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Allgemeine Zeitung, Nr. 88, 31. März 1900.

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Nr. 88. München, Samstag Allgemeine Zeitung 31. März 1900.
[Spaltenumbruch]
Deutsches Reich.

zu Lederuntersuchungen abgeschlossen hatten, auf eine Reihe
von Jahren erneuert.

Oesterreich-Ungarn.
Preissteigerung der Kohle und Proteste dagegen.

* Der Arbeiterstrike in den Kohlenbergwerken hat jetzt
sein Nachspiel in dem Konflikt der Großindustrie mit den
Kohlenhändlern. Die Preissteigerung für Kohle war,
wie in anderen Ländern, so auch in Oesterreich schon im
Lanfe des letzten Dezenniums beträchtlich genug, so daß
beispielsweise nach einer der "Bohemia" zur Verfügung ge-
stellten statistischen Aufzeichnung eines Großindustriellen der-
selbe im Jahre 1889 Nußkohle erster Qualität ab Schacht mit
9 Gulden, im Jahre 1900 aber mit 23 Gulden zahlte. Nun
wollen aber die Großhändler die infolge des Strikes ein-
getretene Vertheuerung der Produktion nicht nur zu einer
dieser Vertheuerung entsprechenden, sondern zu einer noch
wesentlich höheren Preissteigerung benutzen. Das Tep-
litzer Handelsgremium hat berechnet, daß, wenn man
eine den Arbeitern gewährte 20prozentige Lohnerhöhung
und außerdem Unkosten für Wohlfahrtseinrichtungen und
Verkürzung der Arbeitszeit in Höhe einer weiteren
10 prozentigen Lohnerhöhung annimmt, danach der Waggon
Kohle per 10 Tons um 6 Kronen theurer werden
müßte. Die Händler aber machen Aufschläge von 12 bis
30 Kronen. Und dabei sind die gedachten Forderungen der
Arbeiter größtentheils nicht einmal erfüllt worden. Die
Großhändler wollen also von dem Strike in doppelter Weise
prositiren, einmal von den hohen Preisen für die bis zum
Ausbruch des Strikes liegen gebliebene, während desselben
losgeschlagene minderwerthige Kohle, und dann durch den
jetzigen Aufschlag. Als Beispiele für Kohlenpreise werden
angeführt: Mittelkohle II-Friedrich kostete vor dem Ausstand
45 kr., jetzt 60 kr.; Nußkohle früher 37 kr., jetzt 52 kr.;
Emmeran-Schacht-Mittelkohle I früher 55 kr., jetzt 83 kr. per
Waggon. Die Proteste der Industrie sind unter solchen
Umständen begreiflich. Man fragt sich, ob die öster-
reichische Industrie überhaupt eine solche Mehrbelastung aus-
zuhalten imstande sei. In der Sektion Tetschen-Bodenbach
des Bundes österreichischer Industrieller wurde bereits auge-
regt, die bestehenden Heizanlagen für die Verwendung schlesi-
scher und englischer Kohle umzuändern, da deren Gebrauch
bei den gegenwärtigen Braunkohlenpreisen sich beinahe als
vortheilhafter erweist. Nicht minder als die Großindustrie
werden selbstverständlich Gewerbe und Hanshaltungen be-
lastet. Die Protestbewegung nimmt daher einen großen Um-
fang an. Im böhmischen Landtag forderten deutsche und
tschechische Abgeordnete das Einschreiten der Regierung
und von den Handelskammern ist die Reichenberger mit
einem Gesuch an das Ministerium um Veranstaltung
einer Enquete vorangegangen, die Vorschläge zu Schutz-
maßnahmen gegen die Kohlenvertheuerung machen soll. Der
Bund österreichischer Industrieller ist direkt an die Gewerke,
zunächst an die Mährisch-Ostrauer, herangetreten, um die
Preiserhöhungen zu verhindern. Die Regierung wird sich
jedenfalls der Einmischung nicht entziehen können, und es
stünde zu hoffen, daß sie dabei mit mehr Geschick und Erfolg
operirte, als während des Strikes bei den Unterhandlungen
mit Arbeitern und Arbeitgebern. Als Schutzmaßregeln werden
in Auregung gebracht einerseits Festsetzung eines Maximal-
preises für Kohle, Minimaltarif für Kohlenfrachten, anderer-
seits Sequestration der Bergwerke oder staatliches Verkaufs-
monopol. Man hat also reichliche Auswahl. Vielleicht aber
wird gerade deßhalb die Unschlüssigkeit um so größer sein.

Aus dem Strikegebiet.

Tel. Es striken ungefähr
65 Proz. der hiesigen Bergarbeiter. Gegen fünf zur
Arbeit gehende Berglente wurden Steine geschlendert; die
Thäter sind verhaftet.

Tel. Der Strike im
Ostrau-Karwiner Revier ist beendet. Heute wird in
allen Schächten normal gearbeitet.

Tel. Auf dem Johannes-Schacht
in Bruch verlangten die Bergarbeiter die Kündigung zweier
Strikebrecher und des Aufsichtspersonals, das während
des Strikes Hauerarbeiten verrichtete. Die Bergwerksver-
waltung lehnte die Forderungen ab, stellte den Arbeitern
jedoch Lohnerhöhung in Aussicht. Da die Arbeiter bei ihren
Forderungen verharrten, wurden sie für entlassen erklärt.

Schweiz.
Militärforderungen.

Tel. Der Ständerath genehmigte
wie der Nationalrath einstimmig die nöthigen Kredite für die
Beendigung der Studien zur Neubewaffnung der Artillerie.
Im Spätherbst soll die Vorlage über die Einführung eines
Schnellfeuergeschützes der Bundesversammlung unter-
breitet werden und später eine solche über die Einführung
von Feldhaubitzen.

Großbritannien.
Religiöser Fanatismus in Indien.

K. C. Aus Bombay wird vom 3. d. M. berichtet: In
Peschauer hat sich wieder eine der typischen indischen
Tragödien
abgespielt. Ein fanatischer Indier tödtete den
Distriktsrichter Gunter, einen jungen Mann von kaum
30 Jahren, der am Anfang einer glänzenden Carriere stand,
dann traf er einen Offizier, Leutnant Green, stieß ihm den
Dolch in den Hals, daß er sofort todt zusammenbrach, und
erstach dann noch den indischen Diener des Offiziers, der
seinem Herrn zuhülfe kommen wollte. Viele hundert englische
Beamte und Offiziere sind auf dieselbe Art in Indien eines
gewaltsamen Todes gestorben, seitdem die Engländer zuerst
ihren Fuß dorthin gesetzt haben. Zu Aufang des Jahrhunderts
waren es die Thags, eine religiöse Sekte, welche sich die
"Dienerin der Göttin Kali" nannte und zu Füßen ihres
Bildes unzählige Menschenopfer brachte. Es hat lange ge-
dauert, bis diese schauerliche Gemeinschaft ausgerottet war, aber
neben ihr bestanden und bestehen kleinere Sekten von Fanatikern,
besonders in den weit von den großen Verkehrsmittelpunkten ent-
fernten Grenzbezirken, denen die Vertilgung der verhaßten Euro-
päer als die preisenswertheste That gilt. Einem solchen Sektirer,
einem "Ghasi", sind Richter Gunter und Leutnant Green jetzt
zum Opfer gefallen. Die Methode, nach der die "Ghasies"
regelmäßig arbeiten, macht ihre Opfer vollständig hülflos.
Der Mann, der entschlossen ist oder dazu auserwählt wurde,
den Mord auszuführen, hat meistens keinen anderen Wunsch mehr,
[Spaltenumbruch] als sich einen Platz im Paradies zu sichern, indem er einen
Weißen tödtet. So geht er denn aus und rennt dem ersten
Europäer, der ihm in den Weg kommt, den haarscharfen
Dolch in den Rücken. Selten versucht er zu entkommen,
sondern er läßt sich ruhig festnehmen und hinrichten; sich und
Anderen erscheint er dabei in der Glorie des Märtyrers.
Zahllose Engländer werden so Jahr für Jahr von unsicht-
barer Hand niedergestoßen, auf Eisenbahnplattformen, bei
Wettrennen oder an anderen öffentlichen Orten, von Männern,
die sie nie gesehen und nie beleidigt haben, gegen die sie sich also
gar nicht schützen können. Der Ursprung dieser Grenelthaten
ist stets nur religiöser Fanatismus, und zwar meist der
mohammedanischen Bevölkerung.

