Allgemeine Zeitung, Nr. 94, 4. April 1849.[Spaltenumbruch]
Skariatin bloß 2000 Mann in die Walachei, die übrigen sollen theils im Sun Von der moldanischen Gränze, 22 März. Nach den Großbritannien. ** London, 31 März. Das Haus der Gemeinen fuhr gestern Frankreich. Paris, 31 März. Der Marschall Bugeaud ist von seiner Inspectionsreise, die sich bis Die Debatte über die italienische Frage wurde in einer Sitzung nicht Die Journale bringen die Nachricht von der Kaiserwahl in Frankfurt. [] Marseille, 28 März. Heute Mittag hat sich hier mit Blitzes- *) Die Türken scheinen Miene zum Einrücken gemacht, die Bewegung aber
wieder eingestellt zu haben. [Spaltenumbruch]
Skariatin bloß 2000 Mann in die Walachei, die übrigen ſollen theils im ☉ Von der moldaniſchen Gränze, 22 März. Nach den Großbritannien. ** London, 31 März. Das Haus der Gemeinen fuhr geſtern Frankreich. Paris, 31 März. Der Marſchall Bugeaud iſt von ſeiner Inſpectionsreiſe, die ſich bis Die Debatte über die italieniſche Frage wurde in einer Sitzung nicht Die Journale bringen die Nachricht von der Kaiſerwahl in Frankfurt. [] Marſeille, 28 März. Heute Mittag hat ſich hier mit Blitzes- *) Die Türken ſcheinen Miene zum Einrücken gemacht, die Bewegung aber
wieder eingeſtellt zu haben. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0007" n="1439"/><cb/> Skariatin bloß 2000 Mann in die Walachei, die übrigen ſollen theils im<lb/> Kampf gefallen, theils von den Inſurgenten gefangen worden ſeyn.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>☉ <hi rendition="#b">Von der moldaniſchen Gränze,</hi> 22 März.</dateline><lb/> <p>Nach den<lb/> neueſten Nachrichten die uns aus Konſtantinopel zukommen, ſoll die mol-<lb/> dauiſch-walachiſche Angelegenheit zwiſchen der Pforte und Rußland freund-<lb/> lich geſchlichtet ſeyn, und es werde ein Paſcha in Skulen erwartet der die<lb/> türkiſchen Angelegenheiten in St. Petersburg von nun an zu leiten habe.<lb/> Als Gegenſatz zu dieſer Nachricht muß ich Ihnen aber mittheilen daß das<lb/> türkiſche Miniſterium außer Reſchid Paſcha geändert iſt, und Männer mit<lb/> anti-ruſſiſchen Geſinnungen die Stellen einnehmen. Wie wir hören, ſollen<lb/> 12,000 Mann Ruſſen unter dem Divſſionsgeneral Hartsfort und Brigade-<lb/> general Focht von Buchareſt aus in Siebenbürgen eingerückt ſeyn. Ebenſo<lb/> gingen mehrere Cavallerieregimenter bei Lippkan über den Pruth um durch<lb/> die Bukowina nach Siebenbürgen zu rücken. Vor einigen Tagen ſollen<lb/> die Truppen des Feldmarſchallieutenants Malkowski und des Oberſten<lb/> Urban aus Verſehen aufeinander gefeuert haben, wobei mehrere Verwun-<lb/> dungen vorfielen. In der Moldau hofft man daß eine baldige Aenderung<lb/> der Regierung eintrete, denn unter den Augen der ruſſiſchen Truppen er-<lb/> laubten ſich der Fürſt und ſeine Miniſter und Isbrawnike die gröbſten<lb/> Unterſchleife. Es geht auch die Sage daß man einen griechiſchen Kaima-<lb/> kan, und ſpäter einen griechiſchen Fürſten ernennen wolle; doch dieß wäre<lb/> für die Sympathien die Rußland noch in der Moldau hat der letzte Schlag,<lb/> denn das ganze Volk iſt durch die frühern Mißbräuche und Beraubungen<lb/> von Seite der griechiſchen Fürſten noch jetzt empört gegen das Phanario-<lb/> tengeſchlecht. Während ich ſchreibe theilt mir ein Reiſender aus Gallatz,<lb/> der nach Wien geht, die unverbürgte Nachricht mit daß in Verbindung<lb/> mit den Ruſſen 10,000 Mann Türken in Siebenbürgen eingerückt ſeyen.