Allgemeine Zeitung, Nr. 89, 1. April 1900.Nr. 89.103. Jahrgang. München , Sonntag, 1. April 1900. Allgemeine Zeitung. Wöchentlich [Spaltenumbruch]
12 Ausgaben. Bezugspreise: Durch die Postämter: jährlich M. 36. --, ohne Beil. M. 18. -- (viertelj. M. 9. --, ohne Beil. M. 4.50); in München b. d Ex- pedition od. d. Depots monatlich M. 2. --, ohne Beil. M. 1.20. Zustellg. mtl. 50 Pf. Direkter Bezug für Deutschl. u. Oesterreich monatlich M. 4. --, ohne Beil. M. 3. --, Ausland M. 5.60, ohne Beil. M. 4.40. Insertionspreis für die kleinspaltige Kolonelzeile od. deren Raum 25 Pfennig; finanzielle Anzeigen 35 Pf.; lokale Ver- kaufsanzeig. 20 Pf.; Stellengesuche 15 Pf. Redaktion und Expe- dition befinden sich Schwanthalerstr. 36 in München. Berichte sind an die Redaktion, Inserat- aufträge an die Ex- pedition franko ein- zusenden. [Spaltenumbruch] Abonnements für Berlin nimmt unsere dortige Filiale in der Leipzigerstraße 11 entgegen. [Spaltenumbruch]
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Abonnements für das Ausland nehmen an: für England A. Siegle, 30 Lime Str., London; für Frankreich, Portugal und Spanien A. Ammel und C. Klincksieck in Paris; für Belgien, Bulgarien, Dänemark, Italien, Niederlande, Rumänien, Rußland, Schweden und Norwegen, Schweiz, Serbien die dortigen Postämter; für den Orient das k. k. Postamt in Wien oder Triest; für Nordamerika F. W. Christern, E. Steiger u. Co., Gust. E. Stechert, Westermann u. Co., International News Comp., 83 und 85 Duane Str. in New-York. Inseratenannahme in München bei der Expedition, Schwanthalerstraße 36, in Berlin in unserer Filiale, Leipzigerstraße 11, ferner in Berlin, Hamburg, Breslau, Köln, Leipzig, Frankfurt a. M., Stuttgart, Nürnberg, Wien, Pest, London, Zürich, Basel etc. bei den Annoncenbureaux R. Mosse, Haasenste in u. Vogler. G. L. Daube u. Co. In den Filialen der Zeitungsbureaux Invalidendank zu Berlin, Dresden, Leipzig, Chemnitz etc. Außerdem in Berlin bei B. Arndt (Mohrenstraße 26) und S. Kornik (Kochstraße 23); für Frankreich bei John F. Jones u. Co., 31bis Faubourg Montmartre in Paris. Verantwortlich für den politischen Theil der Chefredakteur Hans Tournier, für das Feuilleton Alfred Frhr. v. Mensi, für den Handelstheil Ernst Barth, sämmtlich in München. Druck und Verlag der Gesellschaft mit beschränkter Haftung "Verlag der Allgemeinen Zeitung" in München. Bestellungen auf die Allgemeine Zeitung für den Monat April allein nehmen sämmtliche bayerischen Postämter an. Bezugspreis: M. 3. -- mit der wissenschaftlichen Beilage, M. 1.50 ohne die Beilage, M. 1.50 letztere allein. Politische Kämpfe. Wir wollen die Hoffnung noch nicht aufgeben, daß der Wenn in irgend einem Fall, so würde in dem Kommt es aber zum Appell an die Nation, so wird der Neu eintretenden Abonnenten wird der laufende Roman "Das Postfräulein" von Arthur Achleituer, soweit er erschienen, auf Verlangen unentgeltlich nachgeliefert. Außer diesem ebenso spannenden wie humoristischen Hoch- landsroman wird unser Feuilleton in den nächsten Monaten veröffentlichen an deutschen Novellen und Romanen: "Die Freiherren von Fillungen", Roman von B. Corony, "Für seines Hauses Ehre", Novelle von A. Heleck, "Nomeo's Zigaretten", Humoristische Novelle von Hermann Schöne, k. k. Hofburg- schauspieler a. D. An autorisirten Uebersetzungen fremdsprachiger novellisti- scher Arbeiten haben wir zum ersten Abdruck erworben: "Better und Base", von Mrs. Lovett Cameron, und "Eine verirrte Seele", Roman von E. L. Cameron. Die Redaktion des Feuilletons der Allgemeinen Zeitung. Das Postfräulein. (4) (Nachdruck verboten.) Drittes Kapitel. Einen Versuch, persönlich seine Aufwartung zu machen, "Der Herr Baron lassen bedauern, und die Baronesse So lautete der Bescheid an der Pforte, wo Kastl dann Kastl hätte Durst, weiß aber, daß sein Reichthum in Freundlich grüßend tritt Kastl ein; erröthend grüßt Verplappern darf sich Kastl nicht, darum holt er seine In ruhigem Ernst behandelt das Postfräulein den Kastl empfindet seinen Geldmangel nun doch recht "Bitte, hier; wieviel benöthigen Herr Doktor?" "Es genügen drei Stück; hier sind sechs Kreuzer!" "Dankel Hier die gewünschten Marken!" [Spaltenumbruch]Das Gespräch stockt. Da poltert ein Bauernbub in die Kastl lacht hellauf: "Das wenn ich könnte! Sell thät' Das Postfräulein wendet sich an den Jungen: "Du "Das geht dich nix an! Ich will zwei Fünfmarkstückel; Kastl reicht die Münze lachend dem [Fräulein], und "An drolligen Scenen scheint in der Postkanzlei kein "Noch nicht recht! Einstweilen mangelt es an Arbeit, "Na, ich wünsche gute Verrichtung!" "Danke sehr! Was macht Ihre Praxis?" Kastl zuckt zusammen; auf diesen Stich war er nicht Lina macht sich an das Sortiren der wenigen einge- Lina murmelt: "Nach Seedorf ist das Brieflein richtig Diese Briefe erhält der Sepp zur Zustellung. Lina 1) Das Flottenproblem im Lichte der Sozial- politik. Vortrag gehalten in Düren im Februar 1900 von Dr. W. Ph. Englert, Professor der Theologie in Bonn, Pader- born. Druck und Verlag von Ferdinand Schöningh. 1900. 1) Die hier und später angegebenen Adressen sind durchweg