Frankreich.
Zum Tode Benedetti's.

Mit dem gestern im Hause seiner
alten Gönnerin und, man darf dreist sagen, Freundin, der
Prinzessin Mathilde Bonaparte, erfolgten Tode des Grafen
Benedetti, ist auch hier eine der letzten markanten Figuren aus
der großen Zeit des großen deutsch-französischen Kriegs aus-
gelöscht worden. Der Graf ist nahezu 84 Jahre geworden,
aber er hatte sich selbst um fast dreißig Jahre überlebt; denn
sein eigentlicher Todestag ist nicht der 28. März 1900, das
ist der 14. Juli 1870 gewesen, der Tag, an dem die so-
genannte Emser Depesche aus dem Kabinet oder, um exakt
zu sein, aus dem Speisesaal des späteren Fürsten, damaligen
Grafen Bismarck, in die Welt hinaus ging. An jenem Tage
ist der Diplomat Benedetti gestorben, morgen wird er be-
graben. Ich selbst habe ihn, vor einigen Jahren freilich --
in der letzten Zeit ging er nicht mehr in die Welt und be-
suchte er nur noch in alter bonapartistischer Treue seine corsische
Landsmännin, die Prinzessin Mathilde -- noch wiederholt in
Pariser Salons getroffen; ein feines altes Männchen mit
den höflichsten und verbindlichsten Manieren der Welt, so
höflich, so verbindlich, daß man ihm aufs Wort glauben
könnte, auch wenn nicht inzwischen das Bismarck'sche
Zeugniß vorläge, daß er in Ems wohl einen insolenten
Auftrag seiner Regierung an König Wilhelm hatte, daß
er persönlich aber weder insolent gegen unsern alten
Herrn gewesen ist, noch daß er von diesem oder von dem
vom König zu ihm entsandten Fürsten Radziwill -- der Volks-
mund hat die Rolle des königlichen Boten an Benedetti in
Ems lange irrthümlich den Grafen Lehndorff spielen lassen --
insultirt oder auch nur brüskirt worden ist. Graf Benedetti
hat damals in Ems und in der Rolle, die ihn die Emser
Depesche spielen läßt, nur die Sünden Anderer, seines Kaisers
und seines Ministers Gramont, büßen müssen; von dem
Vorwurf freilich, ein zwar tadellos wohlerzogener, aber ein recht
herzlich unbedeutender und noch viel unvorsichtigerer Diplomat
und Staatsmann gewesen zu sein, hat ihn im Leben nichts
reingewaschen und wird ihn auch keine noch so wohlwollende
Kritik befreien. Was dem Grafen Benedetti, wie auch seinem
kaiserlichen Herrn gänzlich abging, war Menschenkenntniß und
die Gabe, die Dinge zu sehen wie sie waren, nicht wie sie diese
sich ausmalten. Und gar so naiv zu sein, einem Gegner wie
Bismarck ein Dokument, wie den belgisch-luxemburgischen
Theilungsentwurf, von seiner Hand geschrieben, im Urtext zu
überlassen, ist für einen Diplomaten doch nicht erlaubt. Und
doch: Was wäre Benedetti heute, wenn er nicht das Unglück
und zugleich das Glück gehabt hätte, in den kritischen Jahren
1866 bis 1870 Botschafter des Kaisers Napoleon am Berliner
Hof gewesen zu sein? Nichts, rein gar nichts; Niemand
ahnte heute noch, daß es einmal einen französischen Diplo-
maten Nament Vinzent Benedetti gegeben habe. So ist er zu
einer Art herostratischer Berühmtheit, aber doch zu einer Be-
rühmtheit gelangt, die ihm andernfalls sicher nicht beschieden
gewesen wäre.



Bayerischer Landtag.
Sitzung des Finanzausschusses.

Tagesordnung: Etat des
Ministeriums des Innern für Kirchen- und Schul-
angelegenheiten.
Die Berathung wird zunächst bei § 15
Lit. V des Finanzgesetzentwurfs "Errichtung eines
Museums von Gipsabgüssen aus der christlichen
Zeit in dem Gebäude des alten Nationalmuseums"

fortgesetzt. Dort werden verlangt 342,857 M. als Ent-
schädigung
der kgl. Zivilliste für Ueberlassung des Ge-
bäudes des alten Nationalmuseums an den Staat und
135,000 M. Kosten der Adaptirung des Gebändes für die
Zwecke des neu zu errichtenden Museums. Zu dieser Forde-
rung kommt der in Kap. 20 § 6 des Etats postulirte Betrag
von 75,000 M.

Referent Dr. Schädler führt aus, daß der Mangel
eines Gipsmuseums in München in künstlerischen und wissen-
schaftlichen Kreisen wie auch in der Presse vielfach beklagt
worden sei. Nun sei beabsichtigt, in dem alten National-
museum, dessen Uebergang in das volle Verfügungsrecht des
Staates in Aussicht genommen sei, eine Sammlung von
Gipsabgüssen der christlichen Zeit einzurichten. Der Kauf-
preis von 342,857 M. sei nicht zu hoch, nur frage sich, ob
mit Rücksicht auf die früher bedenklich gefundene Feuersicherheit
und Tragfähigkeit sich das Gebände zur Aufnahme des
Museums empfehle. Fraglich sei auch, wie sich nach dem Ueber-
gang des alten Nationalmuseums in das Eigenthum des
Staates das Verhältniß zu der Münchener Künstlergenossen-
schaft ergeben werde, der bereits vor einigen Jahren durch
Allerhöchste Verfügung ein Theil des Erdgeschosses zur Auf-
nahme ihrer ständigen Ausstellung zur Verfügung gestellt
worden sei.

Kultusminister Dr. v. Landmann erklärt, daß die Staats-
regierung der Künstlergenossenschaft die ihr zugesicherten Räume
auf Ruf und Widerruf überlassen wolle.

Oberbaurath Stempel bemerkt, daß für den in
Aussicht genommenen Zweck
weder eine Feuersgefahr
noch ein Mangel von Tragfähigkeit vorhanden sei.

Auf Anfrage bemerkt der Minister, daß bereits Vor-
schläge für Ankäufe von Gipsabgüssen gemacht und auch ver-
schiedene Pläne über die nähere Einrichtung des Museums
entworfen worden seien. Wenn der Landtag die Mittel be-
willige, werde er noch eine weitere kommissionelle Berathung
zum Zweck der Umgrenzung des Rahmens der Sammlung
veranlassen.

Abg. Frank spricht sich für die Genehmigung der
Positionen aus, obwohl er die Unterbringung des Museums
in einem an der Glypothek herzustellenden Anbau vorgezogen hätte.

[Spaltenumbruch]

Abg. v. Vollmar erkennt an, daß der Kaufpreis sehr
mäßig sei, der Errichtung des Gipsmnseums stehe er sym-
pathisch gegenüber, doch halte er es für eine verkehrte Idee,
die Sammlung bloß auf die christliche Zeit zu beschränken,
es müsse eine Vereinigung der Antike und der christlichen
Kunst stattfinden.

Abg. Dr. Deinhard wünscht ebenfalls, daß die Samm-
lung antiker Gipse mit der späterer vereinigt werde, be-
sonders wegen der durch alle Jahrhunderte fortdauernden
Einwirkung der Antike; die Größe des Platzes müsse das
ermöglichen. Außerdem sei der Raum im Parterce für
Bilderausstellungen wegen des Lichtes wenig günstig; er fragt
nach den Adaptirungskosten für solche Ausstellungen.