<note place="foot" n="*)">Die Türken ſcheinen Miene zum Einrücken gemacht, die Bewegung aber<lb/> wieder eingeſtellt zu haben.</note><lb/> Ebenſo unverbürgt iſt das Gerücht daß General Puchner mit einem Reſt<lb/> ſeiner Macht ſich in die Walachei flüchten mußte. Sie ſehen, wir ſind ſo<lb/> nahe am Kriegsſchauplatz und erhalten doch oft die widerſprechendſten<lb/> Nachrichten.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">** London,</hi> 31 März.</dateline><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Haus der Gemeinen</hi> fuhr geſtern<lb/> mit der Verhandlung über zweite Leſung der Bill zur Erhebung einer be-<lb/> ſondern Armenſteuer in Irland fort, und vertagte ſie am Ende nochmals.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 31 März.</dateline><lb/> <p>Der Marſchall Bugeaud iſt von ſeiner Inſpectionsreiſe, die ſich bis<lb/> Valence erſtreckt hat, am 27 März wieder nach Lyon zurückgereist. Die<lb/> ganze Reiſe bot mehr ein politiſches als kriegeriſches Schauſpiel. Der<lb/> Marſchall hielt zwar Truppenmuſterungen, empfing aber noch mehr De-<lb/> putationen von Städten und Gemeinden, die ihm kleine Ovationen berei-<lb/> tet hatten, nahm in Valence den Titel eines correſpondirenden Mitglieds<lb/> der dortigen Ackerbaugeſellſchaft an, machte conſervative Propaganda und<lb/> erfreute das Publicum durch zahlreiche Proben ſeiner kernhaften volkthüm-<lb/> lichen Beredſamkeit. Der Präfect des Drome-Departements, Hr. Ferlay,<lb/> hatte in einem Umlaufſchreiben an die Maires zu ſolchen Kundthuungen,<lb/> wie ſie in einem monarchiſchen Staat nur zu Ehren von Prinzen von Ge-<lb/> blüt zu geſchehen pflegen, förmlich aufgefordert. Der Marſchall ſelbſt<lb/> ſchreibt nebenbei in die Zeitungen. Sein neueſtes Product iſt eine Zu-<lb/> ſchrift an den Redacteur des Journals: <hi rendition="#g">la Charente Inférieure,</hi><lb/> worin er gegen die <hi rendition="#g">kleine Bande der Factioſen</hi> ein donnerndes<lb/> Interdict ſchleudert.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <p>Die Debatte über die italieniſche Frage wurde in <hi rendition="#g">einer</hi> Sitzung nicht<lb/> beendigt. Geſtern wurde viel Politik der Linken gehört. Die HH. Ledru-<lb/> Rollin, Billaut, Jules Favre traten nach einander in die Schranken.<lb/> Der erſtere machte ſich beſonders mit der Ruſſenfurcht zu ſchaffen, er rief<lb/> die verſchollene Völkerallianz an gegen die Cvalition der ariſtokratiſchen<lb/> Regierungen, wollte daß Frankreich die italieniſchen Republiken, Rom,<lb/> Toscana, Venedig als ſeine Vorhut betrachte, und ohne weiteres zur Jn-<lb/> tervention ſchreite. „Aber,“ fiel Hr. <hi rendition="#g">Odilon-Barrot</hi> ein, „als ihr<lb/> in der proviſoriſchen Regierung ſaßet, habt ihr ſelbſt alles gelitten,“ und<lb/> Hr. <hi rendition="#g">Thiers</hi> verſetzte: „Was ihr rathet habt ihr ſelbſt nicht gethan.