Original und wortgetreu kopirt. Der Verfasser. Nr. 89.103. Jahrgang. München , Sonntag, 1. April 1900. Allgemeine Zeitung. Wöchentlich [Spaltenumbruch]
12 Ausgaben. Bezugspreiſe: Durch die Poſtämter: jährlich M. 36. —, ohne Beil. M. 18. — (viertelj. M. 9. —, ohne Beil. M. 4.50); in München b. d Ex- pedition od. d. Depots monatlich M. 2. —, ohne Beil. M. 1.20. Zuſtellg. mtl. 50 Pf. Direkter Bezug für Deutſchl. u. Oeſterreich monatlich M. 4. —, ohne Beil. M. 3. —, Ausland M. 5.60, ohne Beil. M. 4.40. Inſertionspreis für die kleinſpaltige Kolonelzeile od. deren Raum 25 Pfennig; finanzielle Anzeigen 35 Pf.; lokale Ver- kaufsanzeig. 20 Pf.; Stellengeſuche 15 Pf. Redaktion und Expe- dition befinden ſich Schwanthalerſtr. 36 in München. Berichte ſind an die Redaktion, Inſerat- aufträge an die Ex- pedition franko ein- zuſenden. [Spaltenumbruch] Abonnements für Berlin nimmt unſere dortige Filiale in der Leipzigerſtraße 11 entgegen. [Spaltenumbruch]
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Abonnements für das Ausland nehmen an: für England A. Siegle, 30 Lime Str., London; für Frankreich, Portugal und Spanien A. Ammel und C. Klinckſieck in Paris; für Belgien, Bulgarien, Dänemark, Italien, Niederlande, Rumänien, Rußland, Schweden und Norwegen, Schweiz, Serbien die dortigen Poſtämter; für den Orient das k. k. Poſtamt in Wien oder Trieſt; für Nordamerika F. W. Chriſtern, E. Steiger u. Co., Guſt. E. Stechert, Weſtermann u. Co., International News Comp., 83 und 85 Duane Str. in New-York. Inſeratenannahme in München bei der Expedition, Schwanthalerſtraße 36, in Berlin in unſerer Filiale, Leipzigerſtraße 11, ferner in Berlin, Hamburg, Breslau, Köln, Leipzig, Frankfurt a. M., Stuttgart, Nürnberg, Wien, Peſt, London, Zürich, Baſel ꝛc. bei den Annoncenbureaux R. Moſſe, Haaſenſte in u. Vogler. G. L. Daube u. Co. In den Filialen der Zeitungsbureaux Invalidendank zu Berlin, Dresden, Leipzig, Chemnitz ꝛc. Außerdem in Berlin bei B. Arndt (Mohrenſtraße 26) und S. Kornik (Kochſtraße 23); für Frankreich bei John F. Jones u. Co., 31bis Faubourg Montmartre in Paris. Verantwortlich für den politiſchen Theil der Chefredakteur Hans Tournier, für das Feuilleton Alfred Frhr. v. Menſi, für den Handelstheil Ernſt Barth, ſämmtlich in München. Druck und Verlag der Geſellſchaft mit beſchränkter Haftung „Verlag der Allgemeinen Zeitung“ in München. Beſtellungen auf die Allgemeine Zeitung für den Monat April allein nehmen ſämmtliche bayeriſchen Poſtämter an. Bezugspreis: M. 3. — mit der wiſſenſchaftlichen Beilage, M. 1.50 ohne die Beilage, M. 1.50 letztere allein. Politiſche Kämpfe. Wir wollen die Hoffnung noch nicht aufgeben, daß der Wenn in irgend einem Fall, ſo würde in dem Kommt es aber zum Appell an die Nation, ſo wird der Neu eintretenden Abonnenten wird der laufende Roman „Das Poſtfräulein“ von Arthur Achleituer, ſoweit er erſchienen, auf Verlangen unentgeltlich nachgeliefert. Außer dieſem ebenſo ſpannenden wie humoriſtiſchen Hoch- landsroman wird unſer Feuilleton in den nächſten Monaten veröffentlichen an deutſchen Novellen und Romanen: „Die Freiherren von Fillungen“, Roman von B. Corony, „Für ſeines Hauſes Ehre“, Novelle von A. Heleck, „Nomeo’s Zigaretten“, Humoriſtiſche Novelle von Hermann Schöne, k. k. Hofburg- ſchauſpieler a. D. An autoriſirten Ueberſetzungen fremdſprachiger novelliſti- ſcher Arbeiten haben wir zum erſten Abdruck erworben: „Better und Baſe“, von Mrs. Lovett Cameron, und „Eine verirrte Seele“, Roman von E. L. Cameron. Die Redaktion des Feuilletons der Allgemeinen Zeitung. Das Poſtfräulein. (4) (Nachdruck verboten.) Drittes Kapitel. Einen Verſuch, perſönlich ſeine Aufwartung zu machen, „Der Herr Baron laſſen bedauern, und die Baroneſſe So lautete der Beſcheid an der Pforte, wo Kaſtl dann Kaſtl hätte Durſt, weiß aber, daß ſein Reichthum in Freundlich grüßend tritt Kaſtl ein; erröthend grüßt Verplappern darf ſich Kaſtl nicht, darum holt er ſeine In ruhigem Ernſt behandelt das Poſtfräulein den Kaſtl empfindet ſeinen Geldmangel nun doch recht „Bitte, hier; wieviel benöthigen Herr Doktor?“ „Es genügen drei Stück; hier ſind ſechs Kreuzer!“ „Dankel Hier die gewünſchten Marken!“ [Spaltenumbruch]Das Geſpräch ſtockt. Da poltert ein Bauernbub in die Kaſtl lacht hellauf: „Das wenn ich könnte! Sell thät’ Das Poſtfräulein wendet ſich an den Jungen: „Du „Das geht dich nix an! Ich will zwei Fünfmarkſtückel; Kaſtl reicht die Münze lachend dem [Fräulein], und „An drolligen Scenen ſcheint in der Poſtkanzlei kein „Noch nicht recht! Einſtweilen mangelt es an Arbeit, „Na, ich wünſche gute Verrichtung!“ „Danke ſehr! Was macht Ihre Praxis?“ Kaſtl zuckt zuſammen; auf dieſen Stich war er nicht Lina macht ſich an das Sortiren der wenigen einge- Lina murmelt: „Nach Seedorf iſt das Brieflein richtig Dieſe Briefe erhält der Sepp zur Zuſtellung. Lina 1) Das Flottenproblem im Lichte der Sozial- politik. Vortrag gehalten in Düren im Februar 1900 von Dr. W. Ph. Englert, Profeſſor der Theologie in Bonn, Pader- born. Druck und Verlag von Ferdinand Schöningh. 1900. 1) Die hier und ſpäter angegebenen Adreſſen ſind durchweg