Präsident Dr. Orterer schließt sich den Ausführungen
der Vorredner an.

Der Kultusminister bemerkt darauf, man könne
ja die Frage der Vereinigung noch in in suspenso lassen,
vorerst könne er seine Bedeuken nicht fallen lassen. Jeden-
falls müsse der Künstlergenossenschaft gegenüber das Wort
gehalten werden, eventuell müsse der Landtag die Mittel für
ein Ausstellungsgebäude für die Künstlergenossenschaft be-
willigen. Das Generalkonservatorium habe sich gegen die
Vereinigung ausgesprochen.

Abg. v. Vollmar bleibt auf seinen Anregungen stehen;
er sei nicht geneigt, die Mittel zu bewilligen, wenn nicht die
Staatsregierung sich in bindender Weise für die Vereinigung
ausspreche.

Nach weiteren Darlegungen des Reserenten stellt Abg.
Dr. Deinhard den Antrag, die 342,857 M. zum Ankauf
zu bewilligen, die Position von 135,000 M. zur Adaptirung
aber zurückzustellen. Redner führt zur Begründung seines
Antrags aus, das hochherzige Anerbieten Sr. kgl. Hoh. des
Prinz-Regenten an die Künstlergenossenschaft müsse jedenfalls
respektirt und für sie gesorgt werden. Andrerseits sei es aber
sicher, daß Se. kgl. Hoheit mit der Durchführung einer so
großartigen künstlerischen Idee, wie die der Vereinigung einer
Sammlung von Nachbildungen der Plastik aller Zeiten hier
in München, wie sie nirgendwo noch zur Ausführung ge-
kommen sei, gewiß einverstanden sei. Schließlich theilt er mit,
daß das Terrain des bisherigen Gebäudes nur 3790 qm groß
sei, dagegen der Raum des alten Nationalmuseums 6790 qm
betrage, also um 2696 qm größer sei, dabei nach allen
Seiten frei, überall Licht, nirgends Baubeschränkungen. Da
müsse sich die gewünschte großartige Sammlung reichlich
unterbringen lassen.

Ueber diesen Antrag entspinnt sich eine längere Debatte,
in der der Minister erklärt, daß er sich mit ihm einver-
standen erklären könne, wenn die Zurückstellung der betreffen-
den Positionen nicht über die gegenwärtige Finanzperiode beab-
sichtigt sei. -- Der Ausschuß beschließt hierauf die Annahme
des Antrags
Dr. Deinhard.

Die Petition der Münchener Künstlergenossen-
schaft,
die Summe von 150,000 M. einzusetzen zur Adap-
tirung des ihnen zu Ausstellungszwecken überlassenen Raumes
im alten Nationalmuseum wird infolge des gefaßten Be-
schlusses zurückgestellt.

Es folgt nun die Berathung über die Petition der
Thierärzte Bayerns, als Vorbedingung zum Studium der
Veterinärmedizin das Absolutorium eines Gymnasiums
zu verlangen. Der Referent berichtet eingehend über den
Inhalt des Gesuchs, in dem vor allem die gesteigerten An-
sprüche, die an den Thierarzt in Studium und Praxis ge-
stellt werden, hervorgehoben sind. Der Kultusminister
erklärt, daß vom Standpunkt der Unterrichtsverwaltung die
Forderung des Absolutoriums nur unterstützt werden könne.
Das Gutachten der Thierarzuei-Hochschule spreche sich eben-
falls ausdrücklich für diese im Interesse des Veterinärwesens
dringend nothwendige Reform aus. Ueber die Hälfte der
Studirenden habe das Gymnasialstudium unfreiwillig aufge-
geben, viele erreichten die Approbation nicht.

Den Ausführungen des Ministers schließt sich Landes-
thierarzt Oberregierungsrath Göring im Auftrag des Staats-
ministeriums des Innern an. Er betont insbesondere, daß
die bisherigen Prüfungsergebnisse an der Thierärztlichen Hoch-
schule wenig befriedigend seien, das rühre hauptsächlich von
der mangelnden Vorbildung der Kandidaten her, geholfen
könne nur durch das Verlangen eines Gymnasialabsolutoriums
werden. Auch Präsident Dr Orterer steht der Petition
wohlwollend gegenüber. In demselben Sinne spricht sich
Abg. Burger aus. Die Petition wird sodann der Staats-
regierung zur Würdigung hinübergegeben.

Nächste Sitzung: Montag, den 2. April. (Fortsetzung
des Kultusetats.)



[irrelevantes Material]


[irrelevantes Material]
Nr. 88. München, Samſtag Allgemeine Zeitung 31. März 1900.
[Spaltenumbruch]
Deutſches Reich.

zu Lederunterſuchungen abgeſchloſſen hatten, auf eine Reihe
von Jahren erneuert.

Oeſterreich-Ungarn.
Preisſteigerung der Kohle und Proteſte dagegen.

* Der Arbeiterſtrike in den Kohlenbergwerken hat jetzt
ſein Nachſpiel in dem Konflikt der Großinduſtrie mit den
Kohlenhändlern. Die Preisſteigerung für Kohle war,
wie in anderen Ländern, ſo auch in Oeſterreich ſchon im
Lanfe des letzten Dezenniums beträchtlich genug, ſo daß
beiſpielsweiſe nach einer der „Bohemia“ zur Verfügung ge-
ſtellten ſtatiſtiſchen Aufzeichnung eines Großinduſtriellen der-
ſelbe im Jahre 1889 Nußkohle erſter Qualität ab Schacht mit
9 Gulden, im Jahre 1900 aber mit 23 Gulden zahlte. Nun
wollen aber die Großhändler die infolge des Strikes ein-
getretene Vertheuerung der Produktion nicht nur zu einer
dieſer Vertheuerung entſprechenden, ſondern zu einer noch
weſentlich höheren Preisſteigerung benutzen. Das Tep-
litzer Handelsgremium hat berechnet, daß, wenn man
eine den Arbeitern gewährte 20prozentige Lohnerhöhung
und außerdem Unkoſten für Wohlfahrtseinrichtungen und
Verkürzung der Arbeitszeit in Höhe einer weiteren
10 prozentigen Lohnerhöhung annimmt, danach der Waggon
Kohle per 10 Tons um 6 Kronen theurer werden
müßte. Die Händler aber machen Aufſchläge von 12 bis
30 Kronen. Und dabei ſind die gedachten Forderungen der
Arbeiter größtentheils nicht einmal erfüllt worden. Die
Großhändler wollen alſo von dem Strike in doppelter Weiſe
proſitiren, einmal von den hohen Preiſen für die bis zum
Ausbruch des Strikes liegen gebliebene, während desſelben
losgeſchlagene minderwerthige Kohle, und dann durch den
jetzigen Aufſchlag. Als Beiſpiele für Kohlenpreiſe werden
angeführt: Mittelkohle II-Friedrich koſtete vor dem Ausſtand
45 kr., jetzt 60 kr.; Nußkohle früher 37 kr., jetzt 52 kr.;
Emmeran-Schacht-Mittelkohle I früher 55 kr., jetzt 83 kr. per
Waggon. Die Proteſte der Induſtrie ſind unter ſolchen
Umſtänden begreiflich. Man fragt ſich, ob die öſter-
reichiſche Induſtrie überhaupt eine ſolche Mehrbelaſtung aus-
zuhalten imſtande ſei. In der Sektion Tetſchen-Bodenbach
des Bundes öſterreichiſcher Induſtrieller wurde bereits auge-
regt, die beſtehenden Heizanlagen für die Verwendung ſchleſi-
ſcher und engliſcher Kohle umzuändern, da deren Gebrauch
bei den gegenwärtigen Braunkohlenpreiſen ſich beinahe als
vortheilhafter erweist. Nicht minder als die Großinduſtrie
werden ſelbſtverſtändlich Gewerbe und Hanshaltungen be-
laſtet. Die Proteſtbewegung nimmt daher einen großen Um-
fang an. Im böhmiſchen Landtag forderten deutſche und
tſchechiſche Abgeordnete das Einſchreiten der Regierung
und von den Handelskammern iſt die Reichenberger mit
einem Geſuch an das Miniſterium um Veranſtaltung
einer Enquete vorangegangen, die Vorſchläge zu Schutz-
maßnahmen gegen die Kohlenvertheuerung machen ſoll. Der
Bund öſterreichiſcher Induſtrieller iſt direkt an die Gewerke,
zunächſt an die Mähriſch-Oſtrauer, herangetreten, um die
Preiserhöhungen zu verhindern. Die Regierung wird ſich
jedenfalls der Einmiſchung nicht entziehen können, und es
ſtünde zu hoffen, daß ſie dabei mit mehr Geſchick und Erfolg
operirte, als während des Strikes bei den Unterhandlungen
mit Arbeitern und Arbeitgebern. Als Schutzmaßregeln werden
in Auregung gebracht einerſeits Feſtſetzung eines Maximal-
preiſes für Kohle, Minimaltarif für Kohlenfrachten, anderer-
ſeits Sequeſtration der Bergwerke oder ſtaatliches Verkaufs-
monopol. Man hat alſo reichliche Auswahl. Vielleicht aber
wird gerade deßhalb die Unſchlüſſigkeit um ſo größer ſein.

