierungsrath Stockmar mit Anschließung des Jura an Frankreich ge-
droht, der protestantische Theil des Jura aber, das Imerthal, von wo
aus die Freischaaren nach Vallendis zogen, will sich an die neue Re-
publik Neuenburg anschließen. Beides sind alte Gelüste, schon in den
1830ger Jahren vorgekommen. Ich erwähnte früher schon daß die
Neuenburger Geschichte sehr verfänglich zu werden droht. Die preußi-
schen Protestationen, anfangs verlacht, machen zuletzt Eindruck und er-
wecken Nachdenken; und nicht bloß mehr bei den östlichen. Gesandten,
denn verkennen kann man nicht mehr daß man die garantirte Verfassung
des Fürstenthums aufrechterhalten mußte, wie denn auch 1831 von
dem damaligen radicalen Bern Schutz geleitet wurde. Man ist, wie
ich höre, jetzt allgemein entschlossen die neue Regierung nicht anzuerken-
nen, bis der König von Preußen als Fürst gesprochen. Man träumt
dabei von der Möglichkeit sich mit Geld abzufinden. Der Gang der
Ereignisse in Deutschland, so wenig er auch den von der Katastrophe
in Paris erwarteten Folgen entspricht, wird den Fürsten allerdings, auch
wohl Oesterreich hindern irgend entscheidend einzuschreiten. Eine rasche
Entwickelung könnte aber wohl auch einen Umschlag darin geben und dabei
weiß man sich an der italienischen Seite sehr schwach; noch mehr, die
Furcht vor Frankreichs Schutz ist in der Schweiz so allgemein daß
selbst diese den preußischen Forderungen, die nicht ausbleiben können,
zu Hülfe kommt. Aus demselben Motive will, wie ich höre, die Tag-
satzung wie der Vorort um jeden Preis die Neutralität aufrechterhal-
ten. Anfangs wollte man zwar Druey als außerordentlichen Gesandten
nach Paris schicken; weil dann aber eine Allianz unvermeidlich gewesen
wäre, besann man sich zum Glücke eines bessern.

Ich mache Ihnen eine Mittheilung über die
Sie vielleicht lachen, allein ich bitte Sie die Sache nicht so leicht zu
nehmen. Ganz Deutschland ist ein Vulcan, und zwar ein gefährlicherer
als Frankreich. So deute ich folgende Thatsachen: "Schon vor einigen
Tagen habe ich berichtet daß im badischen Oberland und im Württem-
[Spaltenumbruch] bergischen sich republicanische Gelüste zeigen. Sie werden das auch von
andern Seiten erfahren haben. Allein jetzt scheint man es mit der
Sache ernstlich zu meinen. In der Schweiz und im Elsaß werden Waf-
fen in Menge aufgekauft, und zwar nicht etwa zum Schutze gegen die
Franzosen. Sehr viele hier angesessene Deutsche verlassen die Schweiz
plötzlich, und lassen Weib und Kind, Geschäfte und alles im Stich; ge-
wiß nicht aus Furcht vor den Franzosen. Von Frankreich wird das
Feuer tüchtig geschürt. Ich könnte Ihnen wohl viele Namen nennen,
allein als Republicaner thue ich es nicht. Wenn ich an die Möglichkeit
einer Republik in Deutschland glaubte, so würde ich Sie auch mit die-
sen Zeilen verschont haben." (Schw. M.)

Rußland und Polen.