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Daß dieſe Hoffnung und dieſer<lb/> Wunſch auch in Kreiſen getheilt wird, deren Anſchauungen<lb/> den Centrums-Reichsboten nicht gleichgültig ſein können,<lb/> zeigt die dringende Mahnung, die ein treuer Sohn der<lb/> katholiſchen Kirche, ein von der Würde ſeines Amts tief<lb/> durchdrungener Prieſter, der Profeſſor der Theologie in<lb/> Bonn, Dr. Englert, allen ſeinen Landsleuten, in erſter<lb/> Linie aber doch wohl ſeinen Parteifreunden zuruft. „Ich<lb/> möchte“, ſo bemerkt er u. a., „jeden reichen Deutſchen be-<lb/> ſchwören: <hi rendition="#aq">Sapere aude! Incipe!</hi> Sei bereit, ſtimme zu,<lb/> wolle, daß die Aufrichtung der Flotte ein Wendepunkt<lb/> und Markſtein werde eines geiſtigeren, ſittlicheren, freieren,<lb/> lebendigeren Deutſchlands!“<note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Das Flottenproblem im Lichte der Sozial-<lb/> politik.</hi> Vortrag gehalten in Düren im Februar 1900 von<lb/><hi rendition="#aq">Dr.</hi> W. Ph. <hi rendition="#g">Englert,</hi> Profeſſor der Theologie in Bonn, Pader-<lb/> born. Druck und Verlag von Ferdinand Schöningh. 1900.</note> Allein über das bloße<lb/> Hoffen vermögen wir uns einſtweilen nicht zu erheben,<lb/> denn ſichere Anzeichen für die Geneigtheit einer größeren<lb/> Zahl von Centrumsmitgliedern, dem Bundesrathsent-<lb/> wurf ohne Statuirung unannehmbarer Klauſeln und Vor-<lb/> behalte ihre Zuſtimmung zu geben, liegen bis jetzt nicht vor.<lb/> (Vgl. den weiter unten folgenden Berliner ☩-Brief.) Wir<lb/> werden alſo mit der Möglichkeit einer Reichstagsauflöſung<lb/> und eines Appells an die Wählerſchaft noch immer zu<lb/> rechnen haben, denn nach der Art, wie die Flottenvorlage<lb/> begründet und ihre Annahme in zahlreichen Kundgebungen<lb/> von hohen und höchſten Stellen der Nation und ihren Ver-<lb/> tretern an das Herz gelegt worden iſt, will es uns, trotz<lb/> mancher beirrenden Wahrnehmungen aus neuerer Zeit, un-<lb/> denkbar erſcheinen, daß die verbündeten Regierungen bei<lb/> einem ablehnenden, ja ſelbſt bei einem ihr Flottenpro-<lb/><cb/> gramm weſentlich modifizirenden Reichstagsvotum ſich be-<lb/> ruhigen und es reſignirt dem allheilenden Einfluß der Zeit<lb/> überlaſſen ſollten, die ihrer Autorität und dem nationalen<lb/> Intereſſe zugefügte Schädigung allgemach zu begleichen.</p><lb/> <p>Wenn in irgend einem Fall, ſo würde in dem<lb/> der Nichtgenehmigung der Novelle zum Flottengeſetz<lb/> die Anwendung der Artikel 24 und 25 der Reichs-<lb/> verfaſſung, das heißt die vorzeitige Auflöſung des<lb/> Reichstags durch Bundesrathsbeſchluß unter der Zu-<lb/> ſtimmung des Kaiſers und die Ausſchreibung allge-<lb/> meiner Neuwahlen innerhalb eines Zeitraums von zwei<lb/> Monaten nicht nur rathſam, ſondern geradezu geboten er-<lb/> ſcheinen. Den Kampf zu ſcheuen, hätten die Freunde des<lb/> Entwurfs auch keinen Anlaß, denn eine beſſere Wahlparole<lb/> als das Verlangen nach zeitgemäßer, den dringendſten Be-<lb/> dürfniſſen des Reichs entſprechender Ausgeſtaltung unſrer<lb/> Flotte könnte nicht gefunden werden. Mag bei der bisheri-<lb/> gen Agitation für die Vorlage auch manche Ungeſchicklichkeit<lb/> begangen worden ſein, mögen hier und da minder berufene<lb/> oder ſelbſt unberufene Perſönlichkeiten das Wort ergriffen<lb/> haben — im großen und ganzen iſt die Bewegung jedoch<lb/> durchaus geſund und — dank ihrer Intenſität, dank dem<lb/> Eifer, mit dem allgemein anerkannte Autoritäten auf allen<lb/> bei der Flottenfrage in Betracht kommenden Gebieten, das<lb/> deutſche Volk über die zwingende Nothwendigkeit, uns volle<lb/> Seegeltung zu verſchaffen, aufgeklärt haben — auch wirk-<lb/> ſam geweſen. Bis weit in die Reihen der ultramontanen<lb/> und der deutſchfreiſinnigen Gefolgſchaft hinein findet jetzt<lb/> das Verlangen, unſre maritime Rüſtung ſo weit zu ver-<lb/> ſtärken, daß wir unſre Küſten vor einer feindlichen Blockade<lb/> zu ſchützen und in den überſeeiſchen Fragen, die ſich auf<lb/> wirthſchaftlichem wie auf politiſchem Gebiet von Jahr zu<lb/> Jahr mehren, ein entſcheidendes Wort mitzuſprechen ver-<lb/> mögen, überzeugte Anhänger, d. h. Anhänger, die einem<lb/> flottenfeindlichen Reichstagskandidaten, ſollte er auch im<lb/> übrigen ihrer Parteirichtung entſprechen, ihre Stimme un-<lb/> bedingt verſagen würden. Darüber ſind auch die ein-<lb/> ſichtigeren Parteiführer auf ultramontaner und demokrati-<lb/> ſcher Seite, ja ſelbſt einzelne ſozialdemokratiſche Oberge-<lb/> noſſen ſich vollkommen klar; ſie wiſſen, daß ſie in einem<lb/> um die Flotte entbrennenden Wahlkampf weit eher Ver-<lb/> luſte als Eroberungen zu verzeichnen haben dürften und<lb/> deßhalb möchten wir annehmen, daß gar mancher unter<lb/> ihnen, der nationalen Erwägungen unzugänglich iſt, doch<lb/><cb/> Klugheit halber ein Ueberſpannen des Bogens unterläßt<lb/> und aktiv oder paſſiv zur Verabſchiedung des Flotten-<lb/> geſetzes, alſo zur Vermeidung eines Auflöſungsbeſchluſſes<lb/> im Bundesrath mit beiträgt.