Aus dem Strikegebiet.

Tel. Es ſtriken ungefähr
65 Proz. der hieſigen Bergarbeiter. Gegen fünf zur
Arbeit gehende Berglente wurden Steine geſchlendert; die
Thäter ſind verhaftet.

Tel. Der Strike im
Oſtrau-Karwiner Revier iſt beendet. Heute wird in
allen Schächten normal gearbeitet.

Tel. Auf dem Johannes-Schacht
in Bruch verlangten die Bergarbeiter die Kündigung zweier
Strikebrecher und des Aufſichtsperſonals, das während
des Strikes Hauerarbeiten verrichtete. Die Bergwerksver-
waltung lehnte die Forderungen ab, ſtellte den Arbeitern
jedoch Lohnerhöhung in Ausſicht. Da die Arbeiter bei ihren
Forderungen verharrten, wurden ſie für entlaſſen erklärt.

Schweiz.
Militärforderungen.

Tel. Der Ständerath genehmigte
wie der Nationalrath einſtimmig die nöthigen Kredite für die
Beendigung der Studien zur Neubewaffnung der Artillerie.
Im Spätherbſt ſoll die Vorlage über die Einführung eines
Schnellfeuergeſchützes der Bundesverſammlung unter-
breitet werden und ſpäter eine ſolche über die Einführung
von Feldhaubitzen.

Großbritannien.
Religiöſer Fanatismus in Indien.

K. C. Aus Bombay wird vom 3. d. M. berichtet: In
Peſchauer hat ſich wieder eine der typiſchen indiſchen
Tragödien
abgeſpielt. Ein fanatiſcher Indier tödtete den
Diſtriktsrichter Gunter, einen jungen Mann von kaum
30 Jahren, der am Anfang einer glänzenden Carriere ſtand,
dann traf er einen Offizier, Leutnant Green, ſtieß ihm den
Dolch in den Hals, daß er ſofort todt zuſammenbrach, und
erſtach dann noch den indiſchen Diener des Offiziers, der
ſeinem Herrn zuhülfe kommen wollte. Viele hundert engliſche
Beamte und Offiziere ſind auf dieſelbe Art in Indien eines
gewaltſamen Todes geſtorben, ſeitdem die Engländer zuerſt
ihren Fuß dorthin geſetzt haben. Zu Aufang des Jahrhunderts
waren es die Thags, eine religiöſe Sekte, welche ſich die
„Dienerin der Göttin Kali“ nannte und zu Füßen ihres
Bildes unzählige Menſchenopfer brachte. Es hat lange ge-
dauert, bis dieſe ſchauerliche Gemeinſchaft ausgerottet war, aber
neben ihr beſtanden und beſtehen kleinere Sekten von Fanatikern,
beſonders in den weit von den großen Verkehrsmittelpunkten ent-
fernten Grenzbezirken, denen die Vertilgung der verhaßten Euro-
päer als die preiſenswertheſte That gilt. Einem ſolchen Sektirer,
einem „Ghaſi“, ſind Richter Gunter und Leutnant Green jetzt
zum Opfer gefallen. Die Methode, nach der die „Ghaſies“
regelmäßig arbeiten, macht ihre Opfer vollſtändig hülflos.
Der Mann, der entſchloſſen iſt oder dazu auserwählt wurde,
den Mord auszuführen, hat meiſtens keinen anderen Wunſch mehr,
[Spaltenumbruch] als ſich einen Platz im Paradies zu ſichern, indem er einen
Weißen tödtet. So geht er denn aus und rennt dem erſten
Europäer, der ihm in den Weg kommt, den haarſcharfen
Dolch in den Rücken. Selten verſucht er zu entkommen,
ſondern er läßt ſich ruhig feſtnehmen und hinrichten; ſich und
Anderen erſcheint er dabei in der Glorie des Märtyrers.
Zahlloſe Engländer werden ſo Jahr für Jahr von unſicht-
barer Hand niedergeſtoßen, auf Eiſenbahnplattformen, bei
Wettrennen oder an anderen öffentlichen Orten, von Männern,
die ſie nie geſehen und nie beleidigt haben, gegen die ſie ſich alſo
gar nicht ſchützen können. Der Urſprung dieſer Grenelthaten
iſt ſtets nur religiöſer Fanatismus, und zwar meiſt der
mohammedaniſchen Bevölkerung.

Frankreich.
Zum Tode Benedetti’s.

Mit dem geſtern im Hauſe ſeiner
alten Gönnerin und, man darf dreiſt ſagen, Freundin, der
Prinzeſſin Mathilde Bonaparte, erfolgten Tode des Grafen
Benedetti, iſt auch hier eine der letzten markanten Figuren aus
der großen Zeit des großen deutſch-franzöſiſchen Kriegs aus-
gelöſcht worden. Der Graf iſt nahezu 84 Jahre geworden,
aber er hatte ſich ſelbſt um faſt dreißig Jahre überlebt; denn
ſein eigentlicher Todestag iſt nicht der 28. März 1900, das
iſt der 14. Juli 1870 geweſen, der Tag, an dem die ſo-
genannte Emſer Depeſche aus dem Kabinet oder, um exakt
zu ſein, aus dem Speiſeſaal des ſpäteren Fürſten, damaligen
Grafen Bismarck, in die Welt hinaus ging. An jenem Tage
iſt der Diplomat Benedetti geſtorben, morgen wird er be-
graben. Ich ſelbſt habe ihn, vor einigen Jahren freilich —
in der letzten Zeit ging er nicht mehr in die Welt und be-
ſuchte er nur noch in alter bonapartiſtiſcher Treue ſeine corſiſche
Landsmännin, die Prinzeſſin Mathilde — noch wiederholt in
Pariſer Salons getroffen; ein feines altes Männchen mit
den höflichſten und verbindlichſten Manieren der Welt, ſo
höflich, ſo verbindlich, daß man ihm aufs Wort glauben
könnte, auch wenn nicht inzwiſchen das Bismarck’ſche
Zeugniß vorläge, daß er in Ems wohl einen inſolenten
Auftrag ſeiner Regierung an König Wilhelm hatte, daß
er perſönlich aber weder inſolent gegen unſern alten
Herrn geweſen iſt, noch daß er von dieſem oder von dem
vom König zu ihm entſandten Fürſten Radziwill — der Volks-
mund hat die Rolle des königlichen Boten an Benedetti in
Ems lange irrthümlich den Grafen Lehndorff ſpielen laſſen —
inſultirt oder auch nur brüskirt worden iſt. Graf Benedetti
hat damals in Ems und in der Rolle, die ihn die Emſer
Depeſche ſpielen läßt, nur die Sünden Anderer, ſeines Kaiſers
und ſeines Miniſters Gramont, büßen müſſen; von dem
Vorwurf freilich, ein zwar tadellos wohlerzogener, aber ein recht
herzlich unbedeutender und noch viel unvorſichtigerer Diplomat
und Staatsmann geweſen zu ſein, hat ihn im Leben nichts
reingewaſchen und wird ihn auch keine noch ſo wohlwollende
Kritik befreien. Was dem Grafen Benedetti, wie auch ſeinem
kaiſerlichen Herrn gänzlich abging, war Menſchenkenntniß und
die Gabe, die Dinge zu ſehen wie ſie waren, nicht wie ſie dieſe
ſich ausmalten. Und gar ſo naiv zu ſein, einem Gegner wie
Bismarck ein Dokument, wie den belgiſch-luxemburgiſchen
Theilungsentwurf, von ſeiner Hand geſchrieben, im Urtext zu
überlaſſen, iſt für einen Diplomaten doch nicht erlaubt. Und
doch: Was wäre Benedetti heute, wenn er nicht das Unglück
und zugleich das Glück gehabt hätte, in den kritiſchen Jahren
1866 bis 1870 Botſchafter des Kaiſers Napoleon am Berliner
Hof geweſen zu ſein? Nichts, rein gar nichts; Niemand
ahnte heute noch, daß es einmal einen franzöſiſchen Diplo-
maten Nament Vinzent Benedetti gegeben habe. So iſt er zu
einer Art heroſtratiſcher Berühmtheit, aber doch zu einer Be-
rühmtheit gelangt, die ihm andernfalls ſicher nicht beſchieden
geweſen wäre.