“<lb/> „Ei,“ erwiderte der Chef der Linken, „wir mußten erſt ein Heer ausrüſten,“<lb/> und dem Präſidenten des Miniſterraths hielt er eine Stelle aus einer von<lb/> deſſen Tiſchreden entgegen, worin derſelbe emphatiſch ausgerufen hatte:<lb/> Nein, nein, wenn unſere Regierung ſich weigerte Jtalien zu Hülfe zu<lb/> kommen, ſo würden die Kanonen von ſelbſt gehen. Damit erlangte er<lb/> wenigſtens den Vortheil die Verſammlung in eine laute Heiterkeit zu<lb/> verſetzen. Eine ähnliche Blumenleſe boten ihm die Reden der HH. Du-<lb/> vergier de Hauranne, Thiers und Guizot, die bei Gelegenheit der italieni-<lb/><cb/> ſchen Bewegung im Jahr 1831 gehalten wurden, aber er machte nicht<lb/> mehr Eindruck. Da Hr. <hi rendition="#g">Billaut</hi> gefragt hatte ob das Cabinet das<lb/> Einverſtändniß zwiſchen Frankreich und Großbritannien durch ein Einver-<lb/> ſtändniß der fünf großen Mächte zu erſetzen beabſichtige, ſo erklärte der<lb/> Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten, Hr. <hi rendition="#g">Dronyn de Lhuys:</hi><lb/> es ſey von einer Conferenz die Rede geweſen und eine Mittheilung in die-<lb/> ſer Beziehung an die franzöſiſche Regierung gelangt, aber bei der Lage<lb/> der ſchwebenden Fragen habe man nicht eingeſehen wozu eine ſolche Ver-<lb/> ſammlung. Hr. J. <hi rendition="#g">Favre</hi> geſtand daß die Uneinigkeit der Italiener,<lb/> ihre Paſſivität bei den Anſtrengungen Karl Alberts die Urſache ihrer<lb/> Niederlage ſey, er führte zur Rechtfertigung der Politik der proviſoriſchen<lb/> Regierung an daß Frankreich ſeine bewaffnete Intervention nicht habe auf-<lb/> dringen können, da man ſie nicht wollte, aber er behauptete die Dinge<lb/> hätten ſich in den letzten Monaten ganz anders verwickelt, und da Frank-<lb/> reich eine diplomatiſche Intervention begonnen, ſo ſollte es jetzt, ohne<lb/> ſchon den Krieg zu erklären, ſich in eine ähnliche Lage verſetzen wie Oeſter-<lb/> reich und das Schwert in die Wagſchale legen. Nun hatte der Präſident<lb/> die Ausſchußanträge verleſen die mit dem Ausdruck des Vertrauens zur<lb/> Regierung ſchließen, und Hr. <hi rendition="#g">Drouyn de Lhuys</hi> erklärte im Namen<lb/> des Cabinets daß es dieſelben als eine eventuelle Ermächtigung annehme.<lb/> Da riefen mehrere Stimmen: die einfache Tagesordnung! Sie wird eben<lb/> denſelben Werth haben, und General <hi rendition="#g">Baraguay d’Hilliers</hi> (der<lb/> Präſident des Poitiersvereins) trug wirklich auf dieſelbe an, ſie wurde aber<lb/> mit 442 gegen 322 Stimmen verworfen. Schon vorher hatte Hr. <hi rendition="#g">Flo-<lb/> con</hi> eine neue ſtärkere Faſſung vorgeſchlagen, des Inhalts: „Die Ver-<lb/> ſammlung, auf ihrer Entſchließung vom 24 Mai beharrend, ladet die Re-<lb/> gierung ein die nothwendigen Maßregeln zu ergreifen um deren Vollzug<lb/> zu ſichern“ (zuerſt: um die Befreiung Italiens zu ſichern, welche Worte<lb/> er dann ſo milderte). Man war im Begriff hierüber abzuſtimmen, als Hr.<lb/><hi rendition="#g">Thiers</hi> gegen dieſen Antrag ſich das Wort erbat. Daher wurde die<lb/> Verhandlung auf heute vertagt. Im weitern Verlauf nahm nun zuerſt<lb/> General <hi rendition="#g">Cavaignac</hi> das Wort. Seine Erklärung ging dahin: Zwi-<lb/> ſchen der Politik der proviſoriſchen Regierung und der nachherigen ſey der<lb/> Unterſchied geweſen daß in dem Manifeſt des Hrn. v. Lamartine aller-<lb/> dings ein Keim des Kriegs gelegen, daß er und ſeine Collegen aber, ohne<lb/> dieſer Eventualität auszuweichen wenn ſie ſich unabweisbar darböte, alle<lb/> Anſtrengungen gemacht um ſie zu vermeiden, und deßwegen mit England<lb/> die Vermittlung angebahnt