</p><lb/> <p>Kommt es aber zum Appell an die Nation, ſo wird der<lb/> Kampf in Wort und Schrift mit ſeltener Heftigkeit geführt<lb/> werden. Gelangten dabei nur ehrliche Waffen zur An-<lb/> wendung und würden beide Theile zur Beobachtung der<lb/> Regeln des zwar ungeſchriebenen, aber doch leidlich feſt-<lb/> ſtehenden Kodex für den loyalen Austrag politiſcher Händel<lb/> ſich verpflichten, ſo wollten wir, von der Ueberzeugung<lb/> durchdrungen, für eine gute und gerechte Sache zu ſechten,<lb/> frohgemuth auch der ſchärfſten Fehde entgegenſehen und uns<lb/> die Anſtrengungen einer vorzeitigen Wahlkampagne nicht<lb/> verdrießen laſſen. Ja, ein friſcher, fröhlicher Wahlkampf,<lb/> der ſo ritterlich geführt würde, daß nach ſeiner Beendigung<lb/> Sieger und Beſiegte ohne Verbitterung den Degen in die<lb/> Scheide ſtecken und — mag der Unterlegene auch dem<lb/> Schickſal grollen — ſich ruhig die Hände reichen können,<lb/> würde zur Reinigung unſrer politiſchen Atmoſphäre viel-<lb/> leicht weſentlich beitragen. Allein wir fürchten ſehr, daß<lb/> die Dinge einen ganz anderen Verlauf nehmen werden und<lb/> daß das Bewußtſein der Schwäche ihrer eigenen Poſition<lb/> wenigſtens „einen Theil der Gegner“ zu einer Kampfes-<lb/> weiſe veranlaſſen wird, die als „einwandfrei und loyal“<lb/> nun und nimmer gelten kann. Werden doch ſchon jetzt von<lb/> einzelnen klerikalen Organen und von manchen Blättern<lb/> der äußerſten Linken Waffen benutzt, die vom moraliſchen<lb/> Standpunkt betrachtet, um nichts beſſer ſind, als Dum-<lb/> Dum-Geſchoſſe oder vergiftete Pfeile. Wo die ſachlichen<lb/> Gründe verſagen, greift man in rückſichtsloſeſter Weiſe zu<lb/> Mitteln allerverwerflichſter Art, zur perſönlichen Verdächti-<lb/> gung und zur gehäſſigen Verleumdung. Gerade uns iſt<lb/> neuerdings die — wir möchten in Anbetracht derjenigen,<lb/> mit denen wir es hier zu thun haben, faſt ſagen Auszeich-<lb/> nung zutheil geworden, wegen unſres Verhaltens in der<lb/> Flottenfrag e auf das Gröblichſte verunglimpft und ge-<lb/> ſchmäht zu werden. Wir denken dabei nicht an diejenigen<lb/> Kollegen, die uns mit geradezu ſtaunenswerther Beharr-<lb/> lichkeit allen unſern Proteſten zutrotz als freiwillig offiziös<lb/> bezeichnen und uns intime Beziehungen zu ſo ziemlich allen<lb/> leitenden Kreiſen innerhalb des Deutſchen Reichs an-<lb/> dichten, Beziehungen, die wir weder geſucht, noch auch zu-fällig gefunden haben. Dieſen publiziſtiſchen Schächern aber</p> </div> </div><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jAn" n="2"> <head><hi rendition="#et">Neu eintretenden Abonnenten wird der laufende Roman</hi><lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">„Das Poſtfräulein“</hi><lb/> von <hi rendition="#g">Arthur Achleituer,</hi></hi><lb/> ſoweit er erſchienen, auf Verlangen unentgeltlich nachgeliefert.<lb/><hi rendition="#et">Außer dieſem ebenſo ſpannenden wie humoriſtiſchen Hoch-</hi><lb/> landsroman wird unſer Feuilleton in den nächſten Monaten<lb/> veröffentlichen an deutſchen Novellen und Romanen:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">„Die Freiherren von Fillungen“,</hi></hi><lb/> Roman von B. <hi rendition="#g">Corony,</hi><lb/><hi rendition="#b">„Für ſeines Hauſes Ehre“,</hi><lb/> Novelle von A. <hi rendition="#g">Heleck,</hi><lb/><hi rendition="#b">„Nomeo’s Zigaretten“,</hi></hi><lb/> Humoriſtiſche Novelle von <hi rendition="#g">Hermann Schöne,</hi> k. k. 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Als Kaſtl noch in der Knöpferlhoſe ſich da herum-<lb/> trieb und mit ſeinen Fäuſtchen das Töchterchen des Guts-<lb/> beſitzers, ſeine Geſpielin, vertheidigte und beſchützte, nannte<lb/> man den Baron einfach den Schlößlherrn, und die Tochter<lb/> hieß die Schlößlmizi. An dieſes Mizele hatte Kaſtl damals<lb/> ſein junges Herz verloren. Jetzt, in dieſen Tagen unfrei-<lb/> williger Einſamkeit, erinnerte er ſich der lieblichen Mäd-<lb/> chengeſtalt und mehr noch der Butterbrote und Leckerli,<lb/><cb/> die Mizi immer bereitwilligſt dem Spielkameraden zuge-<lb/> ſteckt. Das Mädel muß ſtramm herangewachſen ſein.<lb/> Ob Mizi hübſch geworden iſt? Das will Doktor Ober-<lb/> hummer, der patientenloſe Arzt in Vakanz, ſofort ermitteln.