Bayeriſcher Landtag.
Sitzung des Finanzausſchuſſes.

Tagesordnung: Etat des
Miniſteriums des Innern für Kirchen- und Schul-
angelegenheiten.
Die Berathung wird zunächſt bei § 15
Lit. V des Finanzgeſetzentwurfs „Errichtung eines
Muſeums von Gipsabgüſſen aus der chriſtlichen
Zeit in dem Gebäude des alten Nationalmuſeums“

fortgeſetzt. Dort werden verlangt 342,857 M. als Ent-
ſchädigung
der kgl. Zivilliſte für Ueberlaſſung des Ge-
bäudes des alten Nationalmuſeums an den Staat und
135,000 M. Koſten der Adaptirung des Gebändes für die
Zwecke des neu zu errichtenden Muſeums. Zu dieſer Forde-
rung kommt der in Kap. 20 § 6 des Etats poſtulirte Betrag
von 75,000 M.

Referent Dr. Schädler führt aus, daß der Mangel
eines Gipsmuſeums in München in künſtleriſchen und wiſſen-
ſchaftlichen Kreiſen wie auch in der Preſſe vielfach beklagt
worden ſei. Nun ſei beabſichtigt, in dem alten National-
muſeum, deſſen Uebergang in das volle Verfügungsrecht des
Staates in Ausſicht genommen ſei, eine Sammlung von
Gipsabgüſſen der chriſtlichen Zeit einzurichten. Der Kauf-
preis von 342,857 M. ſei nicht zu hoch, nur frage ſich, ob
mit Rückſicht auf die früher bedenklich gefundene Feuerſicherheit
und Tragfähigkeit ſich das Gebände zur Aufnahme des
Muſeums empfehle. Fraglich ſei auch, wie ſich nach dem Ueber-
gang des alten Nationalmuſeums in das Eigenthum des
Staates das Verhältniß zu der Münchener Künſtlergenoſſen-
ſchaft ergeben werde, der bereits vor einigen Jahren durch
Allerhöchſte Verfügung ein Theil des Erdgeſchoſſes zur Auf-
nahme ihrer ſtändigen Ausſtellung zur Verfügung geſtellt
worden ſei.

Kultusminiſter Dr. v. Landmann erklärt, daß die Staats-
regierung der Künſtlergenoſſenſchaft die ihr zugeſicherten Räume
auf Ruf und Widerruf überlaſſen wolle.

Oberbaurath Stempel bemerkt, daß für den in
Ausſicht genommenen Zweck
weder eine Feuersgefahr
noch ein Mangel von Tragfähigkeit vorhanden ſei.

Auf Anfrage bemerkt der Miniſter, daß bereits Vor-
ſchläge für Ankäufe von Gipsabgüſſen gemacht und auch ver-
ſchiedene Pläne über die nähere Einrichtung des Muſeums
entworfen worden ſeien. Wenn der Landtag die Mittel be-
willige, werde er noch eine weitere kommiſſionelle Berathung
zum Zweck der Umgrenzung des Rahmens der Sammlung
veranlaſſen.

Abg. Frank ſpricht ſich für die Genehmigung der
Poſitionen aus, obwohl er die Unterbringung des Muſeums
in einem an der Glypothek herzuſtellenden Anbau vorgezogen hätte.

[Spaltenumbruch]

Abg. v. Vollmar erkennt an, daß der Kaufpreis ſehr
mäßig ſei, der Errichtung des Gipsmnſeums ſtehe er ſym-
pathiſch gegenüber, doch halte er es für eine verkehrte Idee,
die Sammlung bloß auf die chriſtliche Zeit zu beſchränken,
es müſſe eine Vereinigung der Antike und der chriſtlichen
Kunſt ſtattfinden.

Abg. Dr. Deinhard wünſcht ebenfalls, daß die Samm-
lung antiker Gipſe mit der ſpäterer vereinigt werde, be-
ſonders wegen der durch alle Jahrhunderte fortdauernden
Einwirkung der Antike; die Größe des Platzes müſſe das
ermöglichen. Außerdem ſei der Raum im Parterce für
Bilderausſtellungen wegen des Lichtes wenig günſtig; er fragt
nach den Adaptirungskoſten für ſolche Ausſtellungen.

Präſident Dr. Orterer ſchließt ſich den Ausführungen
der Vorredner an.

Der Kultusminiſter bemerkt darauf, man könne
ja die Frage der Vereinigung noch in in suspenso laſſen,
vorerſt könne er ſeine Bedeuken nicht fallen laſſen. Jeden-
falls müſſe der Künſtlergenoſſenſchaft gegenüber das Wort
gehalten werden, eventuell müſſe der Landtag die Mittel für
ein Ausſtellungsgebäude für die Künſtlergenoſſenſchaft be-
willigen. Das Generalkonſervatorium habe ſich gegen die
Vereinigung ausgeſprochen.

Abg. v. Vollmar bleibt auf ſeinen Anregungen ſtehen;
er ſei nicht geneigt, die Mittel zu bewilligen, wenn nicht die
Staatsregierung ſich in bindender Weiſe für die Vereinigung
ausſpreche.

Nach weiteren Darlegungen des Reſerenten ſtellt Abg.
Dr. Deinhard den Antrag, die 342,857 M. zum Ankauf
zu bewilligen, die Poſition von 135,000 M. zur Adaptirung
aber zurückzuſtellen. Redner führt zur Begründung ſeines
Antrags aus, das hochherzige Anerbieten Sr. kgl. Hoh. des
Prinz-Regenten an die Künſtlergenoſſenſchaft müſſe jedenfalls
reſpektirt und für ſie geſorgt werden. Andrerſeits ſei es aber
ſicher, daß Se. kgl. Hoheit mit der Durchführung einer ſo
großartigen künſtleriſchen Idee, wie die der Vereinigung einer
Sammlung von Nachbildungen der Plaſtik aller Zeiten hier
in München, wie ſie nirgendwo noch zur Ausführung ge-
kommen ſei, gewiß einverſtanden ſei. Schließlich theilt er mit,
daß das Terrain des bisherigen Gebäudes nur 3790 qm groß
ſei, dagegen der Raum des alten Nationalmuſeums 6790 qm
betrage, alſo um 2696 qm größer ſei, dabei nach allen
Seiten frei, überall Licht, nirgends Baubeſchränkungen. Da
müſſe ſich die gewünſchte großartige Sammlung reichlich
unterbringen laſſen.