hätten. Beſonders ſey es eine Gewiſſensſache<lb/> für ſie geweſen die Geſchäfte ſo zu führen daß ihre Nachfolger freie Hand<lb/> behielten. Jetzt erhob ſich Hr. <hi rendition="#g">Thiers,</hi> und er hatte nicht zu ſchwere<lb/> Arbeit zu zeigen daß wenn man vorm Jahr, wo die Umſtände unendlich<lb/> günſtiger waren, ſich nicht zum Krieg entſchloß, es jetzt bare Thorheit wäre<lb/> ihn anzufangen, was er denn in einem ausführlichen Vortrag that, wor-<lb/> auf ihn nochmals Hr. <hi rendition="#g">Ledru-Rollin</hi> auf der Rednerbühne ablöste.<lb/> Die Debatte war bei Abgang der Poſt noch nicht geſchloſſen.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"><lb/> <p>Die Journale bringen die Nachricht von der Kaiſerwahl in Frankfurt.<lb/> Der <hi rendition="#g">Moniteur</hi> mit Angabe der Zahl ſowohl der Mitglieder die ſich für<lb/> die Wahl erklärt, als die ſich der Abſtimmung enthalten haben. Das J.<lb/><hi rendition="#g">des D<hi rendition="#aq">é</hi>bats,</hi> indem es noch erwähnt daß die Erblichkeit mit 267 gegen<lb/> gegen 263 Stimmen durchging, fügt die Bemerkung bei: „Es iſt ſehr<lb/> zweifelhaft ob ſich, angeſichts einer ſo ſchwachen Majorität und nach Ver-<lb/> werfung des Welcker’ſchen Antrags, ein Fürſt in Deutſchland findet der<lb/> die Kaiſerkrone aus den Händen der Frankfurter Verſammlung empfan-<lb/> gen mag.“ Auch die andern Blätter begleiten dieſe Anzeige mit Bemer-<lb/> kungen die deutlich verrathen daß die Herſtellung des deutſchen Kaiſer-<lb/> thums, der deutſchen Einheit nicht in die franzöſiſche Diplomatie paßt.<lb/> Der <hi rendition="#g">National</hi> prophezeit ernſte Verwicklungen in der europäiſchen Poli-<lb/> tik, und der <hi rendition="#g">Conſtitutionnel</hi> gibt ſich die Miene die Sache verächtlich<lb/> zu behandeln, indem er ſagt: die deutſche Nationalverſammlung ſcheine einen<lb/> Weg betreten zu haben der nur die Unmacht oder die Lächerlichkeit zum<lb/> Ausgang haben werde. Da die Franzoſen bei ihren unzähligen Staats-<lb/> umwälzungen nichts nach dem Ausland fragen, ſo wird man ſich hoffent-<lb/> lich bei uns auch nichts um ihr Urtheil in einer rein deutſchen Angelegen-<lb/> heit bekümmern.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><supplied>&#xfffc;</supplied><hi rendition="#b">Marſeille,</hi> 28 März.</dateline><lb/> <p>Heute Mittag hat ſich hier mit Blitzes-<lb/> ſchnelle die Nachricht verbreitet daß die piemonteſiſche Armee geſchlagen iſt,<lb/> und Karl Albert abgedankt hat. Dieſe Meldung hat in Marſeille einen<lb/> ungeheuren Eindruck gemacht. Ein Feldzug in vier Tagen beendigt —<lb/> das hätte man ſich doch nicht gedacht. Man will wiſſen daß Karl Albert<lb/> bereits in Frankreich angelangt ſey. — Das Gerücht hatte ſich geſtern hier<lb/> verbreitet von dem Verluſt des Dampfſchiffes Merovée, welches am 17 d.<lb/> mit 150 Freiwilligen an Bord von hier nach Palermo abgefahren war.<lb/> Es bleibt noch einiger Zweifel über dieſes Ereigniß, man hat jedoch ver-<lb/> nommen daß der Merovée in der Nähe der Inſel Elba mit einer engliſchen<lb/> Dampffregatte zuſammengeſtoßen, und eines der Schiffe in Folge des Sto-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1439/0007]
Skariatin bloß 2000 Mann in die Walachei, die übrigen ſollen theils im
Kampf gefallen, theils von den Inſurgenten gefangen worden ſeyn.