<lb/> Flink wird der Beſuchskittel angelegt, eine Viſitenkarte mit<lb/> dem würdevollen <hi rendition="#aq">„Dr. med.“</hi> eingeſteckt; dann ſtürmt<lb/> Kaſtl hinauf zum „Schlößl“.</p><lb/> <p>„Der Herr Baron laſſen bedauern, und die Baroneſſe<lb/> iſt nicht anweſend.“</p><lb/> <p>So lautete der Beſcheid an der Pforte, wo Kaſtl dann<lb/> die auf <hi rendition="#aq">„p. f. v.“</hi> umgebogene Karte zurückließ. Recht ge-<lb/> drückt ſchlich er den Weg zurück. Wie hat er ſich gefreut,<lb/> ſich den Herrſchaften als promovirter Arzt und fertiger<lb/> Doktor vorſtellen zu können, und nun will ihn der alte<lb/> Sonderling nicht annehmen. Wo zum Kuckuck könnte aber<lb/> die Schlößlmizi ſtecken? Sollte dieſe noch ſo toll wie einſt<lb/> in Feld und Wald klettern mit den Eichkätzeln um die<lb/> Wette? Das wäre arg, denn die Baroneſſe muß jetzt doch<lb/> ſchon eine „geſetzte“ Perſon, ſo an neunzehn bis zwanzig<lb/> Jahre alt ſein.</p><lb/> <p>Kaſtl hätte Durſt, weiß aber, daß ſein Reichthum in<lb/> ſeinem „Lied“ beſteht, die Kreuzer langen nicht auf ein<lb/> „Viertele“ Röthel. Ohne Geld an Weiber zu denken, iſt ſelbſt<lb/> im Gebirg eine der größten Dummheiten, und Kaſtl ſchlägt<lb/> ſich die Baroneſſe aus dem Kopf. Kaum iſt die Mizi aber<lb/> draußen, marſchirt die Lina herein, denn plötzlich erinnert<lb/> ſich Kaſtl des neuen Poſtfräuleins, und flugs iſt er auf dem<lb/> Wege zur Poſtkanzlei.</p><lb/> <p>Freundlich grüßend tritt Kaſtl ein; erröthend grüßt<lb/> Lina den Doktor: „Ei, der Herr Doktor läßt ſich auch ſehen!<lb/> Womit kann ich dem Herrn Doktor dienen?“</p><lb/> <p>Verplappern darf ſich Kaſtl nicht, darum holt er ſeine<lb/> wenigen Kreuzer hervor und ſagt: „Man muß das An-<lb/> genehme mit dem Nützlichen verbinden, daher hole ich mir<lb/> meine Briefmarken ſelber und genieße die Annehmlichkeit<lb/> das Fräulein zu begrüßen!“</p><lb/> <p>In ruhigem Ernſt behandelt das Poſtfräulein den<lb/> Sauſewind als Partei im Amt, indem Lina fragt: „Sie<lb/> wünſchen?“</p><lb/> <p>Kaſtl empfindet ſeinen Geldmangel nun doch recht<lb/> fatal, etwas verlegen ſagt er: „Ich brauche nur einige<lb/> Zweikreuzermarken!“</p><lb/> <p>„Bitte, hier; wieviel benöthigen Herr Doktor?“</p><lb/> <p>„Es genügen drei Stück; hier ſind ſechs Kreuzer!“</p><lb/> <p>„Dankel Hier die gewünſchten Marken!“</p><lb/> <cb/> <p>Das Geſpräch ſtockt. Da poltert ein Bauernbub in die<lb/> ſtille Kanzlei, glotzt den Herrn an und gibt ihm eine Zehn-<lb/> kreuzermünze: „Du, gib mir für ’n Vatern zwei Fünf-<lb/> markſtückel!“</p><lb/> <p>Kaſtl lacht hellauf: „Das wenn ich könnte! Sell thät’<lb/> ich für mich ſelber!“</p><lb/> <p>Das Poſtfräulein wendet ſich an den Jungen: „Du<lb/> willſt wohl zwei Fünfkreuzermarken, was?“</p><lb/> <p>„Das geht dich nix an! Ich will zwei Fünfmarkſtückel;<lb/> der Vater hat geſagt, ſie wären roth und gehören auf einen<lb/> dicken Brief.“</p><lb/> <p>Kaſtl reicht die Münze lachend dem <supplied cert="high">Fräulein</supplied>, und<lb/> Lina fertigt den Buben ab, der mißtra<supplied cert="high">uiſch die</supplied> Marken<lb/> wie das Paar betrachtet und ſich mit den W<supplied cert="high">ort</supplied>en: „Wenn’s<lb/> nicht recht iſcht, komm’ ich wieder!“ entfernt.</p><lb/> <p>„An drolligen Scenen ſcheint in der Poſtkanzlei kein<lb/> Mangel zu ſein!“ meint der Doktor und fügt hinzu:<lb/> „Haben Sie ſich ſchon einigermaßen eingewöhnt, Fräu-<lb/> lein?“</p><lb/> <p>„Noch nicht recht! Einſtweilen mangelt es an Arbeit,<lb/> die über die erſte böſe Zeit hinweghilft. Hoffentlich kommt<lb/> mein Koffer bald, dann iſt ja Gelegenheit genug gegeben,<lb/> ſich häuslich einzurichten.“</p><lb/> <p>„Na, ich wünſche gute Verrichtung!“</p><lb/> <p>„Danke ſehr! Was macht Ihre Praxis?“</p><lb/> <p>Kaſtl zuckt zuſammen; auf dieſen Stich war er nicht<lb/> gefaßt und haſtig verabſchiedet er ſich.</p><lb/> <p>Lina macht ſich an das Sortiren der wenigen einge-<lb/> laufenen Briefe, die der Poſtſepp alsbald austragen ſoll.<lb/> Das Fräulein lächelt beim Anblick verſchiedener Adreſſen,<lb/> die der Poſt manches Veſtellungsrätſel aufgeben. So lautet<lb/> eine Adreſſe:<note place="foot" n="1)">Die hier und ſpäter angegebenen Adreſſen ſind durchweg<lb/> Original und wortgetreu kopirt. Der Verfaſſer.</note> „An die kleine Unterdirn beim Wirth, der<lb/> wo im Dach ein Loch hat. Name iſcht mir unbekannt.<lb/> Dringent übergeben. Poſt Seedorf.“</p><lb/> <p>Lina murmelt: „Nach Seedorf iſt das Brieflein richtig<lb/> gekommen; wo aber iſcht der Wirth, deſſen Dach ein Loch<lb/> hat? Ich weiß das nicht!“ Einen anderen Brief auf-<lb/> nehmend, liest Lina deſſen Adreſſe: „An die hochachtſame<lb/> Frau Kathi Litzenberger, verwidmete Hochſtraßl, angehende<lb/> Bratzinger in Seedorf.“</p><lb/> <p>Dieſe Briefe erhält der Sepp zur Zuſtellung. Lina</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [0001]
Nr. 89.103. Jahrgang. München , Sonntag, 1. April 1900.