Ueber dieſen Antrag entſpinnt ſich eine längere Debatte,
in der der Miniſter erklärt, daß er ſich mit ihm einver-
ſtanden erklären könne, wenn die Zurückſtellung der betreffen-
den Poſitionen nicht über die gegenwärtige Finanzperiode beab-
ſichtigt ſei. — Der Ausſchuß beſchließt hierauf die Annahme
des Antrags
Dr. Deinhard.

Die Petition der Münchener Künſtlergenoſſen-
ſchaft,
die Summe von 150,000 M. einzuſetzen zur Adap-
tirung des ihnen zu Ausſtellungszwecken überlaſſenen Raumes
im alten Nationalmuſeum wird infolge des gefaßten Be-
ſchluſſes zurückgeſtellt.

Es folgt nun die Berathung über die Petition der
Thierärzte Bayerns, als Vorbedingung zum Studium der
Veterinärmedizin das Abſolutorium eines Gymnaſiums
zu verlangen. Der Referent berichtet eingehend über den
Inhalt des Geſuchs, in dem vor allem die geſteigerten An-
ſprüche, die an den Thierarzt in Studium und Praxis ge-
ſtellt werden, hervorgehoben ſind. Der Kultusminiſter
erklärt, daß vom Standpunkt der Unterrichtsverwaltung die
Forderung des Abſolutoriums nur unterſtützt werden könne.
Das Gutachten der Thierarzuei-Hochſchule ſpreche ſich eben-
falls ausdrücklich für dieſe im Intereſſe des Veterinärweſens
dringend nothwendige Reform aus. Ueber die Hälfte der
Studirenden habe das Gymnaſialſtudium unfreiwillig aufge-
geben, viele erreichten die Approbation nicht.

Den Ausführungen des Miniſters ſchließt ſich Landes-
thierarzt Oberregierungsrath Göring im Auftrag des Staats-
miniſteriums des Innern an. Er betont insbeſondere, daß
die bisherigen Prüfungsergebniſſe an der Thierärztlichen Hoch-
ſchule wenig befriedigend ſeien, das rühre hauptſächlich von
der mangelnden Vorbildung der Kandidaten her, geholfen
könne nur durch das Verlangen eines Gymnaſialabſolutoriums
werden. Auch Präſident Dr Orterer ſteht der Petition
wohlwollend gegenüber. In demſelben Sinne ſpricht ſich
Abg. Burger aus. Die Petition wird ſodann der Staats-
regierung zur Würdigung hinübergegeben.

Nächſte Sitzung: Montag, den 2. April. (Fortſetzung
des Kultusetats.)