Es ist jetzt gewiß daß Fürst Woronzoff den
Oberbefehl des Heeres im Kaukasus niederlegt, ohne hier mehr aus-
gerichtet zu haben als seine Vorgänger. Seine letzte Waffenthat war
die Belagerung von Saltem, bei der er nahe daran war den hier einge-
schlossenen Schamil gefangenzunehmen. Da die russischen Kanonen
gegen die Felsen, welche die Hütten der Belagerten schützten, nichts ver-
mochten, ließ der Fürst auf den Rath seines Adjutanten den Fluß
abgraben welcher Saltem mit Wasser versieht. Die in der Stadt Ein-
geschlossenen wurden stets ärger bedrängt, sie begannen Unterhandlun-
gen wegen der Uebergabe: aber in einer dunkeln Nacht hieben sie sich bei
einem Ausfalle durch die umzingelnden Russen durch in das Gebirge;
drei Generale, viele Officiere, und den dritten Theil seines Belagerungs-
heeres hatte die Umzingelung Saltems dem Fürsten Woronzoff gekostet.
Zurückgekehrt mit den übrigen, hat er seit zwei Monaten seine Gemä-
cher nicht mehr verlassen; er wird durch eine Augenkrankheit mit Blind-
heit bedroht. Um seine Krankheit zu heilen wird er sich einem sehr
trocknen Befehl aus St. Petersburg zufolge in sein Gouvernement nach
Odessa begeben. (K. Z.)

Das Journal de St. Pe-
tersbourg
, welches ebenso wie die deutsche Petersburger Zeitung einige
Tage hindurch, "der Carnevalszeiten wegen," nicht erschienen ist, enthält
unter dem heutigen Datum die ersten Nachrichten über die Pariser Er-
eignisse. Sie reichen bis zur Einsetzung einer provisorischen Regierung.
Das genannte Blatt erklärt zugleich daß in St. Petersburg die franzö-
sische Post seit dem 23 Febr. ausgeblieben, und daß es seine Berichte
dem Journal de Francfort und der Allg. Preuß. Ztg. entnehme.

Vorgestern ist hier ein Ukas er-
lassen:

"Im westlichen Europa haben Ereignisse stattgehabt welche die
böse Absicht verrathen alle gesetzlichen Auctoritäten zu stürzen; die
freundschaftlichen Verträge und Verbindungen, welche Rußland mit
den Nachbarstaaten binden legen uns die heilige Verpflichtung auf
zeitig Maßregeln zu treffen um einen Theil Unserer Heere in krieg-
gerüsteten Zustand zu versetzen damit, wenn die Ereignisse es erhei-
schen, gegen den verderblichen Strom der Anarchie eine zuverlässige
Gegenwehr gestellt werden kann. In Folge dessen befehlen Wir:"

(Nun folgen Bestimmungen darüber, daß und wie ohne Verzug die-
jenige Reserven einzuberufen sind die den activ zu machenden Trup-
pencorps angehören. (Berl. Nachr.)

Die letzten Nachrichten aus dem König-
reich Polen bestätigen vollkommen das Zusammenziehen zahlreicher
russischer Truppen daselbst: es heißt nämlich daß immer neue rus-
sische Regimenter einrückten und die Armee schon nahe an 100,000
Mann stark sey; einige Uebertreibung mag wohl mit unterlaufen.
Uebrigens ist Polen jetzt gänzlich abgesperrt: Reisende und Zeitun-
gen werden gar nicht mehr eingelassen. Die polnischen Blätter ha-
ben endlich die Erlaubniß erhalten der Pariser Vorfälle zu erwähnen;
eine Zeitung meldet: Se. Maj. König Louis Philipp habe aus Ge-
sundheitsrücksichten auf einige Zeit Frankreich verlassen und sich in die
Seebäder von Brighton in England begeben. Bei seiner Abreise habe
ein kleiner Volksauflauf in Paris stattgefunden, der jedoch schnell un-
terdrückt worden. Indessen sey Se. Maj. bewogen worden während sei-
ner Abwesenheit den Grafen Mole an die Spitze der Verwaltung zu
stellen! So geht russische Censur mit den Weltereignissen um. (Erst
am 12 März durften die Warschauer Blätter die Bildung einer proviso-
rischen Regierung und die Flucht des Königs melden.)