Allgemeine Zeitung.
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Verantwortlich für den politiſchen Theil der Chefredakteur Hans Tournier, für das Feuilleton Alfred Frhr. v. Menſi, für den Handelstheil Ernſt Barth, ſämmtlich in München.
Druck und Verlag der Geſellſchaft mit beſchränkter Haftung „Verlag der Allgemeinen Zeitung“ in München.
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Bezugspreis: M. 3. — mit der wiſſenſchaftlichen Beilage, M. 1.50 ohne die Beilage, M. 1.50 letztere allein.
Politiſche Kämpfe.
Wir wollen die Hoffnung noch nicht aufgeben, daß der
Reichstag dem erweiterten Flottenbauprogramm der ver-
bündeten Regierungen ſchließlich doch ſeine Zuſtimmung
ertheilen, daß alſo das Centrum, von dem in dieſem Falle
die Entſcheidung ausſchließlich abhängt, wenn auch nicht in
ſeiner Geſammtheit, ſo doch wenigſtens zur guten Hälfte,
bei Beurtheilung der Flottenfrage und der mit ihr zu-
ſammenhängenden nationalen Bedürfniſſe und Intereſſen
auf einen höheren Standpunkt als den der Zinne der
Partei ſich ſtellen wird. Daß dieſe Hoffnung und dieſer
Wunſch auch in Kreiſen getheilt wird, deren Anſchauungen
den Centrums-Reichsboten nicht gleichgültig ſein können,
zeigt die dringende Mahnung, die ein treuer Sohn der
katholiſchen Kirche, ein von der Würde ſeines Amts tief
durchdrungener Prieſter, der Profeſſor der Theologie in
Bonn, Dr. Englert, allen ſeinen Landsleuten, in erſter
Linie aber doch wohl ſeinen Parteifreunden zuruft. „Ich
möchte“, ſo bemerkt er u. a., „jeden reichen Deutſchen be-
ſchwören: Sapere aude! Incipe! Sei bereit, ſtimme zu,
wolle, daß die Aufrichtung der Flotte ein Wendepunkt
und Markſtein werde eines geiſtigeren, ſittlicheren, freieren,
lebendigeren Deutſchlands!“ 1) Allein über das bloße
Hoffen vermögen wir uns einſtweilen nicht zu erheben,
denn ſichere Anzeichen für die Geneigtheit einer größeren
Zahl von Centrumsmitgliedern, dem Bundesrathsent-
wurf ohne Statuirung unannehmbarer Klauſeln und Vor-
behalte ihre Zuſtimmung zu geben, liegen bis jetzt nicht vor.
(Vgl. den weiter unten folgenden Berliner ☩-Brief.) Wir
werden alſo mit der Möglichkeit einer Reichstagsauflöſung
und eines Appells an die Wählerſchaft noch immer zu
rechnen haben, denn nach der Art, wie die Flottenvorlage
begründet und ihre Annahme in zahlreichen Kundgebungen
von hohen und höchſten Stellen der Nation und ihren Ver-
tretern an das Herz gelegt worden iſt, will es uns, trotz
mancher beirrenden Wahrnehmungen aus neuerer Zeit, un-
denkbar erſcheinen, daß die verbündeten Regierungen bei
einem ablehnenden, ja ſelbſt bei einem ihr Flottenpro-
gramm weſentlich modifizirenden Reichstagsvotum ſich be-
ruhigen und es reſignirt dem allheilenden Einfluß der Zeit
überlaſſen ſollten, die ihrer Autorität und dem nationalen
Intereſſe zugefügte Schädigung allgemach zu begleichen.
Wenn in irgend einem Fall, ſo würde in dem
der Nichtgenehmigung der Novelle zum Flottengeſetz
die Anwendung der Artikel 24 und 25 der Reichs-
verfaſſung, das heißt die vorzeitige Auflöſung des
Reichstags durch Bundesrathsbeſchluß unter der Zu-
ſtimmung des Kaiſers und die Ausſchreibung allge-
meiner Neuwahlen innerhalb eines Zeitraums von zwei
Monaten nicht nur rathſam, ſondern geradezu geboten er-
ſcheinen. Den Kampf zu ſcheuen, hätten die Freunde des
Entwurfs auch keinen Anlaß, denn eine beſſere Wahlparole
als das Verlangen nach zeitgemäßer, den dringendſten Be-
dürfniſſen des Reichs entſprechender Ausgeſtaltung unſrer
Flotte könnte nicht gefunden werden. Mag bei der bisheri-
gen Agitation für die Vorlage auch manche Ungeſchicklichkeit
begangen worden ſein, mögen hier und da minder berufene
oder ſelbſt unberufene Perſönlichkeiten das Wort ergriffen
haben — im großen und ganzen iſt die Bewegung jedoch
durchaus geſund und — dank ihrer Intenſität, dank dem
Eifer, mit dem allgemein anerkannte Autoritäten auf allen
bei der Flottenfrage in Betracht kommenden Gebieten, das
deutſche Volk über die zwingende Nothwendigkeit, uns volle
Seegeltung zu verſchaffen, aufgeklärt haben — auch wirk-
ſam geweſen. Bis weit in die Reihen der ultramontanen
und der deutſchfreiſinnigen Gefolgſchaft hinein findet jetzt
das Verlangen, unſre maritime Rüſtung ſo weit zu ver-
ſtärken, daß wir unſre Küſten vor einer feindlichen Blockade
zu ſchützen und in den überſeeiſchen Fragen, die ſich auf
wirthſchaftlichem wie auf politiſchem Gebiet von Jahr zu
Jahr mehren, ein entſcheidendes Wort mitzuſprechen ver-
mögen, überzeugte Anhänger, d. h. Anhänger, die einem
flottenfeindlichen Reichstagskandidaten, ſollte er auch im
übrigen ihrer Parteirichtung entſprechen, ihre Stimme un-
bedingt verſagen würden. Darüber ſind auch die ein-
ſichtigeren Parteiführer auf ultramontaner und demokrati-
ſcher Seite, ja ſelbſt einzelne ſozialdemokratiſche Oberge-
noſſen ſich vollkommen klar; ſie wiſſen, daß ſie in einem
um die Flotte entbrennenden Wahlkampf weit eher Ver-
luſte als Eroberungen zu verzeichnen haben dürften und
deßhalb möchten wir annehmen, daß gar mancher unter
ihnen, der nationalen Erwägungen unzugänglich iſt, doch
Klugheit halber ein Ueberſpannen des Bogens unterläßt
und aktiv oder paſſiv zur Verabſchiedung des Flotten-
geſetzes, alſo zur Vermeidung eines Auflöſungsbeſchluſſes
im Bundesrath mit beiträgt.