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[Seite 3.[3]/0003] Nr. 88. München, Samſtag Allgemeine Zeitung 31. März 1900. Deutſches Reich.zu Lederunterſuchungen abgeſchloſſen hatten, auf eine Reihe von Jahren erneuert. Oeſterreich-Ungarn. Preisſteigerung der Kohle und Proteſte dagegen. * Der Arbeiterſtrike in den Kohlenbergwerken hat jetzt ſein Nachſpiel in dem Konflikt der Großinduſtrie mit den Kohlenhändlern. Die Preisſteigerung für Kohle war, wie in anderen Ländern, ſo auch in Oeſterreich ſchon im Lanfe des letzten Dezenniums beträchtlich genug, ſo daß beiſpielsweiſe nach einer der „Bohemia“ zur Verfügung ge- ſtellten ſtatiſtiſchen Aufzeichnung eines Großinduſtriellen der- ſelbe im Jahre 1889 Nußkohle erſter Qualität ab Schacht mit 9 Gulden, im Jahre 1900 aber mit 23 Gulden zahlte. Nun wollen aber die Großhändler die infolge des Strikes ein- getretene Vertheuerung der Produktion nicht nur zu einer dieſer Vertheuerung entſprechenden, ſondern zu einer noch weſentlich höheren Preisſteigerung benutzen. Das Tep- litzer Handelsgremium hat berechnet, daß, wenn man eine den Arbeitern gewährte 20prozentige Lohnerhöhung und außerdem Unkoſten für Wohlfahrtseinrichtungen und Verkürzung der Arbeitszeit in Höhe einer weiteren 10 prozentigen Lohnerhöhung annimmt, danach der Waggon Kohle per 10 Tons um 6 Kronen theurer werden müßte. Die Händler aber machen Aufſchläge von 12 bis 30 Kronen. Und dabei ſind die gedachten Forderungen der Arbeiter größtentheils nicht einmal erfüllt worden. Die Großhändler wollen alſo von dem Strike in doppelter Weiſe proſitiren, einmal von den hohen Preiſen für die bis zum Ausbruch des Strikes liegen gebliebene, während desſelben losgeſchlagene minderwerthige Kohle, und dann durch den jetzigen Aufſchlag. Als Beiſpiele für Kohlenpreiſe werden angeführt: Mittelkohle II-Friedrich koſtete vor dem Ausſtand 45 kr., jetzt 60 kr.; Nußkohle früher 37 kr., jetzt 52 kr.; Emmeran-Schacht-Mittelkohle I früher 55 kr., jetzt 83 kr. per Waggon. Die Proteſte der Induſtrie ſind unter ſolchen Umſtänden begreiflich. Man fragt ſich, ob die öſter- reichiſche Induſtrie überhaupt eine ſolche Mehrbelaſtung aus- zuhalten imſtande ſei. In der Sektion Tetſchen-Bodenbach des Bundes öſterreichiſcher Induſtrieller wurde bereits auge- regt, die beſtehenden Heizanlagen für die Verwendung ſchleſi- ſcher und engliſcher Kohle umzuändern, da deren Gebrauch bei den gegenwärtigen Braunkohlenpreiſen ſich beinahe als vortheilhafter erweist. Nicht minder als die Großinduſtrie werden ſelbſtverſtändlich Gewerbe und Hanshaltungen be- laſtet. Die Proteſtbewegung nimmt daher einen großen Um- fang an. Im böhmiſchen Landtag forderten deutſche und tſchechiſche Abgeordnete das Einſchreiten der Regierung und von den Handelskammern iſt die Reichenberger mit einem Geſuch an das Miniſterium um Veranſtaltung einer Enquete vorangegangen, die Vorſchläge zu Schutz- maßnahmen gegen die Kohlenvertheuerung machen ſoll. Der Bund öſterreichiſcher Induſtrieller iſt direkt an die Gewerke, zunächſt an die Mähriſch-Oſtrauer, herangetreten, um die Preiserhöhungen zu verhindern. Die Regierung wird ſich jedenfalls der Einmiſchung nicht entziehen können, und es ſtünde zu hoffen, daß ſie dabei mit mehr Geſchick und Erfolg operirte, als während des Strikes bei den Unterhandlungen mit Arbeitern und Arbeitgebern. Als Schutzmaßregeln werden in Auregung gebracht einerſeits Feſtſetzung eines Maximal- preiſes für Kohle, Minimaltarif für Kohlenfrachten, anderer- ſeits Sequeſtration der Bergwerke oder ſtaatliches Verkaufs- monopol. Man hat alſo reichliche Auswahl. Vielleicht aber wird gerade deßhalb die Unſchlüſſigkeit um ſo größer ſein. Aus dem Strikegebiet. * Kladno, 30. März.Tel. Es ſtriken ungefähr 65 Proz. der hieſigen Bergarbeiter. Gegen fünf zur Arbeit gehende Berglente wurden Steine geſchlendert; die Thäter ſind verhaftet. * Troppan, 30. März.Tel. Der Strike im Oſtrau-Karwiner Revier iſt beendet. Heute wird in allen Schächten normal gearbeitet. * Dux, 30. März.Tel. Auf dem Johannes-Schacht in Bruch verlangten die Bergarbeiter die Kündigung zweier Strikebrecher und des Aufſichtsperſonals, das während des Strikes Hauerarbeiten verrichtete. Die Bergwerksver- waltung lehnte die Forderungen ab, ſtellte den Arbeitern jedoch Lohnerhöhung in Ausſicht. Da die Arbeiter bei ihren Forderungen verharrten, wurden ſie für entlaſſen erklärt. Schweiz. Militärforderungen. * Bern, 30. März.Tel. Der Ständerath genehmigte wie der Nationalrath einſtimmig die nöthigen Kredite für die Beendigung der Studien zur Neubewaffnung der Artillerie. Im Spätherbſt ſoll die Vorlage über die Einführung eines Schnellfeuergeſchützes der Bundesverſammlung unter- breitet werden und ſpäter eine ſolche über die Einführung von Feldhaubitzen. Großbritannien. Religiöſer Fanatismus in Indien. K. C. Aus Bombay wird vom 3. d. M. berichtet: In Peſchauer hat ſich wieder eine der typiſchen indiſchen Tragödien abgeſpielt. Ein fanatiſcher Indier tödtete den Diſtriktsrichter Gunter, einen jungen Mann von kaum 30 Jahren, der am Anfang einer glänzenden Carriere ſtand, dann traf er einen Offizier, Leutnant Green, ſtieß ihm den Dolch in den Hals, daß er ſofort todt zuſammenbrach, und erſtach dann noch den indiſchen Diener des Offiziers, der ſeinem Herrn zuhülfe kommen wollte. Viele hundert engliſche Beamte und Offiziere ſind auf dieſelbe Art in Indien eines gewaltſamen Todes geſtorben, ſeitdem die Engländer zuerſt ihren Fuß dorthin geſetzt haben. Zu Aufang des Jahrhunderts waren es die Thags, eine religiöſe Sekte, welche ſich die „Dienerin der Göttin Kali“ nannte und zu Füßen ihres Bildes unzählige Menſchenopfer brachte. Es hat lange ge- dauert, bis dieſe ſchauerliche Gemeinſchaft ausgerottet war, aber neben ihr beſtanden und beſtehen kleinere Sekten von Fanatikern, beſonders in den weit von den großen Verkehrsmittelpunkten ent- fernten Grenzbezirken, denen die Vertilgung der verhaßten Euro- päer als die preiſenswertheſte That gilt. Einem ſolchen Sektirer, einem „Ghaſi“, ſind Richter Gunter und Leutnant Green jetzt zum Opfer gefallen. Die Methode, nach der die „Ghaſies“ regelmäßig arbeiten, macht ihre Opfer vollſtändig hülflos. Der Mann, der entſchloſſen iſt oder dazu auserwählt wurde, den Mord auszuführen, hat meiſtens keinen anderen Wunſch mehr, als ſich einen Platz im Paradies zu ſichern, indem er einen Weißen tödtet. So geht er denn aus und rennt dem erſten Europäer, der ihm in den Weg kommt, den haarſcharfen Dolch in den Rücken. Selten verſucht er zu entkommen, ſondern er läßt ſich ruhig feſtnehmen und hinrichten; ſich und Anderen erſcheint er dabei in der Glorie des Märtyrers. Zahlloſe Engländer werden ſo Jahr für Jahr von unſicht- barer Hand niedergeſtoßen, auf Eiſenbahnplattformen, bei Wettrennen oder an anderen öffentlichen Orten, von Männern, die ſie nie geſehen und nie beleidigt haben, gegen die ſie ſich alſo gar nicht ſchützen können. Der Urſprung dieſer Grenelthaten iſt ſtets nur religiöſer Fanatismus, und zwar meiſt der mohammedaniſchen Bevölkerung. Frankreich. Zum Tode Benedetti’s. ᓬ Paris, 29. März.Mit dem geſtern im Hauſe ſeiner alten Gönnerin und, man darf dreiſt ſagen, Freundin, der Prinzeſſin Mathilde Bonaparte, erfolgten Tode des Grafen Benedetti, iſt auch hier eine der letzten markanten Figuren aus der großen Zeit des großen deutſch-franzöſiſchen Kriegs aus- gelöſcht worden. Der Graf iſt nahezu 84 Jahre geworden, aber er hatte ſich ſelbſt um faſt dreißig Jahre überlebt; denn ſein eigentlicher Todestag iſt nicht der 28. März 1900, das iſt der 14. Juli 1870 geweſen, der Tag, an dem die ſo- genannte Emſer Depeſche aus dem Kabinet oder, um exakt zu ſein, aus dem Speiſeſaal des ſpäteren Fürſten, damaligen Grafen Bismarck, in die Welt hinaus ging. An jenem Tage iſt der Diplomat Benedetti geſtorben, morgen wird er be- graben. Ich ſelbſt habe ihn, vor einigen Jahren freilich — in der letzten Zeit ging er nicht mehr in die Welt und be- ſuchte er nur noch in alter bonapartiſtiſcher Treue ſeine corſiſche Landsmännin, die Prinzeſſin Mathilde — noch wiederholt in Pariſer Salons getroffen; ein feines altes Männchen mit den höflichſten und verbindlichſten Manieren der Welt, ſo höflich, ſo verbindlich, daß man ihm aufs Wort glauben könnte, auch wenn nicht inzwiſchen das Bismarck’ſche Zeugniß vorläge, daß er in Ems wohl einen inſolenten Auftrag ſeiner Regierung an König Wilhelm hatte, daß er perſönlich aber weder inſolent gegen unſern alten Herrn geweſen iſt, noch daß er von dieſem oder von dem vom König zu ihm entſandten Fürſten Radziwill — der