☉ Von der moldaniſchen Gränze, 22 März.
Nach den
neueſten Nachrichten die uns aus Konſtantinopel zukommen, ſoll die mol-
dauiſch-walachiſche Angelegenheit zwiſchen der Pforte und Rußland freund-
lich geſchlichtet ſeyn, und es werde ein Paſcha in Skulen erwartet der die
türkiſchen Angelegenheiten in St. Petersburg von nun an zu leiten habe.
Als Gegenſatz zu dieſer Nachricht muß ich Ihnen aber mittheilen daß das
türkiſche Miniſterium außer Reſchid Paſcha geändert iſt, und Männer mit
anti-ruſſiſchen Geſinnungen die Stellen einnehmen. Wie wir hören, ſollen
12,000 Mann Ruſſen unter dem Divſſionsgeneral Hartsfort und Brigade-
general Focht von Buchareſt aus in Siebenbürgen eingerückt ſeyn. Ebenſo
gingen mehrere Cavallerieregimenter bei Lippkan über den Pruth um durch
die Bukowina nach Siebenbürgen zu rücken. Vor einigen Tagen ſollen
die Truppen des Feldmarſchallieutenants Malkowski und des Oberſten
Urban aus Verſehen aufeinander gefeuert haben, wobei mehrere Verwun-
dungen vorfielen. In der Moldau hofft man daß eine baldige Aenderung
der Regierung eintrete, denn unter den Augen der ruſſiſchen Truppen er-
laubten ſich der Fürſt und ſeine Miniſter und Isbrawnike die gröbſten
Unterſchleife. Es geht auch die Sage daß man einen griechiſchen Kaima-
kan, und ſpäter einen griechiſchen Fürſten ernennen wolle; doch dieß wäre
für die Sympathien die Rußland noch in der Moldau hat der letzte Schlag,
denn das ganze Volk iſt durch die frühern Mißbräuche und Beraubungen
von Seite der griechiſchen Fürſten noch jetzt empört gegen das Phanario-
tengeſchlecht. Während ich ſchreibe theilt mir ein Reiſender aus Gallatz,
der nach Wien geht, die unverbürgte Nachricht mit daß in Verbindung
mit den Ruſſen 10,000 Mann Türken in Siebenbürgen eingerückt ſeyen. *)
Ebenſo unverbürgt iſt das Gerücht daß General Puchner mit einem Reſt
ſeiner Macht ſich in die Walachei flüchten mußte. Sie ſehen, wir ſind ſo
nahe am Kriegsſchauplatz und erhalten doch oft die widerſprechendſten
Nachrichten.
Großbritannien.
** London, 31 März.
Das Haus der Gemeinen fuhr geſtern
mit der Verhandlung über zweite Leſung der Bill zur Erhebung einer be-
ſondern Armenſteuer in Irland fort, und vertagte ſie am Ende nochmals.
Frankreich.
Paris, 31 März.
Der Marſchall Bugeaud iſt von ſeiner Inſpectionsreiſe, die ſich bis
Valence erſtreckt hat, am 27 März wieder nach Lyon zurückgereist. Die
ganze Reiſe bot mehr ein politiſches als kriegeriſches Schauſpiel. Der
Marſchall hielt zwar Truppenmuſterungen, empfing aber noch mehr De-
putationen von Städten und Gemeinden, die ihm kleine Ovationen berei-
tet hatten, nahm in Valence den Titel eines correſpondirenden Mitglieds
der dortigen Ackerbaugeſellſchaft an, machte conſervative Propaganda und
erfreute das Publicum durch zahlreiche Proben ſeiner kernhaften volkthüm-
lichen Beredſamkeit. Der Präfect des Drome-Departements, Hr. Ferlay,
hatte in einem Umlaufſchreiben an die Maires zu ſolchen Kundthuungen,
wie ſie in einem monarchiſchen Staat nur zu Ehren von Prinzen von Ge-
blüt zu geſchehen pflegen, förmlich aufgefordert. Der Marſchall ſelbſt
ſchreibt nebenbei in die Zeitungen. Sein neueſtes Product iſt eine Zu-
ſchrift an den Redacteur des Journals: la Charente Inférieure,
worin er gegen die kleine Bande der Factioſen ein donnerndes
Interdict ſchleudert.