Die aus Schlesien verbreitete
Nachricht daß die polnischen Pfandbriefe von 82 auf 62 Proc. gesunken
seyen, beruhte auf einem Irrthum.



[Spaltenumbruch] che der Regierung ſo große Verlegenheiten bereiten, zur Ausführung
dieſer Anſiedlungsplane verwendet werden.

Die Verfügung der proviſoriſchen
Regierung daß die Bankbillette den Curs der geſetzlichen
Münze
haben, hat einen ſehr günſtigen Eindruck gemacht, indem da-
durch unſer Bankcomptoir in den Stand geſetzt iſt den zahlreichen Dis-
contobegehren mit größerer Bereitwilligkeit entgegenzukommen und den
Baarfonds nicht weiter auf eine ſo mißliche Weiſe zu ſchwächen, wie
dieß in der letzten Woche der Fall war. Die Maßregel der Bank wird
zugleich einen ſehr günſtigen Einfluß auf die benachbarten Wechſelplätze
Deutſchlands üben. — Das 30ſte Linieninfanterieregiment, welches in
Romainville lagert, hat Befehl erhalten zur Verſtärkung unſerer Be-
ſatzung hieher zu marſchiren.

Niederland.

Der König hat durch ein De-
cret vom 17 eine Commiſſion niedergeſetzt, welche einen Entwurf zu ei-
ner vollſtändigen Grundgeſetzänderung vorlegen ſoll. Die Mitglieder
derſelben ſind, wie ſich unter den jetzigen Umſtänden erwarten läßt, ent-
ſchiedene Oppoſitionsmänner, nämlich Dirk Denker Curtier, de Kem-
penaer, Luzac, Storm und Thorbecke. — Aus Portugal iſt Nachricht
eingegangen daß Prinz Alexander, zweiter Sohn des Königs, auf Ma-
deira ſeiner Krankheit erlegen iſt; er war am 2 Aug. 1818 geboren,
alſo noch nicht völlig 30 Jahr alt.

Schweiz.

In dem öffent-
lichen Leben am Vorort hat ſich bis zum 11 d. M. noch nichts weiter
entwickelt; es iſt dort faſt unheimlich ſtill, und uns fehlen hier unſere
gewohnten Nachrichten aus Genf. Dagegen fallen die fortwährend aus
dem Sundgau über die Gränze ſtrömenden Juden ſehr beſchwerlich; man
weiß in Bern nicht was mit ihnen anfangen; die von mir im letzten
Schreiben erwähnten Symptome im Jura aber ſind bedenklicher gewor-
den. In Pruntrut war die dreifarbige Fahne mit der Inſchrift: à bas
les freyschäler! vive la République française!
aufgepflanzt worden
und der Präfect verlangte dringend Truppenverſtärkung. Die Truppen
aber verlangen gar keine neuen Lorbeern, ſie ſind mit den erworbenen
vollkommen zufrieden; währenddie ganze Sache ſehr unbequem iſt, da der
Schweizer gut rechnet und jetzt ſchon mit Schmerzen rechnet was die un-
vermeidliche Gränzbeſetzung koſten wird, wo es keine Klöſter gibt. Und
doch muß Hülfe geleiſtet werden; denn ſchon früher hat der jetzige
Regierungsrath Stockmar mit Anſchließung des Jura an Frankreich ge-
droht, der proteſtantiſche Theil des Jura aber, das Imerthal, von wo
aus die Freiſchaaren nach Vallendis zogen, will ſich an die neue Re-
publik Neuenburg anſchließen. Beides ſind alte Gelüſte, ſchon in den
1830ger Jahren vorgekommen. Ich erwähnte früher ſchon daß die
Neuenburger Geſchichte ſehr verfänglich zu werden droht. Die preußi-
ſchen Proteſtationen, anfangs verlacht, machen zuletzt Eindruck und er-
wecken Nachdenken; und nicht bloß mehr bei den öſtlichen. Geſandten,
denn verkennen kann man nicht mehr daß man die garantirte Verfaſſung
des Fürſtenthums aufrechterhalten mußte, wie denn auch 1831 von
dem damaligen radicalen Bern Schutz geleitet wurde. Man iſt, wie
ich höre, jetzt allgemein entſchloſſen die neue Regierung nicht anzuerken-
nen, bis der König von Preußen als Fürſt geſprochen. Man träumt
dabei von der Möglichkeit ſich mit Geld abzufinden. Der Gang der
Ereigniſſe in Deutſchland, ſo wenig er auch den von der Kataſtrophe
in Paris erwarteten Folgen entſpricht, wird den Fürſten allerdings, auch
wohl Oeſterreich hindern irgend entſcheidend einzuſchreiten. Eine raſche
Entwickelung könnte aber wohl auch einen Umſchlag darin geben und dabei
weiß man ſich an der italieniſchen Seite ſehr ſchwach; noch mehr, die
Furcht vor Frankreichs Schutz iſt in der Schweiz ſo allgemein daß
ſelbſt dieſe den preußiſchen Forderungen, die nicht ausbleiben können,
zu Hülfe kommt. Aus demſelben Motive will, wie ich höre, die Tag-
ſatzung wie der Vorort um jeden Preis die Neutralität aufrechterhal-
ten. Anfangs wollte man zwar Druey als außerordentlichen Geſandten
nach Paris ſchicken; weil dann aber eine Allianz unvermeidlich geweſen
wäre, beſann man ſich zum Glücke eines beſſern.