Kommt es aber zum Appell an die Nation, ſo wird der
Kampf in Wort und Schrift mit ſeltener Heftigkeit geführt
werden. Gelangten dabei nur ehrliche Waffen zur An-
wendung und würden beide Theile zur Beobachtung der
Regeln des zwar ungeſchriebenen, aber doch leidlich feſt-
ſtehenden Kodex für den loyalen Austrag politiſcher Händel
ſich verpflichten, ſo wollten wir, von der Ueberzeugung
durchdrungen, für eine gute und gerechte Sache zu ſechten,
frohgemuth auch der ſchärfſten Fehde entgegenſehen und uns
die Anſtrengungen einer vorzeitigen Wahlkampagne nicht
verdrießen laſſen. Ja, ein friſcher, fröhlicher Wahlkampf,
der ſo ritterlich geführt würde, daß nach ſeiner Beendigung
Sieger und Beſiegte ohne Verbitterung den Degen in die
Scheide ſtecken und — mag der Unterlegene auch dem
Schickſal grollen — ſich ruhig die Hände reichen können,
würde zur Reinigung unſrer politiſchen Atmoſphäre viel-
leicht weſentlich beitragen. Allein wir fürchten ſehr, daß
die Dinge einen ganz anderen Verlauf nehmen werden und
daß das Bewußtſein der Schwäche ihrer eigenen Poſition
wenigſtens „einen Theil der Gegner“ zu einer Kampfes-
weiſe veranlaſſen wird, die als „einwandfrei und loyal“
nun und nimmer gelten kann. Werden doch ſchon jetzt von
einzelnen klerikalen Organen und von manchen Blättern
der äußerſten Linken Waffen benutzt, die vom moraliſchen
Standpunkt betrachtet, um nichts beſſer ſind, als Dum-
Dum-Geſchoſſe oder vergiftete Pfeile. Wo die ſachlichen
Gründe verſagen, greift man in rückſichtsloſeſter Weiſe zu
Mitteln allerverwerflichſter Art, zur perſönlichen Verdächti-
gung und zur gehäſſigen Verleumdung. Gerade uns iſt
neuerdings die — wir möchten in Anbetracht derjenigen,
mit denen wir es hier zu thun haben, faſt ſagen Auszeich-
nung zutheil geworden, wegen unſres Verhaltens in der
Flottenfrag e auf das Gröblichſte verunglimpft und ge-
ſchmäht zu werden. Wir denken dabei nicht an diejenigen
Kollegen, die uns mit geradezu ſtaunenswerther Beharr-
lichkeit allen unſern Proteſten zutrotz als freiwillig offiziös
bezeichnen und uns intime Beziehungen zu ſo ziemlich allen
leitenden Kreiſen innerhalb des Deutſchen Reichs an-
dichten, Beziehungen, die wir weder geſucht, noch auch zu-fällig gefunden haben. Dieſen publiziſtiſchen Schächern aber
Neu eintretenden Abonnenten wird der laufende Roman
„Das Poſtfräulein“
von Arthur Achleituer,
ſoweit er erſchienen, auf Verlangen unentgeltlich nachgeliefert.
Außer dieſem ebenſo ſpannenden wie humoriſtiſchen Hoch-
landsroman wird unſer Feuilleton in den nächſten Monaten
veröffentlichen an deutſchen Novellen und Romanen:
„Die Freiherren von Fillungen“,
Roman von B. Corony,
„Für ſeines Hauſes Ehre“,
Novelle von A. Heleck,
„Nomeo’s Zigaretten“,
Humoriſtiſche Novelle von Hermann Schöne, k. k. Hofburg-
ſchauſpieler a. D.
An autoriſirten Ueberſetzungen fremdſprachiger novelliſti-
ſcher Arbeiten haben wir zum erſten Abdruck erworben:
„Better und Baſe“,
von Mrs. Lovett Cameron, und
„Eine verirrte Seele“,
Roman von E. L. Cameron.
Die Redaktion des Feuilletons der Allgemeinen Zeitung.
Das Poſtfräulein.
Hochlandsroman von Arthur Achleitner.
(4)
(Nachdruck verboten.)
Drittes Kapitel.
Einen Verſuch, perſönlich ſeine Aufwartung zu machen,
hatte Doktor Kaſtulus Oberhummer im „Schlößchen“
unternommen. So hieß in der Seegegend jene große,
maſſiv gebaute, herrſchaftliche Villa eines adeligen Sonder-
lings, die durch Thürmchen einen ſchloßartigen Charakter
erhielt. Als Kaſtl noch in der Knöpferlhoſe ſich da herum-
trieb und mit ſeinen Fäuſtchen das Töchterchen des Guts-
beſitzers, ſeine Geſpielin, vertheidigte und beſchützte, nannte
man den Baron einfach den Schlößlherrn, und die Tochter
hieß die Schlößlmizi. An dieſes Mizele hatte Kaſtl damals
ſein junges Herz verloren. Jetzt, in dieſen Tagen unfrei-
williger Einſamkeit, erinnerte er ſich der lieblichen Mäd-
chengeſtalt und mehr noch der Butterbrote und Leckerli,
die Mizi immer bereitwilligſt dem Spielkameraden zuge-
ſteckt. Das Mädel muß ſtramm herangewachſen ſein.