Die Debatte über die italieniſche Frage wurde in einer Sitzung nicht
beendigt. Geſtern wurde viel Politik der Linken gehört. Die HH. Ledru-
Rollin, Billaut, Jules Favre traten nach einander in die Schranken.
Der erſtere machte ſich beſonders mit der Ruſſenfurcht zu ſchaffen, er rief
die verſchollene Völkerallianz an gegen die Cvalition der ariſtokratiſchen
Regierungen, wollte daß Frankreich die italieniſchen Republiken, Rom,
Toscana, Venedig als ſeine Vorhut betrachte, und ohne weiteres zur Jn-
tervention ſchreite. „Aber,“ fiel Hr. Odilon-Barrot ein, „als ihr
in der proviſoriſchen Regierung ſaßet, habt ihr ſelbſt alles gelitten,“ und
Hr. Thiers verſetzte: „Was ihr rathet habt ihr ſelbſt nicht gethan.“
„Ei,“ erwiderte der Chef der Linken, „wir mußten erſt ein Heer ausrüſten,“
und dem Präſidenten des Miniſterraths hielt er eine Stelle aus einer von
deſſen Tiſchreden entgegen, worin derſelbe emphatiſch ausgerufen hatte:
Nein, nein, wenn unſere Regierung ſich weigerte Jtalien zu Hülfe zu
kommen, ſo würden die Kanonen von ſelbſt gehen. Damit erlangte er
wenigſtens den Vortheil die Verſammlung in eine laute Heiterkeit zu
verſetzen. Eine ähnliche Blumenleſe boten ihm die Reden der HH. Du-
vergier de Hauranne, Thiers und Guizot, die bei Gelegenheit der italieni-
ſchen Bewegung im Jahr 1831 gehalten wurden, aber er machte nicht
mehr Eindruck. Da Hr. Billaut gefragt hatte ob das Cabinet das
Einverſtändniß zwiſchen Frankreich und Großbritannien durch ein Einver-
ſtändniß der fünf großen Mächte zu erſetzen beabſichtige, ſo erklärte der
Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten, Hr. Dronyn de Lhuys:
es ſey von einer Conferenz die Rede geweſen und eine Mittheilung in die-
ſer Beziehung an die franzöſiſche Regierung gelangt, aber bei der Lage
der ſchwebenden Fragen habe man nicht eingeſehen wozu eine ſolche Ver-
ſammlung. Hr. J. Favre geſtand daß die Uneinigkeit der Italiener,
ihre Paſſivität bei den Anſtrengungen Karl Alberts die Urſache ihrer
Niederlage ſey, er führte zur Rechtfertigung der Politik der proviſoriſchen
Regierung an daß Frankreich ſeine bewaffnete Intervention nicht habe auf-
dringen können, da man ſie nicht wollte, aber er behauptete die Dinge
hätten ſich in den letzten Monaten ganz anders verwickelt, und da Frank-
reich eine diplomatiſche Intervention begonnen, ſo ſollte es jetzt, ohne
ſchon den Krieg zu erklären, ſich in eine ähnliche Lage verſetzen wie Oeſter-
reich und das Schwert in die Wagſchale legen. Nun hatte der Präſident
die Ausſchußanträge verleſen die mit dem Ausdruck des Vertrauens zur
Regierung ſchließen, und Hr. Drouyn de Lhuys erklärte im Namen
des Cabinets daß es dieſelben als eine eventuelle Ermächtigung annehme.
Da riefen mehrere Stimmen: die einfache Tagesordnung! Sie wird eben
denſelben Werth haben, und General Baraguay d’Hilliers (der
Präſident des Poitiersvereins) trug wirklich auf dieſelbe an, ſie wurde aber
mit 442 gegen 322 Stimmen verworfen. Schon vorher hatte Hr. Flo-
con eine neue ſtärkere Faſſung vorgeſchlagen, des Inhalts: „Die Ver-
ſammlung, auf ihrer Entſchließung vom 24 Mai beharrend, ladet die Re-
gierung ein die nothwendigen Maßregeln zu ergreifen um deren Vollzug
zu ſichern“ (zuerſt: um die Befreiung Italiens zu ſichern, welche Worte
er dann ſo milderte). Man war im Begriff hierüber abzuſtimmen, als Hr.