Ich mache Ihnen eine Mittheilung über die
Sie vielleicht lachen, allein ich bitte Sie die Sache nicht ſo leicht zu
nehmen. Ganz Deutſchland iſt ein Vulcan, und zwar ein gefährlicherer
als Frankreich. So deute ich folgende Thatſachen: „Schon vor einigen
Tagen habe ich berichtet daß im badiſchen Oberland und im Württem-
[Spaltenumbruch] bergiſchen ſich republicaniſche Gelüſte zeigen. Sie werden das auch von
andern Seiten erfahren haben. Allein jetzt ſcheint man es mit der
Sache ernſtlich zu meinen. In der Schweiz und im Elſaß werden Waf-
fen in Menge aufgekauft, und zwar nicht etwa zum Schutze gegen die
Franzoſen. Sehr viele hier angeſeſſene Deutſche verlaſſen die Schweiz
plötzlich, und laſſen Weib und Kind, Geſchäfte und alles im Stich; ge-
wiß nicht aus Furcht vor den Franzoſen. Von Frankreich wird das
Feuer tüchtig geſchürt. Ich könnte Ihnen wohl viele Namen nennen,
allein als Republicaner thue ich es nicht. Wenn ich an die Möglichkeit
einer Republik in Deutſchland glaubte, ſo würde ich Sie auch mit die-
ſen Zeilen verſchont haben.“ (Schw. M.)

Rußland und Polen.

Es iſt jetzt gewiß daß Fürſt Woronzoff den
Oberbefehl des Heeres im Kaukaſus niederlegt, ohne hier mehr aus-
gerichtet zu haben als ſeine Vorgänger. Seine letzte Waffenthat war
die Belagerung von Saltem, bei der er nahe daran war den hier einge-
ſchloſſenen Schamil gefangenzunehmen. Da die ruſſiſchen Kanonen
gegen die Felſen, welche die Hütten der Belagerten ſchützten, nichts ver-
mochten, ließ der Fürſt auf den Rath ſeines Adjutanten den Fluß
abgraben welcher Saltem mit Waſſer verſieht. Die in der Stadt Ein-
geſchloſſenen wurden ſtets ärger bedrängt, ſie begannen Unterhandlun-
gen wegen der Uebergabe: aber in einer dunkeln Nacht hieben ſie ſich bei
einem Ausfalle durch die umzingelnden Ruſſen durch in das Gebirge;
drei Generale, viele Officiere, und den dritten Theil ſeines Belagerungs-
heeres hatte die Umzingelung Saltems dem Fürſten Woronzoff gekoſtet.
Zurückgekehrt mit den übrigen, hat er ſeit zwei Monaten ſeine Gemä-
cher nicht mehr verlaſſen; er wird durch eine Augenkrankheit mit Blind-
heit bedroht. Um ſeine Krankheit zu heilen wird er ſich einem ſehr
trocknen Befehl aus St. Petersburg zufolge in ſein Gouvernement nach
Odeſſa begeben. (K. Z.)