Ob Mizi hübſch geworden iſt? Das will Doktor Ober-
hummer, der patientenloſe Arzt in Vakanz, ſofort ermitteln.
Flink wird der Beſuchskittel angelegt, eine Viſitenkarte mit
dem würdevollen „Dr. med.“ eingeſteckt; dann ſtürmt
Kaſtl hinauf zum „Schlößl“.
„Der Herr Baron laſſen bedauern, und die Baroneſſe
iſt nicht anweſend.“
So lautete der Beſcheid an der Pforte, wo Kaſtl dann
die auf „p. f. v.“ umgebogene Karte zurückließ. Recht ge-
drückt ſchlich er den Weg zurück. Wie hat er ſich gefreut,
ſich den Herrſchaften als promovirter Arzt und fertiger
Doktor vorſtellen zu können, und nun will ihn der alte
Sonderling nicht annehmen. Wo zum Kuckuck könnte aber
die Schlößlmizi ſtecken? Sollte dieſe noch ſo toll wie einſt
in Feld und Wald klettern mit den Eichkätzeln um die
Wette? Das wäre arg, denn die Baroneſſe muß jetzt doch
ſchon eine „geſetzte“ Perſon, ſo an neunzehn bis zwanzig
Jahre alt ſein.
Kaſtl hätte Durſt, weiß aber, daß ſein Reichthum in
ſeinem „Lied“ beſteht, die Kreuzer langen nicht auf ein
„Viertele“ Röthel. Ohne Geld an Weiber zu denken, iſt ſelbſt
im Gebirg eine der größten Dummheiten, und Kaſtl ſchlägt
ſich die Baroneſſe aus dem Kopf. Kaum iſt die Mizi aber
draußen, marſchirt die Lina herein, denn plötzlich erinnert
ſich Kaſtl des neuen Poſtfräuleins, und flugs iſt er auf dem
Wege zur Poſtkanzlei.
Freundlich grüßend tritt Kaſtl ein; erröthend grüßt
Lina den Doktor: „Ei, der Herr Doktor läßt ſich auch ſehen!
Womit kann ich dem Herrn Doktor dienen?“
Verplappern darf ſich Kaſtl nicht, darum holt er ſeine
wenigen Kreuzer hervor und ſagt: „Man muß das An-
genehme mit dem Nützlichen verbinden, daher hole ich mir
meine Briefmarken ſelber und genieße die Annehmlichkeit
das Fräulein zu begrüßen!“
In ruhigem Ernſt behandelt das Poſtfräulein den
Sauſewind als Partei im Amt, indem Lina fragt: „Sie
wünſchen?“
Kaſtl empfindet ſeinen Geldmangel nun doch recht
fatal, etwas verlegen ſagt er: „Ich brauche nur einige
Zweikreuzermarken!“
„Bitte, hier; wieviel benöthigen Herr Doktor?“
„Es genügen drei Stück; hier ſind ſechs Kreuzer!“
„Dankel Hier die gewünſchten Marken!“
Das Geſpräch ſtockt. Da poltert ein Bauernbub in die
ſtille Kanzlei, glotzt den Herrn an und gibt ihm eine Zehn-
kreuzermünze: „Du, gib mir für ’n Vatern zwei Fünf-
markſtückel!“
Kaſtl lacht hellauf: „Das wenn ich könnte! Sell thät’
ich für mich ſelber!“
Das Poſtfräulein wendet ſich an den Jungen: „Du
willſt wohl zwei Fünfkreuzermarken, was?“
„Das geht dich nix an! Ich will zwei Fünfmarkſtückel;
der Vater hat geſagt, ſie wären roth und gehören auf einen
dicken Brief.“
Kaſtl reicht die Münze lachend dem Fräulein, und
Lina fertigt den Buben ab, der mißtrauiſch die Marken
wie das Paar betrachtet und ſich mit den Worten: „Wenn’s
nicht recht iſcht, komm’ ich wieder!“ entfernt.
„An drolligen Scenen ſcheint in der Poſtkanzlei kein
Mangel zu ſein!“ meint der Doktor und fügt hinzu:
„Haben Sie ſich ſchon einigermaßen eingewöhnt, Fräu-
lein?“
„Noch nicht recht! Einſtweilen mangelt es an Arbeit,
die über die erſte böſe Zeit hinweghilft. Hoffentlich kommt
mein Koffer bald, dann iſt ja Gelegenheit genug gegeben,
ſich häuslich einzurichten.“
„Na, ich wünſche gute Verrichtung!“
„Danke ſehr! Was macht Ihre Praxis?“
Kaſtl zuckt zuſammen; auf dieſen Stich war er nicht
gefaßt und haſtig verabſchiedet er ſich.
Lina macht ſich an das Sortiren der wenigen einge-
laufenen Briefe, die der Poſtſepp alsbald austragen ſoll.
Das Fräulein lächelt beim Anblick verſchiedener Adreſſen,
die der Poſt manches Veſtellungsrätſel aufgeben. So lautet
eine Adreſſe: 1) „An die kleine Unterdirn beim Wirth, der
wo im Dach ein Loch hat. Name iſcht mir unbekannt.
Dringent übergeben. Poſt Seedorf.“
Lina murmelt: „Nach Seedorf iſt das Brieflein richtig
gekommen; wo aber iſcht der Wirth, deſſen Dach ein Loch
hat? Ich weiß das nicht!“ Einen anderen Brief auf-
nehmend, liest Lina deſſen Adreſſe: „An die hochachtſame
Frau Kathi Litzenberger, verwidmete Hochſtraßl, angehende
Bratzinger in Seedorf.“
Dieſe Briefe erhält der Sepp zur Zuſtellung. Lina
1) Das Flottenproblem im Lichte der Sozial-
politik. Vortrag gehalten in Düren im Februar 1900 von
Dr. W. Ph. Englert, Profeſſor der Theologie in Bonn, Pader-
born. Druck und Verlag von Ferdinand Schöningh. 1900.
1) Die hier und ſpäter angegebenen Adreſſen ſind durchweg
Original und wortgetreu kopirt. Der Verfaſſer.
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(2020-10-02T09:49:36Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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