Volks- mund hat die Rolle des königlichen Boten an Benedetti in Ems lange irrthümlich den Grafen Lehndorff ſpielen laſſen — inſultirt oder auch nur brüskirt worden iſt. Graf Benedetti hat damals in Ems und in der Rolle, die ihn die Emſer Depeſche ſpielen läßt, nur die Sünden Anderer, ſeines Kaiſers und ſeines Miniſters Gramont, büßen müſſen; von dem Vorwurf freilich, ein zwar tadellos wohlerzogener, aber ein recht herzlich unbedeutender und noch viel unvorſichtigerer Diplomat und Staatsmann geweſen zu ſein, hat ihn im Leben nichts reingewaſchen und wird ihn auch keine noch ſo wohlwollende Kritik befreien. Was dem Grafen Benedetti, wie auch ſeinem kaiſerlichen Herrn gänzlich abging, war Menſchenkenntniß und die Gabe, die Dinge zu ſehen wie ſie waren, nicht wie ſie dieſe ſich ausmalten. Und gar ſo naiv zu ſein, einem Gegner wie Bismarck ein Dokument, wie den belgiſch-luxemburgiſchen Theilungsentwurf, von ſeiner Hand geſchrieben, im Urtext zu überlaſſen, iſt für einen Diplomaten doch nicht erlaubt. Und doch: Was wäre Benedetti heute, wenn er nicht das Unglück und zugleich das Glück gehabt hätte, in den kritiſchen Jahren 1866 bis 1870 Botſchafter des Kaiſers Napoleon am Berliner Hof geweſen zu ſein? Nichts, rein gar nichts; Niemand ahnte heute noch, daß es einmal einen franzöſiſchen Diplo- maten Nament Vinzent Benedetti gegeben habe. So iſt er zu einer Art heroſtratiſcher Berühmtheit, aber doch zu einer Be- rühmtheit gelangt, die ihm andernfalls ſicher nicht beſchieden geweſen wäre. Bayeriſcher Landtag. Sitzung des Finanzausſchuſſes. n. München, 30. März.Tagesordnung: Etat des Miniſteriums des Innern für Kirchen- und Schul- angelegenheiten. Die Berathung wird zunächſt bei § 15 Lit. V des Finanzgeſetzentwurfs „Errichtung eines Muſeums von Gipsabgüſſen aus der chriſtlichen Zeit in dem Gebäude des alten Nationalmuſeums“ fortgeſetzt. Dort werden verlangt 342,857 M. als Ent- ſchädigung der kgl. Zivilliſte für Ueberlaſſung des Ge- bäudes des alten Nationalmuſeums an den Staat und 135,000 M. Koſten der Adaptirung des Gebändes für die Zwecke des neu zu errichtenden Muſeums. Zu dieſer Forde- rung kommt der in Kap. 20 § 6 des Etats poſtulirte Betrag von 75,000 M. Referent Dr. Schädler führt aus, daß der Mangel eines Gipsmuſeums in München in künſtleriſchen und wiſſen- ſchaftlichen Kreiſen wie auch in der Preſſe vielfach beklagt worden ſei. Nun ſei beabſichtigt, in dem alten National- muſeum, deſſen Uebergang in das volle Verfügungsrecht des Staates in Ausſicht genommen ſei, eine Sammlung von Gipsabgüſſen der chriſtlichen Zeit einzurichten. Der Kauf- preis von 342,857 M. ſei nicht zu hoch, nur frage ſich, ob mit Rückſicht auf die früher bedenklich gefundene Feuerſicherheit und Tragfähigkeit ſich das Gebände zur Aufnahme des Muſeums empfehle. Fraglich ſei auch, wie ſich nach dem Ueber- gang des alten Nationalmuſeums in das Eigenthum des Staates das Verhältniß zu der Münchener Künſtlergenoſſen- ſchaft ergeben werde, der bereits vor einigen Jahren durch Allerhöchſte Verfügung ein Theil des Erdgeſchoſſes zur Auf- nahme ihrer ſtändigen Ausſtellung zur Verfügung geſtellt worden ſei. Kultusminiſter Dr. v. Landmann erklärt, daß die Staats- regierung der Künſtlergenoſſenſchaft die ihr zugeſicherten Räume auf Ruf und Widerruf überlaſſen wolle. Oberbaurath Stempel bemerkt, daß für den in Ausſicht genommenen Zweck weder eine Feuersgefahr noch ein Mangel von Tragfähigkeit vorhanden ſei. Auf Anfrage bemerkt der Miniſter, daß bereits Vor- ſchläge für Ankäufe von Gipsabgüſſen gemacht und auch ver- ſchiedene Pläne über die nähere Einrichtung des Muſeums entworfen worden ſeien. Wenn der Landtag die Mittel be- willige, werde er noch eine weitere kommiſſionelle Berathung zum Zweck der Umgrenzung des Rahmens der Sammlung veranlaſſen. Abg. Frank ſpricht ſich für die Genehmigung der Poſitionen aus, obwohl er die Unterbringung des Muſeums in einem an der Glypothek herzuſtellenden Anbau vorgezogen hätte. Abg. v. Vollmar erkennt an, daß der Kaufpreis ſehr mäßig ſei, der Errichtung des Gipsmnſeums ſtehe er ſym- pathiſch gegenüber, doch halte er es für eine verkehrte Idee, die Sammlung bloß auf die chriſtliche Zeit zu beſchränken, es müſſe eine Vereinigung der Antike und der chriſtlichen Kunſt ſtattfinden. Abg. Dr. Deinhard wünſcht ebenfalls, daß die Samm- lung antiker Gipſe mit der ſpäterer vereinigt werde, be- ſonders wegen der durch alle Jahrhunderte fortdauernden Einwirkung der Antike; die Größe des Platzes müſſe das ermöglichen. Außerdem ſei der Raum im Parterce für Bilderausſtellungen wegen des Lichtes wenig günſtig; er fragt nach den Adaptirungskoſten für ſolche Ausſtellungen. Präſident Dr. Orterer ſchließt ſich den Ausführungen der Vorredner an. Der Kultusminiſter bemerkt darauf, man könne ja die Frage der Vereinigung noch in in suspenso laſſen, vorerſt könne er ſeine Bedeuken nicht fallen laſſen. Jeden- falls müſſe der Künſtlergenoſſenſchaft gegenüber das Wort gehalten werden, eventuell müſſe der Landtag die Mittel für ein Ausſtellungsgebäude für die Künſtlergenoſſenſchaft be- willigen. Das Generalkonſervatorium habe ſich gegen die Vereinigung ausgeſprochen. Abg. v. Vollmar bleibt auf ſeinen Anregungen ſtehen; er ſei nicht geneigt, die Mittel zu bewilligen, wenn nicht die Staatsregierung ſich in bindender Weiſe für die Vereinigung ausſpreche. Nach weiteren Darlegungen des Reſerenten ſtellt Abg. Dr. Deinhard den Antrag, die 342,857 M. zum Ankauf zu bewilligen, die Poſition von 135,000 M. zur Adaptirung aber zurückzuſtellen. Redner führt zur Begründung ſeines Antrags aus, das hochherzige Anerbieten Sr. kgl. Hoh. des Prinz-Regenten an die Künſtlergenoſſenſchaft müſſe jedenfalls reſpektirt und für ſie geſorgt werden. Andrerſeits ſei es aber ſicher, daß Se. kgl. Hoheit mit der Durchführung einer ſo großartigen künſtleriſchen Idee, wie die der Vereinigung einer Sammlung von Nachbildungen der Plaſtik aller Zeiten hier in München, wie ſie nirgendwo noch zur Ausführung ge- kommen ſei, gewiß einverſtanden ſei. Schließlich theilt er mit, daß das Terrain des bisherigen Gebäudes nur 3790 qm groß ſei, dagegen der Raum des alten Nationalmuſeums 6790 qm betrage, alſo um 2696 qm größer ſei, dabei nach allen Seiten frei, überall Licht, nirgends Baubeſchränkungen. Da müſſe ſich die gewünſchte großartige Sammlung reichlich unterbringen laſſen. Ueber dieſen Antrag entſpinnt ſich eine längere Debatte, in der der Miniſter erklärt, daß er ſich mit ihm einver- ſtanden erklären könne, wenn die Zurückſtellung der betreffen- den Poſitionen nicht über die gegenwärtige Finanzperiode beab- ſichtigt ſei. — Der Ausſchuß beſchließt hierauf die Annahme des Antrags Dr. Deinhard. Die Petition der Münchener Künſtlergenoſſen- ſchaft, die Summe von 150,000 M. einzuſetzen zur Adap- tirung des ihnen zu Ausſtellungszwecken überlaſſenen Raumes im alten Nationalmuſeum wird infolge des gefaßten Be- ſchluſſes zurückgeſtellt. Es folgt nun die Berathung über die Petition der Thierärzte Bayerns, als Vorbedingung zum Studium der Veterinärmedizin das Abſolutorium eines Gymnaſiums zu verlangen. Der Referent berichtet eingehend über den Inhalt des Geſuchs, in dem vor allem die geſteigerten An- ſprüche, die an den Thierarzt in Studium und Praxis ge- ſtellt werden, hervorgehoben ſind. Der Kultusminiſter erklärt, daß vom Standpunkt der Unterrichtsverwaltung die Forderung des Abſolutoriums nur unterſtützt werden könne. Das Gutachten der Thierarzuei-Hochſchule ſpreche ſich eben- falls ausdrücklich für dieſe im Intereſſe des Veterinärweſens dringend nothwendige Reform aus. Ueber die Hälfte der Studirenden habe das Gymnaſialſtudium unfreiwillig aufge- geben, viele erreichten die Approbation nicht. Den Ausführungen des Miniſters ſchließt ſich Landes- thierarzt Oberregierungsrath Göring im Auftrag des Staats- miniſteriums des Innern an. Er betont insbeſondere, daß die bisherigen Prüfungsergebniſſe an der Thierärztlichen Hoch- ſchule wenig befriedigend ſeien, das rühre hauptſächlich von der mangelnden Vorbildung der Kandidaten her, geholfen könne nur durch das Verlangen eines Gymnaſialabſolutoriums werden. Auch Präſident Dr Orterer ſteht der Petition wohlwollend gegenüber. In demſelben Sinne ſpricht ſich Abg. Burger aus. Die Petition wird ſodann der Staats- regierung zur Würdigung hinübergegeben. Nächſte Sitzung: Montag, den 2. April. (Fortſetzung des Kultusetats.) _ _

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 88, 31. März 1900, S. Seite 3.[3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine88_1900/3>, abgerufen am 21.11.2024.