Das Journal de St. Pe-
tersbourg
, welches ebenſo wie die deutſche Petersburger Zeitung einige
Tage hindurch, „der Carnevalszeiten wegen,“ nicht erſchienen iſt, enthält
unter dem heutigen Datum die erſten Nachrichten über die Pariſer Er-
eigniſſe. Sie reichen bis zur Einſetzung einer proviſoriſchen Regierung.
Das genannte Blatt erklärt zugleich daß in St. Petersburg die franzö-
ſiſche Poſt ſeit dem 23 Febr. ausgeblieben, und daß es ſeine Berichte
dem Journal de Francfort und der Allg. Preuß. Ztg. entnehme.

Vorgeſtern iſt hier ein Ukas er-
laſſen:

„Im weſtlichen Europa haben Ereigniſſe ſtattgehabt welche die
böſe Abſicht verrathen alle geſetzlichen Auctoritäten zu ſtürzen; die
freundſchaftlichen Verträge und Verbindungen, welche Rußland mit
den Nachbarſtaaten binden legen uns die heilige Verpflichtung auf
zeitig Maßregeln zu treffen um einen Theil Unſerer Heere in krieg-
gerüſteten Zuſtand zu verſetzen damit, wenn die Ereigniſſe es erhei-
ſchen, gegen den verderblichen Strom der Anarchie eine zuverläſſige
Gegenwehr geſtellt werden kann. In Folge deſſen befehlen Wir:“

(Nun folgen Beſtimmungen darüber, daß und wie ohne Verzug die-
jenige Reſerven einzuberufen ſind die den activ zu machenden Trup-
pencorps angehören. (Berl. Nachr.)

Die letzten Nachrichten aus dem König-
reich Polen beſtätigen vollkommen das Zuſammenziehen zahlreicher
ruſſiſcher Truppen daſelbſt: es heißt nämlich daß immer neue ruſ-
ſiſche Regimenter einrückten und die Armee ſchon nahe an 100,000
Mann ſtark ſey; einige Uebertreibung mag wohl mit unterlaufen.
Uebrigens iſt Polen jetzt gänzlich abgeſperrt: Reiſende und Zeitun-
gen werden gar nicht mehr eingelaſſen. Die polniſchen Blätter ha-
ben endlich die Erlaubniß erhalten der Pariſer Vorfälle zu erwähnen;
eine Zeitung meldet: Se. Maj. König Louis Philipp habe aus Ge-
ſundheitsrückſichten auf einige Zeit Frankreich verlaſſen und ſich in die
Seebäder von Brighton in England begeben. Bei ſeiner Abreiſe habe
ein kleiner Volksauflauf in Paris ſtattgefunden, der jedoch ſchnell un-
terdrückt worden. Indeſſen ſey Se. Maj. bewogen worden während ſei-
ner Abweſenheit den Grafen Molé an die Spitze der Verwaltung zu
ſtellen! So geht ruſſiſche Cenſur mit den Weltereigniſſen um. (Erſt
am 12 März durften die Warſchauer Blätter die Bildung einer proviſo-
riſchen Regierung und die Flucht des Königs melden.)

Die aus Schleſien verbreitete
Nachricht daß die polniſchen Pfandbriefe von 82 auf 62 Proc. geſunken
ſeyen, beruhte auf einem Irrthum.



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[0020] che der Regierung ſo große Verlegenheiten bereiten, zur Ausführung dieſer Anſiedlungsplane verwendet werden. # Straßburg, 18 März.Die Verfügung der proviſoriſchen Regierung daß die Bankbillette den Curs der geſetzlichen Münze haben, hat einen ſehr günſtigen Eindruck gemacht, indem da- durch unſer Bankcomptoir in den Stand geſetzt iſt den zahlreichen Dis- contobegehren mit größerer Bereitwilligkeit entgegenzukommen und den Baarfonds nicht weiter auf eine ſo mißliche Weiſe zu ſchwächen, wie dieß in der letzten Woche der Fall war. Die Maßregel der Bank wird zugleich einen ſehr günſtigen Einfluß auf die benachbarten Wechſelplätze Deutſchlands üben. — Das 30ſte Linieninfanterieregiment, welches in Romainville lagert, hat Befehl erhalten zur Verſtärkung unſerer Be- ſatzung hieher zu marſchiren. Niederland. * Vom Niederrhein, 19 März.Der König hat durch ein De- cret vom 17 eine Commiſſion niedergeſetzt, welche einen Entwurf zu ei- ner vollſtändigen Grundgeſetzänderung vorlegen ſoll. Die Mitglieder derſelben ſind, wie ſich unter den jetzigen Umſtänden erwarten läßt, ent- ſchiedene Oppoſitionsmänner, nämlich Dirk Denker Curtier, de Kem- penaer, Luzac, Storm und Thorbecke. — Aus Portugal iſt Nachricht eingegangen daß Prinz Alexander, zweiter Sohn des Königs, auf Ma- deira ſeiner Krankheit erlegen iſt; er war am 2 Aug. 1818 geboren, alſo noch nicht völlig 30 Jahr alt. Schweiz. * Von der Schweizer Gränze. 14 März.In dem öffent- lichen Leben am Vorort hat ſich bis zum 11 d. M. noch nichts weiter entwickelt; es iſt dort faſt unheimlich ſtill, und uns fehlen hier unſere gewohnten Nachrichten aus Genf. Dagegen fallen die fortwährend aus dem Sundgau über die Gränze ſtrömenden Juden ſehr beſchwerlich; man weiß in Bern nicht was mit ihnen anfangen; die von mir im letzten Schreiben erwähnten Symptome im Jura aber ſind bedenklicher gewor- den. In Pruntrut war die dreifarbige Fahne mit der Inſchrift: à bas les freyschäler! vive la République française! aufgepflanzt worden und der Präfect verlangte dringend Truppenverſtärkung. Die Truppen aber verlangen gar keine neuen Lorbeern, ſie ſind mit den erworbenen vollkommen zufrieden; währenddie ganze Sache ſehr unbequem iſt, da der Schweizer gut rechnet und jetzt ſchon mit Schmerzen rechnet was die un- vermeidliche Gränzbeſetzung koſten wird, wo es keine Klöſter gibt. Und doch muß Hülfe geleiſtet werden; denn ſchon früher hat der jetzige Regierungsrath Stockmar mit Anſchließung des Jura an Frankreich ge- droht, der proteſtantiſche Theil des Jura aber, das Imerthal, von wo aus die Freiſchaaren nach Vallendis zogen, will ſich an die neue Re- publik Neuenburg anſchließen. Beides ſind alte Gelüſte, ſchon in den 1830ger Jahren vorgekommen. Ich erwähnte früher ſchon daß die Neuenburger Geſchichte ſehr verfänglich zu werden droht. Die preußi- ſchen Proteſtationen, anfangs verlacht, machen zuletzt Eindruck und er- wecken Nachdenken; und nicht bloß mehr bei den öſtlichen. Geſandten, denn verkennen kann man nicht mehr daß man die garantirte Verfaſſung des Fürſtenthums aufrechterhalten mußte, wie denn auch 1831 von dem damaligen radicalen Bern Schutz geleitet wurde. Man iſt, wie ich höre, jetzt allgemein entſchloſſen die neue Regierung nicht anzuerken- nen, bis der König von Preußen als Fürſt geſprochen. Man träumt dabei von der Möglichkeit ſich mit Geld abzufinden. Der Gang der Ereigniſſe in Deutſchland, ſo wenig er auch den von der Kataſtrophe in Paris erwarteten Folgen entſpricht, wird den Fürſten allerdings, auch wohl Oeſterreich hindern irgend entſcheidend einzuſchreiten. Eine raſche Entwickelung könnte aber wohl auch einen Umſchlag darin geben und dabei weiß man ſich an der italieniſchen Seite ſehr ſchwach; noch mehr, die Furcht vor Frankreichs Schutz iſt in der Schweiz ſo allgemein daß ſelbſt dieſe den preußiſchen Forderungen, die nicht ausbleiben können, zu Hülfe kommt. Aus demſelben Motive will, wie ich höre, die Tag- ſatzung wie der Vorort um jeden Preis die Neutralität aufrechterhal- ten. Anfangs wollte man zwar Druey als außerordentlichen Geſandten nach Paris ſchicken; weil dann aber eine Allianz unvermeidlich geweſen wäre, beſann man ſich zum Glücke eines beſſern. Zürich, 18 März.(Von unſerm gewöhnlichen Correſpondenten, einem radicalen Züricher.)Ich mache Ihnen eine Mittheilung über die Sie vielleicht lachen, allein ich bitte Sie die Sache nicht ſo leicht zu nehmen. Ganz Deutſchland iſt ein Vulcan, und zwar ein gefährlicherer als Frankreich. So deute ich folgende Thatſachen: „Schon vor einigen Tagen habe ich berichtet daß im badiſchen Oberland und im Württem- bergiſchen ſich republicaniſche Gelüſte zeigen. Sie werden das auch von andern Seiten erfahren haben. Allein jetzt ſcheint man es mit der Sache ernſtlich zu meinen. In der Schweiz und im Elſaß werden Waf- fen in Menge aufgekauft, und zwar nicht etwa zum Schutze gegen die Franzoſen. Sehr viele hier angeſeſſene Deutſche verlaſſen die Schweiz plötzlich, und laſſen Weib und Kind, Geſchäfte und alles im Stich; ge- wiß nicht aus Furcht vor den Franzoſen. Von Frankreich wird das Feuer tüchtig geſchürt. Ich könnte Ihnen wohl viele Namen nennen, allein als Republicaner thue ich es nicht. Wenn ich an die Möglichkeit einer Republik in Deutſchland glaubte, ſo würde ich Sie auch mit die- ſen Zeilen verſchont haben.“ (Schw. M.) Rußland und Polen. Tiflis, 13 Febr.Es iſt jetzt gewiß daß Fürſt Woronzoff den Oberbefehl des Heeres im Kaukaſus niederlegt, ohne hier mehr aus- gerichtet zu haben als ſeine Vorgänger. Seine letzte Waffenthat war die Belagerung von Saltem, bei der er nahe daran war den hier einge- ſchloſſenen Schamil gefangenzunehmen. Da die ruſſiſchen Kanonen gegen die Felſen, welche die Hütten der Belagerten ſchützten, nichts ver- mochten, ließ der Fürſt auf den Rath ſeines Adjutanten den Fluß abgraben welcher Saltem mit Waſſer verſieht. Die in der Stadt Ein- geſchloſſenen wurden ſtets ärger bedrängt, ſie begannen Unterhandlun- gen wegen der Uebergabe: aber in einer dunkeln Nacht hieben ſie ſich bei einem Ausfalle durch die umzingelnden Ruſſen durch in das Gebirge; drei Generale, viele Officiere, und den dritten Theil ſeines Belagerungs- heeres hatte die Umzingelung Saltems dem Fürſten Woronzoff gekoſtet. Zurückgekehrt mit den übrigen, hat er ſeit zwei Monaten ſeine Gemä- cher nicht mehr verlaſſen; er wird durch eine Augenkrankheit mit Blind- heit bedroht. Um ſeine Krankheit zu heilen wird er ſich einem ſehr trocknen Befehl aus St. Petersburg zufolge in ſein Gouvernement nach Odeſſa begeben. (K. Z.) St. Petersburg, 7 März.Das Journal de St. Pe- tersbourg, welches ebenſo wie die deutſche Petersburger Zeitung einige Tage hindurch, „der Carnevalszeiten wegen,“ nicht erſchienen iſt, enthält unter dem heutigen Datum die erſten Nachrichten über die Pariſer Er- eigniſſe. Sie reichen bis zur Einſetzung einer proviſoriſchen Regierung. Das genannte Blatt erklärt zugleich daß in St. Petersburg die franzö- ſiſche Poſt ſeit dem 23 Febr. ausgeblieben, und daß es ſeine Berichte dem Journal de Francfort und der Allg. Preuß. Ztg. entnehme. St. Petersburg, 10 März.Vorgeſtern iſt hier ein Ukas er- laſſen: „Im weſtlichen Europa haben Ereigniſſe ſtattgehabt welche die böſe Abſicht verrathen alle geſetzlichen Auctoritäten zu ſtürzen; die freundſchaftlichen Verträge und Verbindungen, welche Rußland mit den Nachbarſtaaten binden legen uns die heilige Verpflichtung auf zeitig Maßregeln zu treffen um einen Theil Unſerer Heere in krieg- gerüſteten Zuſtand zu verſetzen damit, wenn die Ereigniſſe es erhei- ſchen, gegen den verderblichen Strom der Anarchie eine zuverläſſige Gegenwehr geſtellt werden kann. In Folge deſſen befehlen Wir:“ (Nun folgen Beſtimmungen darüber, daß und wie ohne Verzug die- jenige Reſerven einzuberufen ſind die den activ zu machenden Trup- pencorps angehören. (Berl. Nachr.) * Poſen, 14 März.Die letzten Nachrichten aus dem König- reich Polen beſtätigen vollkommen das Zuſammenziehen zahlreicher ruſſiſcher Truppen daſelbſt: es heißt nämlich daß immer neue ruſ- ſiſche Regimenter einrückten und die Armee ſchon nahe an 100,000 Mann ſtark ſey; einige Uebertreibung mag wohl mit unterlaufen. Uebrigens iſt Polen jetzt gänzlich abgeſperrt: Reiſende und Zeitun- gen werden gar nicht mehr eingelaſſen. Die polniſchen Blätter ha- ben endlich die Erlaubniß erhalten der Pariſer Vorfälle zu erwähnen; eine Zeitung meldet: Se. Maj. König Louis Philipp habe aus Ge- ſundheitsrückſichten auf einige Zeit Frankreich verlaſſen und ſich in die Seebäder von Brighton in England begeben. Bei ſeiner Abreiſe habe ein kleiner Volksauflauf in Paris ſtattgefunden, der jedoch ſchnell un- terdrückt worden. Indeſſen ſey Se. Maj. bewogen worden während ſei- ner Abweſenheit den Grafen Molé an die Spitze der Verwaltung zu ſtellen! So geht ruſſiſche Cenſur mit den Weltereigniſſen um. (Erſt am 12 März durften die Warſchauer Blätter die Bildung einer proviſo- riſchen Regierung und die Flucht des Königs melden.) Polniſche Gränze, 15 März.Die aus Schleſien verbreitete Nachricht daß die polniſchen Pfandbriefe von 82 auf 62 Proc. geſunken ſeyen, beruhte auf einem Irrthum.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 82, 22. März 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine82_1848/20>, abgerufen am 01.06.2024.