Thiers gegen dieſen Antrag ſich das Wort erbat. Daher wurde die
Verhandlung auf heute vertagt. Im weitern Verlauf nahm nun zuerſt
General Cavaignac das Wort. Seine Erklärung ging dahin: Zwi-
ſchen der Politik der proviſoriſchen Regierung und der nachherigen ſey der
Unterſchied geweſen daß in dem Manifeſt des Hrn. v. Lamartine aller-
dings ein Keim des Kriegs gelegen, daß er und ſeine Collegen aber, ohne
dieſer Eventualität auszuweichen wenn ſie ſich unabweisbar darböte, alle
Anſtrengungen gemacht um ſie zu vermeiden, und deßwegen mit England
die Vermittlung angebahnt hätten. Beſonders ſey es eine Gewiſſensſache
für ſie geweſen die Geſchäfte ſo zu führen daß ihre Nachfolger freie Hand
behielten. Jetzt erhob ſich Hr. Thiers, und er hatte nicht zu ſchwere
Arbeit zu zeigen daß wenn man vorm Jahr, wo die Umſtände unendlich
günſtiger waren, ſich nicht zum Krieg entſchloß, es jetzt bare Thorheit wäre
ihn anzufangen, was er denn in einem ausführlichen Vortrag that, wor-
auf ihn nochmals Hr. Ledru-Rollin auf der Rednerbühne ablöste.
Die Debatte war bei Abgang der Poſt noch nicht geſchloſſen.
Die Journale bringen die Nachricht von der Kaiſerwahl in Frankfurt.
Der Moniteur mit Angabe der Zahl ſowohl der Mitglieder die ſich für
die Wahl erklärt, als die ſich der Abſtimmung enthalten haben. Das J.
des Débats, indem es noch erwähnt daß die Erblichkeit mit 267 gegen
gegen 263 Stimmen durchging, fügt die Bemerkung bei: „Es iſt ſehr
zweifelhaft ob ſich, angeſichts einer ſo ſchwachen Majorität und nach Ver-
werfung des Welcker’ſchen Antrags, ein Fürſt in Deutſchland findet der
die Kaiſerkrone aus den Händen der Frankfurter Verſammlung empfan-
gen mag.“ Auch die andern Blätter begleiten dieſe Anzeige mit Bemer-
kungen die deutlich verrathen daß die Herſtellung des deutſchen Kaiſer-
thums, der deutſchen Einheit nicht in die franzöſiſche Diplomatie paßt.
Der National prophezeit ernſte Verwicklungen in der europäiſchen Poli-
tik, und der Conſtitutionnel gibt ſich die Miene die Sache verächtlich
zu behandeln, indem er ſagt: die deutſche Nationalverſammlung ſcheine einen
Weg betreten zu haben der nur die Unmacht oder die Lächerlichkeit zum
Ausgang haben werde. Da die Franzoſen bei ihren unzähligen Staats-
umwälzungen nichts nach dem Ausland fragen, ſo wird man ſich hoffent-
lich bei uns auch nichts um ihr Urtheil in einer rein deutſchen Angelegen-
heit bekümmern.
 Marſeille, 28 März.
Heute Mittag hat ſich hier mit Blitzes-
ſchnelle die Nachricht verbreitet daß die piemonteſiſche Armee geſchlagen iſt,
und Karl Albert abgedankt hat. Dieſe Meldung hat in Marſeille einen
ungeheuren Eindruck gemacht. Ein Feldzug in vier Tagen beendigt —
das hätte man ſich doch nicht gedacht. Man will wiſſen daß Karl Albert
bereits in Frankreich angelangt ſey. — Das Gerücht hatte ſich geſtern hier
verbreitet von dem Verluſt des Dampfſchiffes Merovée, welches am 17 d.
mit 150 Freiwilligen an Bord von hier nach Palermo abgefahren war.
Es bleibt noch einiger Zweifel über dieſes Ereigniß, man hat jedoch ver-
nommen daß der Merovée in der Nähe der Inſel Elba mit einer engliſchen
Dampffregatte zuſammengeſtoßen, und eines der Schiffe in Folge des Sto-
*) Die Türken ſcheinen Miene zum Einrücken gemacht, die Bewegung aber
wieder eingeſtellt zu haben.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-03-29T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |